Papstwappen

Wappen des amtierenden Papstes Leo XIV.
Wappen von Julius II. (1503–1513) in einem Wappenbuch aus der Mitte des 16. Jahrhunderts (München, BSB, Cod.icon. 279, fol. 81r)

Das Papstwappen ist das persönliche Wappen eines Papstes, das auch dessen Pontifikat symbolisiert. Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit führten Päpste dabei in der Regel das Wappen ihrer Familie; in der jüngeren Vergangenheit haben die Päpste regelmäßig kein Familienwappen, sondern führen dasjenige Wappen, das sie sich als Bischof zugelegt haben, in gleicher oder veränderter Form weiter. Die kirchliche Heraldik spricht dem Papst den exklusiven Gebrauch bestimmter Insignien zu, insbesondere der Tiara über und der päpstlichen Schlüssel hinter dem Wappenschild.

Vom persönlichen Wappen einzelner Päpste zu unterscheiden sind das Wappen der Vatikanstadt, das Wappen des Heiligen Stuhls sowie das historische Wappen der römischen Kirche.[1]

Geschichte

Die ältesten Wappendarstellungen im Umkreis der Kurie sind im 13. Jahrhundert nachweisbar: Kardinäle und andere geistliche Würdenträger kombinierten ihre persönlichen Wappen mit den Insignien ihres jeweiligen Standes. Es ist wahrscheinlich, aber nicht nachweisbar, dass die Päpste dieser Zeit auch im Amt ihre Familienwappen führten. Ebenfalls im 13. Jahrhundert wurden die gekreuzten Schlüssel unabhängig von Darstellungen des Petrus als Symbol für das Papstttum verwendet, z. B. auf Bannern (vgl. Wappen der Kirche).

Nikolaus III. (1277–1280) ließ das Wappen seiner Familie auf mehreren Bauwerken anbringen, die er als Papst errichten ließ; er führte also sicher sein Familienwappen als Papstwappen. Um 1300 scheint es üblich gewesen zu sein, dass Päpste das Wappen ihrer Herkunftsfamilie im Amt führten.[2]

Bonifatius VIII. mit Wappen seines Vaters und dessen Frau (Skulptur an der Kathedrale von Anagni)

Bonifatius VIII. gilt als erster Papst, der nachweislich sein persönliches Wappen mit päpstlichen Insignien kombinert hat.[3][4][5] Wichtigste Quelle dafür ist eine Skulptur von 1296 an der Außenwand der Kathedrale von Anagni (und ihre Nachzeichnung in BAV, Barb. lat. 3221, fol. 457r). Sie zeigt den thronenden, mit der dreikronigen Tiara gekrönten Papst, der mit der Rechten segnet und in der Linken die Schlüssel Petri hält. Das Feld darüber ist dreigeteilt und zeigt links und rechts jeweils zwei Wappen: oben das seines Vaters, unten das von dessen zweiter Ehefrau Giovanna Aquila di Fondi;[6] in der Mitte ist oben eine Tiara mit Infuln und unten ein Schirm (wohl der Ombrellino) zu sehen. Die päpstlichen Attribute sind noch nicht mit dem Wappenschild kombiniert.[7] Schriftquellen der Zeit nennen die Wappen der Päpste nach deren Familien, nicht „päpstliche Wappen“.[8]

Bonifatius VIII. mit Caetani-Wappen (Giotto zugeschriebenes Fresko)

Bonifatius ließ das Wappen seiner Familie so häufig an päpstlichen Palästen anbringen, dass Pierre-Yves le Pogam von einer regelrechten ‚Manie‘ sprach.[9] Auch die unter Bonifatius erbaute, 1586 wieder abgerissene Benediktionsloggia der Lateranbasilika soll nach einem Giotto zugeschriebenen Fresko mit zahlreichen Darstellungen des Caetani-Wappen geschmückt gewesen sein. Eine Nachzeichnung des heute stark beschädigten Freskos zeigt, dass die Brüstung der Loggia mit mehreren Wappenschilden verziert war, die teils das Wappen Bonifatius’ und teils den Ombrellino zeigten.[10]

Eine intensive Nutzung heraldischer Zeichen durch die Päpste ist allerdings erst in Avignon nachweisbar.[11] Mit der Rückkehr des Papsttums nach Rom entfaltete sich auch dort eine intensive Kultur der heraldischen Darstellung des Papsttums.[12] Im 14. Jahrhundert entwickelte sich allmählich der brauch, Insignien des päpstlichen Amtes (Schlüssel, Tiara, seltener Ombrellino und Vortragekeuz) neben dem, über dem oder auch im Schild mitdem persönlichen Wappen des jeweiligen Papstes darzustellen. Eine feste Konvention gab es aber nicht, und oft wurde das Wappen des Papstes ohne solche Hervorhebungen dargestellt. Noch im 15. Jahrhundert ist es häufig, dass das Papstwappen ohne besondere Prunkstücke neben dem Wappen der Kirche (arma ecclesiae) dargestellt wird,[13] um ersteres als das des Papstes zu markieren. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wird es aber allmählich üblich, den Schild des Papstwappen mit dem gekreuzten Schlüsseln Petri zu hinterlegen. Im 16. Jahrhundert ist das Papstwappen oft mit der Tiara darüber markiert, die Schlüssel sind hinter der Tiara, seltener über dem Schild und noch seltener hinter diesem zu sehen.[14] Wappenbücher und Chroniken, die teils zahlreiche Papstwappen enthalten, verbreiten die zunehmend einheitlicheren Wappendarstellungen, die dabei auch Päpsten aus vorheraldischer Zeit zugeschrieben werden (sogenannte Fabelwappen).[15]

Verwendung

Das Papstwappen dient insbesondere zur Kennzeichnung päpstlichen Besitzes, päpstlicher Herrschaft und päpstlicher Urheberschaft. Typisch sind monumentale Ausführungen an oder auch in Repräsentativbauten. Historisch diente es auch als Hoheitszeichen, etwa auf Münzen.

In der Gegenwart prangen Papstwappen im Vatikan und seinen exterritorialen Liegenschaften in großer Zahl an Kirchen, Gebäuden, Mauern, Torbögen, Brunnen, Brücken, aber auch an Laternen, Sitzbänken, am Supermarkt Anona oder in Blumenbeeten der vatikanischen Gärten. Außerhalb des Vatikans finden sie sich an etlichen Gebäuden Roms sowie anderer Städte des ehemaligen Kirchenstaats, des Weiteren weltweit etwa an päpstlichen Universitäten oder den rund 1.900 Basilicae minores. Die Ausführungen reichen von den Travertin-Reliefs und Marmorfußböden früherer Jahrhunderte über gemalte Tafeln und Wappen-Ex libris bis hin zu gärtnerisch angelegten Varianten. Am häufigsten ist im Vatikan das Wappen von Pius XI. vertreten. Ebenfalls anzutreffen ist das Wappen auf wichtigen Schriftstücken wie Dekreten oder Enzykliken, aber auch im Briefkopf gewöhnlicher päpstlicher Schreiben. Auch auf im Vatikan verkauften Souvenirs wie Parfüm oder Badesalz wird es angebracht.[16]

Neben dem Papst ist nur eine einzige weitere Person zur Verwendung des päpstliche Wappens berechtigt: Der Präfekt des Päpstlichen Hauses darf den Schild als Teilmotiv in sein eigenes Wappen integrieren. So zeigte das Erzbischofswappen Georg Gänsweins bis 2013 das Wappen von Papst Benedikt XVI., danach bis 2023 das Wappen von Papst Franziskus.

Heraldische Gestaltung

Wappenbild

Die gemeinen Figuren im Schild legt der Papst zu Beginn des Pontifikats fest. Häufig greifen sie solche aus dem zuvor geführten Bischofs- bzw. Kardinalswappen des Pontifex auf, mitunter werden aber auch neue Elemente hinzugefügt. Verbreitet sind Bezugnahmen auf:

  • Die Herkunft des Papstes: Die adeligen Renaissancepäpste aus den Familien Medici, Borgia, Farnese, Piccolomini, Rovere, Barberini etc. verwendeten im Schild des Papstwappens einfach ihr Familienwappen – meist ausschließlich, mitunter (wie im Fall von Alexander VI.) mit einem weiteren Symbol. Pius XII. spielte mit der Friedenstaube im Wappen nach verbreiteter Ansicht auf seinen bürgerlichen Familiennamen „Pacelli“ (pax coeli „Himmelsfrieden“) an, Paul VI. mit der Figur des Sechsbergs auf seinen Familiennamen „Montini“.
Johannes Paul I.
Johannes Paul II.
Benedikt XVI.
Franziskus

Hut

Traditioneller Hut des Papstwappens ist die Tiara. Seit Johannes Paul II. verschwinden die Infuln der Tiara bzw. Mitra nicht mehr weitgehend hinter dem Wappenschild, sondern ragen seitlich augenfällig hervor. Die Papstwappen von Benedikt XVI. und seinen Nachfolgern zeigen statt der Tiara eine Mitra als Hut.

Schlüssel

Ein weiteres Prachtstück der Papstwappen sind die Schlüssel Petri. Seit dem 15. Jahrhundert ist die häufgeste Darstellungsart die Hinterlegung des Wappenschildes mit den gekreuzten Schlüsseln. Anders als beim Staatswappen der Vatikanstadt, zeigt der goldene Schlüssel (heraldisch) in modernen Papstwappen nach rechts. Wie im Wappen der Vatikanstadt, jedoch anders als in dem des Heiligen Stuhls, sind die quastenbesetzten Enden der roten Kordel (scheinbar) um den (verdeckten) Kreuzungspunkt der Schlüssel geschlungen und in weiterer Folge durch die Reiden geführt, von wo aus sie lose herunterhängen.

Pallium

Benedikt XVI. fügte dem Wappen erstmals ein Pallium hinzu,[18] das gewöhnlich Metropoliten verliehen wird, um deren Teilhabe an der päpstlichen Hirtengewalt zu verdeutlichen. Der Papst ist kraft seines Amtes auch Metropolit der Kirchenprovinz Rom. Benedikts Nachfolger Franziskus und Leo XIV. (amtierend) verzichteten wieder auf das Pallium.[19]

Wahlspruch

Franziskus und Leo XIV. brachten erstmals unter ihren Papstwappen ihren Wahlspruch an, so bei Franziskus Miserando atque eligendo (lateinisch für indem er [Christus] sich erbarmte und auswählte[20]).

Siehe auch

Literatur

Commons: Papstwappen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Papstwappen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Carl Erdmann: Das Wappen und die Fahne der römischen Kirche. In: QFIAB 22, 1930/31, S. 227–255.
  2. Édouard Bouyé: Les armoiries pontificales à la fin du xiiie siècle. Construction d’une campagne de communication, in: Médiévales 44, 2003, S. 173–198.
  3. Donald Lindsay Galbreath: A Treatise on Ecclesiastical Heraldry. Part I. Papal Heraldry. Heffer & Sons, Cambridge 1930; von G. Briggs überarbeitete Ausgabe u.d.T. Papal Heraldry. Heraldry Today, London 1972, Kapitel 6.
  4. Bruno Bernhard Heim: Wappenbrauch und Wappenrecht in der Kirche. Walter, Olten 1947, S. 128–132.
  5. Édouard Bouyé: Les armoiries pontificales à la fin du xiiie siècle. Construction d’une campagne de communication, in: Médiévales 44, 2003, S. 173–198.
  6. Édouard Bouyé: Les armoiries pontificales à la fin du xiiie siècle. Construction d’une campagne de communication, in: Médiévales 44, 2003, S. 173–198, hier S. 184.
  7. Bruno Bernhard Heim: Wappenbrauch und Wappenrecht in der Kirche. Walter, Olten 1947, S. 128–132.
  8. Édouard Bouyé: Les armoiries pontificales à la fin du xiiie siècle. Construction d’une campagne de communication, in: Médiévales 44, 2003, S. 173–198.
  9. Pierre-Yves le Pogam: La lutte entre Boniface VIII et les Colonna par les armes symboliques. In: Rivista di storia della Chiesa in Italia, Band 61, 2007, S. 47–66 JSTOR:43051598
  10. Silvia Maddalo: Ancora sulla loggia di Bonifacio VIII al Laterano: una proposta di ricostruzione e un'ipotesi attributiva', in: Arte medievale', 12/13, 1998/1999, S. 211–230.
  11. Christian de Mérindol: Les débuts de l'héraldique à la cour papale en Avignon sous Benoît XII et Clément VI, à la lumière des travaux récents. In: Yvan Loskoutoff (Hrsg.): Héraldique et papauté, Moyen Âge - temps modernes. Rouen, 2020, ISBN 979-10-240-1318-3, S. 19–39.
  12. Andreas Rehberg: Gemeißelte und gemalte Wappen als Markzeichen des öffentlichen Raums in Rom (14. - frühes 16. Jahrhundert). In: Wolf Zöller (Hrsg.): Materialität, Inschriftlichkeit und schrifttragende Artefakte im mittelalterlichen Rom. De Gruyter, Berlin 2023, S. 145–176.
  13. Carl Erdmann: Das Wappen und die Fahne der römischen Kirche. In: QFIAB 22, 1930/31, S. 227–255.
  14. Donald Lindsay Galbreath: A Treatise on Ecclesiastical Heraldry. Part I. Papal Heraldry. Heffer & Sons, Cambridge 1930; von G. Briggs überarbeitete Ausgabe u.d.T. Papal Heraldry. Heraldry Today, London 1972, Kapitel 6.
  15. Bruno Bernhard Heim: Wappenbrauch und Wappenrecht in der Kirche. Walter, Olten 1947, S. 128–132.
  16. Zeichen für Unabhängigkeit und Vanitas: Die Papstwappen im Vatikan. 21. März 2021, abgerufen am 24. Mai 2025.
  17. Einheit in Christus – Das neue Wappen von Papst Leo XIV. In: Vaticannews. Abgerufen am 15. Mai 2025.
  18. https://w2.vatican.va/content/benedict-xvi/de/elezione/documents/stemma-benedict-xvi.html
  19. Erläuterung des Papstwappens Franziskus’. In: Radio Vatikan. 18. März 2013, abgerufen am 18. März 2013.
  20. Übertragung nach Radio Vatikan; andere Übertragungen lauten sinngemäß: „Er erbarmte sich seiner und erwählte ihn“, oder „Bemitleidenswert und doch auserwählt“; vgl. Angelika Franz: Franziskus’ Motto ist harte Nuss für Lateinschüler. In: Spiegel Online. 24. März 2013; Tilmann Kleinjung: Ein Papst, der in keine Schublade passt. In: tagesschau.de, 14. März 2013; Christian Bauer: Aus Barmherzigkeit erwählt? Eine biographische Spurensuche bei Papst Franziskus. In: Feinschwarz.net. 7. Dezember 2015; alle abgerufen am 16. Januar 2025