Kulturpass für 18-Jährige
Der Kulturpass für 18-Jährige (Eigenschreibweise KulturPass) ist ein Förderprogramm der deutschen Bundesregierung, das Personen der Geburtenjahrgänge 2005 und 2006 ein persönliches Guthaben von 200 bzw. 100 Euro für Kulturangebote im ganzen Land zur Verfügung stellt.[1] Das Programm wurde ins Leben gerufen, um jungen Menschen, insbesondere solchen, die sonst wenig Berührung mit Kulturangeboten haben, den Zugang zu Kultur zu erleichtern und den Kulturwirtschaftszweig nach der COVID-19-Pandemie finanziell zu unterstützen. Der Kulturpass kann seit dem 14. Juni 2023 in Anspruch genommen werden.[2]
Anspruchsvoraussetzungen
Etwa 750.000 junge Menschen, die 2005 geboren wurden und in Deutschland leben, können den Kulturpass nutzen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Seit dem 1. März 2024 können auch alle jungen Menschen, die im Jahr 2006 geboren wurden und in Deutschland leben, den KulturPass nutzen.[3] Ab diesen Jahrgang wurde das Guthaben auf 100 Euro gekürzt.[4] Um das Guthaben freizuschalten, wird vorausgesetzt, dass sich die Berechtigten die Kulturpass-App auf ihr digitales Endgerät herunterladen oder die Kulturpass-Website nutzen und sich mit den entsprechenden Dokumenten registrieren. Dazu wird ein Online-Ausweis (Personalausweis mit Online-Funktion, eID-Karte oder elektronischer Aufenthaltstitel) benötigt.[2]
Umfang der Förderung
Das Guthaben kann für verschiedene Kulturangebote wie Theater, Kinos, Museen, Konzerte, Bücher oder Musikfachhandel verwendet werden. Die App bietet eine Übersicht über die teilnehmenden Kulturanbieter und die verfügbaren Angebote. Bundesweit haben sich zum Start der App rund 4900 Kulturanbieter mit etwa 1,6 Millionen verschiedenen Angeboten angemeldet.[2] Die Last zum Einstellen der Angebote in die Plattform und deren Pflege liegt bei den Anbietern.[5]
Vergleichbare Angebote
Der Kulturpass in Deutschland wurde nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten wie Frankreich (dortige Bezeichnung: pass Culture[6]) eingeführt; dort erhalten 18-Jährige ebenfalls ein Kulturguthaben, das sie für verschiedene Kulturangebote nutzen können. Die Erfahrungen in Frankreich zeigen, dass vor allem Buchhändler von dem Programm profitieren, wobei mehr als die Hälfte der über den Kulturpass reservierten Bücher Mangas sind.[7]
Nutzung
Im August 2023 ergab eine erste Bilanz der Nutzung des Angebots, dass die meisten, die den Kulturpass in Anspruch genommen hatten, damit Bücher und Comics gekauft hatten (83.000 Nutzer), gefolgt von Kinokarten (57.000) und Konzert- und Theaterkarten (25.000). Vom Umsatz her gesehen flossen 1,2 Millionen Euro in Veranstaltungen der darstellenden Künste, 1,1 Millionen Euro wurden für Bücher und Comics ausgegeben und 461.000 Euro für Kinobesuche.[8]
Bei der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse 2023 sagte die Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Claudia Roth in ihrer Rede, über 200.000 junge Erwachsene hätten den Kulturpass mittlerweile genutzt, meistens für Bücher.[9]
Meistgekauft über den Kulturpass wurden (Stand 2023) folgende Bücher (ohne Käufe mit Buchhandels-Gutscheinen; in Klammern Inhaltskategorisierung):[10]
- Hannah Grace: Icebreaker (New Adult), 1.641 Käufe
- Rebecca Yarros: Fourth Wing – Flammengeküsst (Fantasy Romance), 1.434 Käufe
- Colleen Hoover: Verity (Romantik-Thriller), 1.068 Käufe
- Ana Huang: Twisted Games (New Adult), 954 Käufe
- Colleen Hoover: It Starts with Us – deutscher Titel: Nur noch einmal und für immer (New Adult), 907 Käufe
- Ana Huang: Twisted Lies (New Adult), 846 Käufe
- Ana Huang: Twisted Hate (New Adult), 835 Käufe
- Jane S. Wonda: Very Bad Kings (New Adult), 601 Käufe
- Juli Zeh: Corpus Delicti (Romantik-Thriller), 554 Käufe
Mit Stand 6. Februar 2025 verteilten sich die Reservierungen und Umsätze (Jahrgänge 2005 und 2006) bundesweit wie folgt auf die Kategorien:[11]
| Kategorie | Reservierungen (Anzahl) | Umsätze (in Euro) |
| Bücher | 1.511.630 | 25.615.204 |
| Konzerte und Bühne | 282.431 | 14.948.095 |
| Kino | 946.699 | 11.122.576 |
| Musikinstrumente | 14.250 | 1.299.485 |
| Tonträger | 10.739 | 287.177 |
| Museen und Parks | 19.852 | 166.055 |
| Noten | 1.505 | 41.060 |
| Workshops (seit 01.01.24) | 242 | 5.267 |
| Gesamt | 2.787.348 | 53.484.920 |
Ende der Förderung
In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags vom 25. Juli 2025[12] sieht der Bundesrechnungshof anders als der BKM keine verfassungsrechtliche Finanzierungskompetenz des Bundes für die Finanzierung des Kulturpasses. Kultur sei in Deutschland Ländersache. Der Bundesrechnungshof erkennt in dem Bericht zwar das grundsätzliche Interesse des Bundes an der Kulturförderung an, der BKM solle sich aber auf die verfassungsmäßigen Kernaufgaben fokussieren. Der Rechnungshof empfiehlt, „die Förderung des Bundes zu beenden und keine weiteren Ausgaben im Bundeshaushalt vorzusehen“.
Die Ausgaben aus dem Haushalt des BKM für den Kulturpass beliefen sich demnach bisher auf insgesamt mehr als 100 Millionen Euro, davon über 30 Millionen Euro IT-Kosten. Die Nutzung sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Laut BKM haben bis zum Stichtag am 31. Dezember 2024 rund 496.000 Personen der Jahrgänge 2005 und 2006 ihr KulturPass-Budget freigeschaltet, bis Ende Juni 2025 sein mehr als 2,9 Mio. kulturelle Angebote in einem Gesamtwert von ca. 56 Mio. Euro reserviert worden. Im Jahr 2023 flossen ca. 20 Mio. Euro Erstattungszahlungen an Kulturanbietende, 2024 über 33 Mio. Euro.
Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, der Nachfolger von Claudia Roth, teilte daraufhin am 22. August 2025[13] mit: „Nachdem die Vorgängerregierung den Kulturpass bereits haushalterisch auf null und damit faktisch eingestellt hat, gibt nun auch die Rechtslage kaum mehr Chancen, den Kulturpass neu zu beleben.“ Man werde „fortan andere Projekte der Kulturförderung für Jugendliche intensivieren“.[14][15]
Kritik
Im Juli 2023 kritisierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass auch Bücher rechtsextremer Verlage mit dem Kulturpass zu erwerben seien. Auf Nachfrage bei der Kulturstaatsministerin erklärte deren Sprecher, man prüfe zwar rechtliche Schritte hiergegen, grundsätzlich seien aber alle Werke über die Plattform zu erwerben, die auch sonst im Buchhandel erhältlich sind. Der Barsortimenter Libri, der Buchhändlern eine Möglichkeit bietet, unerwünschte rechtsextremistische Verlage auszulisten, bestätigte gegenüber der Zeitung, dass das bei der Kulturpass-Plattform besonders aufwendig sei. Ausnahmen gebe es nur für Schulbücher, die über den Kulturpass nicht zu erwerben seien. Weitere Einschränkungen seien händisch nur schwer einzupflegen.[16]
Ein weiterer Kritikpunkt war, „durch den Kulturpass werde das Geld letztlich nur von Heranwachsenden genutzt, denen die Hochkultur ohnehin schon in die Wiege gelegt worden sei; die Bildungsfernen würden gar nicht erreicht, obwohl es doch das Ziel gewesen sei, solche Jugendliche anzusprechen, die zum ersten Mal in den Buchladen gehen würden.“[17]
Jens Jessen hält es für möglich, dass die geringer als erwartet ausgefallene und anders gerichtete Nutzung (gekauft wurde hauptsächlich das Buchgenre ‚New Adult‘, „anders gesagt: sexualisierte Schundliteratur“) an einem „Naturgesetz aller Pädagogik“ liege, dass nämlich Verhaltensweisen, die staatlicherseits oder von Erwachsenen nahegelegt werden, bei Jugendlichen auf wenig Freude stoßen würden.[18]
Weblinks
- Offizielle Website
- Kulturpass für 18-Jährige auf bundesregierung.de
Einzelnachweise
- ↑ FAQ: Für wen ist der Kulturpass? In: Kulturpass.de. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, abgerufen am 15. Juni 2023.
- ↑ a b c Was der Kulturpass für Jugendliche bringen soll. In: Deutschlandfunk Kultur. 14. Juni 2023, abgerufen am 14. Juni 2023.
- ↑ Start der zweiten Runde: KulturPass steht ab sofort auch dem Jahrgang 2006 zur Verfügung Information der Bundesregierung vom 29. Februar 2024
- ↑ Der Kulturpass läuft 2024 mit einem Zuschuss von 100 statt 200 Euro weiter, abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ Carola Padtberg: Kulturpass für 18-Jährige: Eine Oma-Idee. Aber gegönnt sei es ihnen. In: spiegel.de. 14. Juni 2023, abgerufen am 16. Juni 2023.
- ↑ pass Culture. Französische Regierung, abgerufen am 15. Juni 2023 (französisch).
- ↑ Martina Meister: 168 Prozent mehr Mangas. In: welt.de. 18. November 2022, abgerufen am 14. Juni 2023.
- ↑ Bücher sind die beliebteste Kulturpass-Kategorie. In: Börsenblatt. 7. August 2023, abgerufen am 7. August 2023 (Referat der Veröffentlichung bei der Süddeutschen Zeitung hinter Paywall).
- ↑ Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse 2023. Frankfurter Buchmesse, 17. Oktober 2023, abgerufen am 17. Oktober 2023 (deutsch, Live-Übertragung auf YouTube).
- ↑ Anna Sophie Kühne: Das lesen Teenager, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 1. Dezember 2023, abgerufen am 1. Dezember 2023
- ↑ Bücher sind die erste Wahl beim KulturPass. Abgerufen am 9. August 2025.
- ↑ Information über die Entwicklung des Einzelplans 04 (Bundeskanzler und Bundeskanzleramt) für die Beratungen zum Bundeshaushalt 2025, abgerufen am 26. August 2025.
- ↑ Der Kulturpass im Überblick – Aktuelle Entwicklung beim Kulturpass, abgerufen am 26. August 2025.
- ↑ Verfassungswidrig? Weimer besiegelt de facto Kulturpass-Aus, abgerufen am 22. August 2025.
- ↑ Kulturpass steht vor dem Aus – Staatsminister Weimer: „Werden in andere Projekte investieren“, abgerufen am 22. August 2025.
- ↑ Fridtjof Küchemann: Nur keine Vorauslese: Bücher rechtsextremer Verlage im Kulturpass. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 19. Juli 2023, ISSN 0174-4909, S. 11.
- ↑ Jakob Ballhausen: Aus für den Kulturpass: Abgewickelt. FAZ, 25. August 2025
- ↑ Leider nicht sexy: Der Kulturpass für Jugendliche vor dem Aus. Die Zeit, 26. Juni 2025