Columna Maenia

Auf diesem Denar des Münzmeisters Lucius Marcius Censorinus (ca. 82 v. Chr.) ist auf der Rückseite (links) die auf dem Forum Romanum stehende Statue des Marsyas abgebildet und direkt daneben, kleiner und im Hintergrund, die Columna Maenia. Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin[1]
Karte des Forum Romanum (Rekonstruktion) vor den Umbauten unter Caesar und Augustus. Die Columna Maenia oben links neben dem Comitium.

Die Columna Maenia („Maenius-Säule“) war eine Säule, die zur Zeit der Römischen Republik auf dem Forum Romanum errichtet wurde.

Die Säule stand neben dem Comitium, wohl am Fuß des clivus Capitolinus in Sichtweite der Rostra (Rednertribüne).[2] Es handelte sich um eine Siegessäule, auf der eine Statue stand, wie in einer Münzabbildung aus dem frühen 1. Jahrhundert v. Chr. erkennbar ist. Sie wurde zu Ehren von Gaius Maenius errichtet, nachdem dieser als Konsul 338 v. Chr. im Zweiten Latinerkrieg die Latiner besiegt hatte. Als Censor nahm Maenius 318 v. Chr. selbst einen Umbau des Forums vor, wobei er vielleicht auch die Säule errichten ließ; die zugehörige Statue zeigte vermutlich die Siegesgöttin Victoria.[3] Die Statue auf der Säule war wohl nicht identisch mit dem Reiterstandbild des Gaius Maenius mit der Inschrift C. Maenio, qui devicerat priscos Latinos ... anno urbis CCCCXVI (= 338 v. Chr.), das Plinius der Ältere und Livius erwähnen und das vermutlich ebenso im Censor-Jahr des Maenius errichtet wurde, ebenso wie die Maeniana, neue Balkone zur Betrachtung der Gladiatorenspiele auf dem Forum.[4]

Laut Plinius wurde die Maenius-Säule bis zum Zweiten Punischen Krieg eingesetzt, um die Zeit zu messen. An klaren Tagen, so Plinius, konnte der apparitor der jeweiligen Konsuln, der jeden Tag die letzte Stunde des Tages ansagte, von der Curia Hostilia (dem Senatssitz) aus die Säule als Zeitanzeige nutzen.[5]

Spätestens im 1. Jahrhundert v. Chr. stand sie, wie aus Erwähnungen bei Cicero hervorgeht, mit den Angeklagten von Verbrechen sowie mit Schuldnern in Verbindung und kann als (einer der[6]) Arbeitsorte der tresviri capitales gelten, d. h. als der Ort, an dem sie (bzw. hier konkret Quintus Manlius 77 v. Chr.) Recht sprachen. Der Ort lag ganz in der Nähe des Carcers und war für die Aburteilung von „Dieben und Sklaven“ bekannt bzw. berüchtigt, wie aufgrund eines Scholions eines Cicero-Kommentators („Pseudo-Asconius“) bekannt ist. Die Scholia Bobiensia (ebenfalls spätantike Kommentare zu Cicero) bezeugen auch, dass hier Gläubiger ihre Schuldner juristisch verfolgten.[7]

Wohl auf einem Missverständnis beruht die Aussage zweier späterer Scholiasten, nicht Gaius Maenius, sondern dessen späterer Verwandter Maenius sei der Urheber der Columna Maenia gewesen.[8] Die beiden Aussagen finden sich bei Pomponius Porphyrio (frühes 3. Jahrhundert) und bei dem genannten „Pseudo-Asconius“. Maenius, so Porphyrio, habe das Erbe seiner Familie verloren, erhebliche Schulden gemacht und sei in Rom für seine Verschwendungssucht allgemein bekannt gewesen. Maenius habe auch die direkt am Forum gelegene domus seiner Familie an Cato den Älteren verkauft, wobei er nur eine Säule auf dem Forum Romanum behalten habe, die er und seine Nachkommen, mit einer Art Podest versehen, weiterhin zur Beobachtung der Spiele auf dem Forum verwendet hätten. Cato soll dann auf dem Gelände die Basilica Porcia errichtet haben.[9] Jedenfalls war die Säule zu einem Topos geworden, der sich auf den Zusammenhang von Schuld und Schulden bezog und mit den sozialen Abgründen des Schuldenmachens verknüpft war.[10]

Die Säule stand wohl noch Ende des 4. Jahrhunderts, wie nicht nur die Erwähnung bei den spätantiken Scholiasten, sondern auch in einem Brief des Quintus Aurelius Symmachus zu zeigen scheint, der hier die Amtsgeschäfte eines Prokurators verortet.[11] Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.

Literatur

  • Claudia Conese: “Maenius absentem Novium cum carperet” (Horace, “Satires” 1.3.21): Characters, Places, Monuments. In: Hermathena. Band 193, Winter 2012, S. 33–55, hier S. 42–51.
  • Anna-Maria Wilskman: From Honour to Dishonour – The Different Readings of Columna Maenia. In: Antonio Lopez-Garcia (Hrsg.): Running Rome and its Empire. The Places of Roman Governance. Routledge, London/New York 2024, S. 235–250 (doi:10.4324/b23090-15).
  • Wilhelm Kroll: Maenia columna. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XIV,1, Stuttgart 1928, Sp. 244 f. (Digitalisat).

Anmerkungen

  1. Die Identifikation mit der columna Maenia ist allgemein üblich, vgl. Claudia Conese: “Maenius absentem Novium cum carperet” (Horace, “Satires” 1.3.21): Characters, Places, Monuments. In: Hermathena. Band 193, Winter 2012, S. 33–55; Anna-Maria Wilskman: From Honour to Dishonour – The Different Readings of Columna Maenia. In: Antonio Lopez-Garcia (Hrsg.): Running Rome and its Empire. The Places of Roman Governance. Routledge, London/New York 2024, S. 235–250 (doi:10.4324/b23090-15), hier S. 242 f.
  2. Anna-Maria Wilskman: From Honour to Dishonour – The Different Readings of Columna Maenia. In: Antonio Lopez-Garcia (Hrsg.): Running Rome and its Empire. The Places of Roman Governance. Routledge, London/New York 2024, S. 235–250, hier S. 237.
  3. Claudia Conese: “Maenius absentem Novium cum carperet” (Horace, “Satires” 1.3.21): Characters, Places, Monuments. In: Hermathena. Band 193, Winter 2012, S. 33–55, hier S. 46 f.
  4. Plinius der Ältere, naturalis historia 34,20; Livius, ab urbe condita 8,13,8–9. In früheren Publikationen teilweise zusammengeworfen, geht die neuere Forschung davon aus, dass es sich um zwei verschiedene Monumente handelte, siehe Anna-Maria Wilskman: From Honour to Dishonour – The Different Readings of Columna Maenia. In: Antonio Lopez-Garcia (Hrsg.): Running Rome and its Empire. The Places of Roman Governance. Routledge, London/New York 2024, S. 235–250, hier S. 237, 240; Claudia Conese: “Maenius absentem Novium cum carperet” (Horace, “Satires” 1.3.21): Characters, Places, Monuments. In: Hermathena. Band 193, Winter 2012, S. 33–55, hier S. 45 f.
  5. Plinius, naturalis historia 7,212, der seine Informationen von Varro bezieht.
  6. Dazu Anna-Maria Wilskman: From Honour to Dishonour – The Different Readings of Columna Maenia. In: Antonio Lopez-Garcia (Hrsg.): Running Rome and its Empire. The Places of Roman Governance. Routledge, London/New York 2024, S. 235–250 (doi:10.4324/b23090-15), hier S. 244.
  7. Pseudo-Asconius 201,20 zu Cicero, divinatio in Caecilium 16,50; Scholia Bobiensia zu pro Sestio 8,18 („debitores a creditoribus proscribebantur“) und 58,124. Vgl. Anna-Maria Wilskman: From Honour to Dishonour – The Different Readings of Columna Maenia. In: Antonio Lopez-Garcia (Hrsg.): Running Rome and its Empire. The Places of Roman Governance. Routledge, London/New York 2024, S. 235–250, hier S. 236–238.
  8. So Claudia Conese: “Maenius absentem Novium cum carperet” (Horace, “Satires” 1.3.21): Characters, Places, Monuments. In: Hermathena. Band 193, Winter 2012, S. 33–55, hier S. 44 f., 47.
  9. Pomponius Porphyrio, ad Horatio Sat. 1,3,21 mit Quellenangabe qui de personis Horatianis scripserunt; Pseudo-Asconius 201,20 zu Cicero, divinatio in Caecilium 16,50.
  10. Anna-Maria Wilskman: From Honour to Dishonour – The Different Readings of Columna Maenia. In: Antonio Lopez-Garcia (Hrsg.): Running Rome and its Empire. The Places of Roman Governance. Routledge, London/New York 2024, S. 235–250 (doi:10.4324/b23090-15), hier S. 245 f.
  11. Quintus Aurelius Symmachus, Briefe 5,54,3.