Oskar Munzinger (Politiker, 1849)

Porträt von Oskar Munzinger, ca. 1906

Oskar Munzinger, auch Oskar Munzinger-Ziegler (* 18. März 1849 in Balsthal; † 18. Mai 1932 in Solothurn; heimatberechtigt in Olten), war ein Schweizer Jurist, Zeitungsredakteur und liberaler Politiker.

Leben

Familie

Oskar Munzinger entstammte dem weitverzweigten Bürgergeschlecht Munzinger[1] und war der Sohn des Gerichtspräsidenten Viktor Munzinger († 22. September 1853)[2] und dessen Ehefrau Elisabeth (geb. Munzinger). Er hatte zwei Brüder, Edgar Munzinger (1847–1905)[3], der Direktor der Musikschule in Winterthur war, und Karl Munzinger, der als Dirigent tätig war.

Sein Grossvater mütterlicherseits, Ulrich Munzinger (1787–1876)[4], war ein bekannter Komponist und Politiker und mit Katharina, die Tochter des Politikers Johann Baptist Frey (1750–1831)[5], verheiratet.

Der Politiker Josef Munzinger war sein Grossonkel mütterlicherseits.

Oskar Munzinger war seit 1910 mit Elisabeth verheiratet, der Tochter des Arztes Karl Ziegler. Ihre gemeinsame Tochter Anna war mit dem Industriellen Ernst Dübi verheiratet.

Er stand mit dem Maler Ernst Kreidolf im Briefkontakt.[6]

Werdegang

Oskar Munzinger besuchte die Oltner Stadtschulen und das Gymnasium (siehe Kantonsschule Solothurn) in Solothurn.

Seine akademische Ausbildung führte ihn an die Universitäten von Bern, Heidelberg, Genf und Wien, wo er Rechtswissenschaften studierte. 1873 bestand er das Staatsexamen als Fürsprecher und Notar und eröffnete 1874 seine Anwaltspraxis in Solothurn.

1875 wurde er zum Suppleanten des Obergerichts in Solothurn gewählt.[7]

Seine politische Karriere begann in den späten 1870er Jahren. Von 1877 bis 1880 war er Redakteur der neu gegründeten freisinnigen Solothurner Volkszeitung.[8][9] Sein Engagement in der Politik führte ihn 1886 in die Position des Parteipräsidenten der Solothurner Freisinnigen, ein Amt, das er bis 1917 innehatte. Zudem war er in der Leitung der FDP Schweiz von 1894 bis 1917 tätig. In der Zeit von 1876 bis 1886 (1884: Vizepräsident[10], 1885: Präsident)[11] und erneut von 1908 bis 1917 (1908 und 1909: Vizepräsident, 1910: Präsident)[12][13][14] war Oskar Munzinger Mitglied des Solothurner Kantonsrates. In den Jahren von 1886 bis zu seinem Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen 1906[15] war er Regierungsrat und erhielt die Leitung der Departemente zugeteilt die vorher der verstorbene Wilhelm Vigier innehatte. Es waren dies: Erziehung, Kultus, Handel und Industrie, Eisenbahnen sowie die Stellvertretung des Justizdepartements und des Departements des Innern.[16] In den Jahren 1896[17], 1897[18], 1902[19] und 1906 wurde er zum Landammann und 1901[20] zum Vize-Landammann gewählt. Ihm folgte Werner Kaiser in den Regierungsrat.

Seine Regierungstätigkeit war geprägt von wichtigen Reformen. Besonders hervorzuheben sind die Reform des Lehrerseminars, die Maßnahmen zur sozialen Besserstellung der Lehrerschaft und die Überwindung des Bankkrachs von 1886. Darüber hinaus war er vom 1. Dezember 1879, als Nachfolger von Hermann Dietler, bis zum 30. November 1884 im Nationalrat und vom 7. Juni 1886 bis zum 2. Dezember 1917 im Ständerat tätig, wo er von 1893 bis 1894 das Präsidium übernahm; ihm folgte Robert Schöpfer in den Ständerat.[21]

Er beteiligte sich 1882 an einem Aufruf an das Schweizervolk, in dem er für die Volksabstimmung zum Artikel 27 der Bundesverfassung warb.[22] 1887 wurde er zum Präsidenten der Verfassungsrevisionskommission gewählt.[23] Er unterzeichnete 1900 einen Aufruf des Schweizer Vereins Alpina in Pretoria, in dem um Unterstützung für die in Transvaal lebenden Schweizer gebeten wurde, die die dortigen Buren bei ihren Kämpfen (siehe Zweiter Burenkrieg) unterstützt hatten.[24]

Neben seiner politischen Karriere war Oskar Munzinger auch in der Wirtschaft aktiv. 1885 wurde er zum Präsidenten der Kantonalbank gewählt.[25][26] Von 1898 bis 1929 war er im Verwaltungsrat der von Roll'schen Werke (siehe Von Roll) tätig, wo er von 1906 bis 1928 das Präsidium übernahm. Weiterhin war er von 1891 und von 1894 bis zu seinem Tod Mitglied im Verwaltungsrat der Baumwollspinnerei Emmenhof in Derendingen beziehungsweise der Emmentalbahn, deren Vizepräsident er von 1911 bis zu seinem Rücktritt 1927 war[27]. Er wurde 1906 durch den Bundesrat in den Kreiseisenbahnrat II gewählt; eine Wiederwahl lehnte er 1909 ab.[28][29]

1910 wurde er in den Vorstand der Solothurnischen Handelskammer gewählt.

Mitgliedschaften

Oskar Munzinger trat 1866 dem Schweizerischen Zofingerverein[30] bei und war seit 1880 Mitglied des Schweizerischen Juristen-Vereins.[31]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Erich Meyer: Munzinger. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 22. Januar 2009, abgerufen am 13. Juli 2025.
  2. Eidgenossenschaft: Solothurn. In: Thurgauer Zeitung. 25. September 1853, abgerufen am 15. Juli 2025.
  3. Regula Puskás: Edgar Munzinger. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 5. Mai 2008, abgerufen am 13. Juli 2025.
  4. Erich Meyer: Ulrich Munzinger. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 8. September 2009, abgerufen am 13. Juli 2025.
  5. Martin Eduard Fischer: Johann Baptist Frey. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 27. Juni 2003, abgerufen am 13. Juli 2025.
  6. Munzinger, Oskar (1849–1932). In: Burgerbibliothek Bern. Abgerufen am 13. Juli 2025.
  7. Solothurn. In: Neue Zürcher Zeitung. 30. November 1875, abgerufen am 13. Juli 2025.
  8. Presse. In: Neue Zürcher Zeitung. 13. September 1877, abgerufen am 13. Juli 2025.
  9. Solothurn. In: Der Bund. 29. Juli 1880, abgerufen am 14. Juli 2025.
  10. Solothurn. In: Der Bund. 26. November 1883, abgerufen am 14. Juli 2025.
  11. Präsidenten und Präsidentinnen - Parlament - Kanton Solothurn. Archiviert vom Original am 28. April 2025; abgerufen am 15. Juli 2025 (Schweizer Hochdeutsch).
  12. Solothurn. In: Der Bund. 26. Mai 1908, abgerufen am 14. Juli 2025.
  13. Aus den Kantonen: Solothurn. In: Der Bund. 3. Dezember 1908, abgerufen am 14. Juli 2025.
  14. Solothurn. In: Thurgauer Zeitung. 4. Dezember 1909, abgerufen am 14. Juli 2025.
  15. Solothurn. In: Neue Zürcher Nachrichten. 17. April 1906, abgerufen am 14. Juli 2025.
  16. Solothurn. In: Der Bund. 27. April 1886, abgerufen am 14. Juli 2025.
  17. Zu den Nationalratswahlen. In: Der Bund. 21. Oktober 1896, abgerufen am 14. Juli 2025.
  18. Telegramme: Solothurn. In: Neue Zürcher Zeitung. 3. Januar 1897, abgerufen am 14. Juli 2025.
  19. Solothurn. In: Neue Zürcher Zeitung. 1. Januar 1902, abgerufen am 14. Juli 2025.
  20. Solothurn. In: Täglicher Anzeiger für Thun und das Berner Oberland. 4. Januar 1901, abgerufen am 14. Juli 2025.
  21. Die neuen Präsidien. In: Neue Zürcher Zeitung. 8. Dezember 1926, abgerufen am 14. Juli 2025.
  22. Aufruf an das Schweizervolk. In: Der Volksfreund. 23. November 1882, abgerufen am 14. Juli 2025.
  23. Solothurn. In: Der Bund. 23. Juli 1887, abgerufen am 14. Juli 2025.
  24. Aufruf. In: Engadiner Post. 28. Juni 1900, abgerufen am 14. Juli 2025.
  25. Solothurn. In: Der Bund. 10. Mai 1885, abgerufen am 14. Juli 2025.
  26. Solothurn. In: Zürcherische Freitagszeitung. 15. Mai 1885, abgerufen am 14. Juli 2025.
  27. Handel und Verkehr: Emmentalbahn. In: Neue Berner Zeitung. 21. Juni 1927, abgerufen am 15. Juli 2025.
  28. Eidgenossenschaft. In: Intelligenzblatt für die Stadt Bern. 31. März 1906, abgerufen am 14. Juli 2025.
  29. Kreiseisenbahnräte. In: Der Bund. 15. Februar 1909, abgerufen am 14. Juli 2025.
  30. Schweizerischer Zofingerverein Sektion Solothurn: Verzeichniss der Mitglieder der Zofinger-Section Solothurn. Druck von B. Schwendimann, 1868 (google.de [abgerufen am 15. Juli 2025]).
  31. Protokoll der 18. Versammlung des Schweizerischen Juristen-Vereins in Bern, den 27. und 28. September 1880, im Saale des Schweizerischen Nationalrathes. Stämpflische Buchdruckerei, 1881 (google.de [abgerufen am 15. Juli 2025]).