Hinrich Gravert

Hinrich Gravert (* 18. Dezember 1937 in Wilhelmshaven; † 10. August 2018 in Bremerhaven) war ein deutscher Maschinenbauingenieur und langjähriger und letzter Leiter des Hansestadt Bremischen Amtes (HBA) und erster Leiter des Hansestadt Bremischen Hafenamtes (HBH) in Bremerhaven.[1]
Familie
Sein Vater Otto Gravert war als Maschinenbauingenieur bei der Marinebauverwaltung in Wilhelmshaven beschäftigt. Seine Mutter Elisabeth hatte vor der Heirat an der Universität Hamburg Sport studiert. Nachdem das Wohnhaus der Familie im Juli 1943 von Bomben getroffen worden war, kam er bis August 1946 mit seiner Mutter, der älteren Schwester Silke und dem jüngeren Bruder Klaus bei Verwandten in Hamburg unter. Nach dem Krieg war sein Vater mit der Demontage der Hafen- und Werftanlagen in Wilhelmshaven befasst. Von August 1946 bis Juli 1949 war die Familie in Wilhelmshaven wieder vereint. Im Juli 1949 siedelte die Familie nach Bremerhaven um. Der Vater hatte Arbeit als Abteilungsleiter Maschinenbau und Elektrotechnik beim Hansestadt Bremischen Amt gefunden. Im April 1958 lernte Hinrich Gravert während eines Praktikums auf der Seebeck-Werft Sigrid Pluns kennen. Die beiden heirateten 1964 nach Abschluss seines Studiums. Aus der Ehe gingen die beiden Kinder Detlef und Sabine hervor.
Ausbildung und Beruf
Im Herbst 1943 wurde Hinrich Gravert in Hamburg eingeschult und wechselte 1946 mit dem Umzug in eine Schule in Wilhelmshaven. Ab August 1949 besuchte er dann die Wilhelm-Raabe-Schule, ein Realgymnasium in Bremerhaven, die er 1957 mit dem Abitur verließ.
Nach einem sechsmonatigen Pflichtpraktikum, das er im Technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd (NDL) in Bremerhaven absolvierte, nahm er im Wintersemester 1957/58 das Maschinenbaustudium an der Technischen Hochschule (heute Technische Universität) Braunschweig auf. Während des Studiums leistete er vorgeschriebene Praktika auf der Seebeck Werft in Bremerhaven, den Atlantikwerften in Saint Nazaire (Frankreich) und bei den Hüttenwerken Oberhausen ab. Im April 1964 beendete er das Studium als Diplom-Ingenieur des Faches Maschinenbau (Fachrichtung Strömungsmaschinen).
Seine ersten beruflichen Stationen waren von Sommer 1964 bis Ende 1971 bei der MAN. Zunächst war er für vier Jahre beim MAN-Werk Gustavsburg im Technischen Büro der Abteilung Pumpenbau tätig. Ab dem Sommer 1968 arbeitete er im technischen Vertrieb der MAN in Hamburg mit den Bereichen Pumpenbau, Maschinenbau, Stahlwasserbau, Brückenbau und Theaterbau.
Hansestadt Bremisches Amt und Hansestadt Bremisches Hafenamt
Zum 1. Januar 1972 wurde Gravert von Oswald Brinkmann, dem damaligen Senator für Häfen, Schifffahrt und Verkehr, als Baurat für das HBA eingestellt. Das HBA war die Bau- und Verwaltungsbehörde für alle stadtbremischen Angelegenheiten in Bremerhaven. Hinrich Gravert übernahm zunächst den Arbeitsplatz, den sein Vater Otto bis Februar 1967 wahrgenommen hatte. Am 1. September 1983 wurde Hinrich Gravert die Leitung des HBA übertragen. Unter Häfensenator Uwe Beckmeyer wurden das HBA und das Hafenamt Bremen am 1. August 1998 zum HBH zusammengeschlossen. Gravert wurde dessen erster Leiter. Er hatte maßgeblich an der Neuorganisation der bremischen Hafenverwaltung mitgewirkt. Zum 31. Dezember 2001 wurde er - zwischenzeitlich zum Ltd. Regierungsdirektor aufgestiegen - nach exakt 30-jähriger Dienstzeit vom damaligen Häfensenator Josef Hattig in den Ruhestand verabschiedet.
Im Januar 2002 wurde der Betrieb der bremischen Hafeninfrastruktur aus dem HBH in die landeseigene bremenports GmbH & Co. KG überführt und damit privatisiert. Die hoheitlichen Aufgaben verblieben beim Hansestadt Bremischen Hafenamt.
Projekte und Bauvorhaben
In Graverts Amtszeit fallen eine Vielzahl von Projekten und Bauvorhaben, die er zu verantworten hatte. Dazu zählt die schrittweise Modernisierung der Flotte schwimmender Fahrzeuge und Arbeitsgeräte, insbesondere der Bagger. 1980 hat er den Oberturas und einige Eimer des zur Verschrottung anstehenden, 1914 gebauten Eimerkettenbaggers BAGGER I abbauen und 1983 als Denkmal aufstellen lassen. Es steht in der Nähe der früheren Schleuse zum Handelshafen und in Sichtweite zum damaligen Verwaltungsgebäude des HBA an der Bussestraße. Die Stromversorgung der Überseehäfen, die Einführung der EDV, der Bau von Werkstätten und Hallen für den Betrieb des HBA sind ebenso zu erwähnen. Bei den Bauprojekten sind zu nennen die Planung und der Bau des Container-Terminals (CT) III, der Umbau und die Vergrößerung der Fischereihafen-Doppelschleuse, sowie der Bau des Freilaufkanals, welcher den Zulauf von schlickarmem Weserwasser in die Dockhäfen im stadtbremischen Überseehafengebiet ermöglicht und dadurch den Baggeraufwand reduziert. Auch die Vorstellgruppe Imsumer Deich der Hafeneisenbahn ist zu erwähnen. Begonnen wurden die Umbauarbeiten des Columbusbahnhofs zum Kreuzfahrtterminal und die Planungen für den CT IV sowie den Neubau der Kaiserschleuse. Das bremische Beamtenrecht sieht den Titel eines Hafenbaudirektors nicht mehr vor. Vom Aufgabenspektrum ist er aber in die Liste seiner entsprechend bezeichneten Vorgänger – beginnend bei Jacobus van Ronzelen – einzureihen.
Ehrenamtliches Engagement
Nach seiner Pensionierung hat sich Gravert in verstärktem Maße in vielfältigen Vereinen und Organisationen ehrenamtlich engagiert. So war er beispielsweise Mitglied in der Hafenbautechnischen Gesellschaft, dem Verein Deutscher Ingenieure, dem Nautischen Verein zu Bremerhaven und dem Technikmuseum U-Boot Wilhelm Bauer e.V. Im Förderverein Hochschule Bremerhaven war er Vorstandsmitglied. Der Vereinigten Bau- und Siedlungsgenossenschaft diente er als ehrenamtlicher Aufsichtsratsvorsitzender.
Als Vorstandsmitglied der Schiffahrtsgeschichtlichen Gesellschaft Bremerhaven (SGG) engagierte er sich für den Erhalt maritimer Objekte und fand Sponsoren für die Finanzierung. 2005, rechtzeitig zur SAIL, konnte unter Verwendung originaler Teile des Semaphors vom Leuchtturm Hohe Weg der rekonstruierte Semaphor nördlich der Zufahrt zur Schleuse Neuer Hafen aufgestellt und in Betrieb genommen werden. Die 2014 erfolgte grundlegende Restaurierung des Wasserstandsanzeigers ist auf Graverts Initiative zurückzuführen. 2015 folgte das Pegelhaus Am Alten Vorhafen, das dem Wasserstandsanzeiger die Daten geliefert hatte. Ziegelsteine des in den 1870er Jahren erbauten und nach 2010 abgerissenen Zimmerei- und Tischlereigebäudes des Reparaturplatzes des NDL am Neuen Hafen wurden 2014 auf seine Initiative hin beim Bau des Good Times-Gebäudes am Lloyd Platz auf der gegenüberliegenden Hafenseite wieder verwendet. Die von Wolfgang Thode für die SGG begonnene Beschilderung maritimer Gebäude und Objekte wurde von Hinrich Gravert aktualisiert. Etwa 40 Informationstafeln vom Stadtsüden bis zum Ochsenturm im Norden wurden unterhalten.
-
Oberturas des Bagger I von 1914 als Denkmal -
Infotafel an der Fischereihafen-Doppelschleuse -
Freilaufkanal -
Semaphor im Winterkleid -
Wasserstandsanzeiger -
Pegelhaus -
Alte Ziegelsteine und SGG-Infoschild
Literatur
- Helmut Seger: Hinrich Gravert – Leiter des Hansestadt Bremischen Amtes und Bewahrer maritimen Erbes. In: Niederdeutsches Heimatblatt Nr. 906, Juni 2025
Einzelnachweise
- ↑ Martin Günthner: Bremen und Bremerhaven verlieren einen Vordenker und Bewahrer der Häfen. Freie Hansestadt Bremen, 20. August 2018, abgerufen am 7. März 2024.