Vulkanismus im Steirischen Becken

Der Vulkanismus im Steirischen Becken umfasst zwei Perioden vulkanischer Aktivitäten im Steirischen Tertiärbecken, einem geologischen Sedimentbecken im Südosten des österreichischen Bundeslands Steiermark, mit Ausläufern des Vulkanismus in das angrenzende südliche Burgenland und nach Slowenien. Die abgelagerten Vulkanite prägen abschnittsweise das Landschaftsbild, so dass die Region touristisch als Steirisches Vulkanland vermarktet wird. Der größte Teil der Vulkanitvorkommen ist aber von jüngeren Sedimenten verhüllt und nur durch Bohrungen nachweisbar.

Frühere Geologen deuteten die Entstehung der Vulkane anders als heute und sprechen von einem „Steirischen Vulkanbogen“[1] oder einer „Transdanubischen Vulkanregion“.

Geologie

Der Vulkanismus des Steirischen Beckens bildet den Westrand einer größeren Vulkanprovinz des Pannonischen Beckens und seiner Randgebirge, zusammengefasst als karpatisch-pannonische Region (Carpathian–Pannonian region, CPR), mit Vulkanismus mit Beginn vor etwa 11 Millionen Jahren und den letzten vulkanischen Episoden vor etwa 200.000 Jahren. Er setzt sich nach Osten in Transdanubien, im Vulkanfeld des Bakonygebirges und Balatons und dem der Kleinen Ungarischen Tiefebene, fort.[2]

Vor Beginn des Vulkanismus, im Oligozän und frühen Miozän, war der Raum östlich der Alpen durch die Kollision zweier Kontinentalplatten, der Adriatischen Platte und der Europäischen Platte gekennzeichnet, wodurch sich die Gebirge der Ostalpen und der Karpaten aufzufalten begannen. Dabei wurde die europäische Platte unter die Adriatische Platte geschoben, geologisch eine Subduktion. Durch die Reibung an den Plattengrenzen wurde abgeschobenes Material zu einem Akkretionskeil zusammengeschoben. Da beide Platten nicht frontal, sondern schief aufeinander trafen, kam es im Vorfeld zum Zerbrechen der kontinentalen Kruste in verschiedene große Krustenblöcke (Mikroplatten), die Alcapa („Alps-Carpathian-Pannonian“) und Tisza–Dacia (nach der Theiß und Dakien) genannt werden. Diese Krustenblöcke schoben sich, unter Drehung gegen den Uhrzeigersinn, nach Osten. Dadurch kam es hier, anders als bei der Subduktion mit Kompression des Gesteins, lokal zu einer Dehnung der Kruste, die dadurch dünner wurde. Die unter den Karpatenbogen subduzierte Platte war hier kurz zuvor abgerissen und begann, in den Mantel abzutauchen.[2][3] Durch die Dehnung der kontinentalen Kruste bildete sich in flaches Becken, dessen Boden immer mehr absank, aber sofort durch das eingeschwemmte Erosionsmaterial der angrenzenden Gebirge (Alpen, Karpaten und Dinariden) wieder aufgefüllt wurde. Es bildete sich erst ein kontinentales Becken, in das später das Meer eindrang und das Randmeer der Paratethys, auf kontinentaler Kruste im Untergrund, hier metamorphen Gesteinen des austroalpinen Grundgebirges, bildete. Am Rand der Ostalpen bildeten sich mehrere Teilbecken, deren westlichstes, das Steirische Becken, durch die Südburgenländische Schwelle vom eigentlichen Pannonischen Becken abgetrennt war. Auch das Steirische Becken selbst ist komplex aufgebaut und besteht aus mehreren Teilbecken.[4] Die Sedimente im Steirischen Becken erreichen an den tiefsten Stellen 3 Kilometer Mächtigkeit.

Durch die dehnungsbedingte Verdünnung der kontinentalen Kruste stieg von unten heißes Material des Erdmantels, als unterer Teil der Kontinentalplatte, nach oben, wo er durch die Druckentlastung aufzuschmelzen begann und flüssiges Magma bildete, das an Schwächezonen der Erdkruste, alten und bei der Dehnung und Drehbewegung neu gebildeten Brüchen und Verwerfungen, nach oben steigen konnte.

Es lassen sich zwei vulkanische Episoden unterscheiden:

Miozäner Vulkanismus im Karpatium bis Badenium

Der ältere Vulkanismus des Steirischen Beckens wurde auf etwa 15,2 bis 16,8 Millionen Jahre Alter datiert. Er fällt damit in die Stufen des Karpatium bis Badenium des Miozän. Die vulkanischen Gesteine dieser Episode sind intermediär (also zwischen sauer und basisch stehend), sie wurden nach der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung als Latite oder Shoshonite charakterisiert. Im Steirischen Becken bildeten sich, untermeerisch in einer flachen Meeresbucht, drei große Schildvulkane, einer in der Region Mitterlabill/Gleichenberg, der zweite um Weitendorf und Wundschuh, der dritte bei Ilz und Walkersdorf. Die gewaltigen Vulkanbauten sind heute an der Oberfläche kaum zu sehen, weil sie durch später abgelagerte, jüngere Sedimente in dem weiter absinkenden Becken verhüllt werden, ihre Ausdehnung ist nur durch Bohrungen und geomagnetische Messungen bekannt. An der Oberfläche sind nur zwei kleine Hügel aus vulkanischem Gestein sichtbar, die aus den Sedimenten hervorragen, die Gleichenberge und der „Vulkan von Weitendorf“.[5][6] Von den mächtigen Vulkanmassiven bei Wundschuh und Ilz ist oberirdisch gar nichts zu sehen.

Die Zusammensetzung der Vulkanite deutet auf einen Zusammenhang mit der Subduktionszone hin. Allerdings sind die meisten Geologen überzeugt, dass die Subduktion zum Zeitpunkt des Vulkanismus schon zum Erliegen gekommen war, also nicht direkt für den Vulkanismus verantwortlich sein kann. Ein erklärendes Modell wäre eine Beeinflussung der Zusammensetzung des Mantelmaterials durch subduziertes Krustenmaterial.[7]

Vulkanismus im Pliozän bis Pleistozän

Die spätere vulkanische Phase im Pliozän, mit Einzelvorkommen bis ins Pleistozän, ist gekennzeichnet durch basischen Vulkanismus, chemisch Alkalibasalte bis hin zu noch kieselsäureärmeren Nepheliniten. Die viel kleineren Vulkanbauten (bzw. deren erosionsbedingte Überreste) sind weit verstreut. Im Gegensatz zu den durch zahlreiche Ausbrücke gekennzeichneten (polygenetischen) Schildvulkanen der ersten Phase handelt es sich um monogenetische Vulkane mit nur kurzzeitiger Aktivität. Einige Vulkane weisen durch Ausbrüche entstandene Lavaströme aus basaltischem Gestein auf. Im eigentlichen Schlotbereich überwiegen pyroklastische Sedimente, es handelt sich um Diatreme von Maarvulkanen, die durch Sprengtrichter bei Grundwasserzustrom zum heißen aufsteigenden Magma gebildet wurden. Im Klöcher Massiv (Basaltsteinbruch Klöch) drang Nephelinbasanit in einen vorher gebildeten Einbruchskrater, eine Caldera, ein.[5] Der jüngste datierte Ausbruch, am Stradner Kogel südlich Bad Gleichenberg erfolgte vor knapp zwei Millionen Jahren, gehört gleichzeitig zu den umfangreichsten, wehalb einige Geologen hier einen polygenetischen Schichtvulkan annehmen.[8]

Bekannte Einzelvorkommen sind:[9]

  • Burgberg der Riegersburg (3,71 Millionen Jahre, 481 Meter Höhe)
  • Kapfensteiner Kogel bei Kapfenstein (4,68–4,86 Millionen Jahre, 473 Meter Höhe)
  • Stradner Kogel (1,71 ± 0,72 Millionen Jahre, 609 Meter Höhe)
  • Königsberg (2,56 ± 1,2 Millionen Jahre, 462 Meter Höhe)
  • Klöcher Massiv (2,17–2,56 Millionen Jahre)
  • Steinberg, Mühldorf bei Feldbach mit großem Basaltsteinbruch (2,64–3,05 Millionen Jahre, 407 Meter Höhe)
  • Forstkogel, Feldbach (Steiermark) (7,51 Millionen Jahre, 420 Meter Höhe)
  • Auersberg, Feldbach (Steiermark) (2,87 Millionen Jahre, 393 Meter Höhe)
  • Kalvarienberg, Feldbach (Steiermark) (2,27–2,73 Millionen Jahre, 374 Meter Höhe)

Vulkanismus im südlichen Burgenland

Nicht zum Steirischen Becken selbst gehört der Vulkanismus im südlichen Burgenland. Dieser ist überwiegend gebunden an das Oberpullendorfer Becken, einen buchtartigen Vorsprung („Bucht von Landsee“) der pannonischen Tiefebene, also auf der Ostseite der Südburgenländischen Schwelle. Der Vulkanismus hier steht zeitlich zwischen den steirischen Vorkommen. Es gibt Hinweise darauf, dass sich das Zentrum des Vulkanismus im Miozän nach Norden verlagerte, so dass die Vorkommen im Norden die jüngsten wären.[5] Andere Geologen sehen im hiesigen Vulkanismus eher das älteste Vorkommen des jüngeren pannonischen Vulkanismus, weil es sich ebenfalls um alkalischen Vulkanismus handelt.[2]

Bekannte Einzelvorkommen sind:

Einzelnachweise

  1. Haymo Heritsch (1963): Exkursion in das oststeirische Vulkangebiet. Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark 93: 206-226. pfd download
  2. a b c Ioan Seghedi, Hilary Downes, Orlando Vaselli, Alexandru Szakács, Kadosa Balogh, Zoltán Pécskay (2004): Post-collisional Tertiary–Quaternary mafic alkalic magmatism in the Carpathian–Pannonian region: a review. Tectonophysics 393: 43–62. doi:10.1016/j.tecto.2004.07.051
  3. Michal Kováč, Emö Márton, Tomáš Klučiar, Rastislav Vojtko (2018): Miocene basin opening in relation to the north-eastward tectonic extrusion of the ALCAPA Mega-Unit. Geologica Carpathica 69 (3): 254–263 doi:10.1515/geoca-2018-0015
  4. Arthur Kröll, Helmut W. Flügel, Wolfgang Seiberl, Franz Weber, Georg Walach, Diethard Zych: Erläuterungen zu den Karten über den prätertiären Untergrund des Steirischen Beckens und der Südburgenländischen Schwelle. Geologische Bundesanstalt, Wien 1988. ISBN 3-900312-65-6
  5. a b c Fritz Ebner (1992): Vulkanismus im Steirischen Becken. Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft 137: 231–242.
  6. F. Ebner, J.G. Friebe, R.F. Sachsenhofer (1992): Evolution of the Neogene Styrian Basin. ALCAPA - Field Guide, IGP/KFU Graz: 141–153.
  7. Peter Slapansky, Reinhard Belocky, Heinz Fröschl, Petr Hradecky, Peter Spindler (1999): Petrographie, Geochemie und geotektonische Einstufung des miozänen Vulkanismus im Steirischen Becken (Österreich). Abhandlungen der Geologischen Bundesanstalt 56 (1): 419-434.
  8. Szabolcs Harangi, M. Éva Jankovics, Tamás Sági, Balázs Kiss, Réka Lukács, Ildikó Soós (2015): Origin and geodynamic relationships of the Late Miocene to Quaternary alkaline basalt volcanism in the Pannonian basin, eastern–central Europe. International Journal of Earth Sciences (Geologische Rundschau) 104: 2007–2032. doi:10.1007/s00531-014-1105-7
  9. Andreas Kellerer-Pirklbauer and Ingomar Fritz: Geomorphological Evidence of Past Volcanic Activity in the Southeast of Austria. Chapter 33 in: Christine Embleton-Hamann (editor): Landscapes and Landforms of Austria. Springer-Nature Switzerland, Cham 2022. ISBN 978-3-030-92813-1