Thomas J. Bouchard, Jr.

Thomas J. Bouchard, Jr. (* 3. Oktober 1937 in Manchester (New Hampshire)) ist ein US-amerikanischer Psychologe und emeritierter Professor und Direktor des Minnesota Center for Twin and Adoption Research an der University of Minnesota.[1]

Leben

Er trat im Alter von 17 Jahren in die United States Air Force ein, wo er eine Ausbildung zum Flugzeug- und Triebwerksmechaniker absolvierte. Seinen B.A. erwarb er 1963 an der University of California, Berkeley; 1966 promovierte (Ph.D.) er hier. Nach drei Jahren an der University of California, Santa Barbara wechselte er an die University of Minnesota, wo er 1970 zum außerordentlichen Professor und 1973 zum ordentlichen Professor ernannt wurde. Er war zwölf Jahre lang Mitglied des Exekutivkomitees des Instituts für Humangenetik der Universität und sechs Jahre lang Vorsitzender des Fachbereichs Psychologie. Ab 1983 war er Direktor des Minnesota Center for Twin and Adoption Research. Darüber hinaus war er maßgeblich an der Einrichtung des Minnesota Twin Family Registry beteiligt, für das er als Hauptforscher tätig war.[2] Er wurde an der University of Minnesota im Jahr 2009 emeritiert.

Werk

Seine Arbeiten beziehen sich auf Verhaltensgenetik, den Einfluss der Umwelt auf das Verhalten, also die Frage „nature vs. nurture“ (Anlage gegen Umwelt), auf Evolutionäre Psychologie, Genetik und Intelligenz sowie die genetische Basis weiterer Fähigkeiten sowie das Studium von Zwillingen. Sein wichtigstes Forschungsprojekt war die Minnesota Study of Twins Reared Apart (MISTRA). Die Studie begann 1979 und wurde im Jahr 2000 abgeschlossen; eine weitere Phase des Projekts war eine Längsschnittstudie zum Thema Altern, die 1987 begann und 2001 abgeschlossen wurde. Die erste Studie umfasste Fallstudien[3][4], Längsschnittstudien sowie groß angelegte quantitative Analysen und Metaanalysen. Dabei wurde eine einwöchige medizinische und psychologische Untersuchung von eineiigen und zweieiigen Zwillingen, die früh im Leben getrennt wurden und getrennt aufgewachsen waren, durchgeführt. Ehepartner nahmen an der Studie teil, wenn dies möglich war. Der psychologische Teil der Untersuchung umfasste mehrere Messungen der Persönlichkeit, der geistigen Fähigkeiten, der Werte, der psychologischen Interessen, der psychomotorischen Fähigkeiten, des Lesens, der Rechtschreibung, des Schreibens und eine Vielzahl verschiedener psychologischer Tests. Die medizinische Untersuchung umfasste ein psychiatrisches Interview, eine Anamnese zur medizinischen Vorgeschichte, eine Standard-Blutuntersuchung, eine Blutuntersuchung zur Zygosität, also zur Frage, wie genetisch ähnlich oder unterschiedlich Zwillinge sind[5], ein 24-Stunden-Herzmonitor sowie parodontologische Untersuchungen. Die Analyse der Daten ergab keinen signifikanten Unterschied zwischen MZA-Zwillingen (monozygote Zwillinge, getrennt aufgewachsen) und MZT-Zwillingen (monozygote Zwillinge, zusammen aufgewachsen) in Bezug auf Persönlichkeitsmerkmale wie Temperament, Hobbys, Interessen, berufliche Ziele oder soziale Einstellungen. Zudem wurde belegt, dass etwa 70 % der Unterschiede zwischen den IQs von Zwillingen auf genetische Variationen zurückzuführen sind (70 % Heritabilität). Die erfassten psychologischen Merkmale weisen alle eine moderate bis starke genetische Komponente auf. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die Erziehung im selben Haushalt einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Ähnlichkeit von Geschwistern/Zwillingen hinsichtlich vieler psychologischer Merkmale hat.

Ehrungen/Positionen

  • 2019: Honorary Degree: Doctor of Science, 313th Convocation der Western University
  • 2018: Dunnette Prize for Study of Individual Difference der Society for Industrial and Organizational Psychology (SIOP)[6]
  • 2014: Gold Medal for Life Achievement in the Science of Psychology der American Psychological Foundation[7]
  • 2010: Lifetime Achievement Award from the International Society for Intelligence Research
  • 2005: Kistler Prize[8]
  • 2001: Dobzhansky Memorial Award für sein herausragendes wissenschaftliches Lebenswerk auf dem Gebiet der Verhaltensgenetik
  • 1995: Distinguished Scientist Lecturer der American Psychological Association
  • 1995: Galton Award des Galton Institute for the Study of Biology and Society
  • 1993: Präsident der Behavior Genetics Association (BGA) und Vizepräsident der International Society for Twin Studies
  • Mitherausgeber des Journals of Applied Psychology und von Behavior Genetics

Publikationen (Auswahl)

Zeitschriftenartikel/Buchbeiträge
  • The Garden of Forking Paths; An Evaluation of Joseph’s A Reevaluation of the 1990 “Minnesota Study of Twins Reared Apart” IQ Study. In: Twin Research and Human Genetics, 2023, 26 (2), S. 1–10.
  • Mit Niels Waller: The recaptured scale technique applied to the multidimensional personality questionnaire constructs: A replication across item format and gender. In: Personality and Individual Differences, 2017, 109, S. 77–82.
  • Mit Auke Tellegen, David T. Lykken, Kimerly J. Wilcox, Nancy Segal, Stephen Rich: Personality similarity in twins reared apart and together. In: Personality and Personality Disorders, 2013, 10 (8), S. 235–243.
  • Mit John C. Loehlin: Genes, evolution, and personality. In: Behavior genetics. 2001, 31 (3), S. 243–273.
  • Mit Ulric Neisser, Gwyneth Boodoo, A. Wade Boykin, Nathan Brody, Stephen J. Ceci, Diane F. Halpern, John C. Loehlin, Robert Perloff, Robert J. Sternberg, Susana Urbina: Intelligence: knowns and unknowns. In: American psychologist, 1996, 51 (2).
  • Genes, environment, and personality. In: Science. 1994, 264 (5166), S. 1700–1701.
  • Mit David T. Lykken, Matt McGue, Auke Tellegen: Emergenesis: Genetic traits that may not run in families. In: American Psychologist, 1992, 47 (12).
  • Mit Bryan S. Michalowicz, Dorothee Aeppli, John G. Virag, David G. Klump, E. Hinrichs, Nancy L. Segal, Bruce L. Pihlstrom: Periodontal findings in adult twins. In: Journal of periodontology, 1991, 62 (5), S. 293–299.
  • Mit David T. Lykken, Matthew McGue, Nancy L Segal, Auke Tellegen: Sources of human psychological differences: The Minnesota study of twins reared apart. In: Science, 1990, 250 (4978), S. 223–228.
  • Mit William M. Grove, Elke D. Eckert, Leonard Heston, Nancy Segal, David T Lykken: Heritability of substance abuse and antisocial behavior: a study of monozygotic twins reared apart. In: Biological psychiatry, 1990, 27 (12), S. 1293–1304.
  • Mit Niels G. Waller; Brian A. Kojetin; David T. Lykken; Auke Tellegen: Genetic and environmental influences on religious interests, attitudes, and values: A study of twins reared apart and together. In: Psychological science, 1990, 1 (2), S. 138–142.
  • Mit William M. Grove, Elke D. Eckert, Leonard Heston, Nancy Segal, David T. Lykken: Heritability of substance abuse and antisocial behavior: a study of monozygotic twins reared apart. In: Biological psychiatry, 1990, 27 (12), S. 1293–1304.
  • Unobtrusive Measures: An Inventory of Uses. In: Sociological Methods & Research, 1976, 4 (3), S. 267–300.

Literatur

Einzelnachweise

  1. ↑ Thomas Bouchard auf University of Minnesota, College of Liberal Arts, abgerufen am 8. September 2025.
  2. ↑ Kistler Prize 2005: Dr. Thomas J. Bouchard Jr., abgerufen am 8. September 2025.
  3. ↑ The Mysteries of Twins auf The Washington Post vom 11. Januar 1998, abgerufen am 8. September 2025.
  4. ↑ Edwin Chen: TWINS REARED APART: A LIVING LAB auf The New York Times vom 9. Dezember 1979, abgerufen am 8. September 2025.
  5. ↑ Kevin Böhm: Zygosität bei Zwillingen und Mehrlingen, abgerufen am 8. September 2025.
  6. ↑ Bouchard Receives Dunnette Prize for Study of Individual Difference. Abgerufen am 8. September 2025.
  7. ↑ Honoring lifetime accomplishments. APF presents its 2014 Gold Medal Awards for Life Achievement American Psychological Foundation, abgerufen am 8. September 2025.
  8. ↑ Kistler Prize 2005: Dr. Thomas J. Bouchard Jr. Abgerufen am 8. September 2025.
Dieser Artikel wurde von Wikipedia herausgegeben. Der Text ist verfügbar unter Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0, sofern nicht anders angegeben. Möglicherweise können weitere Bestimmungen für Mediendateien gelten.