Oberlandesgericht Posen (1815–1849)

Das Oberlandesgericht Posen war von 1808 bis 1849 ein preußisches Oberlandesgericht mit Sitz in Posen.

Geschichte

Mit der der Zweiten Polnischen Teilung kam Posen 1793 zu Preußen. Für die neue Provinz Südpreußen des Königreichs Preußen wurde die südpreußische Regierung Posen als Gericht zweiter Instanz gebildet. Mit dem Frieden von Tilsit wurde Großpolen samt Posen von 1807 bis 1815 Bestandteil des kurzlebigen pronapoleonischen Herzogtums Warschau. Auf dem Wiener Kongress wurde Posen als Teil des Großherzogtums Posen schließlich wieder dem Königreich Preußen zugeschlagen.

Die Gerichte im Königreich Preußen hatten historisch gewachsene Aufgaben, Zuschnitte und Bezeichnungen. Im Rahmen der Preußischen Reformen versuchte man, eine einheitliche Systematik einzurichten und begann damit bei den Mittelgerichten. Die Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-Polizei- u. Finanz-Behörden vom 26. Dezember 1808[1] bestimmte, dass die unter verschiedenen Bezeichnungen wie Oberamtsregierung oder Hofgericht firmierenden obersten Gerichte jedes Landesteils künftig Ober-Landesgericht heißen sollten.

Nach der Restrukturierung des Staatsterritoriums 1815 sollte jeder Regierungsbezirk zugleich das Departement (= Zuständigkeitsbereich) eines Oberlandesgerichts bilden.[2] Das Oberlandesgericht Posen war aber zunächst für die ganze Provinz Posen zuständig. Mit Verordnung vom 16. Juni 1834 wurde das Oberlandesgericht Bromberg geschaffen. Danach war das Oberlandesgericht Posen nur noch für den Regierungsbezirk Posen zuständig.

Nach der Märzrevolution wurden die Patrimonialgerichte abgeschafft und die Oberlandesgerichte durch Appellationsgerichte ersetzt. In Posen entstand 1849 so das Appellationsgericht Posen.

Untergerichte

Nach dem Ende der Franzosenzeit wurde die der französische Gerichtsorganisation entsprechende Gerichtsorganisation im Herzogtum Warschau zunächst übernommen. Es bestanden damit Friedensgerichte, darüber Landgerichte und dann das Oberlandesgericht.[3] Dem Oberlandesgericht Posen waren folgende Gerichte nachgeordnet:

Landgericht Sitz Friedensgerichte Sitz Anmerkungen
Landgericht Bromberg Bromberg Friedensgericht Bromberg Bromberg
Landgericht Bromberg Bromberg Friedensgericht Inowrocław Inowrocław
Landgericht Bromberg Bromberg Friedensgericht Koronowo Koronowo
Landgericht Bromberg Bromberg Friedensgericht Szubin Szubin
Landgericht Fraustadt Fraustadt Friedensgericht Bojanowo Bojanowo
Landgericht Fraustadt Fraustadt Friedensgericht Fraustadt Fraustadt
Landgericht Fraustadt Fraustadt Friedensgericht Gostyń Gostyń
Landgericht Fraustadt Fraustadt Friedensgericht Kosten Kosten
Landgericht Fraustadt Fraustadt Friedensgericht Lissa Lissa
Landgericht Fraustadt Fraustadt Friedensgericht Rawicz Rawicz
Landgericht Gnesen Gnesen Friedensgericht Gnesen Gnesen
Landgericht Gnesen Gnesen Friedensgericht Trzemeszno Trzemeszno
Landgericht Gnesen Gnesen Friedensgericht Wągrowiec Wągrowiec
Landgericht Gnesen Gnesen Friedensgericht Wreschen Wreschen
Landgericht Krotoszyn Krotoszyn Friedensgericht Jarocin Jarocin
Landgericht Krotoszyn Krotoszyn Friedensgericht Kempen Kempen
Landgericht Krotoszyn Krotoszyn Friedensgericht Krotoszyn Krotoszyn
Landgericht Krotoszyn Krotoszyn Friedensgericht Ostrowo Ostrowo
Landgericht Meseritz Meseritz Friedensgericht Birnbaum Birnbaum
Landgericht Meseritz Meseritz Friedensgericht Meseritz Meseritz
Landgericht Meseritz Meseritz Friedensgericht Wollstein Wollstein
Landgericht Posen Posen Friedensgericht Buk Buk
Landgericht Posen Posen Friedensgericht Posen Posen
Landgericht Posen Posen Friedensgericht Rogasen Rogasen
Landgericht Posen Posen Friedensgericht Samter Samter
Landgericht Posen Posen Friedensgericht Schrimm Schrimm
Landgericht Posen Posen Friedensgericht Schroda Schroda
Landgericht Schneidemühl Schneidemühl Friedensgericht Chodziesen Chodziesen
Landgericht Schneidemühl Schneidemühl Friedensgericht Filehne Filehne
Landgericht Schneidemühl Schneidemühl Friedensgericht Lobsens Lobsens
Landgericht Schneidemühl Schneidemühl Friedensgericht Schönlanke Schönlanke

[4]

1834 wurde die Gerichtsorganisation geändert und einheitlich Land- und Stadtgerichte gebildet. In dem -nun verkleinerten- Sprengel des Oberlandesgerichtes Posen bestanden 20 dieser Gerichte.[5]

Land- und Stadtgericht Sitz Anmerkungen
Land- und Stadtgericht Birnbaum Birnbaum
Land- und Stadtgericht Fraustadt Fraustadt
Land- und Stadtgericht Gostyń Gostyń
Land- und Stadtgericht Grätz Grätz
Land- und Stadtgericht Kempen Kempen
Land- und Stadtgericht Kosten Kosten
Land- und Stadtgericht Krotoszyn Krotoszyn
Land- und Stadtgericht Lissa Lissa
Land- und Stadtgericht Meseritz Meseritz
Land- und Stadtgericht Ostrowo Ostrowo
Land- und Stadtgericht Pleschen Pleschen
Land- und Stadtgericht Posen Posen
Land- und Stadtgericht Rawicz Rawicz
Land- und Stadtgericht Rogasen Rogasen
Land- und Stadtgericht Samter Samter
Land- und Stadtgericht Schrimm Schrimm
Land- und Stadtgericht Schroda Schroda
Land- und Stadtgericht Schwerin Schwerin
Land- und Stadtgericht Wollstein Wollstein
Land- und Stadtgericht Wreschen Wreschen

Daneben waren den Oberlandesgericht noch das Erzbischöfliche Konsistorialgericht in Posen und die Justiziate der Hauptzoll- und Steuerämter in Lissa, Meseritz, Kempen, Schrimm, Posen und Ostrow übergeordnet.

Organisation

Am Gericht waren im Jahr 1837 folgendes Personal beschäftigt:

  • 2 Präsidenten
  • 8 Räte
  • 5 Assessoren
  • 15 Subalterne
  • 8 Unterbeamte

Bei allen Gerichten im Oberlandesbezirk zusammen waren 937 Justizbeamte beschäftigt.

Richter

Literatur

  • W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate, Justiz-Verwaltungs-Statistik des Preussischen Staats, Bd. 2, 1839, S. 178 f., Digitalisat.

Einzelnachweise

  1. PrGS 1808 S. 464 (§ 53)
  2. Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815 (PrGS S. 85, 98)
  3. Patent wegen Wiedereinführung der Preußischen Gesetze in Großherzogtum Posen vom 9. November 1816, §21; in: GS 1816, S. 230, Digitalisat.
  4. Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat für das Jahr 1824, S. 358 f. Digitalisat
  5. GS 1834, S. 75, Digitalisat.