Das Stratonowitsch-Integral (auch Fisk-Stratonowitsch-Integral) ist ein stochastischer Integralbegriff und eine Alternative für das Itō-Integral. Beide Integrale lassen sich ineinander transformieren. Im Unterschied zu dem Itō-Integral, wo man für die Konstruktion nur den linken Endpunkt des Zerlegungsintervalls benötigt

nützt man beim Stratonowitsch-Integral das arithmetische Mittel des linken und rechten Endpunktes

Der Vorteil des Stratonowitsch-Integrals gegenüber dem Itō-Integral ist, dass die Itō-Formel nur Differentiale erster Ordnung besitzt.
Das Fisk-Stratonowitsch-Integral ist nach Ruslan Stratonowitsch und Donald Fisk benannt.
Stratonowitsch-Integral
Seien
und
Semimartingale definiert auf einem filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum
und
. Dann ist das Stratonowitsch-Integral von
bezüglich
definiert als[1]
![{\displaystyle {\begin{aligned}\int _{0}^{t}Y_{s-}\circ dX_{s}:&=\int _{0}^{t}Y_{s-}dX_{s}+{\tfrac {1}{2}}[Y,X]_{t}-{\tfrac {1}{2}}\sum \limits _{s\leq t}\Delta Y_{s}\Delta X_{s}\\&=\int _{0}^{t}Y_{s-}dX_{s}+{\tfrac {1}{2}}[Y,X]_{t}^{c}.\end{aligned}}}](./e261394d914983f2949492796d85a19063eae34a.svg)
Hier ist
das Itō-Integral und
der stetige Teil der optionalen quadratischen Kovariation. Ferner sind die
die Sprungstellen des Prozesses.
Für stetige Semimartingale
Wenn
und
stetige Semimartingale sind, dann ist
![{\displaystyle {\begin{aligned}\int _{0}^{t}Y_{s}\circ dX_{s}:&=\int _{0}^{t}Y_{s}dX_{s}+{\tfrac {1}{2}}[Y,X]_{t}\\&=(Y\cdot X)_{t}+{\tfrac {1}{2}}[Y,X]_{t},\end{aligned}}}](./5b7ff99fd487301bfeae22b3bb4876e7cc0fced6.svg)
oder in Differentialschreibweise
![{\displaystyle Y_{t}\circ dX_{t}:=Y_{t}dX_{t}+{\tfrac {1}{2}}d[Y,X]_{t}.}](./2cfcc6fda25b5f85f593f0a2bd3e4b0a98ba1c30.svg)
Erläuterungen
- Die Definition des Stratonowitsch-Integrales lässt sich verallgemeinern, so dass
nicht mehr ein Semimartingal ist, sondern lediglich adaptiert und càdlàg.
Herleitung
Das Stratonowitsch-Integral erhält man, wenn man das arithmetische Mittel des linken und rechten Endpunktes des Zerlegungsintervall nimmt. Sei
eine Partition von
und
stetige Semimartingale. Dann gilt

Beziehung zwischen dem Itō- und Stratonowitsch-Integral
Es gilt folgende Beziehung zwischen den beiden Integralbegriffen
![{\displaystyle \int _{0}^{t}Y_{s-}dX_{s}=\int _{0}^{t}Y_{s-}\circ dX_{s}-{\tfrac {1}{2}}[Y,X]_{t}^{c}.}](./eb4becec84f74c46c5f08e6e2e10e3a988916715.svg)
Wenn
und
stetige Semimartingale sind, dann gilt
![{\displaystyle (Y\cdot X)_{t}=\int _{0}^{t}Y_{s}\circ dX_{s}-{\tfrac {1}{2}}[Y,X]_{t}.}](./b1b90d5525f330d2fe70dfbdb8818f474ae45656.svg)
Sei
ein
-Semimartingal und
, dann ist
ein Semimartingal und es gilt[2]

Das Integrationsgebiet
bedeutet
.
Für stetige Semimartingale
Sei
ein stetiges
-Semimartingal und
, dann ist
ein Semimartingal und es gilt

Verallgemeinerungen
Eine Verallgemeinerung für Semimartingale mit Sprüngen ist das Marcus-Integral, welches man durch Umschreiben des Sprung-Terms erhält.
Das Ogawa-Integral verallgemeinert das Stratonowitsch-Integral.
Literatur
- Wolfgang Hackenbroch und Anton Thalmaier: Stochastische Analysis: Eine Einführung in die Theorie der stetigen Semimartingale. Hrsg.: Vieweg+Teubner Verlag Wiesbaden. ISBN 978-3-519-02229-9, S. 349–544.
- Philip E. Protter: Stochastic Integration and Differential Equations. Hrsg.: Springer. 2004, ISBN 3-540-00313-4.
- Bernt K. Øksendal, Bernt K.: Stochastic Differential Equations: An Introduction with Applications. Hrsg.: Springer, Berlin. 2003, ISBN 3-540-04758-1.
Einzelnachweise
- ↑ Philip E. Protter: Stochastic Integration and Differential Equations. Hrsg.: Springer. 2004, ISBN 3-540-00313-4, S. 82.
- ↑ Philip E. Protter: Stochastic Integration and Differential Equations. Hrsg.: Springer. 2004, ISBN 3-540-00313-4, S. 277–278.