Thomas Heberer (Musiker)

Thomas Heberer (* 24. September 1965 in Schleswig) ist ein deutscher Jazz-Trompeter, Flügelhornist und Keyboarder (elektronische Instrumente, sampling) des Creative Jazz, der seit 2008 in New York City[1] lebt.
Werdegang und Wirken
Heberer begann mit elf Jahren Trompete zu spielen. Von 1984 bis 1987[2] studierte er bei Manfred Schoof an der Musikhochschule Köln. Aufsehen erregte er 1990 mit dem Erscheinen des Albums Chicago Breakdown – The Music of Jelly Roll Morton, das der Trompeter mit dem Bassisten Dieter Manderscheid aufgenommen hatte.[3] Sie interpretierten das klassische Repertoire des Chicago-Jazz auf ungewohnte, „dekonstruktive“ Weise, so Richard Cook und Brian Morton, wie das Titelstück Chicago Breakdown, den King Porter Stomp und den Buddy Bolden Blues. Mit Manderscheid, dem Saxophonisten Dirk Raulf und dem Schlagzeuger Fritz Wittek bildete er Anfang der 1990er Jahre die Formation „Tome XX“. Des Weiteren arbeitete Heberer mit Aki Takase, dem European Trumpet Summit, Gerd Dudek, Attila Zoller, Joachim Kühn, Evan Parker, David Moss, Frank Schulte und Tomasz Stańko zusammen.
Heberer war zudem Mitglied des Berlin Contemporary Jazz Orchestra und wirkte auch in der Begleitband der Harald-Schmidt-Show. Er spielt seit den frühen 1990ern im ICP Orchestra von Misha Mengelberg. Weiterhin wirkte der Trompeter 1990 an der Produktion „Die wilden Pferde der armen Leute“ von Norbert Steins Pata Orchester, 1993 an Alexander von Schlippenbachs Album "The Morlocks" (FMP), 1996 bei Misha Mengelbergs The Root of the Problem (hatOLOGY) mit. Im selben Jahr trat er anlässlich der 20th Anniversary Tour" mit dem European Jazz Ensemble mit Schoof, Conrad Bauer, Charlie Mariano, Joachim Kühn unter anderem auf. 2004 gründete Heberer mit dem Tubisten Carl Ludwig Hübsch und dem Schlagzeuger Christian Thomé die Formation Lip Lab; 2005 wirkte er an den Aufnahmen von Norbert Steins Pata Generators („Code Carnival“) mit; 2007 war er Mitglied im James Choice Orchestra.
Seit seinem Umzug nach New York City ist Heberer mit diversen Projekten sowohl als Sideman wie auch als Leiter eigener Ensembles hervorgetreten. Unter seinem Namen ist besonders sein Quartett mit Ingrid Laubrock, John Hébert und Michael Sarin hervorzuheben, dessen 2021 auf dem Sunnyside Label erschienenes Album “The Day That Is” im Downbeat mit 4 Sternen[4] bewertet wurde und das Hans-Jürgen Schaal in seiner Kritik im deutschen Fachmagazin Jazzthetik als “ein Album für Gegenwart, Zukunft und Ewigkeit” beschrieb.[5] Ferner sind sein Trio Clarino (mit dem Bassisten Pascal Niggenkemper und Holzbläser Joachim Badenhorst),[6] das Angelica Sanchez Nonet,[7] die Nu Band[8] und die Gruppe Remedy mit Heberer, Bassist Joe Fonda und Schlagzeuger Joe Hertenstein zu nennen.[9] Letztere veröffentlichten 2025 nach 3 vorangegangenen Alben die CD “Hipp Hipp Hooray”, eine Hommage zum 100ten Geburtstag der deutschen Pianistin Jutta Hipp.[10]
Bereits auf seinem ersten Album The Heroic Millepede[11] experimentierte Heberer auch mit elektronischen Klängen. In den 1990er Jahren entstand auf dem Poise-Label, das er gemeinsam mit Dirk Raulf und Frank Schulte führt, das Album Kill Yr Darlins mit elektronischen Instrumenten. Um diese Aktivitäten von seinen Jazz-Projekten abzugrenzen, benutzt Heberer das Pseudonym „T.O.M.“[12] Die Choreographin Pina Bausch setzte in ihrem Tanztheater in Wuppertal die Musik von T.O.M. in ihren Aufführungen ein, wie bei Für die Kinder von gestern, heute und morgen[13] (2002) und Ten Chi[14] (2004). Heberers Musik aus Ten Chi findet zudem in Wim Wenders Film “Pina[15]” (2011), der u. a. den Europäischen Dokumentarfilmpreis Prix ARTE gewann, Verwendung.
Auszeichnungen und Preise
Heberer wurden unter anderem der Preis der Deutschen Schallplattenkritik, der SWF-Jazzpreis und der „Jazz-Art-Preis“ verliehen.
Diskografische Hinweise
- The Heroic Millepede (ITM, 1988) mit Frank Köllges
- Tome XX – Natura Morta (JazzHausMusik, 1988)
- Berlin Contemporary Jazz Orchestra (ECM, 1989)
- Heberer/Manderscheid – Chicago Breakdown (JazzHausMusik, 1990)
- Tome XX – The Red Snapper (Jazz Haus Musik, 1991)
- Tome XX – Third Degree (Jazz Haus Musik, 1993)
- Sotto in Su – Vanitas featuring Sussan Deyhim (Poise, 1994)
- Berlin Contemporary Jazz Orchestra – Live in Japan (DIW, 1996)
- Tome XX – She Could Do Nothing by Halves (JazzHausMusik, 1997)
- ICP Orchestra – Jubilee Varia (hatOLOGY, 1997)
- Michael Riessler – Honig und Asche (ENJA, 1998)
- ICP Orchestra – Oh! My Dog (ICP, 2001)
- Thomas Heberer, Dieter Manderscheid – What a Wonderful World (JazzHausMusik, 2002)
- SSH plays sssh – Trio mit Frank Schulte und Norbert Scholly, (Konnex, 2003)
- ICP Orchestra – Aan & Uit (ICP, 2004)
- Aki Takase – Plays Fats Waller (ENJA, 2004)
- Heberer/Manderscheid – Wanderlust (JazzHausMusik, 2006)
- Thomas Heberer’s Lip Lab – Lex Luna (Jazzhausmusik, 2007)
- Thomas Heberer’s Clarino – Klippe (Clean Feed, 2011)
- Thomas Heberer’s Clarino – Cookbook (Red Toucan, 2012)
- Full Blast & Friends – Sketches and Ballads (Trost, 2012)
- Thomas Heberer, Achim Kaufmann, Ken Filiano – Interstices (NuScope Recordings, 2015)
- ICP Orchestra – Restless in Pieces (ICP, 2016)
- Yoni Kretzmer – Five (Out Now Recordings, 2016)
- The Nu Band – Live in Geneva (Not Two, 2017)
- Thomas Heberer / Yoni Kretzmer / Christian Weber – Big (OutNow Recordings, 2018)
- X Marks the Spot (OutNow Recordings, 2019)
- REMEDY (Thomas Heberer, Joe Fonda, Joe Hertenstein) – Remedy (Fundacja Słuchaj, 2021)
- The Day That Is (Sunnyside, 2021)
- Thomas Heberer’s Garden – Push Play (CIMP, 2022)
- The Nu Band – Renual (Not Two Records, 2022)
- The Angelica Sanchez Nonet – Nighttime Creatures (Pyroclastic Records, 2023)
- REMEDY (Thomas Heberer, Joe Fonda, Joe Hertenstein) – Hipp Hipp Hooray (Fundacja Stuchaj, 2025)
Weblinks
- Webpräsenz Heberers
- Thomas Heberer bei Discogs
- Kurzporträt (Musik in Köln) ( vom 9. August 2007 im Internet Archive)
- Thomas Heberer bei AllMusic (englisch)
Einzelnachweise, Anmerkungen
- ↑ Wolfram Knauer: Play yourself, man! – Die Geschichte des Jazz in Deutschland. In: Philipp Reclam jun (Hrsg.): Lexikon. 1. Auflage. Reclam, Ditzingen, Deutschland 2019, ISBN 978-3-15-011227-4, S. 432, 433.
- ↑ Martin Kunzler: Jazz Lexikon. In: Redaktion Barbara Wenner, Christian Liedtke (Hrsg.): Lexikon. Vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe Auflage. Band 1: A-L. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek, Deutschland 2002, ISBN 3-499-16512-0, S. 533, 534.
- ↑ Cook & Morton bewerten in der zweiten Auflage des The Penguin Guide to Jazz von 1994 das Album mit der Höchstnote von vier Sternen und der Empfehlung "highly recommended". Irrtümlich nennen sie Thomas Heberer in dieser Ausgabe „Christoph“ (!).
- ↑ Downbeat, Februar 2022: Thomas Heberer | The Day That Is (PDF; 2,5 MB), auf thomasheberer.com
- ↑ Jazzthetik, Jan./Feb., Ausgabe 304: The Day Thats Is (PDF), auf thomasheberer.com
- ↑ Thomas Heberer's Clarino - Cookbook (Red Toucan, 2012), auf freejazzblog.org
- ↑ < Composer Angelica Sanchez takes inspiration from the sound of the woods at night, npr.org
- ↑ Clifford Allen in The New York City Jazz Record, März 2016, Thomas Heberer (PDF; 0,4 MB), auf static1.squarespace.com
- ↑ Remedy, auf joehertenstein.com
- ↑ Das US-Trio Remedy huldigt der Legende Jutta Hipp, auf kleinezeitung.at
- ↑ Cook & Morton, 1994
- ↑ unter dem die beiden CDs Stella und Mouth erschienen sind
- ↑ Für die Kinder von gestern, heute und morgen. In: pina-bausch.de. Abgerufen am 5. August 2025.
- ↑ Ten Chi. In: pina-bausch.de. Abgerufen am 5. August 2025.
- ↑ Pina Song Credits. In: Soundtrack.net. 8. April 2011, abgerufen am 5. August 2025 (englisch).