Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte

Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte
SKKG
Rechtsform Stiftung
Gründung 24. Dezember 1980
Gründer Bruno Stefanini
Sitz Neuwiesenstrasse 15
8400 WinterthurSchweiz Schweiz
Zweck Pflege von Kunst-, Kultur- und Geschichtswerten
Vorsitz Thomas D. Meier, Stiftungsratspräsident,
Bettina Stefanini, Direktorin
Beschäftigte 8 Direktion und HR, 72 Bereich Immobilien (Terresta), 32 Bereich Kultur und 16 Bereich Dienste (Stand 2024)[1]
Website SKKG

Die Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, SKKG wurde 1980 von Bruno Stefanini (1924–2018) in Winterthur, Schweiz, gegründet.[2][3] Die Sammlung der SKKG besteht aus rund 14'000 Kunstwerken und rund 84'000 Objekten.[4] Sie umfasst unterschiedliche Kunstwerke und historische Objekte, von der Steinzeit bis zur Gegenwart, von der winzigen Taschenuhr bis zu einem Zirkusmodell mit den Dimensionen einer Wohnung.[4] Ziel der Stiftung ist, die umfangreiche Sammlung in ihrer Vielfalt bekannt und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dazu sucht die SKKG aktiv Kooperationen und unterstützt Institutionen durch Leihgaben für Ausstellungen oder Dauerleihgaben und schafft digitale Zugänge zur Sammlung.[4] Die SKKG unterstützt auch Museen und verwandte Gedächtnisinstitutionen in der ganzen Schweiz mit Förderungsmitteln.[5][6]

Geschichte

Beispiel aus der Sammlung: Albert Anker: Mädchen die Haare flechtend (1887)

Stefanini investierte einen Grossteil seines Vermögens in Kunstschätze und andere Kulturgüter sowie in die Schlösser Grandson am Neuenburgersee, Luxburg und Salenstein im Thurgau sowie Brestenberg im Aargau, die er in seiner Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte verwaltete.

Sie ist eine der bedeutendsten privaten Kunstsammlungen der Schweiz mit zahlreichen Werken von bedeutenden Künstlern wie Ferdinand Hodler, Albert Anker, Giovanni Giacometti, Alberto Giacometti, Giovanni Segantini und Felix Vallotton. Namhafte Künstlerinnen in der Sammlung sind Angelika Kauffmann, Ottilie Roederstein, Alice Bailly, Helen Dahm, Meret Oppenheim und Niki de Saint Phalle. Im Gegensatz zu Christoph Blocher, mit dem sich Stefanini als Kunstsammler austauschte, kaufte er nicht nur Spitzenwerke, sondern auch viele Skizzen, Studien und Grafiken.

Lager der Sammlung Stefanini in den Untergeschossen des Sulzer-Hochhauses
Schwerter
Uniformen

Zu den bekannten Kuriositäten im Besitz von Stefanini gehörten der Rolls-Royce von Joe Carstairs,[7] Sterbebett und Testament von Napoleon Bonaparte, Offiziersmütze, -mantel, -dolch und Taschenuhr von General Guisan,[8] ein Kleid, ein Sonnenschirm und eine Haarlocke von Kaiserin «Sisi», ein Tisch von John F. Kennedy, auf dem 1963 den Atomteststoppvertrag unterzeichnet wurde, sowie ein Tresor von Albert Einstein. Nur ein kleiner Teil dieser Sammlung ist öffentlich zugänglich, so im Schloss Grandson. Die rund 100'000 Objekte sind zumeist in eigenen Liegenschaften eingelagert, vor allem in den Untergeschossen des Sulzer-Hochhauses in Winterthur.[9]

Im Februar 2014 führte ein Versuch, die Statuten zu ändern, zum Streit der Familienmitglieder mit dem Stiftungsrat. Am 17. Dezember 2014 bestimmten die Nachkommen Bettina und Vital Stefanini noch vor Ablauf der Amtsperiode des von Stifter Bruno Stefanini gewählten Stiftungsrats einen neuen Stiftungsrat. Sie liessen sich selber und drei weitere neue Mitglieder im Handelsregister eintragen und die alten streichen, darunter auch ihren Vater Bruno Stefanini. Dies veranlasste die Aufsichtsbehörde, mittels superprovisorischer Verfügung einzuschreiten.[10] Die Eidgenössische Stiftungsaufsicht machte den Schritt der Nachkommen rückgängig und setzte den vom Stifter gewählten Stiftungsrat wieder ein. Mit einer Verfügung vom 30. Januar 2015 bestimmte die Eidgenössische Stiftungsaufsicht den Berner Anwalt Stephan Herren zum Sachwalter.[11] Tochter Bettina Stefanini hielt fest, der frühere Stiftungsrat habe die Kinder «nicht in der Stiftung haben» und «Macht an sich reissen» wollen.[12] Im März 2018 entschied das Bundesgericht zugunsten der Kinder von Bruno Stefanini, die Eidgenössische Stiftungsaufsicht beendete das Mandat des Sachwalters, und Tochter Bettina Stefanini übernahm das Präsidium des Stiftungsrats. Sie war 2018 aus Irland nach Winterthur zurückgekehrt, um «die Interessen meines an Demenz leidenden Vaters und seiner Stiftung zu vertreten».[12] Die bisherigen Stiftungsratsmitglieder mussten abtreten.[13]

Seit 1. Juli 2023 führt der Historiker Thomas D. Meier, von 2009 bis 2022 Rektor der Zürcher Hochschule der Künste, den Stiftungsrat; die Kinder von Bruno Stefanini gehören ihm nicht mehr an. Bettina Stefanini, eine promovierte Nachhaltigkeitsexpertin, wirkt seither als Direktorin der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte.[14] Einerseits beschafft sich die Stiftung ihre Mittel durch das Bewirtschaften und Entwickeln der 2200 Wohnungen in der Terresta AG, zumeist im Raum Winterthur. Diese Liegenschaften, auch rund ein Viertel der Altstadt, «haben mehrere Renovationszyklen verpasst»; sie boten so über Jahrzehnte günstige Wohnmöglichkeiten für sozial Schwächere. Die Stiftung versucht deshalb ihren Bestand behutsam zu erneuern und dabei die soziale Durchmischung und das baukulturelle Erbe zu erhalten.[15] Anderseits beschäftigt die Stiftung 30 Fachleute, um die Sammlung von Bruno Stefanini aufzuarbeiten.[14] Sie erfassten bisher 80'000 der schätzungsweise 100'000 Objekte und untersuchten, von einer unabhängigen Kommission unterstützt, die Provenienz von 700 Kunstwerken.[14]

Die Stiftung verkaufte das Schloss Luxburg im Oktober 2021 an eine Interessengemeinschaft von Einheimischen[16] und das Schloss Salenstein im Januar 2024 an einen ortsansässigen Unternehmer.[17]

Beim Eulachpark in Oberwinterthur soll der neue Sitz der Stiftung und der Terresta AG entstehen, als «Ort für Arbeit, Leben und Kultur», der in einem dreiteiligen Gebäude die Sammlung mit Büros, Werkstätten und einem vielfältigen Wohnangebot vereint.[18] Beim Projekt Campo geht es darum ein nachhaltiges Sammlungs-, Büro-, Gewerbe- und Wohnhaus im wachsenden Winterthurer Stadtteil Neuhegi zu entwickeln.[19]

Galerie

Werke der Bildenden Kunst

Impressionen der Lager

Literatur

  • Matthias Frehner, Valentina Locatelli (Hrsg.): Sesam, öffne dich! Anker, Hodler, Segantini... Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte. Katalog Kunstmuseum Bern 2014
  • Miguel Garcia: Bruno Stefanini. Ein Jäger und Sammler mit hohen Idealen. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2016, ISBN 978-3-03810-146-8.[4]
  • Sonja Gasser: Digitale Sammlungen, Anforderungen an das digitalisierte Kulturerbe, SKKG (Hg.), Transkript Verlag 2023. ISBN 978-3-8376-7021-9 (PDF)
  • SKKG: Dokumentation Reinigungs- und Registrierungsprojekt, Winterthur 2022 (PDF)

Film

Einzelnachweise

  1. Jahresbericht SKKG 2024 (PDF)
  2. Miguel Garcia: Bruno Stefanini: Genialer Schweizer Sammler oder Europas grösster Messie? In: SWI swissinfo.ch. 23. Februar 2024, abgerufen am 15. Februar 2025.
  3. Stiftung. In: www.skkg.ch/stiftung. Abgerufen am 15. Februar 2025.
  4. a b c d Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, SKKG - ISIL-Verzeichnis. In: isil.nb.admin.ch. Abgerufen am 15. Februar 2025.
  5. Takashi Sugimoto: SKKG: Partizipative Kulturförderung. In: The Philanthropist. 4. Oktober 2021, abgerufen am 10. März 2025.
  6. Förderung. In: skkg.ch. Abgerufen am 10. März 2025.
  7. Christian Kunz und Dominic Studer: Ein Rolls-Royce-Roadster – extravagant wie seine Besitzerin. In: Gesellschaft Winterthurer Jahrbuch (Hrsg.): Winterthurer Jahrbuch 2020. Mattenbach, Winterthur 2019, ISBN 978-3-9524858-2-8, S. 22–23.
  8. Simon Wälti: Guisans Mantel geht an Immobilienkönig aus Winterthur. In: Tages-Anzeiger online. 30. Mai 2011, abgerufen am 1. Juni 2011.
  9. Claudia Rey: Der Multimillionär Bruno Stefanini hinterlässt nach seinem Tod ein rätselhaftes Chaos. NZZ, 11. Juni 2022, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  10. Fabian Baumgartner: Wende im Machtkampf um Stefaninis Stiftung. In: nzz.ch. 9. Januar 2015, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  11. Stiftungsaufsicht setzt Sachwalter für Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte ein. In: admin.ch. Stiftungsaufsicht, 2. Februar 2015, abgerufen am 22. Februar 2025.
  12. a b Bettina Stefanini, Christa Amstutz: Anspruchsvoller Schatz. In: Frauenforum. Band 82, Nr. 5, Juli/August, 2021, S. 7–9, hier S. 7.
  13. Rita Flubacher: Asketisch und millionenschwer. In: Tages-Anzeiger vom 14. Dezember 2018.
  14. a b c Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte. Abgerufen am 30. Oktober 2023.
  15. Über uns - Terresta Immobilien- und Verwaltungs AG - Faire Mieten. Engagierte Bewirtschaftung. Abgerufen am 30. Oktober 2023.
  16. Judith Schuck: Ein Schloss für alle. thurgaukultur.ch, 23. September 2022, abgerufen am 23. Januar 2024.
  17. Urs Brüschweiler: Das Schloss bleibt im Dorf: Salensteiner kauft Schloss Salenstein. Thurgauer Zeitung, 23. Januar 2024, abgerufen am 23. Januar 2024.
  18. Wohnen über Sisis Haarlocke. In: Hochparterre. 31. Juli 2023, abgerufen am 1. Februar 2025.
  19. Projekt Campo. Abgerufen am 1. Februar 2025.