Imeneo

Werkdaten
Originaltitel: Imeneo

Titelblatt des Librettos, Dublin 1742?

Form: Dramma per musica
Originalsprache: Italienisch
Musik: Georg Friedrich Händel
Libretto: unbekannt
Literarische Vorlage: Silvio Stampiglia, Imeneo (1723)
Uraufführung: 22. November 1740
Ort der Uraufführung: Theatre Royal, Lincoln’s Inn Fields, London
Spieldauer: 2 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Athen, in mythischer Zeit
Personen
  • Imeneo, liebt Rosmene (Bass)
  • Tirinto, verlobt mit Rosmene (Mezzosopran)
  • Rosmene, verlobt mit Tirinto (Sopran)
  • Clomiri, liebt Imeneo (Sopran)
  • Argenio, Rosmenes und Clomiris Vater, ein begüterter Athener (Bass)
  • Wachen, Diener, Volk

Imeneo oder Hymen (HWV 41) ist eine Oper (Dramma per musica, Serenata) in drei Akten von Georg Friedrich Händel. Sie ist seine vorletzte Oper, bevor er sich ganz dem englischsprachigen Oratorium zuwandte.

Entstehung

Die Komposition des Imeneo fällt in eine Zeit der Neuorientierung Händels und entstand in mehreren Phasen zwischen 1738 und 1740.

Nach verschiedenen Rückschlägen, die er als Opernkomponist in der Zeit vor 1738 besonders durch die rivalisierende Opera of the Nobility („Adelsoper“) erlitten hatte, und angesichts eines veränderten Musikgeschmacks und eines nicht mehr interessierten Publikums, hatte er begonnen mit der Gattung des englischsprachigen Oratoriums zu experimentieren.[1] Obwohl seine beiden im ersten Halbjahr 1738 erstmals aufgeführten Opern Faramondo und Serse nur mäßigen Erfolg hatten,[1] und sein Geschäftspartner Heidegger daraufhin die Subskription für die nächste Saison abbrechen musste,[2][3] fiel es Händel offenbar schwer, die Gattung der italienischen Oper völlig aufzugeben.[4]

So begann er ohne äußeren Anlass Anfang September 1738 mit der Komposition des Imeneo, obwohl er bereits an seinem Oratorium Saul arbeitete, das er jedoch erst einmal liegen ließ. Seine Eintragungen im Autograph des Imeneo lauten: „Ouverture, den 9. Sept. 1738, Son̄abend“; „Fine dell’Atto lmo den 14. Sept. 1738“; „Fine dell’Atto 2do den 17. September“ und „Fine dell’Opera den 20. Septembr. 1738“.[3][5]
Da ihm für eine Aufführung der Oper zu dieser Zeit sowohl die Sänger, als auch das Theater und offenbar auch das Publikumsinteresse fehlten, ließ er die Arbeit daran vorläufig unvollendet. Er hatte bereits die meisten Arien des Werkes komponiert, doch so gut wie keine Rezitative. Die Partie des Imeneo hatte er ursprünglich im Tenorschlüssel geschrieben, sie war also zunächst für einen Tenor bestimmt (John Beard ?).[1]

Im Folgenden stellte Händel den Saul sowie Israel in Egypt fertig. Nach den Uraufführungen dieser Werke beschäftigte er sich 1739 wieder mit der Partitur des Imeneo, nahm deutliche Revisionen vor und schrieb auch etliche Rezitative – offenbar in der Hoffnung, das Stück am Ende der aktuellen Saison noch aufführen zu können, wozu es jedoch nicht kam.[1]

Uraufführung

Erst im Herbst 1740, nach einer Reise auf den Kontinent (nach Haarlem und möglicherweise Berlin)[3] nahm Händel die Arbeit am Imeneo wieder auf und beendete sie am 10. Oktober. Er brachte die neue Oper im Theatre Royal in Lincoln’s Inn Fields am 22. November zur Uraufführung, in der folgenden Besetzung:

La Francesina John Faber nach George Knapton, 1737, Foundling Museum, London

Die als „La Francesina“ bekannte Sopranistin hatte bereits seit 1738 die Nachfolge von Anna Maria Strada del Po als Händels bevorzugte prima donna, sowohl in seinen Opern als auch in Oratorien und Oden, aufgetreten.[6] Der Kastrat Andreoni war in der vorangehenden Spielzeit zum ersten Mal am Haymarket aufgetreten;[7] Burney behauptete später, er sei nur ein „guter zweitklassiger Sänger“ gewesen, und wenn man Horace Mann Glauben schenken darf besaß er „keinen Triller“.[8] Den jugendlichen Imeneo sang William Savage, der im Jahre 1735 als Knabensopran in Händels Oratorium Athalia und als Oberto in Alcina gesungen hatte; inzwischen war der Sänger ein junger Mann und seine Stimme hatte sich zu einem Bass entwickelt. Für die Figur der jungen Clomiri verpflichtete Händel die junge Miss Edwards, welche einem Zeitgenossen wie ein „kleines Mädchen“ vorkam.[9] Anscheinend nahm Händel noch in letzter Minute einige Revisionen für Miss Edwards/Clomiri vor.[10]

Die Reaktionen auf die Oper waren sehr gemischt. In der Presse wurde das neue Werk wegen seiner relativen Kürze als „Operetta“ bezeichnet. Obwohl Imeneo nach den Proben als „sehr gefällig“ beschrieben wurde, ließ sich das Publikum nicht gewinnen. Dies spiegelt auch ein Brief des Anwalts Thomas Harris, eines glühenden Händel-Verehrers, der die Premiere miterlebt hatte, an seinen Bruder, den Philosophen James Harris:

“I have just now bin at Mr. Handel’s operetta, at which were the King and all the St. James’s royall family […] I don’t think it mett with the applause it deserves, as I think there are a great many good songs in it [...]”

„Ich war soeben in der Operette von Herrn Händel, wie auch seine Majestät der König und die gesamte königliche Familie von St. James […] Ich glaube aber nicht, dass sie [die Oper] den gebührlichen Beifall gefunden hat, obwohl doch darin eine große Fülle guter Gesänge zu finden sind.“

Thomas Harris: Brief an James Harris, London, 22. November 1740[11]

Charles Jennens, mit dem Händel zu der Zeit, als Imeneo entstand, am Saul gearbeitet hatte, war anderer Meinung und schrieb an James Harris:

“We have had nothing new yet but the Operetta of Hymen, in my opinion the worst of all Handel’s Compositions, yet half the songs are good.”

„Wir haben bis jetzt nichts Neues, außer der Operetta Hymen, meiner Meinung nach die schlechteste aller Händelschen Kompositionen, auch wenn die Hälfte der Arien gut sind.“

Charles Jennens: Brief an James Harris, London, 29. Dezember 1740[12]

Weitere Aufführungen und Versionen

Händels Imeneo wurde in London nur noch einmal, am 13. Dezember 1740,

“[…] By Command of his Royal Highness the Prince of WALES […]”

„[…] auf Befehl Sr. Königl. Hoheit, des Fürsten von Wales […]“

The London Daily Post, London, 13. Dezember 1740[12]

gespielt, nachdem eine für den 29. November geplante Aufführung infolge einer Erkrankung der „Francesina“ ausfallen musste.

Händel führte die Oper während seiner Irland-Reise in Dublin im März 1742 zweimal in einer Konzertfassung als „Serenata“ unter dem englischen Titel Hymen in der Neal’s New Musick Hall in der Fishamble Street auf. Es war das letzte Mal, dass er persönlich eines seiner italienischen Werke aufführte. Für diese Aufführungen nahm er auch einige musikalische Änderungen vor (siehe unten Abschnitt Musik), doch gilt die Partitur der Londoner Aufführungen von 1740 „sowohl in dramaturgischer wie auch in musikalischer Hinsicht“ als beste Fassung des Werkes.[1][5]

Moderne Aufführungsgeschichte

Die erste Imeneo-Produktion in der Neuzeit hatte am 13. März 1960 im Landestheater von Halle (Saale) Premiere und lief dort an 24 Abenden. Eine deutsche Textfassung hatten Waldtraut Lewin und Kurt Hübenthal erstellt. Die musikalische Leitung hatte Horst-Tanu Margraf. Eine erste Wiederaufführung des Stückes in Originalsprache und historischer Aufführungspraxis gab es im „Weis Center for the Performing Arts“ der Bucknell University in Lewisburg (Pennsylvania) am 25. April 1988 mit dem Brewer Chamber Orchestra unter der Leitung von Rudolph Palmer.

Titelseite des Librettos von Silvio Stampiglia, Marino Rosetti, Venedig 1726

Libretto

Das anonyme Libretto ist eine leicht veränderte Version von Silvio Stampiglias zweiteiligem „componimento drammatico“ Imeneo, das ursprünglich aus Anlass einer Adelshochzeit entstand und 1723 in einer Vertonung von Nicola Porpora (später Händels Rivale in London) zuerst in Neapel und 1726 als Imeneo in Atene auch in Venedig aufgeführt worden war.[13] Imeneo, die Titelfigur der Oper, ist der griechische Gott Hymenaios, der Gott der Hochzeit. Die Figur des Argenio war im neapolitanischen Originallibretto Clomiris Bruder, wurde in Händels Libretto zu ihrem Vater.[1]

Handlung

Mythologischer und literarischer Hintergrund

Geflügelter Hymenaios mit Hochzeitsfackel, Neptuntherme, Ostia Antica

Die Sage von Hymenaios, die im „Argomento“ („Vorbemerkung“) des Textbuches der Londoner Uraufführung als Quelle für die Handlung der Oper genannt wird, findet man in Kommentar des römischen Grammatikers Servius zu Vergils Aeneis (um 400 n. Chr.). In dieser wird berichtet, wie ein schöner, aber armer Jüngling aus Athen sich als blinder Passagier auf ein Schiff schleicht, welches edle Jungfrauen nach Eleusis bringen soll. Seine Angebetete ist unter den Frauen, der er nah sein möchte. Als Piraten das Schiff überfallen und die Jungfrauen entführen wollen, besiegt er diese und tötet sie. Zum Dank für seinen Mut hat er am Zielort dann die Erlaubnis bekommen, sein geliebtes Mädchen zu heiraten.[13]

Erster Akt

Zwei junge Frauen, Rosmene und Clomiri, die mit dem Schiff unterwegs nach Eleusis waren, um dort der Göttin Ceres Opfer darzubringen, sind von Piraten entführt worden. Rosmenes Geliebter, Tirinto, und Clomiris Vater, Argenio, beklagen das Schicksal der beiden Frauen.

Doch schon bald kündigt der Chor die Ankunft eines mutigen, jungen Mann an: Imeneo. Als Frau verkleidet hatte er die Entführer im Schlaf überrascht, getötet und die Jungfrauen so gerettet. Dafür lässt er sich nun feiern und legt seine Verkleidung ab.

Als Dank für seine Heldentat darf Imeneo nun um die Hand von Rosmene anhalten. Ihr Vater, Argenio, willigt ein, was aber Tirinto wütend und eifersüchtig macht. Nun ist es an Rosmene selbst, eine Entscheidung zu treffen.

Die befreiten Mädchen kehren nun zurück und es stellt sich heraus, dass Rosmenes Schwester Clomiri ihrerseits in Imeneo verliebt ist. Falls Rosmene sich für Tirinto entscheiden sollte, wird sich Imeneo vielleicht mit Clomiri einlassen. Wenn ihre Zuneigung aber Imeneo gelten sollte, gehen sowohl Tirinto als auch Clomiri leer aus. Rosmene begreift, dass sie zwischen dem Herzen und der Pflicht wählen muss: Sie liebt Tirinto, aber sie steht in Imeneos Schuld.

Für Imeneo stellt sich die Frage nicht: er habe seine „Turteltaube“ Rosmene gerettet und die „Falken“, die sie bedrohten, getötet. So freut er sich auf seine Hochzeit mit ihr und der Chor preist ihn nochmals.

Zweiter Akt

Zunehmend verzweifelt über ihr Dilemma, bittet Rosmene die Götter um Rat. Argenio drängt sie, das Richtige – das heißt, was die Ehre verlangt – zu tun und Imeneo zu heiraten, ganz gleich, was sie für Tirinto empfindet.

„Also“, sagt Rosmene, „willst du mich zwingen, untreu zu sein, um nicht undankbar zu sein?“ „Nein“, antwortet Argenio, „die edle Jungfrau, die sich dem Willen der Eltern und des Landes beugt und bei der selbst die Untreue zur Tugend wird, soll nicht untreu genannt werden.“ Schließlich versucht Argenio, Rosmene mit dem Gleichnis vom Löwen, der in der Arena den Kampf mit jenem Verdammten verweigert, der ihm einst im fernen Afrika einen Dorn aus der Pranke gezogen hatte, zur Vernunft zu bringen. Die weiteren handelnden Personen führen nun verschiedene Argumente für und gegen die Heirat von Rosmene mit Imeneo oder Tirinto an, was diese noch weiter verwirrt und quält. Argenio erklärt, dass Rosmene selbst entscheiden müsse, wen sie heiraten wolle. Der Chor sagt jedoch, dass Amor die Entscheidung treffen wird. Tatsächlich, so wird angedeutet, hat er das bereits getan.

Dritter Akt

Rosmene ist weiter in ihrer Qual gefangen: „Dankbarkeit und Liebe sind zwei Tyrannen, die mich umbringen werden“. Imeneo und Tirinto bestürmen beide Rosmene, ihre Entscheidung zu treffen und behaupten, dass sie sterben wollen, wenn die Wahl nicht auf sie fiele. Clomiri ist ja in Imeneo verliebt, weiß aber, dass ihre Liebe nicht erwidert wird, weshalb sie nur hofft, ihn glücklich zu sehen, ganz gleich, wie es ausgeht.

Rosmene empfindet die Entscheidung, vor der sie steht, als ungerecht und weiß sich zunehmend aus dieser emotionalen Umklammerung zu befreien: Sie gibt vor, vom Wahn befallen zu sein, um alle zu überrumpeln. Die Reaktion auf ihren vorgetäuschten Wahnsinn, denkt sie, wird alles klarmachen. Sie beschwört den Schatten des Totenrichters Rhadamanthys, eine Waage in der Hand haltend, ihr bei der Entscheidung zu helfen. Die Waage neigt sich mal in die eine, mal in die andere Richtung und schließlich scheint das Schwert des Schattens ihr Herz in zwei Hälften zu spalten, so dass sie zum Entsetzen der Umstehenden wie entseelt zu Boden sinkt. Nun kann sie einen Entschluss fassen: Ihr Wahn, sagt sie, hat sie in die Lage versetzt, weise zu wählen: die Pflicht vor der Leidenschaft und die Dankbarkeit vor der Treue – und damit Imeneo vor Tirinto. Der Chor bejubelt den Sieg der Vernunft gegen das Verlangen, aber das ist kein Trost für Tirinto und Clomiri.

Beginn der Ouverture, Violino Primo, Druck von John Walsh, London ca. 1750

Musik

Imeneo ist eine relativ kurze Oper – daher die zeitgenössischen Beschreibungen als „operetta“ (kleine Oper) – mit einer schlichten, unkomplizierten Handlung in einem intimen Rahmen. Dies ist bereits in der Libretto-Vorlage so angelegt, die eher einer Serenata entspricht als einer Opera seria für die große Bühne;[14] Burrows bezeichnete das Werk daher als „Kammerstück“.[15] Die relativ kleine Besetzung, die nur aus zwei Sopranen, Mezzosopran(-kastrat) und zwei Bässen besteht, aber ungewöhnlicherweise auch einen kleinen Chor vorsieht,[16][15] und die teilweise komische Stimmung der Oper lassen Imeneo fast als eine Art italienisches Gegenstück zu Händels englischer Masque Acis and Galatea erscheinen.

Ebenso wie der vorangehende Serse und die folgende Deidamia enthält Imeneo wie gesagt auch komische Elemente,[17] besonders die Titelfigur wird, vor allem in Akt I und II, musikalisch als ein etwas naiver, grober Mensch gezeichnet, und scheint eher aus einer Pastorale oder komischen Oper zu stammen.[18] Wenn Christopher Hogwood die Musik zu Imeneo als „melodiös, mit einer auffallenden Vorliebe für die kurze Phrase und eine Eleganz im Unkomplizierten“ bezeichnete,[17] so trifft das besonders auf die Figur des Imeneo zu, dessen Auftrittsarie „Di cieca notte allor“ nur eine sehr einfache Unisono-Begleitung aufweist.

Händel schafft es jedoch (wie immer) trotz des intimen Rahmens und der etwas simplen Handlung seine Figuren und ihre wechselnden Gefühlslagen angemessen und treffend zu charakterisieren.[15] So stammt das Paar Rosmene und Tirinto eindeutig der Welt der Opera seria, wie bereits ihre ersten, edel und (teilweise) tragisch gefärbten Arien „Se potessero“ (Tirinto) und „Ingrata mai non fui“ (Rosmene) zeigen, bei denen nicht nur der Gesang, sondern auch die Orchesterbegleitung wesentlich anspruchsvoller ist als bei Imeneo.

Vollends ins Tragische scheint die Handlung in Rosmenes Wahnsinnsszene am Ende des dritten Aktes zu kippen, die als Accompagnato gestaltet ist –[17] der Wahnsinn ist aber nur vorgetäuscht, nicht real und ernst. Der darauf folgende Schluss, wo sich Rosmene überraschend nicht für den von ihr bis dahin geliebten Tirinto, sondern für ihren Retter Imeneo entscheidet, ist vielleicht das größe Problem dieser Oper. Zwar war es in der spätbarocken Oper (besonders bei Metastasio) sowie in der zeitgenössischen Adelsgesellschaft üblich, dass am Ende Vernunft bzw. Pflicht vor Liebe geht. In Händels Imeneo hat das Ende jedoch eine unbefriedigende und „schockierende“ Wirkung, die vor allem durch die musikalische Charakterisierung der beiden Männer entsteht: Der ursprünglich von einem Kastraten gesungene Tirinto singt in der für die Barockoper typischen hohen Stimmlage eines Liebhabers und Helden, während Imeneo durch einen Bass verkörpert wird. Bässe wurden jedoch in der barocken Oper höchstens für Väter, Schurken, komische oder Nebenrollen eingesetzt, nicht aber als jugendliche Liebhaber. Darüber hinaus wird Tirinto von Händel von vornherein „musikalisch bei weitem differenzierter und anrührender gezeichnet“ als Imeneo,[19] auch wenn vereinzelt darauf hingewiesen wurde, dass Imeneo im Laufe der Oper eine gewisse Entwicklung durchmacht, genauer: ab dem wundervollen Terzett am Ende des zweiten Aktes („Consolami / Bramando / Deh, non cangiar“) musikalisch-stilistisch stärker an Tirinto angeglichen wird.[20] Durch den Schlusschor in der traurigen Tonart e-moll bekommt das Ende einen vollends tragischen Unterton.[21]

Das Seltsame dieser Situation wird in der Dubliner Version von 1742 noch verschärft, da Händel hier die beiden Liebenden Rosmene und Tirinto vor dem Schlusschor auch noch das Duett Per le porte del tormento (Durch die Pforten der Qual, Nr. 29) aus Sosarme (1732) singen lässt. Dieses Liebesduett steht in E-Dur und evoziert (nach S. Leopold) eine geradezu „paradiesische“ Atmosphäre seliger „Zweisamkeit“,[21] die überhaupt nicht zu der Vernunftheirat Rosmenes mit dem „falschen“ Mann (und Bass) Imeneo passen will. Oder soll hier etwa angedeutet werden, dass die beiden Liebenden ihre Beziehung trotzdem (auf einer außerehelichen Ebene) weiterführen werden?

In der Fassung, die Händel zwei Jahre später für die Aufführungen in Dublin schuf, fügte Händel abgesehen von dem erwähnten Duett aus Sosarme ein weiteres Duett für Rosmene und Tirinto ein: Vado e vivo colla speranza (Nr. 9c) aus Faramondo (1738) im ersten Akt (dort Vado e vivo).[13][5] Dafür strich er drei Arien und kürzte die Rezitative.

Struktur der Oper (Fassung der Uraufführung, London 1740)

Ouverture. – Menuet. (2 Ob, Str, BC)

Erster Akt

Scena I 1. Arioso. Tirinto (BC) La mia bella, perduta Rosmene
Recitativo. Argenio, Tirinto Tirinto! Argenio. O barbara fortuna!
2b. Aria. Tirinto (Str, BC) Se potessero i sospir’ miei
Scena II Recitativo. Argenio Cerere onnipotente
3. Coro. (2 Ob, Str, BC) Vien Imeneo frà voi
Recitativo. Tirinto, Argenio, Imeneo Argenio, addio
4. Coro. (2 Ob, Str, BC) Vien Imeneo frà voi
Recitativo. Tirinto, Argenio, Imeneo, Clomiri, Rosmene Valoroso Imeneo!
5b. Aria. Imeneo (2 Vl, BC) Di cieca notte allor, che l’ombra il monte ingombra
Scena III Recitativo. Imeneo Rosmene, al fin dovresti
6. Aria. Rosmene (2 Ob, Str, BC)Ingrata mai non fui, non ho di sasso il cor
Scena IV Recitativo. Imeneo, Tirinto Se non era il mio braccio
7a. Aria. Tirinto (2 Vl, BC) Mi chiederesti meno, se mi chiedessi il core
Scena V Recitativo. Clomiri, Imeneo Se non era il tuo braccio mi troverei
8c. Aria. Clomiri (2 Vl, BC) V’è un infelice, che per te muore
Scena VI Recitativo. Imeneo Paventar non degg’io, che non venga Rosmene
9b. Aria. Imeneo (2 Vl, BC) Esser mia dovrà la bella tortorella
10. Coro. (2 Ob, Str, BC) Vien Imeneo frà voi

Zweiter Akt

Scena I 11. Arioso. Rosmene (BC) Deh! m’ajutate, oh Dei!
Recitativo. Argenio, Rosmene Vogliono i tuoi maggiori
12. Aria. Argenio (Str, BC) Su l’arena di barbara scena
Scena II Recitativo. Rosmene, Clomiri La mia mente or confusa vorria
13. Aria. Rosmene (2 Ob, Str, BC) Semplicetta, la saetta
Scena III Recitativo. Clomiri, Tirinto Tirinto, era poc’anzi meco Rosmene
14b. Aria. Imeneo (Str, BC) Sorge nell’alma mia
Scena IV Recitativo. Clomiri, Imeneo (Tirinto, Imeneo) Imeneo, lieto in viso
15c. Aria. Clomiri (2 Vl, BC) È si vaga del tuo bene, che al suo mal non pensera
Scena V Recitativo. Imeneo (Tirinto) Sembra un fanciullo, amore, innocente
16b. Aria. Imeneo (2 Vl, BC) Chi scherza colle rose un di si pungerà
Scena VI Recitativo. Argenio, Tirinto, Imeneo, Rosmene Udisti già, che ad Imeneo concesso
17. Terzetto. Rosmene, Tirinto, Imeneo (2 Ob, Str, BC) Consolami, mio bene, pria che il dolor m’uccida
18. Coro. (2 Ob, Str, BC) È troppo bel trofeo della bellezza il cor

Dritter Akt

Scena I 19. Sinfonia. (2 Ob, Str, BC)
Recitativo. Tirinto, Imeneo, Rosmene Al fin decidi. Decidero
20. Aria. Rosmene (2 Vl, BC) In mezzo a voi dui qui lascio il mio core
Scena II Recitativo. Imeneo, Tirinto Se tua sarà Rosmene
21b. Aria. Tirinto (2 Vl, BC) Pieno il core di timore palpitar
Scena III Recitativo. Clomiri, Imeneo Sarei lieta ancor io
22b. Aria. Clomiri (2 Ob, Str, BC) Se ricordar t’en vuoi, già che di lei non puoi
Scena IV Recitativo. Imeneo Perdonami, Clomiri
Scena V Recitativo. Rosmene Fiero destino
Scena VI Recitativo. Imeneo, Rosmene Rosmene, a che sospendi
23. Arioso. Imeneo (Str, BC) Se la mia pace a me vuoi togliere
Scena VII Recitativo. Tirinto, Rosmene Sospirata Rosmene, anima mia
24b. Arioso. Tirinto (Str, BC) Se la mia pace a me vuoi togliere
Scena VIII Recitativo. Clomiri, Argenio, Rosmene Scorgesti, che Rosmene più non sembra in se stessa?
25. Duettino. Imeneo, Tirinto (Str, BC) Se la mia pace a me vuoi togliere
Recitativo. Rosmene, Tirinto, Imeneo, Argenio, Clomiri La vita? Eh, che la donna venne qua giù
26. Recitativo accompagnato. Rosmene Miratela, che arriva
Recitativo. Imeneo, Tirinto, Clomiri, Argenio, Rosmene Misera! Sventurata!
27. Arioso. Rosmene (2 Vl, BC) Al voler di tua fortuna già Rosmene acconsenti
Recitativo. Rosmene, Argenio, Clomiri, Imeneo, Tirinto Disse appunto così
28. Aria. Rosmene (Str, BC) Io son quella navicella, che venica a questa sponda
Recitativo. Rosmene, Imeneo Non vuol ch’io più ritorni
30. Coro. (2 Ob, Str, BC) Se consulta il suo dover

Struktur der Serenata (Dubliner Fassung, 1742)

Ouverture. – Menuet. (2 Ob, Str, BC)

Erster Akt

Scena I 1. Arioso. Tirinto (BC) La mia bella, perduta Rosmene
Recitativo. Argenio, Tirinto Tirinto! Argenio? O barbara fortuna!
2b. Aria. Tirinto (Str, BC) Se potessero i sospir’ miei
Scena II Recitativo. Argenio Cerere onnipotente
3. Coro. (2 Ob, Str, BC) Vien Imeneo frà voi
Recitativo. Tirinto, Argenio, Imeneo Argenio, addio
5c. Aria. Argenio (2 Vl, BC) Di cieca notte allor, che l’ombra il monte ingombra
Scena III Recitativo. Imeneo Rosmene, al fin dovresti
6. Aria. Rosmene (2 Ob, Str, BC)Ingrata mai non fui, non ho di sasso il cor
Scena IV Recitativo. Imeneo, Tirinto Se non era il mio braccio
7b. Aria. Tirinto (Str, BC) D’amor nei primi istanti facili son gli amanti
Scena V Recitativo. Imeneo Paventar non degg’io, che non venga Rosmene
9b. Aria. Imeneo (2 Vl, BC) Esser mia dovrà la bella tortorella
Scena VI 9c. Duetto. Rosmene, Tirinto (Str, BC) Vado e vivo colla speranza

Zweiter Akt

Prima parte

Scena Ia Aria. Tirinto (BC) Due bell’alme innamorate
Scena I Recitativo. Argenio, Rosmene Vogliono i tuoi maggiori
12. Aria. Argenio (Str, BC) Su l’arena di barbara scena
Scena II Recitativo. Rosmene, Clomiri La mia mente or confusa vorria
13. Aria. Rosmene (2 Ob, Str, BC) Semplicetta, la saetta
Scena III Recitativo. Clomiri, Imeneo (Tirinto, Imeneo) Imeneo, lieto in viso
15d. Aria. Tirinto (2 Vl, BC) È si vaga del tuo bene, che al suo mal non pensera
14b. Aria. Imeneo (Str, BC) Sorge nell’alma mia
Scena IV Recitativo. Imeneo (Tirinto) Sembra un fanciullo, amore, innocente
16c. Aria. Tirinto (2 Vl, BC) Chi scherza colle rose un di si pungerà
Scena V Recitativo. Argenio, Tirinto, Imeneo, Rosmene Udisti già, che ad Imeneo concesso
17. Terzetto. Rosmene, Tirinto, Imeneo (2 Ob, Str, BC) Consolami, mio bene, pria che il dolor m’uccida
Scena VI 18. Coro. (2 Ob, Str, BC) È troppo bel trofeo della bellezza il cor

Seconda parte

Scena I 19. Sinfonia. (2 Ob, Str, BC)
Recitativo. Tirinto, Imeneo, Rosmene Al fin decidi. Decidero
20. Aria. Rosmene (2 Vl, BC) In mezzo a voi dui qui lascio il mio core
Scena II Recitativo. Imeneo, Tirinto Se tua sarà Rosmene
Scena III Recitativo. Rosmene Fiero destino
Scena IV Recitativo. Imeneo, Rosmene Rosmene, a che sospendi
23. Arioso. Imeneo (Str, BC) Se la mia pace a me vuoi togliere
Scena V Recitativo. Tirinto, Rosmene Sospirata Rosmene, anima mia
24c. Aria. Tirinto (Str, BC) Un guardo solo, pupille amate
Recitativo. Tirinto, Rosmene Sentimi, per pietà
23. Arioso. Tirinto (Str, BC) Se la mia pace a me vuoi togliere
Scena VI Recitativo. Clomiri, Argenio, Rosmene Scorgesti, che Rosmene più non sembra in se stessa?
25. Duettino. Imeneo, Tirinto (Str, BC) Se la mia pace a me vuoi togliere
Recitativo. Rosmene, Tirinto, Imeneo, Argenio, Clomiri La vita? Eh, che la donna venne qua giù
26. Recitativo accompagnato. Rosmene Miratela, che arriva
Recitativo. Imeneo, Tirinto, Clomiri, Argenio, Rosmene Misera! Sventurata!
27. Arioso. Rosmene (2 Vl, BC) Al voler di tua fortuna già Rosmene acconsenti
Recitativo. Rosmene, Argenio, Clomiri, Imeneo, Tirinto Disse appunto così
28. Aria. Rosmene (Str, BC) Io son quella navicella, che venica a questa sponda
Recitativo. Rosmene, Imeneo Non vuol ch’io più ritorni
29. Duetto. Tirinto, Rosmene (Str, BC) Per le porte del tormento passan l’anime a gioir
30. Coro. (2 Ob, Str, BC) Se consulta il suo dover

Erfolg und Kritik

“[…] Imeneo is a little masterpiece, the best of the post-Alcina operas with the exception of Serse.”

„[…] Imeneo ist ein kleines Meisterwerk, die Beste seiner Opern nach Alcina mit Ausnahme des Xerxes.“

Winton Dean: Handel’s Operas, 1726–1741., London 2006[22]

Orchester

Zwei Oboen, Streicher, Basso continuo (Violoncello, Laute, Cembalo).

Diskografie

Literatur

  • Winton Dean: Handel’s Operas, 1726–1741. Boydell & Brewer, London 2006. Reprint: The Boydell Press, Woodbridge 2009, ISBN 978-1-84383-268-3. (englisch)
  • Silke Leopold: Händel. Die Opern. Bärenreiter-Verlag, Kassel 2009, ISBN 978-3-7618-1991-3.
  • Arnold Jacobshagen (Hrsg.), Panja Mücke: Das Händel-Handbuch in 6 Bänden. Händels Opern. (Band 2), Laaber-Verlag, Laaber 2009, ISBN 3-89007-686-6.
  • Bernd Baselt: Thematisch-systematisches Verzeichnis. Bühnenwerke. In: Walter Eisen (Hrsg.): Händel-Handbuch: Band 1, Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1978, ISBN 3-7618-0610-8. Unveränderter Nachdruck, Kassel 2008, ISBN 978-3-7618-0610-4.
  • Christopher Hogwood: Georg Friedrich Händel. Eine Biographie (= Insel-Taschenbuch 2655). Aus dem Englischen von Bettina Obrecht, Insel Verlag, Frankfurt am Main/Leipzig 2000, ISBN 3-458-34355-5.
  • Paul Henry Lang: Georg Friedrich Händel. Sein Leben, sein Stil und seine Stellung im englischen Geistes- und Kulturleben. Bärenreiter-Verlag, Basel 1979, ISBN 3-7618-0567-5.
  • Albert Scheibler: Sämtliche 53 Bühnenwerke des Georg Friedrich Händel, Opern-Führer. Edition Köln, Lohmar/Rheinland 1995, ISBN 3-928010-05-0.

Quellen

Commons: Imeneo – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Donald Burrows: Händel. Imeneo. Aus dem Englischen von Eckhardt van den Hoogen, CPO 999915-2, Osnabrück 2003, S. 8 ff.
  2. Editionsleitung der Hallischen Händel-Ausgabe: Dokumente zu Leben und Schaffen. In: Walter Eisen (Hrsg.): Händel-Handbuch: Band 4, Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1985, ISBN 3-7618-0717-1, S. 298.
  3. a b c Christopher Hogwood: Georg Friedrich Händel. Eine Biographie (= Insel-Taschenbuch 2655). Aus dem Englischen von Bettina Obrecht, Insel Verlag, Frankfurt am Main/Leipzig 2000, ISBN 3-458-34355-5, S. 266 ff.
  4. Christopher Hogwood: Georg Friedrich Händel. Eine Biographie (= Insel-Taschenbuch 2655). Aus dem Englischen von Bettina Obrecht, Insel Verlag, Frankfurt am Main/Leipzig 2000, ISBN 3-458-34355-5, S. 250.
  5. a b c Bernd Baselt: Thematisch-systematisches Verzeichnis. Bühnenwerke. In: Walter Eisen (Hrsg.): Händel-Handbuch: Band 1, Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1978, ISBN 3-7618-0610-8. Unveränderter Nachdruck, Kassel 2008, ISBN 978-3-7618-0610-4, S. 491 f.
  6. Winton Dean (rev. by Cheryll Duncan & Rachel Allen): Duparc, Elisabetta [‘Francesina’], in: Grove music online, 2001/2021.
  7. Donald Burrows: Händel. Imeneo. Aus dem Englischen von Eckhardt van den Hoogen, CPO 999915-2, Osnabrück 2003, S. 9.
  8. Christopher Hogwood: Georg Friedrich Händel. Eine Biographie (= Insel-Taschenbuch 2655). Aus dem Englischen von Bettina Obrecht, Metzler Verlag, Stuttgart, 1992, S. 201.
  9. Donald Burrows: Händel. Imeneo. Aus dem Englischen von Eckhardt van den Hoogen, CPO 999915-2, Osnabrück 2003, S. 9–10.
  10. Donald Burrows: Händel. Imeneo. Aus dem Englischen von Eckhardt van den Hoogen, CPO 999915-2, Osnabrück 2003, S. 10.
  11. Handel House Museum. www.handelhouse.org, abgerufen am 9. April 2018 (englisch).
  12. a b Handel Reference Database 1740. ichriss.ccarh.org, abgerufen am 23. Februar 2013 (englisch).
  13. a b c Silke Leopold: Händel. Die Opern. Bärenreiter-Verlag, Kassel 2009, S. 250.
  14. Hendrik Schulze: Imeneo (HWV 41), in: Arnold Jacobshagen, Panja Mücke (Hrsg.): Händels Opern – Das Handbuch. Teilband II. Laaber, (o. O.) 2009, S. 334
  15. a b c Donald Burrows: Händel. Imeneo. Aus dem Englischen von Eckhardt van den Hoogen, CPO 999915-2, Osnabrück 2003, S. 8–11, hier: 9.
  16. Hendrik Schulze: Imeneo (HWV 41), in: Arnold Jacobshagen, Panja Mücke (Hrsg.): Händels Opern - Das Handbuch. Teilband II. Laaber, (o. O.) 2009, S. 333
  17. a b c Christopher Hogwood: Georg Friedrich Händel. Eine Biographie (= Insel-Taschenbuch 2655). Aus dem Englischen von Bettina Obrecht, Metzler Verlag, Stuttgart/Weimar, 1992, S. 201.
  18. Hendrik Schulze: Imeneo (HWV 41), in: Arnold Jacobshagen, Panja Mücke (Hrsg.): Händels Opern – Das Handbuch. Teilband II. Laaber, (o. O.) 2009, S. 338
  19. Silke Leopold: Händel. Die Opern. Bärenreiter-Verlag, Kassel 2009, S. 165.
  20. Hendrik Schulze: Imeneo (HWV 41), in: Arnold Jacobshagen, Panja Mücke (Hrsg.): Händels Opern – Das Handbuch. Teilband II. Laaber, (o. O.) 2009, S. 338
  21. a b Silke Leopold: Händel. Die Opern. Bärenreiter-Verlag, Kassel 2009, S. 166.
  22. Winton Dean: Handel’s Operas, 1726–1741. Boydell & Brewer, London 2006. Reprint: The Boydell Press, Woodbridge 2009, ISBN 978-1-84383-268-3. S. 450.