Soziale Demokratische Union
| Soziale Demokratische Union | |
|---|---|
| Parteivorsitzender | Hans-Günther Weber |
| Gründung | 1977 |
| Gründungsort | Mönchengladbach |
| Auflösung | 1979 |
Die Soziale Demokratische Union (SDU) war eine kurzlebige deutsche Partei, die 1977 aus Teilen des rechten Flügels der SPD hervorging und bis 1979 Bestand hatte.
Politisches Programm
Hauptanlass für die Gründung war eine starke Gegnerschaft zur Ostpolitik Willy Brandts[1] und eine als allgemeiner Linkstrend wahrgenommene Entwicklung bis hin zum Zusammengehen mit Kommunisten innerhalb der SPD.[2] Ähnlichkeiten zeigten sich hierbei zum bereits 1973 in Westberlin gegründeten und von Axel Springer und Franz Josef Strauß unterstützten Bund Freies Deutschland, welcher auf Funktionärsebene anfänglich ebenfalls von ehemaligen Sozialdemokraten getragen wurde.[3][4] Man positionierte sich im parlamentarischen Spektrum nach eigenem Bekunden zwischen SPD und CDU.[5]
Einige der Gründungsmitglieder der SDU hatten Mitte der siebziger Jahre Alexander Solschenizyns Archipel Gulag gelesen und auch unter diesem Eindruck auf diesem Parteitag ein Grundsatzprogramm beschlossen, welches als anti-marxistisch gedacht und in Teilen eine kritische Auseinandersetzung mit dem Godesberger Programm der SPD war. Es griff ideologische Kernsätze des Godesberger Programms auf und versuchte, diese als „sozialistisch“ zu enthüllen und anschließend zu widerlegen.
Geschichte
Die führenden Köpfe der SDU waren der Braunschweiger Oberstadtdirektor Hans-Günther Weber als Vorsitzender, der Moerser Vermessungsingenieur und vormalige Krefelder SPD-Landtagsabgeordnete Willi Sinnecker, der Krefelder Stadtdirektor und vormalige SPD-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Stienen sowie der ehemalige Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Werner Klaer. Auf der anderen Seite wirkten aber auch Personen wie der weiter rechts stehende, ehemalige hessische Landtagsabgeordnete des GB/BHE Anton Jatsch, der zwischenzeitlich Mitglied von NPD und Aktionsgemeinschaft Vierte Partei (AVP) war.[6]
Zeitweise konnte die SDU bis zu 5000 Mitglieder verzeichnen.[7] und war durch Übertritte zeitweilig in einigen Stadt- und Gemeinderäten vertreten. So verließen zum Beispiel in Kamp-Lintfort die Stadträte Heinrich Cichorz (SPD) und Heinz Scholz (FDP) ihre Parteien und bildeten eine eigene Ratsfraktion der SDU.[8] Der organisatorische Schwerpunkt der Partei lag – durch die Herkunft der führenden Funktionäre bedingt – im Land Nordrhein-Westfalen.
Der Gründungsparteitag fand für die Partei auf Bundesebene im Jahr 1977 am denkwürdigen Datum des 17./18. Juni im Mönchengladbacher Dorint-Hotel das statt.[9] Bundesweit existierten dafür 128 in Ortsgruppen organisierte sogenannte Fördervereine unterschiedlicher Größe, die sich der Vorbereitung der Parteigründung widmeten.[10] Im März 1977 bestanden Landesverbände in Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, München/Bayern und West-Berlin. Die in West-Berlin noch bestehende Partei Bund Freies Deutschland (BFD) löste sich zum 31. Januar 1977 auf, um im Westberliner Landesverband der wesensverwandten SDU aufzugehen.[11] 1978 gründete sich ein Hamburger Landesverband, in dessen Vorstand sich Winfried Döbertin betätigte.[12]
Im Weiteren beteiligte sich die SDU jedoch an keinen Wahlen. Auch führte der grob vorgetragene, allein aus dem Programm heraus kaum verständliche Antikommunismus dazu, dass schon bald nach der Gründung zahlreiche, weiterhin sozialdemokratisch orientierte Mitglieder die Partei wieder verließen, und es zeigten sich bereits eine Woche nach der Gründung auf Bundesebene erste Zerfallserscheinungen. Neben den beiden Vorstandsmitgliedern Erich Kissel und Wolfgang Dau hatten mehrere Mitglieder des Gründungskomitees, zahlreiche Parteitagsdelegierte und Vorsitzende der bundesweiten SDU-Fördervereine ihren Austritt erklärt. So konstatierte der Offenbacher SDU-Bezirksbeauftragte Robert Becker, dass „keine ehemaligen Sozialdemokraten, sondern Scharlatane“ den SDU-Kurs dominierten, und warf dem SDU-Vorsitzenden Hans-Günther Weber eine allzu große Nähe zu CDU/CSU, insbesondere zu den Franz-Josef-Strauß-Vertrauten Artur Missbach und Hugo Wellems vor, welche sich seit Jahren mit politischen Tarnorganisationen als außerparlamentarische Hilfstruppe der Unionsparteien betätigen würden.[13]
Infolge der Austrittswelle verlor die SDU zusehends an Bedeutung und fand sich schon bald nach ihrer Gründung als Splitterpartei innerhalb des rechten Parteienspektrums wieder. Hier suchte sie vergeblich Anlehnung an die damals von Franz Josef Strauß geführte CSU. Auf einem außerordentlichen Bundesparteitag im Juni 1979 in Braunschweig wurde die SDU aufgelöst und ihre Umwandlung in einen „antisozialistischen Wählersammlungsverband“ beschlossen.[14]
Siehe auch
Literatur
- Ostpreußenblatt: SDU-Standpunkte zur Ostpolitik – Auszüge aus dem Grundsatzprogramm. In: Oder-Neiße-Gebiete sind Bestandteile Deutschlands - SDU stellt fest: Dieser Rechtszustand wird durch die Ostverträge nicht berührt., 23. Juli 1977, Folge 30, Seite 4.
Einzelnachweise
- ↑ https://archiv.preussische-allgemeine.de/1977/1977_07_23_30.pdf
- ↑ https://archiv.preussische-allgemeine.de/1977/1977_07_02_27.pdf
- ↑ https://www.zeit.de/1977/27/grummler-von-rechts
- ↑ https://www.spiegel.de/politik/ordentlich-draufhauen-a-31329d6e-0002-0001-0000-000040830385
- ↑ https://archiv.preussische-allgemeine.de/1977/1977_08_13_33.pdf
- ↑ https://www.spiegel.de/politik/ordentlich-draufhauen-a-31329d6e-0002-0001-0000-000040830385
- ↑ Wählerinitiative als Streitpunkt zwischen CDU und CSU. Neue Zürcher Zeitung, 3./4. Februar 1979, S. 6
- ↑ https://archiv.preussische-allgemeine.de/1977/1977_03_05_10.pdf
- ↑ https://archiv.preussische-allgemeine.de/1977/1977_07_23_30.pdf
- ↑ https://www.spiegel.de/politik/ordentlich-draufhauen-a-31329d6e-0002-0001-0000-000040830385
- ↑ https://archiv.preussische-allgemeine.de/1977/1977_03_05_10.pdf
- ↑ „Union in Deutschland. Informations-Dienst der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union Deutschlands“ Jahrgang 1978, Nr. 21.
- ↑ Austrittswelle bei der SDU. In: Spiegel Online. 26. Juni 1977, abgerufen am 16. September 2025.
- ↑ Klanglos aufgelöst, in: Vorwärts Nr. 26 vom 21. Juni 1979, S. 2 (Kurzmeldung)