Murad I.

Murad I., osmanische Miniatur des 16. Jahrhunderts
Tughra Murads I.
Das Meşhed-i Hüdavendigar
Sanduka (leerer, sargähnlicher Kasten über dem Grab) im Meşhed-i Hüdavendigar
Karte der Eroberungen Murads I.
Murad I. mit zwei Leibwächtern und Inschrift: Qosvoh shahid Olan Sultan Murad (Der Kosovo-Märtyrer Sultan Murad)

Murad I. (osmanisch مراد بن اورخان / Murād b. Orḫān; geboren 1319 oder 1326 in Bursa[1]; gestorben am 15. Juni 1389 nahe Pristina), genannt غازى خنكار / Ġāzī Ḫünkār und خداوندگار / Ḫüdāvendigār (etwa zu deutsch „der Gottgeweihte“ aber auch „Herr der Welt“) in europäischen Quellen Amurath[2], war von 1359 bis 1389 Sultan des Osmanischen Reiches. Er war der Sohn Sultan Orhans I. und dessen Konkubine Nilüfer. Er bestieg den Thron nach dem Tod seines Halbbruders Süleyman, womöglich noch zu Lebzeiten seines Vaters Orhan.

In den ersten Jahren seiner Herrschaft nahmen die Osmanen unter Murad I. die byzantinischen Städte Adrianopel und Philippopolis in Westthrakien ein. Adrianopel, das nach seiner osmanischen Eroberung den heutigen Namen Edirne erhielt, machte Murad 1368 zur neuen Hauptstadt des Osmanischen Reiches. In den darauf folgenden Jahren erweiterte er den osmanische Herrschaftsbereich in Südosteuropa. Ein Großteil der serbischen und bulgarischen Fürsten sowie der byzantinische Kaiser Johannes V. wurden zur Tributpflicht gezwungen.

Murad versuchte mit einem offensiven militärischen Vorgehen die verbliebenen unabhängigen christlichen Herrscher auf dem Balkan zu unterwerfen um somit die letzten Hindernisse für die vollständige Übernahme des Byzantinischen Reiches inklusive dessen Hauptstadt Konstantinopel zu beseitigen.[3] Die osmanische Offensive stieß jedoch auch auf starken Widerstand seitens der unabhängigen Fürsten. Dies führte zu einem Konflikt der 1389 in die Schlacht auf den Amselfeld mündete. Nach starken Verlusten auf beiden Seiten, fiel neben dem serbischen Fürsten Lazar Hrebeljanović auch Murad in der Schlacht.

Herkunft und Charakter

Murad war der vierte von sechs Söhnen Orhans I. Seine Mutter Nilüfer Hatun war die Tochter des byzantinischen Statthalters von Yarhisar und hieß ursprünglich Holofira.[1][4][5] Murad war von selbständigem Charakter und bemerkenswerter Intelligenz. Nachdem er lange auf das Kommando einer fernen Provinz in Asien abgeschoben war, während sein Halbbruder Süleyman einen beneidenswerten Posten in Europa hatte, wurde er vermutlich rachsüchtig. Als Süleyman bei einem Jagdunfall 1357/59[2] ums Leben kam wurde Murad Thronfolger[1]. Bereits unter dem Oberbefehl seines Halbbruders Süleyman beteiligte sich Murad als Sandschakbey von Bursa und Önü am Feldzug in Thrakien, nach Süleymans Tod wurde Murad Kommandeur der Armeen in Rumelien.

Regierung

Als erster osmanischer Monarch konnte Murad dauerhaft in Europa Fuß fassen; das Hauptziel während seiner Laufbahn als Herrscher war es, die europäischen Herrschaftsgebiete des Reiches auszudehnen. Die Rebellionen des Fürsten von Karaman behinderten immer wieder diesen Plan, bis 1387 in der Schlacht von Konya die Macht des Fürsten von Karaman endgültig gebrochen wurde.

Die Einnahme des byzantinischen Adrianopel im Jahr 1363, gefolgt von weiteren Eroberungen, brachte in der Reaktion ein vorwiegend serbisches Heer unter dem König von Ungarn zusammen, aber Murads Feldherr Lālā Schahin, der erste Beylerbey von Rumelien, besiegte die Verbündeten in der Schlacht an der Mariza 1371, was auch zur Eroberung Makedoniens führte. Im Jahr 1366 wurde der König von Serbien bei Samakowo geschlagen und gezwungen, Tribut zu zahlen; eine Wiederaufnahme des Kriegs 1381 führte zur Eroberung von Sofia (Bulgarien) zwei Jahre später.

Murad verlegte den osmanischen Regierungssitz 1368 von Bursa nach Adrianopel / Edirne. Er nutzte es fortan als Hauptstadt seines expandierenden Reiches, baute dort einen Palast und ließ die ganze Stadt verschönern.

Auf dem Balkan war man nun aufgerüttelt. Lazar Hrebeljanović, ein serbischer Fürst, bildete 1381 eine christliche Allianz gegen die Türken. Murad eilte zurück nach Europa und traf im Kosovo 1389 auf seine Gegner (siehe Schlacht auf dem Amselfeld). Nach anfänglicher Verwirrung siegte schließlich die türkische Seite. Ein Serbe namens Miloš Obilić erstach Murad im Verlauf der Schlacht. Einer Version nach kam Obilić verletzt in das türkische Lager und gab vor, überlaufen zu wollen. In einem günstigen Moment rammte er Murad ein zuvor verborgenes Messer oder Kurzschwert in den Oberkörper. Murads innere Organe sind im Meşhed-i Hüdavendigar beigesetzt, einem Mausoleum, das etwa 10 Kilometer vom heutigen Priština entfernt liegt.

Die Entwicklung des Tımar-Systems und seine Erweiterung nach Europa war im Wesentlichen sein Werk. Als Murad Sultan geworden war, war das Osmanische Reich etwa 95.000 km² groß. Dreißig Jahre später hatte das Osmanische Reich mit etwa 500.000 km² die fünffache Fläche.

Murad ist nach überwiegender Ansicht unter den Historikern der Gründer der militärischen Formation der Janitscharen. Die Gründung wird in die Jahre zwischen 1365[6] und dem Ende des 14. Jahrhunderts eingeordnet.

Ehe und Nachkommen

Murad schloss um 1373 eine, wohl zweite Ehe mit der bulgarischen Prinzessin Kera Tamar (* um 1340), der Schwester des besiegten Zaren Iwan Schischman, die bald darauf 1378 (?) starb. Sie blieb auch nach der widerwillig geschlossenen Heirat Christin und liegt in Bursa begraben.[7]

Murad hatte mindestens drei Söhne – Savcı (Saudji, Sawdschi), Yakub und Bayezid – sowie eine Tochter, die mit dem Turkmenen-Bey Alâeddin von Karaman verheiratet worden war. Murads jüngster Sohn Savcı Bey war zunächst Statthalter von Rumelien, wurde aber nach einer Rebellion im Jahre 1382 geblendet und bald darauf getötet.[8] Yakub fiel offenbar 1389 zusammen mit seinem Vater in der Schlacht auf dem Amselfeld. Anderen Angaben zufolge soll Yakub unmittelbar nach der Schlacht von Bayezid getötet worden sein. Murads Nachfolger als Sultan wurde daraufhin Bayezid.

Savcıs Sohn Murad Bey (in älteren Überlieferungen Morathbeg) soll ebenfalls geblendet worden sein, trat aber offenbar noch um 1430 als erfolgloser Thronprätendent (Imperator Turcorum de domo Othomonanum) an der Seite des ungarischen Königs Sigismund auf.[8][9] Der König habe Murad Bey, Murad Beys Sohn Daud (Dawud) Çelebi und Murad Beys Tochter Katharina ein Haus in Buda geschenkt, wo Murad Bey auch gestorben sein soll.[8]

Literatur

  • J. H. Kramers: Murad I. In: Encyclopaedia of Islam, 2nd edition. Band 6. Brill, Leiden 1991, S. 592-4 (archive.org [abgerufen am 19. Juni 2025]).
  • Peter Furtado: Der Neue Atlas der Weltgeschichte, Chronik Verlag, 2007.
  • Ferenc Majoros, Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300–1922. Die Geschichte einer Großmacht. Marix, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-25-8.
  • Josef Matuz: Das osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte. 4. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-20020-9.
  • Gabriel Effendi Noradounghian: Recueil d’actes internationaux de l’Empire Ottoman 1300–1789. Tome I. Paris, Neufchâtel 1897. Reprint: Kraus, Nendeln 1978, ISBN 3-262-00527-4.
  • Anton Cornelius Schaendlinger: Murad I. In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Band 3. München 1979, S. 245–248.
Commons: Murad I – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Ekrem Buğra Ekinci - MIGHTY SOVEREİGNS of OTTOMAN THRONE: SULTAN MURAD I(englisch). Abgerufen am 1. September 2025
  2. a b Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas: Murad I. Abgerufen am 2. September 2025
  3. Ljubomir Maksimović: Visantija i Turci od Maričke do Kosovske bitke (1371–1389). In: Glas, Odeljenje istorijskih nauka. Nr. 9. serbische Akademie der Künste, Belgrad 1996, S. 33–46.
  4. Franz Babinger: Nilüfer Khatun. In: Encyclopaedia of Islam, 2nd edition. Band 8. Brill, S. 43 (archive.org [abgerufen am 19. Juni 2025]).
  5. Leslie P. Peirce: The Imperial Harem. Women and Sovereignty in the Ottoman Empire. New York et. a. 1993, S. 34f.
  6. Vgl. dazu Patrick Kinross: The Ottoman Centuries. The Rise and Fall of the Turkish Empire. London: Perennial, 1977, ISBN 978-0-688-08093-8, S. 48–52.
  7. Stefka Kuneva: Kera Tamara and Murad I - love story? : what do the buildings in the folk songs say? 2. Dezember 2022 (handle.net [abgerufen am 18. Juni 2025]).
  8. a b c Franz Babinger: Aufsätze und Abhandlungen zur Geschichte Südosteuropas und der Levante, Band 1, S. 329f. Trofenik, München 1962
  9. Wilhelm Baum: Kaiser Sigismund - Konstanz, Hus und Türkenkriege, Styria, Graz 1993, S. 228.
VorgängerAmtNachfolger
Orhan I.Sultan des Osmanischen Reichs
1359–1389
Bayezid I.