Trautl Brandstaller
Edeltraud „Trautl“ Brandstaller (oft auch als Traudl Brandstaller, verheiratete Edeltraud Keller,[1] auch als Edeltraud Brandstaller-Keller benannt;[2] * 30. April 1939 in Wien; † 1. Jänner 2024) war eine österreichische Journalistin, Schriftstellerin und Fernsehredakteurin.
Leben
Ausbildung
Trautl Brandstaller legte 1957 ihre Matura an einem Realgymnasium ab, studierte in der Folge Rechtswissenschaften an der Universität Wien sowie Französische Sprache am angegliederten Dolmetsch-Institut und schloss 1962 mit einer Promotion zum Dr. iur. ab. Ihr Französisch-Studium setzte sie anschließend an der Sorbonne in Paris fort. Nach bestandener akademischer Übersetzerprüfung 1963 folgte von 1964 bis 1966 ein postgraduales Studium der Politikwissenschaft am Institut für Höhere Studien.
Arbeitsleben
Ihre journalistische Laufbahn begann 1963 mit einem etwa einjährigen Engagement bei der Nachrichtenagentur Kathpress. 1967 schrieb sie für die Wochenzeitung Die Furche und wurde 1968 zur Vizepräsidentin der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Journalisten und Publizisten berufen, die eine Gliederung der Katholischen Aktion war. Im gleichen Jahr übernahm sie die Leitung der Wiener Repräsentanz des Styria Verlags, die sie bis 1970 innehatte. Zeitgleich arbeitete sie auch für das Neue FORVM und war dort kurzzeitig Vorsitzende des Vereins der Redakteure und Angestellten. Für das ORF-Politmagazin Querschnitte war sie 1972 als Redakteurin tätig. In den Gründungsjahren des Wochenmagazins profil wechselte sie in dessen innenpolitische Redaktion und blieb dort bis 1974. In diesem Jahr oblag ihr dann die Ausarbeitung des ersten Berichts zur Lage der Frauen in Österreich.
1975 erhielt sie eine feste Anstellung beim ORF-Fernsehen, für das sie ihre ersten Dokumentationen produzierte, darunter die Fernsehdokumentation Fremde in der Heimat (ausgestrahlt am 18. Juni 1975 mit anschließender TV-Diskussionsrunde u. a. mit dem Journalisten Claus Gatterer und dem Rechtsextremisten und FPÖ-Abgeordneten Otto Scrinzi;[3] Auszeichnung 1976), in der Brandstaller die österreichische Minderheitenpolitik mit den Kärntner Slowenen auf den Prüfstand stellte.[4][5] 1976 bis 1984 bekam sie die Leitung des politischen TV-Frauenmagazins[6] Prisma übertragen, das die Emanzipation der Frau thematisierte und wichtige Anstöße zur Frauenpolitik lieferte, u. a. mit dem Fernsehbeitrag über Rosa Jochmann (Auszeichnung 1981). In dieser Phase war sie auch regelmäßige Moderatorin der Diskussionssendung Club 2. Zwischen 1986 und 1992 war sie Leiterin der ORF-Hauptabteilung Gesellschaft, Jugend und Familie. Sie wurde bekannt mit Fernsehdokumentationen wie Juden in Wien heute (Auszeichnung 1986). 1992 bis 1994 war sie für die Ö1-Sendereihe Diagonal − Radio für Zeitgenossen verantwortlich, in der Porträts berühmter Persönlichkeiten (Simone de Beauvoir, Marion Dönhoff, Václav Havel und Richard von Weizsäcker Milovan Đilas, György Konrád, Adam Michnik und andere) gesendet wurden.[4][7] Eine weitere ihrer TV-Arbeiten ist der Fernsehdreiteiler Donauabwärts – Eine Reise ins unbekannte Europa.
Die als freie Publizistin und Journalistin weiterhin tätige Brandstaller veröffentlichte zahlreiche politisch-historische Artikel unter anderem in den Tageszeitungen Der Standard und Die Presse sowie in der Europäischen Rundschau.
Gemeinsam mit dem Medienwissenschaftler Peter Diem vertrat sie die Bürgerinitiative pro Austria. Diese unterstützt alle Bestrebungen, die geeignet sind, die österreichische Identität in einem geeinten Europa zu erhalten und zu fördern und so zur Schaffung einer offenen Gesellschaft im Sinne Karl Poppers beizutragen. Zugleich versuchte die Initiative, die Errichtung eines Hauses der Geschichte der Republik Österreich zu forcieren (seit November 2018 als Haus der Geschichte Österreich bestehend).
Brandstaller war neben Peter Diem, Hermann Maurer und Helga Maria Wolf, eine von vier Personen, die viele Jahre das Hauptherausgeber-Team („Editors-in-Chief“) des Informationsportals Austria-Forum bildeten. 2023 verließ sie aus Zeitgründen das Team.[8]
Privatleben
Edeltraud „Trautl“ Brandstaller, mit Ehenamen Keller, war ab 1978 mit dem Rechtsanwalt und SPÖ-Politiker Heinrich Keller (1940–2025) verheiratet. Sie hatten eine gemeinsame Tochter (* 1981). Sie starb am 1. Jänner 2024 im Alter von 84 Jahren[6] und wurde am Wiener Zentralfriedhof bestattet, gemeinsames Grab mit ihrem im Juli 2025 verstorbenen Ehemann.[1][9]
Auszeichnungen
- 1968: Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis[5][6]
- 1976: Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis für die Fernsehdokumentation Fremde in der Heimat über die Situation der Kärntner Slowenen[4][5]
- 1981: 15. Fernsehpreis der Österreichischen Erwachsenenbildung gemeinsam mit Rosa Jochmann für den Prisma-Beitrag Rosa Jochmann[2]
- 1986: 19. Fernsehpreis der Österreichischen Erwachsenenbildung für die Fernsehdokumentation Juden heute in Wien[2]
- 1993: Preis der Stadt Wien für Publizistik[4]
- 2000: Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien „für ihre journalistischen Leistungen und ihr großes journalistisches Engagement“[10]
- 2008: im Rahmen des 40. Fernsehpreises 2007: Axel-Corti-Preis „für erwachsenenbildnerisch besonders wertvolle Leistungen im Fernsehen“[2][11][12]
- 2011: Goldenes Doktordiplom der Universität Wien[13]
Publikationen
- Michel van der Plas und Henk Suèr: Diese holländischen Katholiken. Übersetzung von Trautl Brandstaller und Willy Schrekkenberg nach der englischen Ausgabe Those Dutch catholic und den holländischen Originalmanuskripten. Styria, Graz / Wien / Köln 1969 (DNB 456458840).
- Die zugepflügte Furche. Geschichte und Schicksal eines katholischen Blattes. Europa Verlag, Wien / Frankfurt / Zürich 1969 (DNB 456175245).
- Zum TV-Film Fremde in der Heimat: Ein Bericht über die Situation der Kärntner Slowenen von Trautl Brandstaller (ORF 18. Juni 1975). (= Sondernummer der Zeitschrift Mladjè – literatura in kritika.) Mladjè-Dokumentation Nr. 1, 2. Auflage. Klúb Mladjè, Klagenfurt 1976 (DNB 810160889; 1. Auflage: DNB 95234064X).
- Frauen in Österreich. Bilanz und Ausblick. Bundespressedienst im Bundeskanzleramt (Österreich), Wien 1981 (DNB 821112104).
- als Hrsg.: Österreich 2½. Anstöße zur Strukturreform. Deuticke, Wien 1996, ISBN 978-3-216-30207-6.
- Die Donau fliesst nach Westen. Eine politische Reise von Wien ans Schwarze Meer. Molden, Wien 2001, ISBN 978-3-85485-067-0.
- Die neue Macht der Frauen. Sieg der Emanzipation oder Krise der männlichen Eliten? (Angela Merkel, Ségolène Royal und Hillary Clinton: Drei Frauen an der Spitze der Macht porträtiert.) Styria premium, Wien / Graz / Klagenfurt 2007, ISBN 978-3-222-13223-0.[14][15]
- mit Barbara Sternthal (beide als Hrsg.): Hrdlicka. Eine Hommage. Bildband. Residenz, St. Pölten / Salzburg 2008, ISBN 978-3-7017-3087-2.
- Von der „Insel der Seligen“ zum siebten Zwerg in Europa. Die Rolle der Medien bei der Verwandlung Österreichs in eine geschlossene Gesellschaft . In: Erhard Busek (Hrsg.): Was haben wir falsch gemacht? Eine Generation nimmt Stellung. Kremayr und Scheriau, Wien 2010, ISBN 978-3-218-00806-8, S. 169–178.
- 6.12.1905. Verleihung des Friedensnobelpreises an Bertha von Suttner. Frauen im öffentlichen Leben − Realitäten, Klischees, Utopien (= Ereignis 7). In: Hannes Androsch, Manfred Matzka, Bernhard Ecker (Hrsg.): 1814, 1914, 2014. 14 Ereignisse, die die Welt verändert haben. Brandstätter, Wien 2014, ISBN 978-3-85033-807-3, S. 107–124.
- mit Erhard Busek: Republik im Umbruch. Eine Streitschrift in zehn Kapiteln. Kremayr und Scheriau, Wien 2016, ISBN 978-3-218-01020-7.
- Einsichten. Aussichten. Das Salzkammergut zwischen Faktischem und Anekdotischem. Mit Beiträgen von Christoph Ransmayr, Klaus Maria Brandauer, Yvonne Oswald, Miguel Herz-Kestranek, Nina Höllinger, Günter Kaindlstorfer, Robert Schindel, René Freund und Julia Müllegger. Hrsg. von der Kulturhauptstadt Salzkammergut. Mandelbaum, Wien 2023, ISBN 978-3-99136-041-4.
Weblinks
- Literatur von und über Trautl Brandstaller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Trautl Brandstaller im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus
- Trautl Brandstaller im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Eintrag zu Trautl Brandstaller im Austria-Forum in der Rubrik Ehemalige Mitglieder des Editorial Boards.
- Trautl Brandstaller. Kurzbiografie und Beiträge im FORVM. In: Context XXI..
- Trautl Brandstaller. Beiträge in der Wochenzeitung Die Furche. In: furche.at..
- Gabi Horak: „Ich wollte keine Lady werden“ ( vom 1. Januar 2017 im Internet Archive). Interview mit Trautl Brandstaller. In: an.schläge, Heft Februar 2008.
- Paul Lendvai: Über die Bedeutung des kritischen Journalismus. Trautl Brandstaller war eine unbequeme, herausragende Journalistin. Erinnerungen an eine Wegbegleiterin. In: Der Standard, 8. Jänner 2025.
Einzelnachweise
- ↑ a b Edeltraud Keller in der Verstorbenensuche bei friedhoefewien.at
- ↑ a b c d Fernsehpreis der Erwachsenenbildung. PreisträgerInnen seit 1967. Büro Medienpreise – Fernseh- und Radiopreis der Erwachsenenbildung der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs – KEBO (online (PDF; 179 KB) auf der Website der KEBO, 1. März 2018, abgerufen am 19. September 2025). Hier:
- 15. Fernsehpreis 1981: Rosa Jochmann und „Dr. Edeltraud Brandstaller-Keller für den Prisma-Beitrag ‚Rosa Jochmann‘“.
- 19. Fernsehpreis 1986: „Dr.in Edeltraud Brandstaller-Keller für ‚Juden heute in Wien‘“.
- 40. Fernsehpreis 2007: „Axel Corti-Preis 2008: Dr.in Trautl Brandstaller“
- ↑ Thomas Hanifle, Martin Hanni: Fremde in der Heimat. In: Gatterer9030. SuTi GmbH, 2014, abgerufen am 19. September 2025 (mit eingebundenem Video eines Ausschnitts aus der Diskussionssendung, 12:45 Min.).
- ↑ a b c d Trautl Brandstaller im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien. In der Version 17. Juni 2025, abgerufen am 19. September 2025:
„Für ihre erste Dokumentation ‚Fremde in der Heimat‘ über die Situation der Kärntner Slowenen erhielt sie 1976 zum zweiten Mal (nach 1968) den Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis.“
„Außerdem erhielt sie 1993 den Preis der Stadt Wien für Publizistik …“
„Von 1992 bis 1994 war sie für die Sendereihe ‚Diagonal − Radio für Zeitgenossen‘ des Radiosenders Ö1 verantwortlich, die Porträts verschiedener berühmter Persönlichkeiten erstellte.“ - ↑ a b c Preisträger des Dr. Karl Renner Publizistikpreises und des Dr. Karl Renner Solidaritätspreises. (PDF; 138 KB) Österreichischer Journalisten Club (ÖJC), 4. September 2023, abgerufen am 19. September 2025.
- ↑ a b c Trautl Brandstaller 84-jährig verstorben. In: wien.ORF.at. 2. Januar 2024, abgerufen am 19. September 2025.
- ↑ Eintrag zu Trautl Brandstaller im Austria-Forum in der Rubrik Ehemalige Mitglieder des Editorial Boards. In der Version 10. Jänner 2024, abgerufen am 19. September 2025.
- ↑ Hermann Maurer: Editorial Board, Hauptherausgeber und ehemalige Mitglieder des Editorial Boards und gelegentliche Mitarbeiter. In: Austria-Forum. 15. August 2025, abgerufen am 19. September 2025.
- ↑ Heinrich Keller in der Verstorbenensuche bei friedhoefewien.at.
- ↑ Goldene Ehrenzeichen für Prof. Worm und Dr. Brandstaller. APA-OTS-Aussendung der Rathauskorrespondenz, 6. Juni 2000, abgerufen am 19. September 2025.
- ↑ Fernsehpreis der Erwachsenenbildung zum 40. mal überreicht ( vom 6. Oktober 2022 im Internet Archive) In: Blog. ARGE Bildungshäuser Österreich, 29. Mai 2008, abgerufen am 19. September 2025.
- ↑ APA: Corti-Preis an Trautl Brandstaller. In: Die Presse. 2. April 2008, abgerufen am 19. September 2025: „Den Corti-Preis erhält sie u.a. für ihren fast schon legendären Einsatz für feministische Themen, die sie in den 70er Jahren mit ‚Prisma‘ als erstem Frauenmagazin im deutschsprachigen Raum vertrat.“
- ↑ Doktordiplom für Bundespräsident. Studium vor 50 Jahren abgeschlossen. In: wien.ORF.at. 1. Dezember 2011, abgerufen am 19. September 2025: „Neben Fischer wurden die Journalistin und Schriftstellerin Traudl Brandstaller […] ausgezeichnet.“
- ↑ Trautl Brandstaller: Kein Kuss für Mom. In: Die Presse. 12. Oktober 2007, abgerufen am 19. September 2025.
- ↑ Präsentation: Buch widmet sich „neuer Macht der Frauen“. Buchrezension. In: wien.ORF.at. 6. November 2007, abgerufen am 19. September 2025.