Rinus Michels
| Rinus Michels | ||
![]() Rinus Michels (1974)
| ||
| Personalia | ||
|---|---|---|
| Voller Name | Marinus Jacobus Hendricus Michels | |
| Geburtstag | 9. Februar 1928 | |
| Geburtsort | Amsterdam, Niederlande | |
| Sterbedatum | 3. März 2005 | |
| Sterbeort | Aalst, Belgien | |
| Position | Sturm | |
| Junioren | ||
| Jahre | Station | |
| 1940–1946 | Ajax Amsterdam | |
| Herren | ||
| Jahre | Station | Spiele (Tore)1 |
| 1946–1958 | Ajax Amsterdam | 264 (122) |
| Nationalmannschaft | ||
| Jahre | Auswahl | Spiele (Tore) |
| 1950–1954 | Niederlande | 5 (0) |
| Stationen als Trainer | ||
| Jahre | Station | |
| 1953–1954 | VV Asser Boys | |
| 1960–1964 | JOS Watergraafsmeer | |
| 1964–1965 | Amsterdamsche FC Amateure | |
| 1965–1971 | Ajax Amsterdam | |
| 1971–1975 | FC Barcelona | |
| 1974 | Niederlande | |
| 1975–1976 | Ajax Amsterdam | |
| 1976–1978 | FC Barcelona | |
| 1979–1980 | Los Angeles Aztecs | |
| 1980–1983 | 1. FC Köln | |
| 1986–1988 | Niederlande | |
| 1988–1989 | Bayer 04 Leverkusen | |
| 1990–1992 | Niederlande | |
| 1 Angegeben sind nur Ligaspiele. | ||
Rinus Michels (* 9. Februar 1928 in Amsterdam; † 3. März 2005 in Aalst, Belgien; eigentlich Marinus Jacobus Hendricus Michels) war ein niederländischer Fußballspieler und -trainer. Er gilt als Begründer des „Totalen Fußballs“ und führte die niederländische Nationalmannschaft 1974 ins WM-Finale sowie zum Gewinn der Europameisterschaft 1988. Auf Vereinsebene feierte Michels seine größten Erfolge als Trainer von Ajax Amsterdam, die er von einem Abstiegskandidaten zur besten Mannschaft Europas verwandelte und den Starspieler Johan Cruyff hervorbrachte.[1] Neben vier Meistertiteln und drei Pokalsiegen gewannen sie 1971 den Europapokal der Landesmeister. Mit dem FC Barcelona gewann Michels die spanische Meisterschaft und die Copa del Rey sowie mit dem 1. FC Köln den DFB-Pokal. Der Fußball-Weltverband FIFA zeichnete ihn 1999 als „Trainer des Jahrhunderts“ aus. Aufgrund seines autoritären Führungsstils erhielt er den Spitznamen „Der General“.
Leben
Spieler
.jpg)
Rinus Michels stammt aus Amsterdam und ist in unmittelbarer Nachbarschaft des neu errichteten Olympiastadions aufgewachsen. Nachdem er zunächst nur als Straßenfußballer aktiv war, wurde er im Alter von 12 Jahren durch den Funktionär Joop Köhler beim Spielen entdeckt und 1940 in die Jugendabteilung des Klubs Ajax Amsterdam aufgenommen. Der Zweite Weltkrieg und die Entbehrungen der deutschen Besatzung, insbesondere der Hongerwinter 1944/45, erschwerten einen geordneten Spielbetrieb. 1946 rückte der 18-jährige Michels in den Kader der Seniorenmannschaft auf und debütierte beim 8:3-Sieg über ADO Den Haag. Der ehrgeizige und körperlich robuste Stürmer feierte mit fünf Toren einen beeindruckenden Einstand.[2] Michels galt zwar nicht als begnadeter Techniker, entwickelte sich jedoch zu einem Torjäger, der für Ajax Amsterdam 122 Tore in 264 Ligaspielen erzielte.[3] Mit Ajax gewann er zweimal die niederländische Meisterschaft (1946/47 und 1956/57). Ab Mitte der 1950er Jahre litt Michel zunehmend unter schweren Rückenproblemen, die ihn stark einschränkten und er musste seine aktive Karriere 1958 beenden, obwohl er erst 30 Jahre alt war.
Für die niederländische Nationalmannschaft bestritt Michels zwischen 1950 und 1954 insgesamt fünf Länderspiele (kein Tor).
Nach seiner aktiven Zeit studierte Michels Sportwissenschaft an der Academie voor Lichamelijke Opvoeding und ließ sich zusätzlich zum Masseur und Krankengymnasten ausbilden. Das war in den Niederlanden nach dem Krieg ein verbreiteter Weg für Sportler, um eine berufliche Absicherung zu haben. Von 1956 bis 1965 arbeitete er als Sportlehrer an einer Schule für gehörlose Kinder. Als der niederländische Fußballverband KNVB Anfang der 1960er erstmals eine Trainerausbildung abhielt, erwarb Michels nebenbei die Fußballlehrerlizenz.
Trainer
.jpg)
Anfang in Amsterdam
Bereits im September 1953 sammelte Michels seine ersten Erfahrungen als Trainer. Während seiner Stationierung als Wehrpflichtiger in Hooghalen, trainierte er den Amateurklub VV Asser Boys aus der Tweede Klasse A und blieb bis Anfang 1954.[4]
Seine ernsthafte Trainerlaufbahn begann er 1960 bei den Amateurvereinen JOS (Jeugd Organisatie Sportclub) und AFC (Amsterdamsche Football Club). Im Januar 1965 stellte ihn Ajax als Trainer ein, als Nachfolger des Engländers Vic Buckingham. Der Verein hatte vorher eine sportliche Talfahrt durchlitten und war zeitweise auch in Abstiegsgefahr. Kurz vor Michels’ Amtsantritt hatte Ajax mit einem 4:9 gegen Feyenoord Rotterdam die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte erlitten. Ajax, das damals talentierte Spieler wie Johan Cruyff, Wim Suurbier und Sjaak Swart besaß, krankte vor allem an der Desorganisation und Undiszipliniertheit der Mannschaft. Michels, der großen Wert auf Disziplin legte, konnte dies ändern. Ajax gewann unter ihm in den folgenden Jahren viermal die niederländische Meisterschaft (1966, 1967, 1968, 1970) sowie dreimal den Pokalsieg (1967, 1970, 1971). 1971 gewann er mit seinem Team – nachdem es 1969 in diesem Wettbewerb hinter dem AC Mailand schon Zweiter geworden war – den Europapokal der Landesmeister. Der Weltklassespieler Cruyff sagt über seine Zeit unter Michels: „Sowohl als Spieler als auch als Trainer lehrte mich niemand so viel wie er … Ich habe seine Führungskraft immer bewundert.“[5]
FC Barcelona
1971 wechselte Michels zum FC Barcelona, bei dem er mit seinen Vorstellungen von Disziplin und Taktik zunächst auf Probleme stieß. Ajax hingegen erreichte in den beiden folgenden Jahren zwei weitere Europapokalsiege. In den Augen vieler spielte die Mannschaft unter dem neuen Trainer Ștefan Kovács kreativer, da er den Spielern mehr Freiheiten ließ.
Anfänglich ließen die Erfolge für Michels in Barcelona auf sich warten. Erst als Cruyff Michels nach Barcelona folgte, nachdem vorher die Verpflichtung von Gerd Müller gescheitert war, gelang 1974 der Gewinn der spanischen Meisterschaft.
Weltmeisterschaft 1974
Während der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland war Michels Nationaltrainer der Niederlande (Bondscoach). Wie zuvor bei Ajax drängte Michels in der Vorbereitung auf eine Professionalisierung und Disziplinierung des Teams, auch bei der Oranje Elftal führte er sein System des „Totalen Fußballs“ ein. Er prägte so den niederländischen Fußball bis heute und gilt dementsprechend auch als „Vater des niederländischen Fußballs“. Sein Team beeindruckte bei seiner ersten WM-Teilnahme seit dem Zweiten Weltkrieg durch eine moderne Spielweise und eine Reihe hervorragender Einzelspieler wie Johan Cruyff und Johan Neeskens. Viele Fußballexperten hielten es für das spielstärkste Team des Turniers und klaren Favoriten für das Finale. Trotz einer Vielzahl von Chancen und teilweise überlegener Spielweise verlor es jedoch gegen Deutschland mit 1:2.
Amsterdam, Amerika und Barcelona
Nachdem er in der Saison 1975/76 wieder Ajax Amsterdam trainiert hatte, ging er ein zweites Mal zum FC Barcelona, mit dem er 1978 den spanischen Pokal gewann. Darauf folgten zwei Jahre Trainertätigkeit – in Michels’ Worten „bezahlter Urlaub“ – in den USA bei den Los Angeles Aztecs.
1. FC Köln
Von 1980 bis 1983 war Michels in der Fußball-Bundesliga für den 1. FC Köln tätig. Er wurde der damals bestbezahlte Trainer der Liga. Probleme gab es, weil der DFB seine niederländische Trainerlizenz nur widerwillig und erst nach einiger Zeit anerkannte. Noch Anfang 1978 war die Verpflichtung von Ernst Happel durch den Hamburger SV an der mangelnden Bereitschaft des DFB, ausländische Lizenzen anzuerkennen, gescheitert. „Wir müssen die Trainer schützen, die bei uns eine Lizenz erworben haben“, meinte weiland der deutsche Verband.[6]
In Köln, wo der vorherige Trainer Karl-Heinz Heddergott vorher den Spielern viel Freiraum gelassen hatte, gab es ähnliche Eingewöhnungsprobleme wie in Barcelona. Das Team um Rainer Bonhof, Pierre Littbarski und Toni Schumacher wurde in der ersten Saison nur Achter. 1981 verstärkte Michels das Team unter anderem mit Klaus Allofs und Klaus Fischer und zog die Intensität des Trainings weiter an. Schumacher, der mit Michels auch privat befreundet war und während des größten Teils der Kölner Zeit ebenso loyal zu Michels stand wie dieser zu Schumacher, fasst es zusammen:
„Michels war ein knochenharter Kerl, abgrundtief gehasst und geachtet zugleich. … Das Training war eine einzige Quälerei: Gymnastik, Laufen bis zur Erschöpfung, 'angefeuert' durch beleidigende Bemerkungen wie 'Kriecher', 'Flaschen', 'Idioten', 'Dilettanten'. Meine Freunde Pierre Littbarski und Klaus Allofs waren zutiefst gekränkt, glühend vor Wut, fühlten sich wie Sklaven behandelt. Es drohte ein regelrechter Aufstand. … Rinus Michels konnte nie nett sein; wie kein anderer konnte er seinen Spielern auch noch den letzten Rest an Humor austreiben, sie erniedrigen.“[7]
Der Verein wurde Herbstmeister und mit drei Punkten Rückstand auf den von Ernst Happel trainierten HSV deutscher Vizemeister. 1983 gewann das Team den DFB-Pokal mit einem Sieg über den Lokalrivalen SC Fortuna Köln. Die Zeit in Köln war nicht frei von Konflikten. Littbarski, der ein wesentlich distanzierteres Verhältnis zu Michels hatte als Schumacher, sagt rückblickend:
„Vielleicht besaß er wirklich ein strategisches Geschick, und der moderne Fußball zeigt, dass er eine Vision hatte, die heute bereits Realität ist. Aber für Individualisten wie mich war er tödlich. ... Er wollte einfach meinen Willen brechen, mir meine Spielfreude austreiben und aus mir jemand anderen machen.“[7]
Niederländische Europameisterschaft
Ab 1984 wirkte Michels als Technischer Direktor der niederländischen Nationalmannschaft. 1986 übernahm er auch wieder den Trainerposten. Bei der Fußball-Europameisterschaft 1988 in Deutschland triumphierte er dieses Mal über Deutschland im Halbfinale mit 2:1 und erreichte damit die Revanche für die Niederlage von München. Sein Team mit Ruud Gullit und Marco van Basten gewann anschließend im Finale in München durch einen 2:0-Sieg über die Sowjetunion die Europameisterschaft.
Werksfußballer
Nach der erfolgreichen Europameisterschaft wechselte er erneut in die Fußballbundesliga zu Bayer 04 Leverkusen. Nach enttäuschenden Ergebnissen entließ ihn der Verein jedoch kurz vor dem Ende der Saison 1988/89 vorzeitig. Obwohl finanziell lukrativ, empfand er das Engagement als sportlichen Abstieg. Er konstatierte: „In Köln bin ich an den Stars gescheitert. In Leverkusen daran, dass keine Stars da sind. Die Spieler hier sind viel zu brav für das Fußballgeschäft. Die Mannschaft ist einfach nur Mittelmaß.“[8]
Nochmals Niederlande
Nach dem Ausscheiden der Niederländer bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien gegen Deutschland wurde Rinus Michels erneut Nationaltrainer des Landes. Nach der Niederlage im Elfmeterschießen gegen den späteren Europameister Dänemark nahm er im Sommer 1992 endgültig Abschied von der Trainerbank. Später übernahm er noch verschiedene beratende Aufgaben für den nationalen Fußballverband und die UEFA. 1999 verlieh ihm die FIFA die Auszeichnung als Trainer des Jahrhunderts.
Michels starb nach einer Herzoperation im belgischen Aalst.
Wirken
Michels hatte als Trainer sowohl auf Vereinsebene von Ajax Amsterdam als auch später der Nationalmannschaft großen Anteil daran, dass die Niederlande Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre zu der bedeutenden Größe im internationalen Fußball wurden, die sie bis heute sind. In dieser Zeit demonstrierte er das System des Totalen Fußballs. Bei dieser sehr offensiven Spielweise wurden die vorher starren Positionen der Spieler aufgelöst, diese rochierten ständig, Verteidiger (besonders die Außenverteidiger) schalteten sich in den Angriff ein, und Angreifer halfen nun in der Verteidigung.
Fußballhistorisch sollte hierbei allerdings nicht das Wirken des österreichischen Trainers Ernst Happel in den Niederlanden außer Acht gelassen werden, der ab 1962 bei ADO Den Haag arbeitete und ein auf guter physischer Vorbereitung basierendes Pressing-Spiel einführte. Er holte auch mit Feyenoord 1970 erstmals den Europapokal der Landesmeister ins Land und wurde 1978 auch mit den Niederlanden Vize-Weltmeister in Argentinien, als Nachfolger von Rinus Michels.
Zitate
- Spitzenfußball ist wie Krieg. Bist du zu lieb, bist du verloren. (Oft verkürzt wiedergegeben als Fußball ist Krieg.)
Literatur
- Ingo Schiweck: Rinus Michels – General im Dienste des Feindes. In: ders. Kicken beim Feind? – Der ganz alltägliche Friede hinter dem deutsch-niederländischen Fußballkrieg. MaveriX, Düsseldorf 2006
Weblinks
- Literatur von und über Rinus Michels im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Die grössten Teams aller Zeiten: Ajax 1971-73. In: UEFA.com. Abgerufen am 17. September 2025.
- ↑ "Geburtstage", Sport-Bild vom 3. Februar 1993, S. 48
- ↑ Biografie Rinus Michels. In: rinus-michels.info. Abgerufen am 15. September 2025 (niederländisch).
- ↑ Michels, Rood-Wit thuis, 6. September 1953, S. 11
- ↑ Paul Gallagher „Father of Dutch Football dies“ in: The Age v. 4. März 2005
- ↑ Zebec ist der Favorit, Hamburger Abendblatt, 1978-03-23
- ↑ a b Vgl. hierzu: Ingo Schiweck, General im Dienste des Feindes
- ↑ Harald Richter: „Exklusivinterview – Nach dem Rauswurf sprach EXPRESS mit Rinus Michels“ in: Express (Düsseldorf) vom 14. April 1989 S. 13 zit. n. Schiweck


