Wappen der römischen Kirche

Das Wappen der (römischen) Kirche (lat. arma ecclesiae) war das Wappen, mit dem vom Spätmittelalter und bis ins 19. Jahrhundert die gesamte römische Kirche (nicht nur das Bistum Rom) heraldisch repräsentiert wurde. Seit Gründung des Vatikanstaats 1929 wird es nicht mehr gebraucht. In historischen Kontexten tritt das Wappen oft zusammen mit dem Wappen des Papsttums auf, mit dem es oft verwechselt wird, oder zusammen mt individuellen Papstwappen. Eine im Spätmittelalter häufige Fassung des Wappens der Kirche zeigt ein weißes Kreuz auf rotem Grund mit zwei Schlüsseln in einer Ecke.

Geschichte

Seit der Zeit Bonifatius’ VIII. belegen Schriftquellen arma ecclesiae (‚Wappen der Kirche‘) neben den auch als Darstellungen überlieferten Wappen einzelner Päpste.[1] Im Laufe des 14. Jahrhunderts werden schriftliche und bildliche Belege häufiger, auch monumentale Darstellungen sind seit dieser Zeit erhalten. Ebenfalls schon im 14. Jahrhundert ist das Wappen der Kirche unter anderem für viele italienische Kommunen, die selbst ein Stadtwappen mit einem Gemeinen Kreuz führen, ein wichtiger Bezugspunkt.[2][3] Angesichts der Häufigkeit von Kreuzfahnen und -wappen waren diese allerdings offen für unterschiedliche Deutungen.[4]

Das Wappenbild schwankt in den erhaltenen Quellen. Die wohl älteste Form war das weiße Kreuz auf rotem Grund.[5][6] Oft enthält das Wappenbild auch die Schlüssel Petri (gekreuzt oder nebeneinander in einem Feld oder verteilt auf zwei) oder auch nur die weißen oder gelben Schlüssel auf rotem Grund, teilweise noch zusammen mit einer weißen Tiara. Damit entspricht das Wappenbild auch dem Banner der Kirche (vexillum ecclesiae), das in den Quellen schon seit dem 11. Jahrhundert öfters genannt wird und dessen älteste genaue Beschreibung (und Deutung) sich in einem Brief von Innozenz III. aus dem Jahr 1204 findet: Ein Kreuz mit den Schlüsseln Petri.[7]

Bernard du Rosier blasonierte das Wappen der Kirche 1475 in seinem Traktat über die Heraldik (der ersten ausführlicheren Darstellung der kirchlichen Heraldik) als weißes Kreuz in rotem Feld, oben mit zwei weißen Schlüsseln „ähnlich wie im Wappen des Papstes“.[8] Die Wappenbücher des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts zeigen einen roten Schild mit weißem Kreuz.[9] Im ausgehenden Mittelalter wird das Wappen teilweise auch als rotes Kreuz auf weißem Grund dargestellt, also ähnlich der Siegesfahne des Lamm Gottes oder auch dem Banner des Heiligen Georg. Im 16. Jahrhundert kam das Kreuz allmählich außer Gebrauch, stattdessen wurden nur die Schlüssel Petri als Wappenbild der Kirche genutzt und der Schild von einem Schirm (dem Ombrellino) gekrönt. Solche Wappen wurden von den Zeitgenossen teils als die der Kirche, teils als die des Papsttums verstanden.

Erst in der Neuzeit wurde das Wappen der römischen Kirche dann zum einen immer seltener dargestellt und zum anderen als Wappen des Kirchenstaates neu gedeutet; bis ins 19. Jahrhundert ist aber sowohl die Verwendung des Wappens als auch seine Bezeichnung in den Schriftquellen eindeutig auf die römisch-katholische Kirche und nicht den Kirchenstaat bezogen. Mit der Adaption des vormaligen Wappens der Kirche als Wappen des Vatikanstaats und des Heiligen Stuhls im Jahr 1929 endete die Verwendung der arma ecclesiae endgültig.

Verwendung

Das Wappen der römischen Kirche wurde oft zusammen mit Papstwappen oder dem Wappen des Papsttums verwendet, meist auf Fahnen und zwar überwiegend in militärischen Kontexten. Seit dem 11. Jahrhundert übersandten die Päpste vexilla (Banner bzw. Wappenfahnen) an Herrscher und Heerführer, um ihre Unterstützung für deren Kriegszüge auszudrücken. Bei Belehnungen nutzten die Päpste sie ebenfalls seit dem 11. Jahrhundert. Diese Banner zeigten wohl das gleiche Bild wie die entsprechenden Wappenschilde. Auch in der Neuzeit stammen viele Belege für die Verwendung des Wappens der Kirche aus militärischen Kontexten (Banner und Wappen der Gonfaloniere der Kirche, Wappenbanner der für Julius II. kämpfenden Eidgenossen und später der Schweizer Garde, Beflaggung von Festungen).

Außer in militärischen Kontexten konnte das Wappen der Kirche, wie andere Wappen auch, in vielen Zusammenhängen auf unterschiedlicher Medien verwendet werden. Als Hoheitszeichen konnte das es insbesondere auch als Münzbild dienen, wobei individuelle Papstwappen häufiger waren. Bei Wappenbesserungen erlaubten Päpste es Dritten, das Wappen der Kirche in das eigene Wappen zu integrieren.

Interpretation

Nach Carl Erdmann wurde das Wappen der Kirche von Bonifatius VIII. eingeführt, um die beiden unterschiedlichen Funktionen des Papstes als Oberhaupt des Kirchenstaates einerseits und der gesamten römischen Kirche andererseits symbolisch zu markieren.[10] Sowohl die Darstellung als auch die Bezeichnung der Banner und später des Wappen der Kirche schwanken im 11.–13. Jahrhundert so stark, dass Donald L. Galbreath bezweifelte, ob das Abzeichen der Kirche und des Papstes in dieser Zeit tatsächlich unterschieden wurden.[11] Édouard Bouyé vermutet eine absichtliche Vermischung beider Wappen.[12]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Carl Erdmann: Das Wappen und die Fahne der römischen Kirche. In: QFIAB 22, 1930/31, S. 227–255.
  2. Carl Erdmann: Das Wappen und die Fahne der römischen Kirche. In: QFIAB 22, 1930/31, S. 227–255, hier S. 238.
  3. Christoph Friedrich Weber: Zeichen der Ordnung und des Aufruhrs. Heraldische Symbolik in italienischen Stadtkommunen des Mittelalters. Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2011, ISBN 3-412-20494-3, hier S. 322–329.
  4. Christoph Friedrich Weber: Zeichen der Ordnung und des Aufruhrs. Heraldische Symbolik in italienischen Stadtkommunen des Mittelalters. Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2011, ISBN 3-412-20494-3, hier S. 172–173.
  5. Carl Erdmann: Das Wappen und die Fahne der römischen Kirche. In: QFIAB 22, 1930/31, S. 227–255.
  6. Wipertus Rudt De Coellenberg: Heraldry. In: Philippe Levillain (Hrsg.): The Papacy: An Encyclopedia. Band 2. Routledge, New York 2002, S. 688–696, hier S. 688.
  7. Christoph Friedrich Weber: Zeichen der Ordnung und des Aufruhrs. Heraldische Symbolik in italienischen Stadtkommunen des Mittelalters. Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2011, ISBN 3-412-20494-3, hier S. 119–127.
  8. Édouard Bouyé: L’église médiévale et les armoiries : histoire d’une acculturation. In: Mélanges de l'École française de Rome. Moyen-Age, Band 113, 2001, S. 493–542, hier S. 507–508.
  9. Wipertus Rudt De Coellenberg: Heraldry. In: Philippe Levillain (Hrsg.): The Papacy: An Encyclopedia. Band 2. Routledge, New York 2002, S. 688–696, hier S. 689.
  10. Carl Erdmann: Das Wappen und die Fahne der römischen Kirche. In: QFIAB 22, 1930/31, S. 227–255.
  11. Donald Lindsay Galbreath: A Treatise on Ecclesiastical Heraldry. Part I. Papal Heraldry. Heffer & Sons, Cambridge 1930; von G. Briggs überarbeitete Ausgabe u.d.T. Papal Heraldry. Heraldry Today, London 1972, hier S. 5.
  12. Édouard Bouyé: Les armoiries pontificales à la fin du XIIIe siècle : Construction d'une campagne de communication. In: Médiévales. Band 44, 2003, S. 173–198. doi:10.4000/medievales.938