Georgi Zankow

Georgi Zankow Weselinow (bulgarisch Георги Цанков Веселинов; * 26. März 1913 in Kutina bei Sofia; † 21. November 1990 in Sofia) war ein Politiker der BKP in der Volksrepublik Bulgarien, der unter anderem zwischen 1951 und 1962 Innenminister sowie 1962 stellvertretender Ministerpräsident war.

Leben

Georgi Zankow Weselinow wurde 1932 Mitglied der Bulgarischen Kommunistischen Partei (BKP) und war während des Zweiten Weltkrieges aktives Mitglied der Partisanenbewegung. Nach dem Staatsstreich vom 9. September 1944 war er von 1944 bis 1948 Generalsekretär des Zentralkomitees der Allgemeinen Arbeitergewerkschaft. Am 16. Januar 1951 wurde er Sekretär des Zentralkomitees (ZK) der BKP und ein Jahr später am 6. Januar 1951 im Range eines Generalleutnants zum Innenminister in das Kabinett Tscherwenkow I (3. Februar 1950 bis 16. Januar 1954) berufen. Dieses Ministeramt bekleidete er weiterhin auch im Kabinett Tscherwenkow II (16. Januar 1954 bis 18. April 1956), im Kabinett Jugow I (18. April 1956 – 15. Januar 1958) sowie im Kabinett Jugow II (15. Januar 1958 bis 17. März 1962).[1][2][3][4] Als Innenminister kontrollierte er die sogenannte „erste Verteidigungslinie“ – Polizei und Miliz – gegen innere Unruhen. Ob es in dieser Zeit tatsächlich zu Unruhen jeglicher Art kam, konnte nie hinreichend bestätigt werden.[5] Die Personalveränderungen im Innenministerium, die unter anderem mit der Versetzung von zwei stellvertretenden Ministern (Georgi Kumbiliew und Stefan Gurow) in andere Ministerien stattfanden, wurden zu dieser von Beobachtern als ein Schritt angesehen, um den Einfluss der älteren kommunistischen Funktionäre im Innenministerium zu schwächen, eine Spekulation, die sich 1962 offenbar bestätigte, als viele derjenigen, die während der gesamten Geschichte der kommunistischen Herrschaft mit dem Innenministerium in Verbindung standen, entlassen wurden. Zu ihnen gehörten der spätere Ministerpräsident Anton Jugow (Minister von 1944 bis 1948),[6] Rusi Christosow (Minister von 1948 bis 1951)[7] sowie Zankow (Minister von 1951 bis 1962).[8]

Zudem wurde er auf einem ZK-Plenum im Dezember 1951 Mitglied des Politbüros und gehörte neben Todor Schiwkow[9] und Georgi Tschankow[10] nach der Ära um den 1949 hingerichteten Trajtscho Kostow[11] jüngeren Generation der „Heimatkommunisten“, die sich nicht während des Zweiten Weltkrieges im Exil in der Sowjetunion aufhielten und vom damaligen Walko Tscherwenkow[12] gefördert wurde.[13] Dem Politbüro gehörte er nach seinen Wiederwahlen auf dem VI. Parteitag (26. Februar bis 4. März 1954) und dem VII. Parteitag (1. bis 7. Juni 1958) bis zum 14. November 1962 an.[14][15][16] Im Juli 1957 besuchten Jugow, Tschankow, Iwan Michailow[17] und Georgi Tschankow die Krim zu Gesprächen mit Anastas Mikojan[18] und Michail Andrejewitsch Suslow.[19] Es war eine bedeutende Delegation: Jugow und Tschankow waren wahrscheinlich die beiden mächtigsten Männer in der Regierung, wenn man Tscherwenkow ausklammert, der für die Sowjets kaum akzeptabel war.[20]

Des Weiteren fungierte er im Kabinett Jugow III (17. März 1962 bis 27. November 1962) noch als stellvertretender Ministerpräsident.[21][22] Im Zuge parteiinterner „Säuberungen“ unter Todor Schiwkow verlor er auf dem VIII. Parteitag (5. bis 11. November 1962) nicht nur seinen Sitz im Politbüro, sondern auch seine Mitgliedschaft im ZK der BKP.[23] Zankow und die weniger wichtigen Sicherheitskräfte wurden alle wegen Verstößen gegen die sozialistische Ordnung in unterschiedlichem Ausmaß angeklagt.[24][25] Der Sturz Jugows markierte den endgültigen Triumph Schiwkows in den Führungsetagen der BKP und das Ende eines Mannes, der zu den wichtigsten persönlichen und politischen Elementen der kommunistischen Herrschaft in Bulgarien gehört hatte. Doch der Sturz Georgi Zankows und weniger wichtiger Sicherheitschefs wie Christosow, Koltschew und Kumbiljew war wahrscheinlich von noch größerer Bedeutung. Keiner dieser Männer war für sich genommen von herausragender Bedeutung, doch sie repräsentierten eine Institution von enormer Bedeutung: den Sicherheitsapparat des Innenministeriums, der der Partei selbst die höchste und endgültige Macht streitig gemacht hatte. In diesem Sinne war der Sturz Zankows folgenreicher als der Jugows; tatsächlich dürfte er der bedeutendste Schritt im gesamten Verlauf der kommunistischen Herrschaft in Bulgarien gewesen sein.[26] Am 11. Juni 1964 verlor er noch seine Funktion als Deputierter der Volksversammlung, des Parlaments der Volksrepublik Bulgarien.[27]

Hintergrundliteratur

  • J. F. Brown: Bulgaria under Communist rule, Praeger 1970, S. 313

Einzelnachweise

  1. Cabinet Chervenkov (Memento vom 3. Dezember 2022 im Internet Archive)
  2. Cabinet Chervenkov 2 (Memento vom 3. Dezember 2022 im Internet Archive)
  3. Cabinet Yugov (Memento vom 3. Dezember 2022 im Internet Archive)
  4. Cabinet Yugov 2 (Memento vom 3. Dezember 2022 im Internet Archive)
  5. J. F. Brown, S. 73
  6. Yugov, Anton (Tanev). rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  7. Hristozov (Gospodinov), Rusi. rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  8. J. F. Brown, S. 99 f.
  9. Zhivkov, Todor (Hristov). rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  10. Chankov (Ivanov), Georgi. rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  11. Kostov (Dzhunev), Traycho. rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  12. Chervenkov, Vulko (Velyov). rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  13. J. F. Brown, S. 22, 35, 97
  14. Central Committee Plenum (December 1951) (Memento vom 3. Dezember 2022 im Internet Archive)
  15. VI Party Congress (March 1954) (Memento vom 3. Dezember 2022 im Internet Archive)
  16. Führung der KP Bulgariens gewählt, Neues Deutschland vom 10. Juni 1958 (Onlineversion)
  17. Mihailov (Popov), Ivan. rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  18. Mikoyan, Anastas (Ivanovich). rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  19. Suslov, Mikhail (Andreyevich). rulers.org, abgerufen am 29. August 2025 (englisch).
  20. J. F. Brown, S. 73
  21. Regierungsmitglieder gewählt, Neues Deutschland vom 18. März 1962 (Onlineversion)
  22. Todor Shiwkow wurde Ministerpräsident, Neues Deutschland vom 20. November 1962 (Onlineversion)
  23. J. F. Brown, S. 132, 139, 255
  24. Bulgariens Zukunft: Kommunismus, Neues Deutschland vom 6. November 1962 (Onlineversion)
  25. Fragen der Partei, Neues Deutschland vom 9. November 1962 (Onlineversion)
  26. J. F. Brown, S. 134, 137 f.
  27. Abberufen, Neues Deutschland vom 11. Juni 1964 (Onlineversion)