Großreuth hinter der Veste

Großreuth hinter der Veste
Kreisfreie Stadt Nürnberg
Koordinaten: 49° 29′ N, 11° 5′ O
Höhe: 315 m ü. NHN
Eingemeindung: 1. Januar 1899
Postleitzahl: 90425
Vorwahl: 0911
Karte
Lage der Gemarkung 3428 Großreuth hinter der Veste in Nürnberg
Lutzgarten

Großreuth hinter der Veste (nürnbergisch: Grousraid[1]) ist ein Stadtteil der kreisfreien Stadt Nürnberg (Statistischer Stadtteil 8 – Nordöstliche Außenstadt).[2] Es gibt auch eine Gemarkung Großreuth hinter der Veste, die in der Fläche der ehemaligen, am 31. Dezember 1898 aufgelösten Gemeinde Großreuth hinter der Veste entspricht.

Auch wenn Großreuth heute durch den Verkehr auf der Kilianstraße beeinträchtigt wird und auf verschiedene statistische Bezirke aufgeteilt ist, so sind doch noch immer dörfliche Strukturen zu erkennen. Bauern- und Gasthäuser aus Sandsteinquadern, die in der Substanz bis ins frühe 18. Jahrhundert zurückreichen, sind entlang der Großreuther Straße in zumeist gut restauriertem Zustand anzutreffen. Hervorzuheben ist das Landgasthaus „Zum Lutzgarten“. Das nördlich hinter den Häusern gelegene Land wird der Tradition folgend für den Gemüseanbau genutzt sowie von Kleingärtnern als Vereinsgelände. Südlich des alten Dorfkernes verläuft längs in Ost-West-Richtung die Kilianstraße, die von Gewerbebauten der 1970er bis 1990er Jahre gesäumt ist.

Geographie

Gemarkung

Die Gemarkung Großreuth hinter der Veste hat eine Fläche von 4,137 km². Sie ist in 4184 Flurstücke aufgeteilt, die eine durchschnittliche Fläche von 988,87 m² haben.[3] In ihr liegen die Stadtteile Großreuth hinter der Veste und Herrnhütte und der Volkspark Marienberg.[4]

Lage

Großreuth liegt im Norden des Stadtgebiets zwischen Volkspark Marienberg und der Ringstraße. Nachbarstadtteile sind Kleinreuth hinter der Veste, Maxfeld und Gärten hinter der Veste.[5]

Geschichte

Der Ort geht auf eine Rodung der Reichsstadt Nürnberg aus dem 11. oder 12. Jahrhundert für einen königlichen Wirtschaftshof zurück und wurde zum Waldhufendorf erweitert. Im Jahr 1344 wurde es als „von der Groʒʒen Reut“ erstmals urkundlich erwähnt.[6] Im Ersten und Zweiten Markgrafenkrieg sowie dem Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort zerstört und anschließend jedes Mal wieder aufgebaut.[7]

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts bestand Großreuth hinter der Veste aus 30 Anwesen. Das Hochgericht übte die Reichsstadt Nürnberg aus, was aber vom brandenburg-bayreuthischen Oberamt Baiersdorf bestritten wurde. Die Dorf- und Gemeindeherrschaft hatte das Landpflegamt Nürnberg. Grundherren waren die Reichsstadt Nürnberg: Landesalmosenamt (2 Halbhöfe, 1 Viertelhof, 1 Gut), Pfinzing-Stiftung (3 Güter); die Nürnberger Eigenherren von Fürer (2 Gütlein), von Grundherr (1 Gütlein), von Haller (1 Gut), von Imhoff (1 Wirtshaus), von Kreß (4 Güter), Burkhard von Löffelholzscher Familienfideikommiss (2 Gütlein), von Peller (2 Gütlein), von Pömer (4 Güter, davon 2 gemeinsam mit v.Löffelholz), von Tucher (2 Güter), von Volckamer (2 Güter), von Welser (1 Gütlein). Das Hirtenhaus unterstand der Gemeinde.[8]

1796 kam Großreuth hinter der Veste an Preußen und wurde vom Justiz- und Kammeramt Erlangen verwaltet, 1810 kam es an Bayern.[7] Im Rahmen des Gemeindeedikts wurde 1813 der Steuerdistrikt Großreuth hinter der Veste gebildet. Zu diesem gehörten Herrnhütte, Kleinreuth, Neuhaus, Thon und Ziegelstein. Im selben Jahr entstanden die Ruralgemeinden Großreuth hinter der Veste und Thon. Zu Großreuth gehörten Herrnhütte, Kleinreuth, Neuhaus und Ziegelstein. Mit dem Zweiten Gemeindeedikt (1818) wurden drei Ruralgemeinden gebildet:

  • Großreuth mit Neuhaus,
  • Kleinreuth,
  • Ziegelstein mit Herrnhütte.

Die Gemeinde Großreuth war in Verwaltung und Gerichtsbarkeit dem Landgericht Erlangen zugeordnet und in der Finanzverwaltung dem Rentamt Erlangen. In der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterstanden 7 Anwesen von 1823 bis 1835 dem Patrimonialgericht (PG) Boxdorf, 2 Anwesen von 1820 bis 1838 dem PG Bubenreuth, 1 Anwesen von 1822 bis 1840 dem PG Buch, 2 Anwesen von 1822 bis 1836 dem PG Haimendorf, 3 Anwesen von 1822 bis 1835 dem PG Lohe und Behringersdorf, 1 Anwesen von 1823 bis 1835 dem PG Nemsdorf, 2 Anwesen von 1820 bis 1835 dem PG Schoppershof und 2 Anwesen von 1821 bis 1835 dem PG Steinach. Ab 1826 wurde Großreuth hinter der Veste dem Landgericht Nürnberg (1879 in Amtsgericht Nürnberg umbenannt) und dem Rentamt Nürnberg überwiesen (1919 in Finanzamt Nürnberg umbenannt). Spätestens 1836 wurde Neuhaus an die Gemeinde Kleinreuth abgegeben.[9] Ab 1862 gehörte Großreuth zum Bezirksamt Nürnberg.[10] Die Gemeinde hatte 1888 eine Gebietsfläche von 3,735 km².[11]

Am 1. Januar 1899 wurde Großreuth hinter der Veste in die Stadt Nürnberg eingegliedert.[12][13]

Baudenkmäler

In Großreuth hinter der Veste gibt es neun Baudenkmäler:[14]

  • Großreuther Straße 77: Wohnstallhaus, Nebengebäude und Einfriedung
  • Großreuther Straße 84, Langer Steig 7: Ehemalige Bauernhofanlage
  • Großreuther Straße 87, 109, 121: Wohnhäuser ehemaliger Hofanlagen
  • Großreuther Straße 93: Ehemalige Bauernhofanlage
  • Großreuther Straße 98: Wohnhaus
  • Großreuther Straße 113: Gasthaus Zum Lutzgarten
  • Großreuther Straße 117: Flugzeughallen
ehemalige Baudenkmäler
  • Großreuther Straße 81: Hofmauer des 18. Jahrhunderts; Stallgebäude aus Sandstein, bezeichnet „K. B. 1851“.[15]
  • Großreuther Straße 83: Eingeschossiges Wohnhaus mit zweigeschossigem Giebel mit Schopfwalm und verkröpftem Gesims, verputzt; im Kern einschließlich der Nebengebäude, der Scheune und der proflierten Torpfeiler, 18./19. Jahrhundert.[15]
  • Großreuther Straße 89: Eingeschossiges Wohnhaus des 18./19. Jahrhunderts mit dreigeschossigem Giebel, modern verkleidet. Fenster und Haustüre verändert.[15]
  • Großreuther Straße 97: Zwei profilierte Sandstein-Torpfeiler mit Kugelaufsatz, 18. Jahrhundert.[15]
  • Großreuther Straße 103: Eingeschossiges Wohnhaus des 18./19. Jahrhunderts mit zweigeschossigem Giebel und Schopfwalm, Fassaden modern verkleidet.[15]
  • Großreuther Straße 104: Eingeschossiges Sandsteinhaus mit zweigeschossigem Giebel, bezeichnet „PR 1839“. Dachaufbauten Ende des 19. Jahrhunderts, Fenster verändert; Stall zur Garage ausgebaut.[15]
  • Großreuther Straße 111a: Großes eingeschossiges Wohnhaus mit dreigeschossigem Giebel, bezeichnet „1721“; Dacherker, Fenster und Haustüre modern.[15]
  • Großreuther Straße 119: Kleines eingeschossiges Wohnhaus des 18. Jahrhunderts, mit zweigeschossigem Giebel und Schopfwalm, neu verputzt.[15]
  • Großreuther Straße 121: Eingeschossiges Wohnhaus mit zweigeschossigem Sandsteingiebel und vasenförmiger Bekrönung, Anfang des 19. Jahrhunderts.[15]
  • Großreuther Straße 127: Eingeschossiges verputztes Giebelhaus, im Kern 18./19. Jahrhundert.[15]
  • Großreuther Straße 129: Eingeschossiges verputztes Sandsteinhaus mit zweigeschossigem Giebel und Schopfwalm, bezeichnet „1767“; rückwärtiger Giebel mit Krüppelwam und Fachwerk; Erdgeschoss straßenseitig modern verkleidet.[15]

Einwohnerentwicklung

Jahr 1818 1836 1840 1852 1855 1861 1867 1871 1875 1880 1885 1890 1895 1900 1910
Einwohner 206 229 224 253 235 249 274 302 855 1347 1435 1384 1363 2014 2668
Häuser[16] 41 42 43 49 121 123 153
Quelle [17] [9] [18] [19] [19] [20] [21] [22] [23] [24] [11] [25] [19] [26] [27]

Religion

Großreuth ist seit der Reformation evangelisch-lutherisch geprägt und war ursprünglich nach St. Sebald gepfarrt, später nach St. Johannis[8] und aktuell nach St. Matthäus. Die Einwohner römisch-katholischer Konfession sind nach St. Martin gepfarrt.[7][28]

Verkehr

Großreuth wird durch die Kilianstraße, die Anschluss an die Bundesstraßen 2 und 4 bietet und die Stadtbuslinie 46 erschlossen.

Durch Großreuth verläuft der Fränkische Marienweg.

Vereine

Im Lutz’schen Kaffeehaus (heute Lutzgarten) traf sich von 1830 bis 1933 die Morgengesellschaft.

Literatur

Commons: Großreuth hinter der Veste – Sammlung von Bildern

Fußnoten

  1. D. Fastnacht: Nürnberg, S. 313. Dort nach den Regeln des HONB folgendermaßen transkribiert: „grousráid“.
  2. Stadt Nürnberg, Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Stadt Nürnberg 2016. Dezember 2015, ISSN 0944-1514, 18 Statistische Stadtteile und Bezirke, S. 19–20, S. 19 (nuernberg.de [PDF; 6,3 MB; abgerufen am 1. November 2017]).
  3. Gemarkung Großreuth h.d.Veste (093428). In: geoindex.io. Geoindex Aktiengesellschaft, abgerufen am 4. September 2025.
  4. Webkarte. ALKIS®-Verwaltungsgrenzen - Gemarkungen. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 4. September 2025.
  5. Ortskarte 1:10.000. Darstellung mit Schummerung. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 4. September 2025.
  6. D. Fastnacht: Nürnberg, S. 309ff.
  7. a b c H. Rusam: Großreuth hinter der Veste, in: Stadtlexikon Nürnberg, S. 383.
  8. a b H. H. Hofmann: Nürnberg-Fürth, S. 120f.
  9. a b Wilhelm Meyer: Eintheilung der Amtsbezirke im Rezatkreis des Königreichs Bayern und Verzeichniß aller dazu gehörigen Ortschaften. Brügel’sche Kanzleybuchdruckerey, Ansbach 1837, OCLC 911053266, S. 197.
  10. H. H. Hofmann: Nürnberg-Fürth, S. 239.
  11. a b K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Regierungsbezirken, Verwaltungsdistrikten, … sodann mit einem alphabetischen Ortsregister unter Beifügung der Eigenschaft und des zuständigen Verwaltungsdistriktes für jede Ortschaft. LIV. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. München 1888, OCLC 1367926131, Abschnitt III, Sp. 1164 (Digitalisat).
  12. Nürnberg > Politische Einteilung. In: wiki.genealogy.net. Verein für Computergenealogie, abgerufen am 4. September 2025.
  13. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 602.
  14. Denkmalliste für Nürnberg (PDF) beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege
  15. a b c d e f g h i j k G. P. Fehring u. a.: Nürnberg, S. 353f. Denkmalschutz aufgehoben, Objekt evtl. abgerissen.
  16. Es sind nur bewohnte Häuser angegeben. 1818 werden diese als Feuerstellen bezeichnet, 1840 als Häuser, von 1836 und 1871 bis 1900 als Wohngebäude.
  17. Alphabetisches Verzeichniß aller im Rezatkreise nach seiner durch die neueste Organisation erfolgten Constituirung enthaltenen Ortschaften: mit Angabe a. der Steuer-Distrikte, b. Gerichts-Bezirke, c. Rentämter, in welchen sie liegen, dann mehrerer anderer statistischen Notizen. Ansbach 1818, OCLC 1071656043, S. 32 (Digitalisat). Für die Gemeinde Kleinreuth inklusive Neuenbau (S. 62).
  18. Eduard Vetter (Hrsg.): Statistisches Hand- und Adreßbuch von Mittelfranken im Königreich Bayern. Selbstverlag, Ansbach 1846, OCLC 635011891, S. 211 (Digitalisat). Laut Historischem Gemeindeverzeichnis hatte die Gemeinde 222 Einwohner.
  19. a b c Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis : Die Einwohnerzahlen der Gemeinden Bayerns in der Zeit von 1840 bis 1952 (= Beiträge zur Statistik Bayerns. Heft 192). München 1954, DNB 451478568, OCLC 311071516, S. 180, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00066439-3 (Digitalisat).
  20. Joseph Heyberger, Chr. Schmitt, v. Wachter: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. In: K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Bavaria. Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern. Band 5. Literarisch-artistische Anstalt der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, München 1867, OCLC 457951812, Sp. 1065, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10374496-4 (Digitalisat).
  21. Kgl. statistisches Bureau (Hrsg.): Verzeichniß der Gemeinden des Königreichs Bayern nach dem Stande der Bevölkerung im Dezember 1867. XXI. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. Ackermann, München 1869, S. 170 (Digitalisat).
  22. Kgl. Statistisches Bureau (Hrsg.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Kreisen, Verwaltungsdistrikten, Gerichts-Sprengeln und Gemeinden unter Beifügung der Pfarrei-, Schul- und Postzugehörigkeit … mit einem alphabetischen General-Ortsregister enthaltend die Bevölkerung nach dem Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1875. Adolf Ackermann, München 1877, OCLC 183234026, 2. Abschnitt (Einwohnerzahlen vom 1. Dezember 1871, Viehzahlen von 1873), Sp. 1230, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00052489-4 (Digitalisat).
  23. K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Gemeinde-Verzeichniss für das Königreich Bayern. Hergestellt auf Grund der neuen Organisation der Regierungsbezirke, Bezirksämter und Gerichtsbezirke. Nachtrag zum Heft 36 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1879, OCLC 992516308, S. 67 (Digitalisat).
  24. K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Gemeinde-Verzeichniss für das Königreich Bayern. Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. Heft 35 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1882, OCLC 460588127, S. 192 (Digitalisat).
  25. K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Gemeinde-Verzeichniss für das Königreich Bayern : Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dez. 1890. Heft 58 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1892, OCLC 162230561, S. 194 (Digitalisat).
  26. K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichnis des Königreichs Bayern, mit alphabetischem Ortsregister. LXV. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. München 1904, DNB 361988931, OCLC 556534974, Abschnitt II, Sp. 1146 (Digitalisat).
  27. https://gov.genealogy.net/item/show/source_276668
  28. D. Fastnacht: Nürnberg, S. 311.