Foyers de Charité

Foyer de Charité in Baye

Die Foyers de Charité ist eine als private Vereinigung von Gläubigen päpstlichen Rechts in der römisch-katholischen Kirche anerkannte geistliche Gemeinschaft. Die Männer und Frauen leben nach dem Beispiel der ersten Christen in Gemeinschaft und teilen ihre Güter. Die Foyers de Charité heißen mit vollem Namen Foyer de Lumière, de Charité et d’Amour („Vorhof des Lichts, der Barmherzigkeit und der Liebe“).

Entstehungsgeschichte

Der Grundstein für die Entstehung der Foyers de Charité wurde in Frankreich beim ersten Treffen zwischen der ehrwürdigen Dienerin Gottes Marthe Robin und Pater Georges Finet am 10. Februar 1936 in Châteauneuf-de-Galaure (Département Drôme) nahe Valence in Südostfrankreich gelegt. Die Gründung der Foyers de Charité basierte auf einer Inspiration, die Marthe Robin Pater Finet mitteilte. Sie kündigte Pater Finet ein „neues Pfingsten der Liebe“ an, bei dem so genannte Foyers de Lumière, de Charité et d’Amour einen wichtigen Beitrag leisten sollten.

Am 7. September 1936 begannen unter der Leitung von P. Finet die ersten fünftägigen Exerzitien in der katholischen Privatschule von Châteauneuf de Galaure. Zwei Teilnehmerinnen, Hélène Fagot und Marie-Ange Dumas, wurden die ersten Mitglieder der Foyers de Charité. Sie übernahmen die Verantwortung für die Schule und den Empfang der Teilnehmer weiterer Exerzitien, die gemeinsam mit P. Finet und Marthe Robin veranstaltet wurden. In den darauffolgenden Jahren schlossen sich immer mehr Mitglieder der Gemeinschaft an. Die Exerzitien hatten so großen Zulauf, dass die Räumlichkeiten in der Schule nicht mehr ausreichten und der Bau eines Gebäudes neben der Schule nötig wurde. Im Mai 1939 begannen die ersten Arbeiten für den Bau eines durch Spenden finanzierten großen Foyers, das 1947 in Betrieb genommen wurde. Ein Porträt Marthe Robins hat der französische Philosoph Jean Guitton verfasst.

Ausbreitung

Noch vor dem Abschluss der Bauarbeiten für das große Foyer in Châteauneuf wurde 1943 von P. Béton ein zweites Foyer in La Léchère-les-Bains, im Département Savoie in den französischen Alpen, gegründet. Im selben Jahr entstand ein weiteres Foyer in La Gavotte, nahe Marseille und 1957 im Château Peltzer in Spa. Im Jahre 1961, als es in Europa bereits zwölf Foyers gab, verließ Pater Marcel Frankreich, um das erste Foyer in Togo zu gründen. Es folgen weitere Gründungen in Afrika, Amerika und Asien. Marthe Robin nahm von ihrem Zimmer aus aktiv daran teil. 1981, im Jahre ihres Todes, bestanden weltweit bereits 52 Foyers de Charité. Im Jahr 2011 gab es weltweit 75 Foyers mit rund 1000 Mitgliedern (Priestern und Laien), eines davon in Österreich im Wallfahrtsort Sonntagberg in Niederösterreich. Das Foyer in Ottrott im Elsass am Fuße des Odilienberges bei Straßburg ist teilweise deutschsprachig.

Organisation

Einer der Grundpfeiler in den Foyers de Charité ist das Zusammenleben als Gemeinschaft. Diese besteht aus dem „Père“, einem Priester, und Laienmitgliedern. Ohne einen Priester kann kein Foyer gebildet werden. Er ist der geistliche Begleiter der Mitglieder und besonders mit der geistlichen Leitung der Exerzitien beauftragt. In der Verantwortung, die frohe Botschaft zu verkünden, wird der Priester von den Foyermitgliedern unterstützt. Ein neues Foyer kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Diözesanbischofs gegründet werden, dem der Leiter des Foyers untersteht. Die Foyers de Charité versuchen, aktiv am geistlichen Leben in der jeweiligen Diözese teilzunehmen.

Spiritualität

Die erste Aufgabe der Foyers de Charité besteht darin, das Evangelium im konkreten Leben umzusetzen. Im Foyer versucht man daher, in Gott verwurzelt zu sein. Wichtige Pfeiler sind das persönliche sowie das gemeinsame Gebet und die Feier der Eucharistie. In der Foyergemeinschaft nimmt die Jungfrau Maria eine besondere Stellung ein. Die Beziehung zu Maria drückt sich in der Weihe an Jesus durch Maria nach der Spiritualität des heiligen Ludwig Maria Grignion von Montfort aus.

Die Gemeinschaft bietet regelmäßig fünftägige Schweigeexerzitien an. Zwei Arten von Exerzitien sollen den Teilnehmern aus allen Nationen und sozialen Schichten das Wort Gottes näher bringen. In den sogenannten Fundamentalexerzitien werden die Grundpfeiler des Glaubens und Evangeliums vermittelt. In den Vertiefungsexerzitien setzen sich die Teilnehmer mit bestimmten Glaubensthemen näher auseinander. Die Exerzitien sind geprägt durch intensive Zeiten des Gebetes, der Feier des Heiligen Messopfers und der eucharistischen Anbetung. Im Abschluss wird die Weihe an Jesus durch Maria nach Art des heiligen Ludwig Maria Grignion von Monfort abgelegt.

Missbrauchsvorwürfe und Untersuchungen

Im Jahr 2018 warfen 26 Frauen und bis im Jahr 2020 fast 50 Frauen Pater Finet vor, im Alter von zehn bis 14 Jahren bei ihm in der Beichte sexuell missbraucht worden zu sein. Weitere Missbrauchsvorwürfe richteten sich nicht nur an Finet, sondern auch an zusätzliche Personen der Foyers de Charité.[1]

Im September 2019 wurde von den Foyers de Charité eine unabhängige interdisziplinäre Untersuchungskommission eingesetzt, die vom Dikasterium für Laien, Familie und Leben beauftragt und von der französischen Bischofskonferenz beraten wurde. Sie hörte 143 betroffene Personen an und erstattete am 16. März 2020 Bericht. Darin wurde festgehalten, dass 13 Mitglieder der Foyers de Charité, einschließlich beider Priester, des sexuellen Missbrauchs seit etwa 1950 beschuldigt werden. Fünf Fälle betrafen die Zeit vor dem Jahr 2000, ebenso waren bei fünf Missbrauchsvorwürfen minderjährige Personen betroffen. Die Kommission verurteilte die Taten von Pater Finet scharf, weil sie die betroffenen Personen traumatisiert, ihre Würde beschädigt und dem Evangelium und dem Recht widersprochen haben.[2] Er wurde beschuldigt, in seiner Rolle als Beichtvater übergriffig geworden zu sein.[3] Pater Moïse Ndione und der internationale Rat der Foyers de Charité veröffentlichten am 7. Mai 2020 eine Pressemitteilung, worin sie die Taten von Pater Finet und weiteren Personen vorbehaltlos anerkennen und verurteilen und die Opfer um Vergebung bitten. Maßnahmen zur Vorbeugung und den Kampf gegen Missbrauch sind seit dem Juni 2017 eingeleitet worden und werden noch erweitert und verstärkt werden.[4]

Nach der Publikation der Vorwürfe gegen Pater Finet bildete sich eine Gruppe von 154 Personen, die sein gutes geistliches und moralisches Erbe bewahren wollten. Bei der Gruppe handelte es sich um ehemalige Schüler aus Châteauneuf-de-Galaure, 42 davon haben gegen unbekannt eine zivile Klage in Paris wegen Diffamierung der Erinnerung eines Toten eingereicht.[5] Französische Medien wie Réformé, Témoignage Chrétien und Paris Match berichteten im September 2020 darüber. Der Vorwurf, dass Finet Personen sexuell missbraucht hat, blieb bestehen. Zudem wurde auf das autoritäre Gehabe der internationalen Leitung der Foyers und anderer neuer Gemeinschaften aufmerksam gemacht.[6]

Am 7. November 2022 gestand Kardinal Jean-Pierre Ricard, einen sexuellen Übergriff in den späten Achtzigerjahren an einem 14-jährigen Mädchen begangen zu haben. Er war am 3. Februar 2022 von Kardinal Kevin Farrell, dem Kardinalpräfekten des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben zum päpstlichen Delegierten für die Leitung der Foyers de Charité ernannt worden, was auf gravierende Führungsprobleme hinwiesen hatte. Kardinal Michel Dubost ersetzte Ricard bereits im März 2022, weil dieser gesundheitliche Gründe geltend machte.[7]

Am 16. Juni 2023 wurde der französische Bischof von Angouleme, Hervé Gosselin, beschuldigt, als Leiter des Foyers von Tressaint bei Dinan in der Bretagne, geistliche und sexuelle Missbräuche nicht ernst genommen oder sogar vertuscht zu haben. Mehrere betroffene Frauen warfen dem Bischof vor, während seiner Amtszeit bis 2016 Einschüchterung, Verharmlosung und Verheimlichung sexueller Gewalt betrieben zu haben. Auch sein Vorgänger, Pater Andre-Marie van der Borght (1925–2004), sei stark betroffen, ihm und allenfalls weiteren Personen würden Missbrauch gegenüber ungefähr 90 weiblichen Personen angelastet. Gosselin verbot damals seinen Untergebenen, gegen Pater André-Marie Aussagen zu machen.[8][9][10]

Im März 2023 wurde eine unabhängige interdisziplinäre Untersuchungskommission eingesetzt, um Klarheit in die Missbrauchsvorwürfe gegen Georges Finet und die von ihm und Robin gegründete Gemeinschaft zu bringen. 143 betroffene Personen sollten bezüglich ihres geistlichen und sexuellen Missbrauchs befragt werden. Infolge Änderungen des Auftrags, der Auftraggeber und der Rahmenbedingungen trat die Kommission am 19. März 2024 zurück.[11]

Am 14. Januar 2025 kündigte die Gemeinschaft an, erneut eine unabhängige interdisziplinäre Untersuchungskommission einzusetzen, die die Aufgabe hat, ihre umstrittene Geschichte aufzuarbeiten. Gegen Finet liegen weiterhin Missbrauchsvorwürfe vor, und Robin hatte enge Beziehungen zu Personen des geistlichen und sexuellen Missbrauchs wie die Dominikaner Thomas Philippe und dessen Bruder Marie-Dominique Philippe, dem Gründer der Johannesgemeinschaft. Diese leiteten Exerzitien und hielten sich daher längere Zeit in den Foyers auf.[12] Nach dem Historiker Florian Michel wurden bislang sechs Priester, die während den Anfangszeiten in den Foyers tätig waren, als Missbrauchstäter identifiziert.[13]

Literatur

  • Matthias Haslauer: „Die schöne Mission Marias ist es, alle zu Jesus zu führen, die zu ihr kommen“ – Die Rolle Marias im Leben von Marthe Robin und den Foyers de Charité. Diplomarbeit, Wien 2003
  • Raymond Peyret: Marthe Robin 1902 - 1981. Das Kreuz und die Freude. 2. Aufl., Christiana, Stein am Rhein 1988, ISBN 3-7171-0863-8
  • Eva Sigert: Leiden ist Lieben: Die Spiritualität der Marthe Robin. Diplomarbeit, Wien 1987

Einzelnachweise

  1. Christian Modehn: Mystik als Betrug? Die populäre katholische Seherin Marthe Robin (Frankreich) wird vom glorreichen Sockel gestürzt, Website religionsphilosophischer-salin.de (24. September 2020, abgerufen am 21. August 2025)
  2. Summary of the essential information and conclusions of the multidisciplinary research commission on Fr Georges Finet, Website lesfoyersdecharite.com (pdf, 3. Mai 2020, englisch, abgerufen am 21. August 2025)
  3. Céline Hoyeau: "Abus sexuels", in La Croix vom 7. Mai 2020.
  4. Conclusions du rapport de la Commission de recherches sur le père Georges Finet – communiqué de presse, Website lesfoyersdecharite.com (7. Mai 2020, französisch, abgerufen am 22. August 2025)
  5. Foyers de charité: d’anciennes élèves portent plainte contre X, Website vaticannews.va (26. September 2020, abgerufen am 22. August 2025)
  6. Christian Modehn: Mystik als Betrug? Die populäre katholische Seherin Marthe Robin (Frankreich) wird vom glorreichen Sockel gestürzt, Website religionsphilosophischer-salin.de (24. September 2020, abgerufen am 21. August 2025)
  7. Luke Coppen: Papal delegate to Foyers de Charité resigns, Website pillarcatholic.com (19. Februar 2024, englisch, abgerufen am 22. August 2025)
  8. Alexander Brüggemann: artikel/vertuschungsvorwuerfe-gegen-weiteren-bischof-frankreich Vertuschungsvorwürfe gegen weiteren Bischof in Frankreich.Beschuldigter wehrt sich, Website domradio.de (16. Juni 2023, abgerufen am 21. August 2025)
  9. Missbrauch in Geistlichen Gemeinschaften, Foyers de charité, Website gottes-suche.de (abgerufen am 15. August 2025)
  10. Vertuschungsvorwürfe gegen weiteren Bischof in Frankreich. Es lägen Aussagen mehrerer betroffener Frauen vor, Website katholisch.de (16. Juni 2023)
  11. Maguelone Peuchot: Abus sexuels et spirituels: démission de tous les membres de la commission d'enquête sur les foyers de charité, Website rcf.fr (20. März und 4. April 2024, französisch, abgerufen am 21. August 2025)
  12. Frankreich: Eine neue Kommission untersucht die Foyers de charité, Website fsspx.news (25. April 2025, abgerufen am 15. August 2025)
  13. Raphäel Zbinden: Une nouvelle commission pour faire la lumière sur les Foyers de charité, Website cath.ch (16. Januar 2025, französisch, abgerufen am 21. August 2025)