Gebäude der Eumachia


Das Gebäude der Eumachia (Edificio di Eumachia) befindet sich in Pompeji. Es handelt sich um einen Bau unsicherer Funktion, der unter Kaiser Tiberius (wohl kurz nach 22 n. Chr.) errichtet wurde. Es befindet sich am Südende, auf der Ostseite des Forums der Stadt. Eine Inschrift, die in zwei Kopien erhalten ist, bezeugt, dass die Priesterin der Venus, Eumachia, den Bau in ihrem Namen und im Namen ihres Sohnes Marcus Numistrius Fronto errichten ließ.[1] Es handelt sich um eines der größten öffentlichen Gebäude in der Stadt. Der Bau mag als Wollmarkt gedient haben. Neuere Überlegungen sind aber vorsichtiger in der Interpretation des Baues.
Der Bau wurde 1814, 1817 sowie 1836 ausgegraben und schon 1820 in einer Monografie von Guglielmo Bechi zum Teil publiziert.[2] Zur damaligen Zeit wurden die meisten Funde ins Museum gebracht, jedoch oftmals ohne ausreichende Informationen, so dass es im Laufe der Zeit schwierig wurde, Museumsobjekte bestimmten Fundorten zuzuschreiben. Aus dem Gebäude der Eumachia stammen diverse Statuen, die daher heute nicht immer mit Sicherheit identifiziert werden können.[3]
Das Chalcidicum (Eingangsbereich/Vorbau) reichte bis zu den Säulen des Forums und konnte an beiden Seiten gesperrt werden.[4] Die eigentliche Fassade des Baues ist nach dem Forum ausgerichtet, während der Bau leicht anders, einer Nebenstraße, der Via dell’Abbondanza, folgend, orientiert ist. Der Eingang ist mit Marmor gerahmt, der ein Pflanzendekor zeigt. Die hochwertige Arbeit deutet an, dass hier stadtrömische und nicht provinzielle Handwerker gearbeitet haben. Links und rechts vom Eingang befinden sich Nischen mit Inschriften, die Romulus und Aeneas ehren. Es folgt auf jeder Seite eine Apsis, die vielleicht Statuen von Ahnen der Kaiser enthielten. Direkt hinter der Fassade befinden sich mehrere kleine Räume. Hier fanden sich Keramikgefäße, die vielleicht für Urin bestimmt waren, der für das Bleichen von Stoffen gebraucht wurde. Passanten wurden angehalten, hier ihre Notdurft zu verrichten. Der Raum links vom Eingang war wahrscheinlich für Wachpersonal bestimmt.
Der eigentliche Bau besteht aus einem großen Hof mit einem (eventuell) zweistöckigen Portikus mit marmornen Säulen. An der Rückwand befindet sich eine Apsis, in der einst eine Statue der Livia als Concordia Augusta stand. Der Kopf der Statue fehlte bei der Auffindung. Links und rechts davon befinden sich kleine Gärten. Um den Hof herum läuft ein Umgang (Kryptoportikus). Direkt hinter der Apsis im Umgang befindet sich eine Nische, in der eine Statue der Eumachia steht (heute steht dort eine Kopie). Die Statue wurde von den fullones (Tuchwalkern) gestiftet, was dazu führte, den Bau als Wollmarkt zu interpretieren.[5] Vor allem die Architektur des Umgangs, der geschlossen ist und damit fast einem Gefängnis gleicht, gab Anlass zur Vermutung, dass der Bau eher ein Sklavenmarkt war. Dies ist jedoch nicht gesichert.[6] Der Umgang mag auch zur sicheren Lagerung von Stoffen gedient haben. Andere Autoren vermuten einen Ort des Kaiserkultes oder einen Handelsmarkt, vergleichbar mit einer Börse.[7] Die Wände des Baues waren im 3. Stil ausgemalt.[8] Die Wandmalereien sind heute ganz vergangen oder stark verblasst.

An der Via dell’Abbondanza befindet sich ein Nebeneingang zur Anlage. Neben dem Eingang war eine Marmortafel mit der Weiheinschrift der Eumachia angebracht:
- Eumachia, die Tochter des Lucius, die Priesterin – der Venus – errichtete in ihrem und ihres Sohnes, Marcus Numistrius Fronto, Namen auf eigene Kosten den Vorbau, den überdachten Umgang und den Portikus und weihte sie der Concordia und der Pictus Augusta.[9]
Der Bau ist beim Erdbeben von 62 n. Chr. stark beschädigt worden und wurde nie wieder vollständig restauriert.[10]
Literatur
- Guglielmo Bechi: Del Calcidico e della Cripta di Eumachia scavati nel Foro di Pompeji l’anno 1820. Neapel [1820] (Digitalisat).
- Emidio De Albentis: Das Gebäude der Eumachia. In: Filippo Coarelli (Hrsg.): Pompeji. Hirmer, München 2002, ISBN 3-7774-9530-1, S. 130–133.
- Valentin Kockel: Altes und Neues vom Forum und vom Gebäude der Eumachia in Pompeji, in: Richard Neudecker, Paul Zanker (Hrsg.): Lebenswelten. Bilder und Räume in der römischen Stadt der Kaiserzeit (= Palilia. Band 16). Reichert, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89500-515-0, S. 51–72 (Digitalisat).
- Eugenio La Rocca, Mariette de Vos Raaijmakers, Arnold de Vos: Lübbes archäologischer Führer Pompeji. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1979, ISBN 3-7857-0228-0, S. 113–118.
- François Mazois, François C. Gau: Les ruines de Pompei. Band III, Paris 1829, S. 42–45 Tafel XXII–XXVII (Digitalisat)
- Walter O. Moeller: The Building of Eumachia: A Reconsideration. In: American Journal of Archaeology. Band 76, 1972, S. 323–327.
- Kurt Wallat: Die Ostseite des Forums von Pompeji. Lang, Frankfurt 1998, ISBN 978-3-631-31190-5.
- Paul Wilkinson: Pompeii: An Archaeological Guide. I. B. Tauris, London/New York 2017, ISBN 978-1-35098-755-5, S. 112–115.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Emidio De Albentis: Das Gebäude der Eumachia. In: Filippo Coarelli (Hrsg.): Pompeji. Hirmer, München 2002, ISBN 3-7774-9530-1, S. 130–133, hier S. 131.
- ↑ Bechi: Del Calcidico e della Cripta di Eumachia scavati nel Foro di Pompeji l’anno, 1820.
- ↑ Kochel, in: Neudecker-Zanker (Hrsg.), Lebenswelten. Bilder und Räume in der römischen Stadt der Kaiserzeit, S. 51–72.
- ↑ Die Baubeschreibung folgt: Wilkinson: Pompeii: An Archaeological Guide, S. 112–115.
- ↑ Albentis: in: Coarelli (Hrsg.): Pompeji, S. 132.
- ↑ Albentis: in: Coarelli (Hrsg.): Pompeji, S. 131–132.
- ↑ La Rocca, de Vos Raaijmakers, de Vos: Lübbes archäologischer Führer Pompeji, S. 120.
- ↑ August Mau: Geschichte der decorativen Wandmalerei in Pompeji. Berlin 1882, S. 410 Tafel 10 Digitalisat; Mazois, Gau: Les ruines de Pompei, Band III, Tafeln XXVI und XXVII.
- ↑ CIL X, 810; Übersetzung folgt: La Rocca, de Vos Raaijmakers, de Vos: Lübbes archäologischer Führer Pompeji, S. 114.
- ↑ La Rocca, de Vos Raaijmakers, de Vos: Lübbes archäologischer Führer Pompeji, S. 115.