Vic

Gemeinde Vic
Wappen Karte von Spanien
Vic (Spanien)
Vic (Spanien)
Basisdaten
Land: Spanien Spanien
Autonome Gemeinschaft: Katalonien Katalonien
Provinz: Barcelona
Comarca: Osona
Gerichtsbezirk: Vic
Koordinaten: 41° 56′ N, 2° 15′ O
Höhe: 485 msnm[1]
Fläche: 30,79 km²[2]
Einwohner: 49.530 (Stand: 2024)[3]
Bevölkerungsdichte: 1.609 Einw./km²
Postleitzahl(en): 08500
Gemeindenummer (INE): 08298 Vorlage:Infobox Gemeinde in Spanien/Wartung/cod_ine
Verwaltung
Amtssprache: Kastilisch, Katalanisch
Bürgermeisterin: Anna Erra
Website: www.vic.cat
Lage des Ortes
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Casino an der Plaça Major

Vic (katalanische Aussprache [bik], veraltet Vich) ist die Hauptstadt der Comarca Osona in der Provinz Barcelona in Katalonien. Die Stadt liegt etwa 70 km nördlich von Barcelona in einer Höhe von rund 484 m ü. d. M.; sie hat 49.530 Einwohner (Stand: 2024) und eine Fläche von 30,92 km².

Römischer Tempel

Die Stadt in der Ebene Plana de Vic am Fluss El Meder besitzt bedeutende Sehenswürdigkeiten in der Altstadt, neben dem weiträumigen historischen Plaça Major, der Kathedrale Catedral de Sant Pere und einen Tempel aus der Römerzeit. Vic ist Sitz des römisch-katholischen Bistums Vic und der Universität Vic.

Ortsname

Der Ortsname leitet sich von dem lateinischen Wort vicus her, das eine kleinstädtische Ansiedlung bezeichnet. In kastilischer Sprache wurde der Name historisch teilweise auch Vique geschrieben, modern jedoch meist Vich, was mit der traditionellen katalanischen Schreibung des Ortsnamens vor der katalanischen Rechtschreibreform von 1913 übereinstimmte und bis 1981 amtlicher Name der Stadt war. 1982 wurde der Name entsprechend den Normen der katalanischen Sprache von Pompeu Fabra i Poch am Institut d’Estudis Catalans, die damit auch auf Eigennamen angewandt wurden, offiziell in Vic geändert. Die korrekte katalanische Aussprache blieb dabei unverändert, da ch im älteren Katalanischen (wie im Italienischen) für ​[⁠k⁠]​ stand.

Geschichte

Catedral de Sant Pere

1721 wurde die Casa de la Misericòrdia de Santa Anna[4] gegründet. Der heiliggesprochene Antonius Maria Claret gründete im hiesigen Priesterseminar 1849 den Orden der Claretiner. Im zum Kulturkampf reduzierten Carlistenkrieg gegen diese konservativen Institutionen verlegte sich der liberale Anwalt und Philanthrop Domènech de Bertran i de Puig[5] auf die praktische Anwendung im Alltag und war von 1848 bis 1866 erster Präsident des Casino de Vic, später in der Casa Comella, dem sozialen Treffpunkt der Stadt. 1866 bis 1892 folgte ihm Eduard Carballo i Francolí[5] im Amt nach. In der Kleinstadt erschien die Zeitung El Pueblo Vicense,[5] ebenfalls unter der Leitung von Bertran.

Fàbrica de sucre, Industriedenkmal und heute ein Gebäude der Regionalverwaltung

Die Industrialisierung, ausgehend von der Textilherstellung im nahen Manlleu, brachte die Familien Comella und Pericas als Hauptnutzniesser hervor. Die Comella besaßen die Fabrik Can Mastrot der Comella Soler S. A.,[5] die Pericas kontrollierten die Textil- und Stromproduktion mit der Pericas, Boixeda, Reixach i Cia. Diese ließ ab 1913 in Vic ein Elektrizitätswerk errichten. Für das Äußere des Baus zeichnete der Architekt Josep Maria Pericas i Morros verantwortlich. Ab 1932 hieß das Unternehmen Energia Elèctrica del Ter S. A. Der Carlist und Kuba-Rückkehrer Martí Miret und sein Geschäftspartner Albert Planas ließen ab 1890 die gigantische Zuckermühle Fàbrica de sucre[4] errichten. Der Schriftsteller Josep Pla frequentierte einige Zeit die „hermetisch geschlossene Gesellschaft“[5] dieser Bourgeoisie und ihr Casino.

Die Eisenbahn aus Barcelona kam 1875 erstmals an. 1910 gab sich Vic zum hundertsten Geburtstag von Jaume Balmes einen neuen Bahnhof, von dem heute nur noch die Fassade existiert. Eine Prachtstraße, der Carrer Verdaguer, sollte diesen mit dem Hauptplatz Plaça Major verbinden. Die Festreden hielten fast alle Herren auf Spanisch, nur der Geistliche Collell sprach Katalanisch.[4] Dennoch erschien es dem Diktator Miguel Primo de Rivera 1923 angebracht, Katalanisch als Amtssprache zu verbieten und er lenkte die Stadtpolitik zentralstaatlich.[6]

Auf der Plaça dels Sants Màrtirs[4] wurde mit Vieh gehandelt. Auch das Cafè de la Constància war ein beliebter Treffpunkt. Joaquim Costa,[4] Geschäftsmann und Vater des späteren Bürgermeisters Josep M. Costa Velasco, wettete dort beim Kartenspiel, er könne innerhalb eines Jahres eine Stierkampfarena fertigstellen, was er, trotz Sicherheitsbedenken im Gemeinderat, mir ihrer Eröffnung am 6. Juni 1917 bewies. Die Arena mit 4000 Plätzen wurde auch für Sardanes genutzt. Sie schloss am 5. Juli 1963 mit einem letzten „grotesken“[4] Stierkampfspektakel und wurde 1989 abgerissen.

In den 1930er Jahren gab es auch die Zeitungen Diari de Vic, Comarca de Vich und Gazeta de Vich. 1935 trat erstmals der Opernsänger Marcos Redondo Valencia[5] in der Stadt auf. Während des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) leitete Francesc Freixenet mit Hilfe von Jaume Jutglà das antifaschistische Comite Antifeixista de Vic. Die Stadtpolitik bestimmte die Confederación Nacional del Trabajo (CNT) zusammen mit der Federación Anarquista Ibérica (FAI), während Unternehmer wie der kurz darauf ermordete Josep Riera i Carreras[5] vor der Kollektivierung der Großbetriebe[7] aus der Stadt flohen.

Anfang Februar 1939 marschieren die Putschisten unter Francisco Franco in Vic ein und beendeten die der Zweiten Republik treue Lokalregierung. Die neuen Machthaber der faschistischen Falange (FET) und der rechtsextremen Juntas de Ofensiva Nacional Sindicalista (JONS) erwiesen sich als intolerant gegenüber der katalanischen Sprache. Auch die Statuten des Casinos wollten sie unverzüglich ins Spanische übersetzt sehen.[5]

In den Jahren des Zweiten Weltkriegs wurden zehn im Exil lebende Menschen aus Vic in deutsche Konzentrationslager deportiert, wo sechs von ihnen, nämlich Joaquim Delgado Ribadulla, Josep Franquesa Vidal, Artur Piqué Fargas, Lluís Serradell Santanera, Felicià Tona Bassas und Josep Verdaguer Anglada, ermordet wurden. Die Stolpersteine vor dem Bahnhof erinnern heute an sie (siehe Liste der Stolpersteine in der Comarca Osona).[8] In der Zeit des Franquismus stand auf dem Hauptplatz der pompöse Obelisk „Caídos por España“[5] („Gefallene für Spanien“). Spanien wurde als Besatzungsmacht empfunden.[9]

Zu Beginn der 1940er Jahre mobilisierte der 1941 gegründete Verein „Los amigos de Alemania“[5] Demonstrationen zugunsten von Nazideutschland. Dabei wurde der faschistische Gruß gezeigt. Während sich viele Verteidiger der Republik in der Retirada nach Frankreich zurückgezogen hatten, baute die Diktatur ihren alternden Veteranen das Altersheim El Hogar del Ex-combatiente.[5] Später folgte eine zunehmende Entpolitisierung der spanischen Diktatur. Lokal half dabei der Sportverein Unión Esportiva de Vich. Auch das kirchliche Obra Atlètica Recreativa[4] (heute OAR Vic), ab 1955 mit dem Stadion Estadi Torras i Bages, sollte den Jugendlichen diese unpolitische Freizeitgestaltung ermöglichen, während auf einem Hügel über der Stadt der ab 1942 errichtete umfangreiche Bau des katholischen Priesterseminars Nou Seminari Diocesà[4] stand. Das Seminari / Vic ist heute ein Ausbildungs- und Tagungszentrum.[10]

In den 1970er Jahren folgte der Niedergang der Textilindustrie. Erfolgreich hielt sich die Produktion der typischen Trockenwurst Llonganissa de Vic[11] und die dafür nötigen zahlreichen Schweineställe im Umland. Mit der Transición begann Spaniens Rückkehr zur Demokratie, eine Amnestie gewährte 1977 den Verantwortlichen der Diktatur dafür im Austausch Straffreiheit. Begleitet war dies von einem Aufflammen des Nationalitätenkonflikts. Im Mai 1991 explodierte vor der Guardia civil in Vic eine von der ETA gelegte Autobombe, die neun Menschen tötete. Unter den Toten waren vier Kinder.[12] Der katalanische Unabhängigkeitskampf hingegen blieb gewaltfrei. Ihre Exponenten wie Jordi Cuixart fordern dafür umso entschlossener ein Recht auf zivilen Ungehorsam ein.[13] Seit 2002 ehrt ein Denkmal in Vic Lluís Companys, den Regierungspräsidenten der Generalitat de Catalunya der Partei Esquerra Republicana de Catalunya.[14]

Der katalanische Nationalismus hat eine progressive und demokratische Konnotation.[15] Wichtig ist den Unterstützern dieser Idee die „Verteidigung der Sprache“ – des Katalanischen – und die Pflege des Gemeinschaftssinns. Diesen Inhalt transportiert auch der am 24. Oktober 2010 in Vic durchgeführte und auf YouTube veröffentlichte Lipdub „Lip dub per la independència“ nach dem Lied La flama von Obrint Pas mit 5771 Personen, der laut den Organisatoren eine weltrekordhohe Beteiligung aufwies und auffallend viele junge Leute und Familien mit Kindern in der Altstadt von Vic zusammenbrachte.[16]

Museen

MEV, Museu d’art medieval
  • MEV, Museu d’Art Medieval (Museu Episcopal Vic), Bischöfliches Museum mit mittelalterlicher sakraler Kunst aus Katalonien
  • Museu de l’Art de la Pell, Museum der Lederverarbeitung
  • ACVic Centre d’Arts Contemporànies, Museum für Zeitgenössische Kunst
  • Museu Balmes, Museum zu dem Philosophen Jaume Balmes

Musik

Bevölkerung

Anzahl Einwohner
(Quelle: Información del Instituto de Estadística de Cataluña)
Jahr 190019301950197019811986200620072008
Einwohner 12.07515.00516.97525.90630.15528.58338.74738.22138.964

Söhne und Töchter der Stadt

Commons: Vic, Spain – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gesamtzahl der Dateien Geografische Nomenklatur der Gemeinden und Bevölkerungseinheiten: 1 Datei:MUNICIIOS.csv Spalte:ALTITUD
  2. Gesamtzahl der Dateien Geografische Nomenklatur der Gemeinden und Bevölkerungseinheiten: 1 Datei:MUNICIIOS.csv Spalte:SUPERFICIE
  3. Instituto Nacional de Estadística Municipal Register of Spain
  4. a b c d e f g h Xavier Cervera (Hrsg.): Visites guiades als barris de Vic (2016–2018) – Recull dels articles de Miquel Erra a 'El 9 Nou' sobre les visites guiades creades per Xavier Cervera i organitzades per l'Oficina de Turisme de Vic. Ajuntament de Vic, Vic 2018, S. 14 f., 17–19, 34 f., 48 f.
  5. a b c d e f g h i j k Santi Ponce, Maties Ramisa: El Casino de Vic 1848–2008 (= Joaquim Albareda [Hrsg.]: Coŀlecció «L’Entorn». Nr. 50). Eumo Editorial / Universitat de Vic/ Casino de Vic, Vic 2008, ISBN 978-84-9766-292-5, S. 19, 33 ff., 78 ff., 85 ff., 102 ff., 219.
  6. José-Luis Martín, Carlos Martínez Shaw, Javier Tusell: Historia de España. Hrsg.: Javier Tusell (= Colleción Pesamiento). Ediciones Taurus, Madrid 1998, ISBN 84-306-0264-X, S. 600.
  7. Stanley G. Payne: La Revolución Española 1936–1939 – Un estudio sobre la singularidad de la Guerra Civil. 2. Auflage. Espasa Libros, Barcelona 2021, ISBN 978-84-670-6089-8, S. 110.
  8. Vic homenatja a 10 vigatans deportats en camps de concentració nazi, 6 dels quals van ser assassinats. Ajuntament de Vic, 1. April 2022, abgerufen am 22. August 2025 (katalanisch).
  9. Oriol Dueñas: L’ocupació de Catalunya. Editorial Rosa dels Vents, Barcelona 2022, ISBN 978-84-18062-31-5, S. Monografie.
  10. Breu història del Seminari Vic. Seminari Vic, abgerufen am 1. September 2025 (katalanisch).
  11. Llonganissa de Vic – Indicació Geogràfica Protegida amb el suport de: Generalitat de Catalunya. Generalitat de Catalunya, abgerufen am 2. September 2025 (katalanisch).
  12. Matthieu Trouvé: Histoire politique de l’Espagne après Franco (de 1975 à nos jours) (= Collection Parcours Universitaires – Histoire). Presses Universitaires de Bordeaux, Bordeaux 2024, ISBN 979-1-03001113-5, S. 148.
  13. Jordi Cuixart: Ho tornarem a fer – Quan la injustícia és la llei, la desobediència civil és un dret. Próleg de Jamila Raqib (= Coŀlecció «Idees». Nr. 3). Ara Llibres, Barcelona 2019, ISBN 978-84-17804-20-6, S. Monografie.
  14. Monument a Lluís Companys (Vic, Eixample – Osona). Pobles de Catalunya, abgerufen am 1. September 2025 (katalanisch).
  15. Carlos Collado Seidel: Kleine Geschichte Kataloniens. 2. Auflage. Nr. 1759. Verlag C. H. Beck, München 2018, ISBN 978-3-406-72766-5, S. 193.
  16. Albert Castellví: El 'lipdub' per la independència ja supera el milió de visionats a Youtube. In: Ara. 11. Januar 2011, abgerufen am 4. März 2025.
  17. Jazz Cava. Ajuntament de Vic, abgerufen am 16. September 2025 (katalanisch).