Madeleine Martin (Ordensgründerin)

Madeleine Martin (Ordensname: Marie-Madeleine de la Trinité; * 3. Juni 1612 in Aix-en-Provence; † 20. Februar 1678 in Avignon) war eine französische Mystikerin, Ordensgründerin und Ordensoberin.

Leben

Madeleine Martin, Tochter eines Soldaten, wuchs vaterlos in Aix-en-Provence auf. Sie hatte eine Anlage zur Mystikerin und zeigte früh eine starke Persönlichkeit. Ihre große Idee war die Gründung eines Ordens für besitzlose Mädchen und Frauen jeglicher Gesellschaftsschicht, einschließlich ruinierter adeliger Damen, ein revolutionäres Vorhaben, weil Frauen gewöhnlich eine Mitgift in das Kloster einbringen mussten, um aufgenommen zu werden. 1631 konnte sie ihren Beichtiger, Antoine Yvan, für das Projekt gewinnen und begann 1633 mit gleichgesinnten Frauen ein klösterliches Leben ohne Genehmigung des Erzbischofs Louis de Bretel, der unter dem Eindruck einer starken örtlichen Opposition gegen das Vorhaben stand. Der Erzbischof zögerte deshalb die Genehmigung hinaus und dies auch noch nach der Eröffnung (am 8. September 1638) des heimlich errichteten ersten Klosterbaus. Erst der Druck der Königinmutter Anna von Österreich auf den Gouverneur der Provence, Louis-Emmanuel d’Angoulême, und dessen Intervention beim Erzbischof brachten 1639 die Anerkennung der Gründung und die Einkleidung der ersten 12 Schwestern. Der Orden nannte sich Notre-Dame de la Miséricorde (Unserer Lieben Frau von der Barmherzigkeit). Madeleine Martin nahm den Ordensnamen Marie-Madeleine de la Trinité an. Die Päpstliche Approbation erfolgte 1642 durch Urban VIII. Rasch kam es zur Gründung weiterer Gemeinschaften in Marseille (1643), Avignon (1643), Paris (1649), Arles (1665), Salon-de-Provence (1665) und Sancerre (1686). In Paris wurde die Ordensoberin von der Königinmutter gefördert, die 1660 anlässlich ihrer Reise nach Cotignac in Begleitung ihres Sohnes auch Miséricorde-Klöster besuchte. 1666 kam es zur Absetzung von Madeleine Martin als Ordensoberin. Sie war noch 5 Jahre Klosteroberin in Salon-de-Provence und plante noch eine Romreise, starb aber 1678 in Avignon im Alter von 65 Jahren.

Rezeption

Der Dominikaner Alexandre Piny (1640–1709) und der Jesuit Jean-Étienne Grosez (1642–1718) widmeten ihr zeitnah Biographien. Auch nach der Zerschlagung ihres Ordens durch die Französische Revolution geriet sie nicht in Vergessenheit und wurde etwa von Pierre Larousse in seinem großen Lexikon mit einem Artikel bedacht. Neuerlich bekannt wurde sie 1908 durch ein auf sie und Yvan konzentriertes Buch von Henri Bremond.

Literatur (chronologisch)

  • Antoine Yvan: Instructions sur les règles et constitutions, pour les pratiquer avec sentiments de piété et dispositions intérieures d’esprit et de grâce, par le R. P. Yvan. Imprimé à Aix, par Estienne David, imprimeur du roy, du clergé et de ladite ville, 1649. V. Goupy et Jourdan, Paris 1879. (Ordensregel)
  • Alexandre Piny: La vie de la V. Mère Marie-Madeleine de la Très Sainte Trinité, fondatrice de l’ordre de N.-D. de Miséricorde. Jacques Clerc, Annecy 1679. Lyon 1680.
  • Jean-Étienne Grosez: La vie de la sœur Marie-Madeleine de la Trinité, fondatrice des religieuses de N.-D. de Miséricorde. Lyon 1695.
  • Pierre Larousse: Grand Dictionnaire universel du XIXe siècle. Band 10, 1873, S. 1201.
  • Henri Bremond: La Provence mystique au 17e siècle. Antoine Yvan et Madeleine Martin. Plon, Paris 1908. Forgotten Books, 2022. Legare Street Press, 2023.
  • Dictionnaire de spiritualité ascétique et mystique. Doctrine et histoire. Band 10, 1980, Spalte 705.