Roy Radin
Roy Radin (* 13. November 1949; † Mai 1983) war ein US-amerikanischer Showbusiness-Promoter, der in den 1970er und frühen 1980er Jahren Varieté-Shows und Oldies-Nostalgietourneen veranstaltete. Er wurde auch bekannt für seine Versuche, sich in Hollywood zu etablieren und sich an der Finanzierung des Films The Cotton Club (1984) zu beteiligen. Bevor es dazu kam, wurde er jedoch im Alter von 33 Jahren Opfer eines Auftragsmordes, bekannt geworden als Cotton-Club-Mord (Cotton Club Murder), welcher Spekulationen auslöste.
Leben
Radin war der Sohn des Broadway-Show-Promoters Al Radin und eines Showgirls. Als Teenager brach er die Highschool ab, um selbst in die Showbranche einzusteigen und begann im Alter von 16 Jahren in dem Zirkus von Clyde Beatty zu arbeiten, einem der bekanntesten Dompteure seiner Zeit. Ein Jahr später nahm Radin George Jessel und J. Fred Muggs in seine erste Wanderbühne auf. Radin organisierte Vaudeville-Veranstaltungen und wurde noch vor seinem 20. Geburtstag zum Millionär.[1][2] Berle und Jessel gehörten zu den regelmäßigen Moderatoren. In den Shows von Radin hatten auch andere bekannte Komiker und Entertainer wie Frank Gorshin, Jack Carter, Joey Bishop, Red Buttons, Godfrey Cambridge oder Milton Berle Auftritte.
In den 1970er Jahren hatte Radins Unternehmen Roy Radin Enterprises mehrere Shows gleichzeitig am Laufen. Die Tourneen wurden kreativ finanziert, waren immer ausverkauft, aber manchmal nur spärlich besucht.[3] Die Tickets wurden oft als Benefizveranstaltung für behinderte Kinder, Polizisten, Feuerwehrleute oder lokale Zwecke verkauft. In den am Veranstaltungsort verteilten Magazinen wurden Werbeanzeigen von lokalen Gemeinden gekauft.[4] Die Finanzierung der Shows wurde 1975 vom New Yorker Generalstaatsanwalt Louis Lefkowitz untersucht, nachdem er festgestellt hatte, dass nur 27 % der angegebenen Gelder an eine der angegebenen Wohltätigkeitsorganisationen gingen.[5][6] Die Untersuchungen wurden gegen karitative Zahlungen an das New York Police Department eingestellt.[7]
Radin erweiterte schließlich seine Shows und konzentrierte sich nicht mehr nur auf Comedy-Revuen, sondern auch auf Musikdarbietungen, die größtenteils aus Künstlern der 1950er und 1960er Jahre bestanden, deren Popularität bereits nachließ. Die Aufführungen fanden oft in schlecht ausgestatteten Aula- und Turnhallen von High Schools statt, die nur nach langen Busfahrten zu erreichen waren. Zu den Musikern gehörten The Ink Spots, The Drifters, Eddie Fisher, The Ronettes, Dick Haymes, Barbara McNair, Tiny Tim, The Serendipity Singers, The Shirelles, The Marvelettes und Danny & the Juniors.
Im April 1980 behauptete die Schauspielerin Melonie Haller, dass sie während einer Party, die Radin in seinem Haus in Southampton, New York, veranstaltet hatte, geschlagen und vergewaltigt worden sei und dass die Ereignisse gefilmt worden seien. Radin behauptete dagegen, dass Haller freiwillig an sadomasochistischen Sexspielen teilgenommen habe.[6] Radin wurde wegen Bedrohung von Haller, illegalem Besitz von LSD und Kokain sowie illegalem Besitz einer Handfeuerwaffe angeklagt und zu einer Geldstrafe von 1.000 Dollar und drei Jahren Bewährung wegen des Waffenbesitzes verurteilt.[8] Ein Geschäftsmann, der ebenfalls auf der Party anwesend war, bekannte sich schuldig, Haller angegriffen zu haben, und wurde zu 30 Tagen Haft verurteilt.[9] Der Kameramann des angeblichen Sexvideos wurde später mit seiner Freundin erschossen aufgefunden.[7]
Im Oktober 1980 wurde Radin von der Polizei wegen des Mordes an seinem Bekannten Ronald Sisman befragt, einem Drogendealer.[6] Kurz darauf kam Radin erneut mit der Justiz in Berührung, als er an dem Tag seiner zweiten Hochzeit (bei der auch der berüchtigte sadomasochistische Kunsthändler Andrew Crispo anwesend war) im Jahr 1981 in seiner Luxusvilla Ocean Castle dem sexuellen Übergriff auf ein Model beschuldigt wurde. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung beschlagnahmte die Polizei Drogen, wegen fehlender Zeugen wurde er jedoch nicht für den mutmaßlichen sexuellen Übergriff verurteilt.[7] Im folgenden Jahr stand der schwer drogenabhängige Radin vor dem finanziellen Ruin und seine Ehe war in die Brüche gegangen. Im Februar 1983 wurde er schließlich erneut von der Polizei wegen einer möglichen Verbindung zum Kult des Serienmörders David Berkowitz befragt.[6]
Gerüchten zufolge soll Radin in die Produktion von Snuff-Filmen und den Handel mit Kokain verwickelt gewesen sein, was ihm jedoch nicht nachgewiesen werden konnte.[2][7]
Cotton Club
In der Hoffnung, sein Unternehmen zu retten, bemühte sich Radin darum, in der Filmindustrie Fuß zu fassen. Laut Aussagen von Mitarbeitern wurde Radin „besessen“ von der Film- und Broadway-Branche und begann, das Varieté und die Musikrevuen zu vernachlässigen. Einer von Radins Filmkontakten zu dieser Zeit war der Filmproduzent Robert Evans, ein guter Freund von Roman Polański, der Radin von der ehemaligen Drogendealerin Karen Greenberger (alias Lanie Jacobs) vorgestellt wurde.[6] Radin versuchte schließlich, mit einem Film über den legendären New Yorker Nachtclub Cotton Club in die Filmindustrie einzusteigen.
Der Vertrag, der für den Film The Cotton Club ausgehandelt wurde, sah vor, dass Evans und Radin eine Produktionsfirma gründen würden, in der Radin und Evans jeweils 45 % der Anteile an dem Film halten würden, während die restlichen 10 % auf zwei andere Parteien aufgeteilt würden.[10] Radin bot Greenberger (alias Jacobs) eine Vermittlungsprovision in Höhe von 50.000 Dollar für ihre Bemühungen an, was sie jedoch als unzureichend empfand.[11]
Ermordung
Während die Finanzierung des Films arrangiert wurde, wurde der 33-jährige Radin ermordet. Er verschwand am 13. Mai 1983 auf dem Weg zu einer geplanten Konferenz in Beverly Hills und wurde einige Tage später von seinem persönlichen Assistenten als vermisst gemeldet.[12] Seine Leiche wurden einige Wochen später von einem Imker und einem Förster in der Nähe von Gorman, Kalifornien, etwa 105 km nördlich von Los Angeles, gefunden. In der Nähe seiner Leiche wurde eine King-James-Bibel gefunden, mit einer aufgeschlagenen Stelle aus dem Buch Jesaja, wo es heißt: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen werden wir sterben.“[6]
Einige Jahre später gehörte der Auftragskiller William Mentzer zu den vier Personen, die verurteilt wurden, weil sie Radin mehrfach in den Kopf geschossen und Dynamit verwendet hatten, um die Identifizierung durch die Behörden zu erschweren.[13] Bei den Gerichtsprozessen wurde auch Karen Greenberger wegen Mordes und Entführung verurteilt. Ihre Beteiligung sei durch Wut darüber motiviert gewesen, dass sie sich aus der Rolle als Produzentin und von den potenziellen Gewinnen aus dem Film Cotton Club ausgeschlossen gefühlt hatte. Auch Radins Geschäftspartner Evans gehörte zu den Verdächtigen. Zwei Zeugen sagten der Polizei, dass Evans an dem Mord beteiligt gewesen sei, und als Evans zu seinen Verbindungen zu Radin befragt wurde, berief er sich auf den Fünften Verfassungszusatz und verweigerte die Aussage.[14] Greenberger entlastete jedoch Evans, der nicht verurteilt wurde.[15]
Der Mord an Radin wurde zum Inhalt von Spekulationen, da der Mörder Mentzer Verbindungen sowohl zur Manson Family als auch zum satanischen Kult von David Berkowitz gehabt haben soll und Radin möglicherweise selbst in derartige Aktivitäten verwickelt gewesen war.[6]
Mediale Rezeption
Die Geschichte von Radins Mord wurde 1990 zum Thema eines Buches mit dem Titel Bad Company: Drugs, Hollywood and the Cotton Club Murder (Deutsch: Schlechte Gesellschaft: Drogen, Hollywood und der Mord im Cotton Club) von Steve Wick.[16]
Die Law & Order-Episode His Hour Upon the Stage basiert auf dem Fall Roy Radin. Auch die Netflix-Dokumentarserie The Sons of Sam: A Descent Into Darkness untersucht in Episode 3 eine spekulative Verbindung zwischen Roy Radin und den Berkowitz-Morden.
Einzelnachweise
- ↑ ROY RADIN: LIFE AND DEATH IN SHOW-BUSINESS DEMIMONDE. In: The New York Times. ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 4. September 2025]).
- ↑ a b Neil Patmore: Roy Radin, The Millionaire Playboy And Promoter Who Was Murdered On The Orders Of A Hollywood Producer. 18. März 2023, abgerufen am 4. September 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Tony Kornheiser: On the Road Again -- and Again With the Once and Future Stars Washington Post, 17. Dezember 1980
- ↑ Bob Bourne: Classic Television Showbiz: An Interview with Jack Carter - Part Three. In: Classic Television Showbiz. 19. Juni 2011, abgerufen am 4. September 2025.
- ↑ New York Media LLC: New York Magazine. New York Media, LLC, 12. Mai 1980 (google.de [abgerufen am 4. September 2025]).
- ↑ a b c d e f g Michael Newton: Raising hell : an encyclopedia of devil worship and satanic crime. New York : Avon Books, 1993, ISBN 0-380-76837-2, S. 302–304 (archive.org [abgerufen am 4. September 2025]).
- ↑ a b c d Urs Jenny: Freitag, der Dreizehnte. In: Der Spiegel. 19. August 1990, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 4. September 2025]).
- ↑ "Radin Accused Again." The Free Lance-Star, 9. September 1981, S. 28.
- ↑ THE REGION; Actress's Assailant Given 30 Days in Jail (Published 1981). 29. April 1981 (nytimes.com [abgerufen am 4. September 2025]).
- ↑ Kasindorf, Jeanie. "The Cotton Club Murder." New York Magazine, 24. Juli 1989, S. 27.
- ↑ Michael Daly: "The Making of Hollywood: A True Tale of Hollywood." New York Magazine, 7. Mai 1984, S. 47.
- ↑ Coroner's investigators, using dental record, Sunday positively identifed the... - UPI Archives. Abgerufen am 4. September 2025 (englisch).
- ↑ Jeanne Toomey: Assignment Homicide. Sunstone Press, 2006, ISBN 0-86534-517-1, S. 14 (google.de [abgerufen am 4. September 2025]).
- ↑ DENNIS McDOUGAL: Producer Robert Evans Invokes 5th at Hearing in Murder Case. 13. Mai 1989, abgerufen am 4. September 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ 'Cotton Club' Defendant Says Evans Not Involved : Trial: The film producer had no role in Roy Radin's murder, woman testifies. She professes innocence and says Radin planned to kill her. 27. April 1991, abgerufen am 4. September 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Dennis McDougal: New Blood in Hollywood : BAD COMPANY Drugs, Hollywood and the Cotton Club Murder by Steve Wick (Harcourt Brace Jovanovich: $19.95; 271 pp., illustrated; 0-15-110445-X). 22. Juli 1990, abgerufen am 4. September 2025 (amerikanisches Englisch).