Antoine Yvan

Antoine Yvan (* 10. November 1576 in Rians; † 8. Oktober 1653 in Paris) war ein französischer Oratorianer, Mystiker und Ordensgründer.

Leben

Antoine Yvan wuchs in Rians mittellos auf und erwarb sich seine Bildung nicht über eine Schule oder eine andere Bildungseinrichtung, sondern als Autodidakt. Im Alter von 11 Jahren kam er in Kontakt zu den Paulanern von Pourrières und entdeckte seine Begabung als Zeichner. Von 1591 bis 1606 schweifte er durch die Provence (Pertuis, Arles, Avignon, Carpentras) und kam bis Lyon. Er machte die Bekanntschaft von César de Bus und des Oratorianers Jean-Baptiste Romillon (1553–1622). Am 20. Mai 1606 wurde er in Senez von Bischof Jacques Martin zum Priester geweiht. Von 1608 bis 1612 betreute er die Pfarrei Cotignac und hatte ständigen Kontakt zu den Oratorianern des Gnadenorts Notre-Dame-de-Grâces, der 1638 durch die Geburt Ludwig XIV. berühmt werden sollte. Von 1616 bis 1623 zog sich Yvan in eine Einsiedelei bei Rians zurück. Dann ging er als Vikar nach Brignoles und wurde vom Bischof von Fréjus (Barthélemy Camelin) zum Oberen der dortigen Ursulinen ernannt. 1617 trat er bei den Oratorianern ein und gehörte ab 1619 zum Oratoire de France, hielt aber immer eine gewisse Distanz. Ab 1623 predigte er in provenzalischer Sprache mit großem Erfolg in Aix-en-Provence in der Kirche Notre-Dame de Beauvezet (später auch in der Kirche Sainte-Madeleine) und organisierte unter dem Titel Oeuvre de la Miséricorde (Werk der Barmherzigkeit) Sozialarbeit mit systematischen Hausbesuchen. In der Zeit der großen Pest 1629–1630 war er Pfarrer an der Kathedrale von Aix-en-Provence.

Ordensgründung

1631 kam es zu der ersten Begegnung mit der erst 19-jährigen Mystikerin Madeleine Martin (1612–1678), einer vaterlos aufgewachsenen Soldatentochter von starker Persönlichkeit, der er als Beichtiger diente, und in deren geistlichen Bann er bis zu seinem Tod stehen wird. Die große Idee dieser jungen Frau ist die Gründung eines Ordens für besitzlose Mädchen und Frauen jeglicher Gesellschaftsschicht, einschließlich ruinierter adeliger Damen. Der Gedanke war insofern innovativ und fast revolutionär, als Frauen gewöhnlich eine Mitgift in das Kloster einbringen mussten, um aufgenommen zu werden. Die Neuheit des Projekts, das 1633 ohne Genehmigung begonnen wurde, brachte in Aix-en-Provence viele Gegner auf den Plan, denen Erzbischof Louis de Bretel ebenso gewogen war wie dem Gründungsgespann Antoine Yvan/Madeleine Martin. Er zögerte deshalb die Genehmigung hinaus und dies auch noch nach der Eröffnung (am 8. September 1638) des heimlich errichteten ersten Klosterbaus. Erst der Druck der Königinmutter Anna von Österreich auf den Gouverneur der Provence, Louis-Emmanuel d’Angoulême, und dessen Intervention beim Erzbischof brachten 1639 die Anerkennung der Gründung und die Einkleidung der ersten 12 Schwestern. Die Päpstliche Approbation erfolgte 1842 durch Urban VIII. Rasch kam es zur Gründung weiterer Gemeinschaften in Marseille (1643), Avignon (1643), Arles (1665), Salon de Provence (1665) und Sancerre (1686). In Paris fand Antoine Yvan einen geistesverwandten Freund und Unterstützer in Jean-Jacques Olier.

Bei einem seiner Parisaufenthalte starb Yvan 1653 im Alter von 76 Jahren. Madeleine Martin, inzwischen unter dem Ordensnamen Marie-Madeleine de la Trinité, überlebte ihn um 25 Jahre.

Henri Bremond widmete dem Mystikerpaar 1908 ein Buch.

Werke

  • L’amoureux des souffrances et de Jesus-Christ crucifié, ou Les lettres spirituelles du V. père A. Yvan, prestre, fondateur, & instituteur de l’ordre des religieuses de Nostre-Dame de Misericorde. Hrsg. Gilles Gondon. Paris 1661, 1666, 1682.
  • Trompette du ciel qui esveille les pécheurs et les excite à se convertir. Recueilly des escrits du V. Père A. Yvan. Hrsg. Gilles Gondon. A. Padeloup, Paris 1661. 1666. Lyon 1685. Rouen 1703, 1706.
  • Instructions sur les règles et constitutions, pour les pratiquer avec sentiments de piété et dispositions intérieures d’esprit et de grâce, par le R. P. Yvan. Imprimé à Aix, par Estienne David, imprimeur du roy, du clergé et de ladite ville, 1649. V. Goupy et Jourdan, Paris 1879.

Literatur (chronologisch)

  • Léon de Saint-Jean (1600–1671): Le vray serviteur de Dieu. Eloge du R.P. Antoine Yvan. Antoine Padelou, Paris 1654.
  • Gilles Gondon: L’Imitateur de Jésus-Christ, ou la Vie du vénérable P. Antoine Yvan, instituteur de l’ordre des religieuses de Nostre-Dame de Miséricorde, et l’histoire de la fondation du mesme ordre. J. Boullard, Paris 1662.
  • Pierre Larousse: Grand Dictionnaire universel du XIXe siècle. Band 15, 1876, S. 1435.
  • Charles E. Cloyseault: Notice sur le vénérable père Antoine Yvan, prêtre de l’oratoire, fondateur des Religieuses Augustines de N.-D. de Miséricorde. Poussielgue, Paris 1888.
  • Henri Bremond: La Provence mystique au 17e siècle. Antoine Yvan et Madeleine Martin. Plon, Paris 1908. Forgotten Books, 2022. Legare Street Press, 2023.
  • Dictionnaire de théologie catholique. Band 15.2, 1950, Spalte 1046–1048.