Miloš Obilić

Miloš Obilić (serbisch-kyrillisch Милош Обилић; † 15. Juni 1389 auf dem Amselfeld) war ein serbischer Ritter, der den türkischen Sultan Murad I. vor der Schlacht auf dem Amselfeld (1389) ermordet haben soll.

Leben

Fresko Miloš Obilićs im Athos-Kloster Chilandar

Über Obilić finden sich keine historischen Urkunden, er wird bloß in späteren Chroniken aufgrund mündlicher Überlieferung erwähnt.[1] Der Vita des Despoten Stefan Lazarević zufolge war Miloš ein Edelmann des Knesen Lazar. Miloš wurde von seinen Neidern als Verräter verleumdet und wollte seine Treue und Tapferkeit beweisen. Er ritt vor der Schlacht auf dem Amselfeld (1389) als angeblicher Überläufer zum türkischen Herrscher Murad, fand ihn noch in den Zelten, zückte unversehens sein Schwert und rannte es Murad in die Kehle. Der Serbe wurde sofort niedergehauen und Murads Sohn Bajazid zum Herrscher ausgerufen. In einer Reihe von Nachrichten des 15. Jhs. tötet Miloš den Sultan mit einer Lanze. Laut der türkischen Chronik des Neshri wurde Murat nach der Schlacht getötet, als er sich einem serbischen Kämpfer näherte, welcher sich tot gestellt hatte.

In den Berichten des 16. Jh. führt Miloš den Beinamen Kobilić, Kobilović, ein Patronymikon von kobila Stute: so in der ital. Übersetzung des Dukas, bei Chalkondyles, Kuripečić, Verantius, Gerlach, bei den Ragusanern Orbini, Luccari, Gundulić, Palmotić, Crijević usw. Miloš Kobilić auch in einem Brief der serbischen Mönche an den Papst 1597. In Ragusa gab es eine Familie Kobilić, in Trebinje im 14.–15. Jh. eine Adelsfamilie Kobiljačić. Erst im 18. Jh. fand man den Namen eines „Stutensohnes“ unanständig; der kroatische Dichter Kačić und der slawenoserbische Historiker Julinac (1763) änderten ihn zu Obilić, der seitdem in den Büchern zu lesen ist, von obilan reichlich, obilje Fülle, Überfluss.[2]

Volksepik

Plastik des Miloš Obilić, Kosovo-Zyklus Ivan Meštrovićs
Skulptur der Vukosava, Kosovo-Zyklus

In den serbischen epischen Dichtung wird Miloš Obilić als ein Held von außergewöhnlicher Geburt und Stärke gerühmt.[3] Neben Kraljević Marko ist er der am meisten besungene Held. Er wird in den von Vuk Karadžić herausgegebenen epischen Gedichten Nr. 35 (Erbauung Ravanicas), Nr. 36 (Wieder zur Erbauung Ravanicas), Nr. 37 (Miloš bei den Lateinern), Nr. 46 (Untergang des Serbischen Kaisertums) und Nr. 51 (Kosovo-Mädchen) erwähnt.[4]

Seine Mutter soll eine Fee und sein Vater ein Drache gewesen sein. Er wurde von einer Stute aufgezogen und verdanke seine außergewöhnliche Kraft der Stutenmilch, daher sein Beiname Kobilić. Er hatte ein außergewöhnliches Pferd mit dem Namen Ždral (Schlund).[5] Er war Lazars Schwiegersohn (Eidam) und mit Vukosava verheiratet. Seine Gefährten waren die serbischen Ritter Milan Toplica und Ivan Kosančić. Die Volkslieder stellen ihn als Gegner des vermeintlichen Verräters Vuk Branković dar, ebenfalls ein Schwiegersohn Lazars. Die Legende über Obilić ist in Regno de gli Slavi (1601) bereits voll entwickelt.

Würdigung

Im Fürstentum Serbien und im Königreich Serbien wurde zwischen 1817 und 1918 die Tapferkeitsmedaille Miloš Obilić in Gold oder Silber verliehen. Der serbische Fußballverein FK Obilić existiert seit 1924. Ivan Meštrović schuf im Rahmen seines Kosovo-Zyklus ein Torso Obilićs.

Obilić wird von vielen Serben als Nationalheld verehrt.[6] Am Veitstag 1914, dem Jahrestag der Schlacht von Kosovo 1389, verübte der serbische Nationalist Gavrilo Princip nach der Manier Obilićs das Attentat von Sarajevo, welches den Ersten Weltkrieg einläutete.

Literatur

  • Silvo Kranjec: Zgodovina Srbov (Geschichte der Serben). Natisnila tiskarna družbe sv. Mohorja „Na Prevaljah“ (Gedruckt von der Gesellschaft hl. Hermagoras) – Prevalje (Prävali) 1927
  • Richard Peters: Geschichte der Türken. Kohlhammer GmbH, Stuttgart 1966
  • Dieter Hägermann und Manfred Leier (Herausgeber): Wie es war wie es ist. Gütersloh/München 2004 (Buchnr. 004856)
  • K.A. Jovanović: Kosovolieder: deutsche Nachdichtung. Verlag Rascher, Zürich
  • Joseph von Hammer-Purgstall: Geschichte des Osmanischen Reiches. (4 Bände), Pesth 1822
  • St. Stanojević: Istoria srpskoga naroda (Geschichte des serbischen Volkes). Beograd (Belgrad) 1926
  • K. Jireček – J. Radonić: Istorija Srba (Geschichte der Serben) I.-IV. Beograd 1922–1923
Commons: Miloš Obilić – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Frank Kämpfer: Obilić, Miloš. In: Mathias Bernath, Felix von Schroeder (Hrsg.), Gerda Bartl (Red.): Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Band 3. Oldenbourg, München 1979, ISBN 3-486-48991-7, S. 344.
  2. Konstantin Jireček: Geschichte der Serben. Band 2. Gotha 1918, S. 120 (digitale-sammlungen.de).
  3. Stojan Novaković: Die serbischen Volkslieder über die Kosovo-Schlacht (1389). In: Archiv für slavische Philologie. Band 3. Berlin 1879, S. 413–462 (archive.org).
  4. Vuk Karadžić (Hrsg.): Srpske narodne pjesme. Band 2. Wien 1875 (archive.org).
  5. Tomislav Maretić: Kosovski junaci i događaji u narodnoj epici. In: Rad JAZU. Band 26. Zagreb 1889, Z. 47, S. 69–181 (hazu.hr [PDF]).
  6. Adelheid Wölfl, Erinnern an den Kosovo-Krieg durch die nationalistische Brille, derstandard.de, 3. April 2019