Rittergut Klein Schwechten
Das Rittergut Klein Schwechten ist ein ehemaliges Rittergut im Rochauer Ortsteil Klein Schwechten im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt.
Geschichte
Der Gutshof liegt westlich neben dem Friedhof der Dorfkirche Klein Schwechten.
Bereits Mitte des 14. Jahrhunderts ist die Familie von Lützendorf in der Altmark nachweisbar und spätestens 1375 auch in Klein Schwechten. Die Schenken von Lützendorf besaßen das Rittergut Klein Schwechten bis 1615, sie starben Anfang des 17. Jahrhunderts aus. Bald darauf befand sich das Rittergut im Besitz der Familie von Bülow, über fünf Generationen, beginnend mit Johann von Bülow, Ernst Ludwig von Bülow[1] und Johann Albrecht von Bülow, verheiratet mit Dorothea Agnes von Bismarck-Schönhausen. Die Bülows bilden sogar eine eigene Familienlinie Bülow-Klein Schwechten. Um das Jahr 1812/1813 verkauft diese Familie aber das Gut im Ort, wobei die Umstände unterschiedlich dargestellt werden. Letzter Bülow war der Major Theodor von Bülow (* 1780; † 1838), seine Ehefrau war die bürgerliche Ulrike Hichtel. Ihr Sohn Fedor von Bülow wurde 1811 noch im Gutshaus Klein Schwechten geboren.[2]
Neuer Besitzer wurde die uradelige aber überregional und genealogisch wenig bekannte Familie von Werdeck, vertreten u. a. durch Hans Gottlob Friedrich von Werdeck,[3] Sohn[4] des Stendaler Landrats Friedrich Karl Ferdinand von Werdeck (1728–1792), Enkel des Generalmajors Ernst Ferdinand von Werdeck. Hans Gottlob Friedrich von Werdeck starb als Gutsherr und kgl. preuß. Rittmeister 1822. Eine Erinnerungstafel an ihn befindet sich an einer hölzernen Informationstafel, die sich direkt hinter dem Eingangsportal zum Friedhof befindet. 1839 starb die genealogischen Unterlinie von Werdeck-Klein Schwechten aus.
Entfernte Verwandte folgten, die bürgerliche Familie Rendelmann. Die Rendelmann stiegen von Mühlenbesitzer in Ingersleben zu Eigentümer einiger Rittergüter auf und führten ein eigenes Wappen. In Klein Schwechten waren sie aktive Landwirte, bauten sie Tannenklee an und nutzten diese als Schafweide.[5] Auf dieselbe Art und Weise der Verheiratung[6] einer Tochter Rendelmann aus Klein Schwechten mit einem Hauptmann a. D. Zahn folgte dessen Familie Zahn, spätestens 1880 im Besitz von Gut Klein Schwechten. Allerdings teilten sich die Familien Rendelmann[7] und Zahn noch das zum Besitz dazugehörige Kirchenpatronat. Die Söhne Edgar und Walter Zahn trennten dann den Besitz um 1920 in zwei Teile und verpachteten teils größere Flächen. Während Edgar Zahn im alten Herrenhaus des Guts wohnen blieb, zog sein jüngerer Bruder Walter Zahn in das 1921 erbaute neue Herrenhaus auf der anderen Seite der Dorfstraße. Das 1922 letzte amtliche publizierte Niekammer`s Güter-Adreßbuch nennt die Güter Klein Schwechten I, mit 165 ha, und Rittergut II unter Gutsinspektor Günther mit 115 ha Größe.[8]
Das Rittergut war ein landtagsfähiges Rittergut. Sein Besitzer war damit Abgeordneter auf dem Kommunallandtag der Altmark. Seine Größe betrug im Jahr 1850 zusammen 700 Morgen Acker, 100 Morgen Wiesen, 3 Morgen Gärten, 150 Morgen Anger und 75 Morgen Forst.[9]
Am 1. Dezember 1910 hatte der Gutsbezirk Klein Schwechten 7 Einwohner.[10] Am 1. April 1926 wurde der Gutsbezirk Klein Schwechten in die Landgemeinde Klein Schwechten eingemeindet.[11]
Das Gut wurde im Rahmen der kommunistischen Bodenreform nach 1945 enteignet, letzter Privatbesitzer war Otto Tischer, ein Schwiegersohn von Edgar Zahn. Das ältere Herrenhaus wurde bald darauf mit einer großen Durchfahrt durchbrochen und als Scheune genutzt. Das jüngere, 1921 erbaute Herrenhaus, das nach der Zahnschen Teilung entstand, steht nördlich gegenüber dem Gutshof am Nachtigallenweg.[12][13]
Archivalien (Auszug)
- H 122 Gutsarchiv Klein Schwechten., In: Landesarchiv Sachsen-Anhalt (LASA). Standort Wernigerode.
- Patrimonialgericht Klein Schwechten, 1783-1808 (Bestand)., In: LASA Dc 132. Benutzungsort Magdeburg.
- Altmärkisch-Prignitzscher Städtekasten U II/490 D; Altmärkische und prignitzsche Städte verschreiben sich Daniel von Lützkendorf auf Klein Schwechten über 8.300 Taler.; 1605.04.05 (Urkunde)., In: In: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA / Insgesamt 15 Einträge zu Klein Schwechten). BLHA 23.
- Lehnsangelegenheiten der Familie v. Bülow zu Klein Schwechten; 1667-1786 (Akte)., In: BLHA 78 VII Altmark 197.
Literatur
- Ingrid und Walter Reisinger: Bekannte, unbekannte und vergessene Herren- und Gutshäuser in der Altmark. Dr. Ziethen Verlag, Oschersleben 2022, ISBN 978-3-86289-204-4, S. 90–91.
Weblinks
- Infos, Hrsg. Reiterhof 4eichen
Einzelnachweise
- ↑ Jacob Friedrich Joachim von Bülow, Paul von Bülow: Familienbuch der von Bülow. Nach der im Jahre 1780 herausgegebenen Historischen, Genealogischen und Kritischen Beschreibung des Edlen, Freiherr- und Gräflichen Geschlechts von Bülow. Verlag der Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei R. Decker (R. v. Decker), Berlin 1858, S. 95., Nr. 38
- ↑ Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Uradeligen Häuser. Der in Deutschland eingeborene Adel. 1911. Zwölfter Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1910, S. 182.
- ↑ Frank Moldenhauer-Magdeburg, Christian Schröder-Isernhagen (Foto) 2018/2019: Hans Gottlob Friedrich von Werdeck. Gutsbesitzer, Rittmeister. Sterbedatum: 10.07.1822. Konfession: evangelisch. Ort: Kl. Schwechten / Osterburg. In: Datenbank Historischer Grabmäler der Altmark. Hrsg. Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte Salzwedel. Stand 2024.
- ↑ Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin (Hrsg.), Band 85; K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9, S. 1086. Eingeschränkte Vorschau., In: Google Books.
- ↑ A. Rauch, F. J. Dochnahl (Hrsg.): Die Fundgrube. Ein Wochenblatt für die praktischen Erfahrungen und neuen Entdeckungen auf dem Gebiete der Haus-, Land- und Forstwirtschaft. Achter Jahrgang, Palm`sche Verlags- und Sortimentsbuchhandlung, Erlangen 1862, S. 53.
- ↑ Rendelmann, In: Gust. A. Seyler (Hrsg.), Oskar Roick (Zeichnungen): J. Siebmacher’s großes und allgemeines Wappenbuch. Neuauflage, Band 5/12 (Fünften Bandes Zwölfte Abtheilung). Neunhundertundvier bürgerliche Wappen: Bürgerliche Geschlechter Deutschlands und der Schweiz. Bauer und Raspe H. Krauss, Nürnberg 1925, S. 25., Tafel 34 mittig unten.
- ↑ Haase, Hilbert (Hrsg.): Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen, der Graffschaften Wernigerode, Roßla und Stolberg. Siebzehnter Jahrgang, Selbstverlag, Magdeburg 1898/99, S. 104.
- ↑ Oskar Köhler, Gustav Wesche, H. Krahmer: Landwirtschaftliches Güter-Adreßbuch der Provinz Sachsen. 1922. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter und Güter von ungefähr 20 ha herab mit Angabe der Gutseigenschaft, des Grundsteuerertrages, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen, Hrsg. Mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer zu Halle a. S., in: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, Band V, (Paul Niekammer), 3. Auflage, Reichenbach’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1922, S. 82–83. (Suchfunktion SLUB Dresden)
- ↑ Friedrich Wilhelm Boldewin Ferdinand von dem Knesebeck: Die Rittermatrikeln der Altmark nebst einer alphabetischen Uebersicht der Ritterschaft und der von derselben vertretenen Rittergüter. Heinrichshofen, Magdeburg 1859, S. 7.
- ↑ Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900., In: Gemeindeverzeichnis.de, Stand 30. Oktober 2022.
- ↑ Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1926, ZDB-ID 3766-7, S. 16.
- ↑ Christian Schröder: Historischer Abriss über die Entstehung und Entwicklung des Dorfs. In: reiterhof-4eichen.de. Abgerufen am 26. Juni 2022 (private Internetseite mit ausführlicher Darstellung inklusive Abbildung der Quellen).
- ↑ Christian Schröder: Rund um das Rittergut. In: reiterhof-4eichen.de. März 2013, abgerufen am 26. Juni 2022 (Private Internetseite mit ausführlicher Darstellung inklusive Abbildung der Quellen.).
Koordinaten: 52° 42′ 29,3″ N, 11° 50′ 15,9″ O