Rainrod (Schwalmtal)

Rainrod
Gemeinde Schwalmtal
Koordinaten: 50° 43′ N, 9° 20′ O
Höhe: 366 m ü. NHN
Fläche: 8,24 km²[1]
Einwohner: 364 (30. Juni 2017)[2]
Bevölkerungsdichte: 44 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 36318
Vorwahl: 06638

Rainrod ist ein Ortsteil der Gemeinde Schwalmtal im mittelhessischen Vogelsbergkreis.

Ortsgeschichte

Mittelalter

Erstmals schriftlich erwähnt wurde der Ort 1341 als Reinerode. Der Ort soll aus den drei Höfen Güntershof, Finkenhof und Römerhof entstanden sein. Von diesen Höfen ist der Finkenhof 1573 in einem Salbuch nachweisbar.[3] Die Lage der heutigen Wüstung war zwischen Rainrod und Brauerschwend.[4] Solche Orte mit der Endung -hof im Singular deuten zumeist auf einen jüngeren Einzelhof hin.[5] 1358 bekennen der Wäppner Widekind Fincke und seine Ehefrau Sanne in einem Kopiar, dass sie dem Propst, Meisterin und Konvent des Klosters Immichenhain ihre Hube in „Reinerodde“, welche die Tochter der Wynandis besitzt und die beim Kirchhof des genannten Dorfes liegt, mit allen Zugehörungen, ausgenommen ihres Gerichtsrechts, für 34 Schilling großer Turnose verkauft und darauf verzichtet hätten.[6] 1398 heißt es: „... eyn gud zu Reinerodde[7] Ein weiteres Kopiar, verfasst 1551, nennt für 1479: Reinrode.[8]

Die Namensforschung deutet den Ortsnamen als „Siedlung des Regin“.[9] In seiner heutigen Form „Rainrod“ wird der Ortsname als Ableitung von dem Appellativum „Rain“ = „ungepflügter Streifen zwischen Äckern“ angesehen.[10]

Neuzeit

Eine erste Kirche stand auf dem Gelände des Güntershofes. Die heutige evangelische Fachwerkkirche wurde in den Jahren 1660 bis 1673 erbaut. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war der Ort dem Gericht Schwarz zugeordnet. Im 19. Jahrhundert war Rainrod als Weberdorf bekannt.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Rainrod:

„Rainrod (L. Bez. Alsfeld) evangel. Filialdorf; liegt 1 St. von Alsfeld, hat 72 Häuser und 501 Einwohner, die alle evangelisch sind. Hier findet sich auch innerhalb des Orts ein Forsthaus.“[11]

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen bildet Rainrod zusammen mit weiteren acht zuvor selbständigen Ortschaften seit dem 31. Dezember 1971 die Gemeinde Schwalmtal.[12]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Rainrod angehört(e):[1][13][14]

Gerichtszugehörigkeit

Rainrod hatte 1341 ein eigenes Gericht, später war das Gericht Schwarz zuständig.[1] In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Oberhessen (ab 1815 Provinz Oberhessen) wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Rainrod das Amt Alsfeld zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übertragen. „Landgericht Alsfeld“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Alsfeld, das heutige Amtsgericht, das für Rainrod zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in Amtsgericht Alsfeld und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[24]

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Rainrod 393 Einwohner. Darunter waren 6 (1,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 60 Einwohner unter 18 Jahren, 141 zwischen 18 und 49, 96 zwischen 50 und 64 und 96 Einwohner waren älter.[25] Die Einwohner lebten in 459 Haushalten. Davon waren 117 Singlehaushalte, 114 Paare ohne Kinder und 153 Paare mit Kindern, sowie 36 Alleinerziehende und 9 Wohngemeinschaften. In 93 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 300 Haushaltungen lebten keine Senioren.[25]

Einwohnerentwicklung

• 1791: 317 Einwohner[17]
• 1800: 317 Einwohner[26]
• 1806: 356 Einwohner, 60 Häuser[18]
• 1829: 501 Einwohner, 71 Häuser[11]
• 1867: 509 Einwohner, 79 Häuser[27]
Rainrod: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2015
Jahr  Einwohner
1791
  
317
1800
  
317
1806
  
356
1829
  
501
1864
  
509
1939
  
495
1961
  
530
1970
  
585
2005
  
438
2010
  
388
2011
  
393
2015
  
364
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Gemeinde Schwalmtal (aus Webarchiv):[2]; Zensus 2011[25]

Historische Religionszugehörigkeit

• 1829: 501 evangelische (= 100 %) Einwohner[11]
• 1961: 499 evangelische (= 94,15 %), 31 katholische (= 5,85 %) Einwohner[1]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

  • Ein beliebtes Ausflugsziel ist die zwei Kilometer östlich von Rainrod gelegene Hardtmühle.
  • Eine Sehenswürdigkeit ist die Fachwerkkirche.

Söhne und Töchter

Commons: Rainrod – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Infolge der Rheinbundakte.
  3. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Alsfeld) und Verwaltung.
  4. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs. Infolge des Deutschen Krieges wurde die Provinz Oberhessen dort zwangsweise Mitglied.
  5. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Oberhessen aufgelöst.
  6. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Rainrod, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. November 2017). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b „Zahlen, Daten, Fakten“. In: Internetauftritt. Gemeinde Schwalmtal, archiviert vom Original; abgerufen im Juni 2018.
  3. StAD, Salbücher Oberhessen, Gericht Schwarz, fol. 285.
  4. Georg Wilhelm Justin Wagner: Die Wüstungen im Großherzogtum Hessen. Provinz Starkenburg. Darmstadt 1854. S. 8.
  5. Adolf Bach: Deutsche Namenskunde. Band 2. Heidelberg 1953/54. § 592.
  6. StAM, Kloster Immichenhain, fol. 157.
  7. Ludwig Baur: Hessische Urkunden aus dem Großherzoglich Hessischen Haus- und Staatsarchive. Band 1 - 5. Band 1. Darmstadt 1860 - 1873. Nr. 1269. S. 849.
  8. Eduard Erwin Becker: Riedeselsches Urkundenbuch. 1200–1500. Offenbach 1924. Regest, Nr. 1307, S. 372.
  9. Lutz Reichardt: Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen. Namenbuch. Dissertation. Göppingen 1973. S. 291 f, S. 292.
  10. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage Berlin 1967. bearbeitet von Walther Mitzka. S. 579.
  11. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 236 (Google Buch).
  12. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 347 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF; 41,1 MB]).
  13. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  14. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (Google Buch).
  15. Die Zugehörigkeit des Amtes Alsfeld anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  16. Neue Erdbeschreibung. Dritter Theil, welcher das deutsche Reich nach seiner gegenwärtigen Staatsverfassung enthält. Joh. Carl Bohn, 1758, S. 1050 (online bei Google Books).
  17. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 177 (Online in der HathiTrust digital library).
  18. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 228 (Online in der HathiTrust digital library).
  19. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 6 (Google Buch).
  20. Eva Haberkorn, Friedrich Boss: Kreis Alsfeld 1821 - 1945 (= Repertorien Hessisches Staatsarchiv Darmstadt) Abt. G15 Alsfeld. S. 4 (PDF; 172 kB). In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 1985, abgerufen am 21. Dezember 2017.
  21. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 414 (online bei Google Books).
  22. Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 6 ff. (online bei Google Books).
  23. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  24. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  25. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 42 und 80, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  26. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 187 (Online in der HathiTrust digital library).
  27. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 32 (Google Buch).