David T. Lykken

David T. Lykken

David Thoreson Lykken (* 18. Juni 1928 in Minneapolis; † 15. September 2006 in Minneapolis) war ein US-amerikanischer Psychologe und emeritierter Professor der University of Minnesota.[1]

Leben

Er wurde als jüngstes von sieben Kindern des Ingenieurs und Erfinders Henry Lykken und der Lehrerin Francis Hamilton Lykken geboren. Mit 17 trat er in die United States Navy ein, um Radartechniker zu werden, vielleicht der Grundstein für seine späteren Arbeiten zur Psychophysiologie. Dank des G. I. Bill, dem Servicemen's Readjustment Act von 1944, konnte er an der University of Minnesota ein Studium aufnehmen. Er erwarb 1949 hier einen B.A.-Abschluss in Psychologie, Philosophie und Mathematik. Bereits als Psychologiestudent war er dort als Assistent in der Lehre (1949) und in der Forschung (1951) beschäftigt. Seinen M.A.-Abschluss in Psychologie und Statistik erwarb er 1952. 1955 bekam er unter der Betreuung von Ephraim Rosen einen Doktortitel (Ph.D.) in klinischer Psychologie und Neuropsychiatrie. Seine Doktorarbeit war eine psychophysiologische Studie über verurteilte Straftäter; in dieser Studie wurde gezeigt, dass die Straftäter, die als „psychopathisch“ beschrieben wurden, impulsiver und weniger ängstlich waren als andere Straftäter oder Nicht-Straftäter. Nach seinem Studium wurde er Professor am Institut für Psychologie und Psychiatrie dieser Universität und verbrachte hier den Rest seiner Karriere.

Werk

Er erlangte internationale Anerkennung für seine Arbeit in den Bereichen Psychophysiologie, Psychopathologie, Verhaltensgenetik, insbesondere zur Genetik der Persönlichkeit bei Zwillingen, statistische Methodik, Persönlichkeitspsychologie und Lügendetektion.

Ausgehend von seiner Erfahrung in der Marineelektronik brachte er sich selbst die Grundlagen der elektrodermalen Psychophysiologie bei und konstruierte einen Apparat zur Messung der elektrodermalen Aktivität (engl. Galvanic Skin Response, GSG). Seine frühen Arbeiten konzentrierten sich auf die Erfindung von Techniken zur Aufzeichnung der bioelektrischen Aktivität der Haut und die Ableitung von Verfahren zur Bewertung und Analyse von Daten. Eines dieser Verfahren betraf die Frage, wie ein optimaler Index für induzierte Veränderungen ausgewählt werden kann, wenn es große individuelle Unterschiede im Ausgangswert gibt. Seine Lösung bestand darin, die minimal und maximal mögliche Reaktion jedes Einzelnen zu bestimmen und dann die Daten jedes Probanden als Anteil dieses Bereichs auszudrücken. Damit untersuchte er später das im Justizsystem am häufigsten verwendeten Mittel zur Lügendetektion, den Polygraphen. In seinen Arbeiten konnte er zeigen, dass das Gerät nicht Lüge und Täuschung, sondern Erregung registriert, die das Ergebnis vieler emotionaler Zustände sein kann, darunter Schuldgefühle oder Empörung. Vor Regierungsbehörden im In- und Ausland, vor Gesetzgebungs- und Regierungsgremien (Honeywell International, der US-Luftwaffe, dem NIMH, der National Sanitation Foundation und dem Polygraphic Institute des Verteidigungsministeriums), bei Auftritten als Sachverständiger in Gerichtsverfahren oder in Radio- und Fernsehauftritten argumentierte er, dass der Lügendetektor ein fehlerhaftes Instrument sei und oft unschuldige Menschen belastete. Seine Bemühungen trugen dazu bei, dass die Anwendung von Lügendetektoren zur Personalauswahl im privaten Sektor abgeschafft wurde.

Als eine Alternative zur Täteridentifikation entwickelte er den Guilty Knowledge Test (GKT), um festzustellen, ob eine Person über detaillierte Kenntnisse eines Verbrechens verfügt, die nur der Schuldige und die ermittelnde Polizei kennen dürften. Der GKT wird heute in Japan häufig zur Aufklärung von Straftaten eingesetzt, seine Verwendung wurde auch auf die Untersuchung des Erkennungsgedächtnisses in klinischen Studien zur Amnesie ausgeweitet. Früher wurden dabei psychophysiologische Aufzeichnungen verwendet, heute werden jedoch EEG und fMRI bei dem GKT verwendet.

Zusammen mit Thomas Bouchard und Auke Tellegen und anderen untersuchte er in der Minnesota Twin Family Study 1380 ein- und zweieiige Zwillingspaare und dokumentierte auffällige Ähnlichkeiten in ihrem Verhalten und ihren persönlichen Eigenheiten. Sie fanden heraus, dass ihre gemeinsamen genetischen Veranlagungen die großen Unterschiede in ihrer Erziehung überwogen, dies betraf nicht nur Merkmale wie Intelligenz, sondern auch politische Zugehörigkeit, Lebensstil, Scheidungswahrscheinlichkeit und sogar Religiosität. Zu Erklärung mancher Befunde führte er das Konzept der Emergenesis ein, also die Vorstellung, dass Gene in Kombination konfigurativ wirken. Er entwickelte auch die Set-Point-Theorie des Glücks, die besagt, dass etwa die Hälfte des Lebensglücks von den Genen bestimmt wird, dass also wichtige Lebensereignisse zwar zum unmittelbaren Wohlbefinden beitragen, dass aber mit der Zeit jeder Mensch zu seinem Ausgangswert zurückkehrt, der durch einen stark vererbbaren Glücks-Set-Point bestimmt wird.

Seine Beiträge zur Methodik betrafen die Themen Signifikanztests und Replizierbarkeit in der psychologischen Forschung sowie Fehlannahmen bei der Anwendung der Faktorenanalyse.

Er hat auch Beiträge zur Differentiellen Psychologie geleistet. Dazu gehören die viel zitierte Arbeiten über die Vererblichkeit von Scheidung und romantischer Liebe. Er entwickelte auch ein neuartiges Persönlichkeitsmessverfahren unter Verwendung eines Forced-Choice-Formats zur Messung von Ängstlichkeit (angepasst als Harm Avoidance Scale von Auke Tellegens Multidimensional Personality Questionnaire).

Ehrungen/Positionen

  • 2001: Distinguished Scientific Contribution Award to Applications of Psychology der APA
  • 1998: Distinguished Scientific Contribution Award der Society for Psychical Research
  • 1991: American Psychological Association's (APA) Distinguished Contribution Award to Psychology in the Public Interest
  • 1981–1986: Mitherausgeber von Physiological Psychology
  • 1980–1981: Präsident der Society for Psychical Research
  • 1968–1974: Mitherausgeber von Psychophysiology
  • 1968–1974: Mitherausgeber des Journal of Personality Research
  • 1968–1969: NIMH-Seniorfellow an der University of London
  • 1954–1955: NSF-Fellow am Maudsley Hospital in London
  • 1965–1985: Herausgeber der Personality Research Monograph Series
  • 1959–1960: Fellow am Center for Advanced Study der Stanford University
  • Fellow der American Psychological Association (APA)
  • Fellow der American Association for the Advancement of Science (AAAS).

Privates

Er war verheiratet mit der Sozialarbeiterin Harriet Betts († 2005), die wie er eine progressive Politik in Minneapolis vertrat. Der Ehe entstammten drei Söhne: Joseph ist Physiker am Fermilab, Jesse aus Minneapolis und Matthew aus Chicago sind beide Rechtsanwälte. David T. Lykken ist mit 78 Jahren an einem Herzversagen im Schlaf verstorben.

Publikationen (Auswahl)

Monografien
  • Happiness: What Twin Studies Show Us About Nature, Nurture, and the Happiness Set Point. Golden Books Pub Co., New York 1999, ISBN 978-1582380049.
  • The Antisocial Personalities. Psychology Press, New York 1995, ISBN 978-0805819748.
  • A Tremor in the Blood: Uses and Abuses of the Lie Detector. McGraw Hill Higher Education, Columbus, Ohio, 1980, ISBN 978-0070392106.
Herausgeberschaften
  • Suicide and Self-Damaging Behavior: A Sociobiological Perspective. Academic Press, Cambridge, Massachusetts 2013, ISBN 978-1483274010.
Zeitschriftenartikel/Buchbeiträge
  • The mechanism of emergenesis. In: Genes, Brain and Behavior, 2006, 5 (4), S. 306–10.
  • Mit Niels G. Waller; Auke Tellegen; Roderick P. McDonald: Exploring Nonlinear Models in Personality Assessment: Development and Preliminary Validation of a Negative Emotionality Scale. In: Journal of Personality, 2006, 64 (3), S. 545–576.
  • A more accurate estimate of heritability. In: Twin Res Hum Genet., 2004, 10 (1), S. 168–173.
  • Parental licensure. In: American Psychologist, 2001, 56 (11), S. 885–894.
  • Reconstructing fathers. In: American Psychologist, 2000, 55 (6), S. 681–682.
  • The causes and costs of crime and a controversial cure. In: Journal of Personality, 2000, 68 (3), S. 559–605.
  • Mit J. Taylor; M. McGue; W. G. Iacono: A behavioral genetic analysis of the relationship between the socialization scale and self-reported delinquency. In: Journal of Personality, 2000, 68 (1), S. 29–50.
  • Mit J. Taylor; S. R. Carlson; W. Iacono; M. McGue: Individual differences in electrodermal responsivity to predictable aversive stimuli and substance dependence. In: Psychophysiology, 1999, 36 (2), S. 193–198.
  • Mit Kathryn McCourt; Thomas J. Bouchard Jr.; Margaret Keyes: Authoritarianism Revisited: Genetic and Environmental Influences Examined in Twins Reared Apart and Together. In: Personality and Individual Differences, 1999, 27 (5), S, 985–1014.
  • Incompetent parenting: Its causes and cures. In: Child Psychiatry Hum Dev., 1997, 27 (3), S. 129–137.
  • Mit V. Jockin; M. McGue: Personality and divorce: A genetic analysis. In: Pers Soc Psychol., 1996, 71 (2), S. 288–299.
  • Mit Deniz S. Ones; Frank L. Schmidt; Chokalingam Viswesvaran: Controversies over integrity testing: Two viewpoints. In: Journal of business and psychology, 1996, 10 (4), S. 487–501.
  • Mit W. G. Iacono; M. McGue: Psychophysiological prediction of substance abuse. In: NIDA Res Monogr., 1996, 159, S. 129–149.
  • Psychopathy, sociopathy, and crime. In: Society, 1996, 34 (1), S. 29–38.
  • Mit M. McGue; T. J., Jr. Bouchard; Auke Tellegen: Does contact lead to similarity or similarity to contact? In: Behavior Genetics, 1990, 20, S. 547–561.
  • Detecting deception. In: Society, 1985, 22 (6), S. 34–39.
  • Mit R. J. Rose: Psychological prediction from actuarial tables. In: Journal of Clinical Psychology, 1963, 19, S. 139–151.
  • Mit R. J. Rose: A rat-holder and electrodes for GSR measurement. In: The American Journal of Psychology, 1959, 72, S. 621–622.
Commons: David T. Lykken – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • W. G. Iacono: Obituary: David T. Lykken (1928-2006).In: American Psychologist, 2007, 62 (4), S. 319.

Einzelnachweise

  1. Benedict Carey: David Lykken, 78, Dies; Studied Behavior auf New York Times vom 20. September 2006, abgerufen am 15. August 2025.