Maenius (scurra)
Maenius war ein Angehöriger der römischen gens Maenia in der Römischen Republik (um 184 v. Chr.).
Maenius wird zuerst in einem Fragment einer verlorenen Passage des Satirikers Gaius Lucilius (2. Jahrhundert v. Chr.) erwähnt.[1] Da aber der Originaltext des Lucilius verloren ist und sonst keine zeitgenössischen Berichte überliefert sind, ist schwer zu beurteilen, wer Maenius genau war. Er war jedenfalls ein Angehöriger der gens Maenia und ein Verwandter des Gaius Maenius, der 338 v. Chr. Konsul gewesen war und dem zu Ehren unter anderem die columna Maenia auf dem Forum Romanum errichtet wurde.
Maenius wird dann bei Horaz (1. Jahrhundert v. Chr.), in einem Horaz-Kommentar des Pomponius Porphyrio (frühes 3. Jahrhundert) sowie in einer Passage in einem spätantiken Cicero-Scholion („Pseudo-Asconius“) erwähnt. Horaz beschreibt Maenius in einer Epistel in Versform als einen unlauteren Gesellen und scurra (abwertend: Witzbold), der es geschafft habe, das beträchtliche Vermögen seiner Familie zu verschleudern, und in der Folge von der Hand in den Mund gelebt und Lügen verbreitet habe. In einer Satire des Horaz dient Maenius außerdem als Negativbeispiel der übertriebenen Selbstliebe, weil er einen abwesenden Mann namens Novius geschmäht und dann auf die Nachfrage, ob er selbst denn ohne Fehl sei, schlagfertig erwidert habe: „Oh, mir selbst vergebe ich!“[2] Porphyrio berichtet aus den ihm vorliegenden Horaz-Kommentaren ebenfalls, Maenius habe das Erbe seiner Familie verloren, erhebliche Schulden gemacht und sei in Rom für seine Verschwendungssucht allgemein bekannt gewesen.

Porphyrio und der spätantike Cicero-Kommentar berichten genauer, Maenius habe das direkt am Forum gelegene atrium (vielleicht ein öffentliches Gebäude in der Form eines Atriums) oder domus seiner Familie 184 v. Chr. an Cato den Älteren verkauft, wobei er nur eine Säule (die nämliche columna Maenia) auf dem Forum Romanum behalten habe, die er und seine Nachkommen, mit einer Art Podest versehen, zur Beobachtung der Spiele auf dem Forum verwendet hätten. Cato soll dann auf dem Gelände die Basilica Porcia errichtet haben.[3] Diese Geschichte widerspricht jedoch glaubwürdigeren Berichten, nach denen nicht dieser Maenius, sondern sein Vorfahr Gaius Maenius der Urheber der Säule war, und ist wahrscheinlich unhistorisch.[4]
In den verschiedenen Quellen wird Maenius übereinstimmend als verarmter, sozial verwahrloster Adliger gezeichnet, eine Schande für seine Familie, der sich aber anscheinend auch durch einen gewissen Witz auszeichnete. Wohl auf dieser Grundlage nutzte Lucilius ihn als Figur für satirische Zwecke.[5] Horaz nimmt auch Bezug auf die schon bei Plautus auftretende komödiantische Figur des scurra, eines städtischen Witzboldes, der für seine Lästereien bekannt und gefürchtet war. Es scheint dabei nicht zufällig zu sein, dass der von Maenius geschmähte Mann ein Nonius war, denn einige Angehörige der gens Nonia waren als Banker und Wucherer bekannt, somit also geradezu die natürlichen Feinde eines Schuldners wie Maenius. Die Verknüpfung mit der columna Maenia bezieht sich wohl auch darauf, dass an der Säule die Schuldner über ihre Gläubiger richteten.[6]
Literatur
- Friedrich Münzer: Maenius 4. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XIV,1, Stuttgart 1928, Sp. 248 (Digitalisat).
- Anna-Maria Wilskman: From Honour to Dishonour – The Different Readings of Columna Maenia. In: Antonio Lopez-Garcia (Hrsg.): Running Rome and its Empire. The Places of Roman Governance. Routledge, London/New York 2024, S. 235–250.
- Claudia Conese: “Maenius absentem Novium cum carperet” (Horace, “Satires” 1.3.21): Characters, Places, Monuments. In: Hermathena. Band 193, Winter 2012, S. 33–55.
Anmerkungen
- ↑ Pomponius Porphyrio, ad Horatio Sat. 1,3,21 bewahrt folgendes Lucilius-Fragment: Maenius columnam cum peteret – „Maenius, als er zur Säule ging ...“
- ↑ egomet mi ignosco, Horaz, Satiren 1,3,21; Horaz, epistulae 1,15,26–32.
- ↑ Pomponius Porphyrio, ad Horatio Sat. 1,3,21 mit Quellenangabe qui de personis Horatianis scripserunt („diejenigen, die über die Charaktere des Horaz schrieben“); Pseudo-Asconius 201,20 zu Cicero, divinatio in Caecilium 16,50.
- ↑ So Claudia Conese: “Maenius absentem Novium cum carperet” (Horace, “Satires” 1.3.21): Characters, Places, Monuments. In: Hermathena. Band 193, Winter 2012, S. 33–55, hier S. 44 f., 47.
- ↑ Friedrich Münzer: Maenius 4. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XIV,1, Stuttgart 1928, Sp. 248 (Digitalisat).
- ↑ Scholia Bobiensia zu pro Sestio 8,18 („debitores a creditoribus proscribebantur“). Siehe die Rekonstruktion der Zusammenhänge bei Claudia Conese: “Maenius absentem Novium cum carperet” (Horace, “Satires” 1.3.21): Characters, Places, Monuments. In: Hermathena. Band 193, Winter 2012, S. 33–55, insbesondere S. 50 f.