Mar-a-Lago Accord
Der Mar-a-Lago Accord ist ein wirtschaftspolitisches Konzept, das die Grundlage der Wirtschaftspolitik der US-Regierung während der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump wiedergibt. Es zielt darauf ab, den US-Dollar gezielt abzuwerten, um die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen zu steigern und Handelsungleichgewichte zu korrigieren.[1]
Entstehungsgeschichte
Das Konzept des Mar-a-Lago Accord wurde von Stephen Miran, dem im März 2025 ernannten Vorsitzenden des Council of Economic Advisers, entwickelt.[2][3] Es orientiert sich am historischen Plaza-Abkommen von 1985, bei dem führende Industrieländer eine koordinierte Abwertung des US-Dollars beschlossen hatten.[4] Der Name des Abkommens leitet sich von Trumps Wohnsitz in Florida, Mar-a-Lago, ab.[5]
Ziele und Maßnahmen
Der Mar-a-Lago Accord verfolgt folgende Hauptziele:
- Abwertung des US-Dollars: Durch die Schwächung des Dollars sollen US-Exporte wettbewerbsfähiger und Importe weniger attraktiv gemacht werden[6]
- Umschuldung der US-Staatsschulden: Ausländische Gläubiger, darunter Europa, Japan und China, sollen dazu verpflichtet werden, US-Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten und niedrigeren Zinsen zu akzeptieren.[7]
- Mittels Erhebung von Zöllen soll die Industrie veranlasst werden, ihre Produktionsanlagen auf das Staatsgebiet der Vereinigten Staaten zu verlegen; zugleich sollen die Zölle dauerhaft hohe Staatseinnahmen generieren.[8][3]
Bedeutung für die Weltwirtschaft
Die Auswirkungen wären bei Umsetzung gravierend:
- Vereinigte Staaten: Die Abwertung des Dollars könnte die dortige Wirtschaft stärken; birgt jedoch Risiken wie steigende Inflation und Unsicherheit an den Finanzmärkten.
- Europa: Europäische Unternehmen könnten durch den schwächeren Dollar Wettbewerbsvorteile verlieren, während die Umschuldung der US-Schulden die Finanzmärkte destabilisieren könnte.
- Globale Märkte: Die Maßnahmen könnten zu einer Verschiebung der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse führen und die grüne Transformation der Weltwirtschaft beeinflussen.
Kritik
Der Ansatz, alleinig auf das Handelsbilanzdefizit abzustellen, wird in der Volkswirtschaftslehre überwiegend als Irrweg angesehen. Er übersieht die Bedeutung der Erbringung von Dienstleistungen zwischen den Volkswirtschaften.[9][10] Das Abkommen wird von Experten als riskant[11][12] und unorthodox bezeichnet.[13][14] Es könnte zu einer globalen Wirtschaftskrise führen, da die Abwertung des Dollars und die Umschuldung der US-Schulden erhebliche Unsicherheiten schaffen.[5][15][16]
Barry Eichengreen beurteilt die Wirtschaftspolitik unter Donald Trump als fundamental unlogisch und gefährlich. Er sieht darin eine Ansammlung widersprüchlicher Ziele, die sowohl die US-Wirtschaft als auch das globale Finanzsystem bedrohen. Ein zentraler Kritikpunkt Eichengreens ist das Fehlen einer kohärenten Strategie; er bezeichnet die Suche nach einer Logik, wie etwa dem "Mar-a-Lago Accord", als Trugschluss.
Eichengreen kritisiert spezifische Widersprüche: Einerseits soll der Dollar als Weltleitwährung gestärkt, andererseits zur Verbesserung der Handelsbilanz geschwächt werden. Gleichzeitig gebe es unrealistische Pläne, die Schuldenlast durch Umschuldung von Staatsanleihen zu senken, wofür Trump seiner Meinung nach sogar erpresserische Methoden anwenden könnte, etwa durch Zolldrohungen gegenüber Europa. Solche Manöver seien jedoch angesichts der Unabhängigkeit der EZB zum Scheitern verurteilt.[17]
Ein weiterer Widerspruch liegt in dem Ziel der dauerhaft hohen Einnahmen durch Zölle und der gleichzeitigen Verlagerung der Industrie. Im besten Fall lässt sich nur eines dieser Ziele erreichen. Letztendlich würde neben allen weiteren Folgen Vertrauenswürdigkeit und Ansehen der Vereinigten Staaten dauerhaft Schaden nehmen.[18] So prognostiziert der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und das frühere Council of Economic Advisors-Mitglied Richard Baldwin, dass mit dem Liberation Day das Ende der globalen Führungsrolle der USA eingeläutet sei.[19] Nach Ansicht von Kenneth S. Rogoff beschleunigt die im Mar-a-Lago Accord intendierte Umschuldung US-amerikanischer Kredite den ohnehin in den letzten Jahren wahrzunehmenden Sinkflug des dollardominierten Finanzsystems erheblich.[20] Joseph Stiglitz beschreibt den Mar-a-Lago Accord "als im Prinzip ein(en) Vorschlag für eine faktische Zahlungsverweigerung der USA."[21]
Einzelnachweise
- ↑ Falk Heunemann: Lexikon für Handelskrieger / De-minimis, reziprok, nichttarifär, Anti-Coercion: Im aktuellen Handelsstreit mit den USA werfen Politiker und Ökonomen mit vielen Fachbegriffen und Abkürzungen um sich. Wir erklären die häufigsten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. April 2025, S. 18. Auch online als: Falk Heunemann: Die zwölf wichtigsten Begriffe im Zollstreit / De-minimis, reziprok, nicht tarifär, Anti-Coercion: Im aktuellen Handelsstreit mit den USA werfen Politiker und Ökonomen mit vielen Fachbegriffen um sich. Wir erklären die wichtigsten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, faz.net, 9. April 2025, abgerufen am 18. April 2025.
- ↑ Stephen Miran: A User’s Guide to Restructuring the Global Trading System. In: hudsonbaycapital.com/documents. Hudson Bay Capital, November 2024, abgerufen am 17. April 2025 (englisch).
- ↑ a b Michael Backfisch: USA: Vom Noboby zu Trumps Zollkrieger – Stephen Miran attackiert die Weltwirtschaft. 17. April 2025, abgerufen am 17. April 2025.
- ↑ Lars Mouland: ‘Mar-a-Lago Accord’ explained: A new era for the dollar? In: nordea.com. Nordea, 31. März 2025, abgerufen am 15. April 2025 (englisch).
- ↑ a b Moritz Krämer: „Mar-a-Lago Accord“: Ein Gespenst geht um / Unorthodoxe und brandgefährliche Ideen zur Schwächung des Dollar In: Landesbank Baden-Württemberg Cross-Asset- und Strategy-Research vom 21. März 2025
- ↑ Susanne Toren: Der Dollar im Visier des US-Präsidenten / Politik am Devisenmarkt Langsam beugt sich auch die amerikanische Leitwährung dem Diktat von Donald Trump: Sie wird schwächer. In: Finanz und Wirtschaft vom 19. März 2025, Seite 16
- ↑ Rolf J. Langhammer: Trump setzt den Dollar auf Spiel. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. April 2025, abgerufen am 14. April 2025.
- ↑ Markus Voss: „Mar-a-Lago-Abkommen“ Mafia statt Marktwirtschaft: Trumps unfassbarer Schutzgeld-Plan für Europa / Wirtschaftswissenschaftler warnen davor, dass Trumps Zollpolitik Inflation und Zinsen hochtreibt. In: focus.de. FOCUS, 26. März 2025, abgerufen am 17. April 2025.
- ↑ Tobias Straumann: Das amerikanische Handelsbilanzdefizit: ein herbeigeredetes Problem In: NZZ am Sonntag vom 4. Mai 2025, Seite 37
- ↑ Matthias Benz: Die Amerikaner sind Meister im Export von Dienstleistungen Ein Handelsbilanzdefizit gegenüber der Schweiz ergibt sich nur für den Warenverkehr In: Neue Zürcher Zeitung vom 5. Mai 2025, Seite 21
- ↑ Alexander Armbruster (Interviewführer): Hans-Werner Sinn über Trump und die kommende Merz-Regierung. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. April 2025, abgerufen am 14. April 2025.
- ↑ Markus Diem Meier: Die USA riskieren gerade das Vertrauen der Welt in den Dollar / Die USA hatten schon vor Trump ein Problem mit dem Freihandel. Die Wurzeln dafür liegen in China. In: Handelszeitung. Handelszeitung, 16. April 2025, abgerufen am 17. April 2025 (Schweizer Hochdeutsch).
- ↑ Lars-Eric Nievelstein: Trumps „Mafia-Methoden“ aus Mar-a-Lago – dubiose Pläne für Europa-Handel. In: Frankfurter Rundschau. Frankfurter Rundschau, 20. März 2025, abgerufen am 14. April 2025.
- ↑ Gunther Schnabl: Zölle kurieren nicht das US-Handelsbilanzdefizit / Mit Importabgaben haben die USA in der Vergangenheit zwar Handlungswillen gegen innen signalisiert. Zu einem Abbau des Leistungsbilanzdefizits im Land haben sie aber nicht geführt. In: Neue Zürcher Zeitung vom 9. April 2025, Seite 19
- ↑ Michael Backfisch: Trumps Zoll-Hammer löst Angst vor globaler Krise aus / Abgaben auf alle Importe, Abkassieren der Verbündeten für Militärschutz. Was hinter dem Plan des US-Präsidenten steckt In: Berliner Morgenpost - Berlin vom 14. April 2025, Seite 2
- ↑ Martin Wolf: Will anybody buy a ‘Mar-a-Lago accord’? In: Financial Times. 18. März 2025 (ft.com [abgerufen am 14. April 2025]).
- ↑ Hannes Breustedt, Christian Schütte, Interviewführer : "In der Trump-Regierung gibt es keine Logik" / Der US-Ökonom Barry Eichengreen zählt zu den weltweit renommiertesten Experten in Währungsfragen. Im Interview erklärt er, wie gefährlich Trumps Rundumschlag für Wirtschaft und Finanzmärkte ist und wie die EU auf seine Zölle reagieren sollte. In: manager magazin vom 17. April 2025 Seite 94
- ↑ Jennifer Burns: Opinion | There’s a Method to Trump’s Tariff Madness. In: The New York Times. 7. April 2025, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 11. Mai 2025]).
- ↑ Peter A. Fischer und Albert Steck (Interviewführer): «Am 2. April hat das Ende der globalen Führungsrolle der USA begonnen» Für den Ökonomieprofessor Richard Baldwin ist Amerika vom Behüter zum Hacker des Welthandelssystems geworden. Die übrige Welt sollte besonnen darauf reagieren, sagt er im Gespräch mit Peter A. Fischer und Albert Steck In: Neue Zürcher Zeitung vom 21. Mai 2025, Seite 21
- ↑ NELE SPANDICK UND TIMO PACHE (Interviewführer): "Ich würde nie gegen Deutschland wetten" In: Capital / WELT DER WIRTSCHAFT, Seite 36
- ↑ Dieter Bachmann, Interviewführer: «Das würde Schockwellen durch das globale Finanzsystem schicken» / Joseph Stiglitz hat die Auswirkungen der Globalisierung kritisiert. Nun zerpflückt der Nobelpreisträger die Pläne Washingtons für eine neue Wirtschaftsordnung. In: Neue Zürcher Zeitung vom 13. Juni 2025, Seite 25