Eine Gruppenhomologie ist eine spezielle Homologie und ein technisches Werkzeug der Mathematik, das in der Gruppentheorie und der algebraischen Topologie eine wichtige Rolle spielt.
Definitionen
Abstrakte Definition
Es sei
eine Gruppe. Der Funktor von der Kategorie der
-Moduln in die Kategorie der abelschen Gruppen, der einem Modul
die Gruppe
der Koinvarianten
![{\displaystyle A_{G}:=A\otimes _{\mathbb {Z} [G]}\mathbb {Z} }](./0aeb16c3739be9fc8576ac2229fe154e9994c0df.svg)
zuordnet, ist rechtsexakt. Seine n-te Linksableitung ist die n-te Homologiegruppe
von
mit Koeffizienten im
-Modul
.
Die Gruppenhomologie kann auch mithilfe des Funktors Tor definiert werden:
![{\displaystyle \mathrm {H} _{n}(G,A)=\mathrm {Tor} _{n}^{\mathbb {Z} [G]}(\mathbb {Z} ,A);}](./ec153a504e8f9ad13d2c73b384559f6d9c424fff.svg)
dabei ist
der Gruppenring von
und
mit der trivialen
-Operation versehen.
Aus der Beschreibung mithilfe des Funktors
ist ersichtlich, dass die Gruppenhomologie mithilfe einer beliebigen projektiven Auflösung des trivialen
-Moduls berechnet werden kann. Das heißt, man wählt eine lange exakte Sequenz von
-Moduln

in der sämtliche
projektive Moduln sind und definiert dann
als die Homologie des durch Tensorieren mit dem trivialen
-Modul
erhaltenen Kettenkomplexes
.
Aus dem Fundamentallemma der homologischen Algebra folgt, dass
nur vom
-Modul
und nicht von der gewählten projektiven Auflösung abhängt.
Explizite Definition
Als projektive Auflösung des
-Moduls
kann man
mit dem Differential
wobei 
wählen und dann also
als Homologie des durch Tensorieren mit dem trivialen
-Modul
erhaltenen Kettenkomplexes definieren.
Die Elemente dieses Komplexes heißen homogene Ketten.
Eine äquivalente Definition liefert die sogenannte Bar-Auflösung. Hier betrachtet man
mit dem Differential

und definiert dann
als Homologie des durch Tensorieren mit dem trivialen
-Modul
erhaltenen Kettenkomplexes.
Die Elemente dieses Komplexes heißen inhomogene Ketten.
Topologische Definition
Äquivalent kann
auch definiert werden als die singuläre Homologie mit Koeffizienten in
des Eilenberg-MacLane-Raumes
:
.
Diese Definition ist für praktische Berechnungen die einzig handhabbare.
Homologie in niedrigen Graden
Für die 0-te Homologie gilt
, insbesondere ist
für den trivialen
-Modul
.
Für die 1-te Homologie ist
![{\displaystyle H_{1}(G,\mathbb {Z} )=G/[G,G]}](./c774d674357d7178ebf5d4125e9d13a3b59d6265.svg)
die Abelisierung von
.
Die 2-te Homologie mit trivialen Koeffizienten kann mit der Hopf-Formel berechnet werden: wenn
eine endlich präsentierte Gruppe mit einer endlich erzeugten freien Gruppe
ist, dann ist
.
Beispiele



Geschichte
Die Geschichte der Gruppenhomologie beginnt mit einer 1936 veröffentlichten Arbeit von Witold Hurewicz Beiträge zur Topologie der Deformationen. IV. Asphärische Räume, in der bewiesen wird, dass der Homotopietyp eines asphärischen Raumes nur von seiner Fundamentalgruppe abhängt und man deshalb Gruppenhomologie
als Homologie eines asphärischen Raumes mit Fundamentalgruppe
definieren kann. In seiner 1942 veröffentlichten Arbeit Fundamentalgruppe und zweite Bettische Gruppe zeigte Heinz Hopf, dass
der Kokern der Hurewicz-Abbildung in Grad
ist und dass
aus den Erzeugern und Relationen einer Präsentierung berechnet werden kann. Nach Hopfs Veröffentlichung entwickelte sich das Gebiet in den 40er Jahren durch Arbeiten von Eckmann, Eilenberg-MacLane, Hopf und Freudenthal rasch weiter, Eilenberg und MacLane fanden in ihrer 1945 veröffentlichten Arbeit Relations between homology and homotopy groups of spaces die Definition durch die Bar-Auflösung und bald danach wurde auch die allgemeine Definition mittels projektiver Auflösungen gegeben.
Siehe auch
Literatur
- Kenneth S. Brown: Cohomology of groups (= Graduate Texts in Mathematics 87). Corrected 2nd printing. Springer, New York u. a. 1994, ISBN 0-387-90688-6
- D.J.S. Robinson: A Course in the Theory of Groups, Springer-Verlag 1996, ISBN 0-387-94461-3, Kap. 11.2: Homology Groups and Cohomology Groups (ohne Vorkenntnisse aus der homologischen Algebra)