Miguel Primo de Rivera

Miguel Primo de Rivera, 1930
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Miguel Primo de Rivera y Orbaneja, Marqués de Estella (* 8. Januar 1870 in Jerez de la Frontera; † 16. März 1930 in Paris) war ein spanischer General. Mit Billigung von König Alfonso XIII. errichtete er von 1923 bis 1930 eine rechtsgerichtete Diktatur in Spanien. Primo de Rivera war im kolonialen Rifkrieg für den Einsatz chemischer Waffen gegen die Zivilbevölkerung um Al Hoceïma verantwortlich.

Leben

Miguel Primo de Rivera entstammte einer andalusischen Adelsfamilie.[1] Er wurde bis 1884 an der Infanterieakademie von Toledo ausgebildet. Als Offizier kämpfte Primo de Rivera für Spanien zunächst im Rifkrieg (1893) unter Juan García Margallo, im Kubanischen Unabhängigkeitskrieg (1895–1898) und gegen die Philippinische Revolution. Der anschließende Spanisch-Amerikanische Krieg (1898) auf den Philippinen endete mit einer vernichtenden Niederlage der spanischen Armee und führte zum Verlust eines großen Teils der Kolonien. Durch seine militärischen Leistungen hatte sich Primo de Rivera das Ansehen seiner Vorgesetzten erworben und wurde in das Kriegsministerium unter seinem Onkel versetzt. Primo de Rivera wurde auch in Spanisch-Marokko eingesetzt. Während seiner Zeit in Marokko kritisierte er die Regierungspolitik in der Kolonie, was zu seiner mehrfachen Entlassung und Wiedereinstellung führte. 1922 und 1923 war er Generalkapitän von Katalonien, wo sein Vorgehen gegen die Aufständischen ihm die Abneigung der Bevölkerung einbrachte.

In Absprache mit dem Bourbonenkönig Alfonso XIII. errichtete er am 13. September 1923 nach einem Putsch im Stile eines Pronunciamientos eine mehr als sechs Jahre währende Militärdiktatur, die die sich wiederholenden Staatskrisen beenden sollte. Der König ernannte ihn zum sogenannten „presidente y ministro universal“.[2] Zunächst setzte er als Regierung ein rein militärisch besetztes Direktorium ein, in das ab 1925 auch Zivilisten aufgenommen wurden, während er seit dieser Umstrukturierung den Titel Ministerpräsident annahm. Er trat an, den von ihm so bezeichneten „caciquismo“[2] (von Kazike) zu bekämpfen, zu den Hauptleidtragenden seiner Politik gehörten jedoch vor allem die Kommunisten,[1] gegen die Primo de Rivera eine harte Polizeirepression in Gang setzte. Indes wurden die in den Regionen von ihm eingesetzten militärischen Stellvertreter bald selbst zu Kaziken und betrieben die dieser Klasse eigene Klientelpolitik. Da die Presse- und Meinungsfreiheit unterdrückt wurde, konnten diese Kaziken nun uneingeschränkter walten als die zuvor von ihm entmachteten.[2]

Als Machtbasis schuf sich Primo de Rivera die Partei Unión Patriótica[2] aus rechten, rechtsextremen und klerikalen Gesellschaftsgruppen. Antonio Maura Montaner,[2] Anführer der Mauristas, der einer autoritären Programmatik anhieng, unterstützte die Diktatur als gewünschten dauerhaften Zustand. Während andere Parteien in dieser Zeit unter Schwierigkeiten fortbestanden, löste sich die Unión Patriótica zum Ende der Diktatur auf und ihre verbleibenden Strukturen gingen in die extreme Rechte ein.[2]

Teile der katalanischen Rechten, so die katalanistische Lliga Regionalista,[2] hatten zunächst Erwartungen in den Putsch gesetzt, da Primo de Rivera eine Lockerung der zentralstaatlichen Kontrolle angekündigt hatte. Nach kürzester Zeit erwies sich seine Politik aber als streng zentralistisch. Bereits wenige Tage nach dem Putsch wurde die katalanische Sprache im Umgang mit der Verwaltung verboten. Einen Monat später erließ er durch José Calvo Sotelo ein Gesetz zur strengen Kontrolle der Gemeinden, das Estatuto Provincial, welches alle Gemeindepolitiker zentralstaatlich einsetzte. Seine Politik führte zu massiven Konflikten mit den Katalanen und brachte dort die Kirche, die Anwaltskammer und sogar den größten Fußballverein gegen ihn auf. Das Gesetz, zunächst, wie alle seine politischen Handlungen eine nicht verfassungsgemäße Notstandsmaßnahme, wurde im März 1925 publiziert.[2]

1924 förderte er mit einem persönlich erlassenen Dekret und nicht ohne Eigennutz die Inkraftsetzung eines Gesetzes, das sephardischen Juden weltweit den Zugang zur spanischen Staatsbürgerschaft ermöglichte und das Vertreibungsedikt von 1492 offiziell aufhob.[3] 1931 lief das befristete Dekret aus. Das Interesse war gering, doch stellten fast 2000 von 35.000 Sepharden in Frankreich den Antrag.[4] Auch andere rechtsgerichtete und positivistische Diktatoren, so Porfirio Díaz in Mexiko, förderten die Ansiedlung der angeblich im Umgang mit Geld versierten Juden, von denen wirtschaftliche Impulse erwartet wurden.

Dem Frauenwahlrecht und der Wählbarkeit von Frauen auf Gemeindeebene[1] war Primo de Rivera nicht grundsätzlich abgeneigt. Den häufig frauenfeindlichen Piropo[1] der Männer wollte er gar verbieten, dennoch unternahm er politisch kaum etwas. Im Rahmen der Dekrete, die in das Estatuto Provincial mündetenen, wurde diese Möglichkeit lediglich in Aussicht gestellt.[2] Erst die Zweite Spanische Republik gab den Frauen das Wahlrecht.

Primo de Rivera (rechts) und König Alfons XIII. im März 1930

Primo de Rivera betonte von Anfang an, dass die Diktatur befristet sein sollte. Opposition gegen Primo de Rivera kam zunächst vor allem von den Studenten der Federación Universitaria Escolar (FUE).[1] Nach anfänglichen Erfolgen wie dem entscheidenden Sieg über die Aufständischen in Marokko bei Al Hoceïma und einem gewissen wirtschaftlichen Aufschwung musste Primo de Rivera am 28. Januar 1930 zurücktreten, um Unruhen und Aufstände zu vermeiden. Jahrelang schon an Diabetes leidend, starb er daran kurz darauf in Paris. Am 14. April 1931 wurde nach einem Sieg der Republikaner bei den Kommunalwahlen die Zweite Spanische Republik ausgerufen. Seine Grabstätte ist in der Basilika La Merced in Jerez de la Frontera.

Kinder

Miguel Primo de Riveras Kinder José Antonio (1903–1936) und Pilar (1907–1991) gründeten 1933 die spanische faschistische Bewegung Falange, die 1937 mit dem Diktator Franco, einem Weggefährten ihres Vaters, ein politisches Bündnis einging.

Literatur

  • Frank Peter Geinitz: Die Falange Española und ihr Gründer José Antonio Primo de Rivera (1903–1936) – im Rahmen der Bewältigung der Vergangenheit der Zweiten Spanischen Republik (1931–1939). Dissertation, Universität München, 2007.
Commons: Miguel Primo de Rivera – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Bartolomé Bennassar, Jean-Pierre Amalric, Jacques Beyrie, Lucienne Domergue: Histoire des Espagnols – XVIIIe–XXe siècle (= Marguerite de Marcillac [Hrsg.]: Collection Tempus. Band 2, Nr. 378). 2. Auflage. Éditions Perrin, Paris 2011, ISBN 978-2-262-03441-2, S. 360, 368 f., 375, 391.
  2. a b c d e f g h i José-Luis Martín, Carlos Martínez Shaw, Javier Tusell: Historia de España. Hrsg.: Javier Tusell (= Colleción Pesamiento). Ediciones Taurus, Madrid 1998, ISBN 84-306-0264-X, S. 597–600.
  3. Enrico Deaglio: La banalità del bene – Storia di Giorgio Perlasca (= Collana Universale Economica Feltrinelli. Nr. 8307). 6. Auflage. Giangiacomo Feltrinelli Editore, Milano 2018, ISBN 978-88-07-88307-1, S. 125 f.
  4. François-Guillaume Lorrain: Il fallait bien les aider : Quand des Justes sauvaient des Juifs en France. Éditions Flammarion, Paris 2024, ISBN 978-2-08-043754-9, S. 271.
VorgängerAmtNachfolger
Manuel García PrietoMinisterpräsident Spaniens
19231930
Dámaso Berenguer Fusté