Der Leibwächter von Gor
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Der Leibwächter von Gor, auch Die Chroniken von Gor – Der Wächter (Originaltitel: Guardsman of Gor) ist ein 1981 veröffentlichter Science-Fiction-Fantasy-Roman und der 16. der 38. Bände der Gor-Romanreihe des US-amerikanischen Autors John Norman. Er bildet zusammen mit Kampfsklave auf Gor und Der Schurke von Gor – an den er unmittelbar anschließt – eine Trilogie innerhalb der Reihe.
Die Handlung aus der Sicht des Ich-Erzählers Jason Marschall setzt unmittelbar an die Ereignisse aus Der Schurke von Gor an. Im vorherigen Buch begibt Jason sich auf die Suche der von ihm begehrten Beverly Henderson gemacht hatte, die wie er nach Gor verschleppt und dort versklavt wurde. In der Stadt Victoria am Fluss Vosk wird er fündig. Als er Beverly aus der Sklaverei freilässt, erweist sich jedoch, dass ihre Identität als Sklavin bereits zu tief in ihrer mentalen Auffassung verankert war, wie auch bei ihm die Identität der männlichen Dominanz. Als Beverly von den Flusspiraten entführt wird, entscheidet sich Jason mit Verbündeten dazu, die Piraten zu bekämpfen. In Der Leibwächter von Gor kommt es zur großen Schlacht mit den Flusspiraten und einer Neuordnung der Verhältnisse – auch für Jason und Beverly.
Der Roman war von 1987 bis 2012 in Deutschland als jugendgefährdende Schrift indiziert, wobei die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften in ihrer Entscheidung vor dem Hintergrund der im Buch enthaltenen Kajira-Thematik mit Verstößen gegen die Menschenwürde, Diskriminierung der Frau und der Gefahr der sittlichen Desorientierung von Kindern und Jugendlichen argumentierte. Die gesetzliche Indizierungsfrist von 25 Jahren lief 2012 aus und wurde nicht im Rahmen eines erneuten Prüfverfahren erneuert, sodass das Buch seither wieder in Deutschland frei verkauft werden darf.
Handlung

Vorgeschichte in Kampfsklave auf Gor und Der Schurke von Gor
Der New Yorker Doktorand Jason Marschall schwärmt für die attraktive, junge Studentin Beverly Henderson. Nach einem gemeinsamen Restaurantbesuch werden beide von der Erde auf den archaischen Planeten Gor entführt und dort in die Sklaverei verkauft. Am Ende von Kampfsklave auf Gor gelingt es Jason sich aus ihr zu befreien, er macht sich auf den Weg um Beverly zu finden. In Der Schurke von Gor findet er heraus, dass sie ihrem letzten Besitzer von Piraten geraubt wurde, die auf dem Fluss Vosk ihr Unwesen treiben. In der Stadt Viktoria, in der die Piraten faktisch die Kontrolle übernommen haben, wird Jason fündig; er kauft Beverly auf dem Sklavenmarkt und gibt ihr die Freiheit, da er sich aufgrund ihrer gemeinsamen Vorgeschichte Beverly als Sklavin nicht vorstellen kann. Tatsächlich aber ist Jason längst ein Nutznießer des goreanischen Systems, er hat seither selbst Frauen versklavt und vergewaltigt – und er sieht keine Veranlassung auf seine männlichen Privilegien zu verzichten.
Beverly ihrerseits ist tief traumatisiert, da sie völliger Entrechtung und wie die meisten Sklavinnen auch systematischer sexueller Gewalt ausgesetzt war. Um das Trauma zu bewältigen, hat Beverly wie andere versklavte Frauen auf Gor begonnen, ihr Schicksal dahingehend zu verklären, dass sie nur als Sklavin in der Unterwerfung unter den Mann wahre Weiblichkeit und sexuelle Lust erfahren könne. Sie ist zu sehr von ihren Erfahrungen in der Sklaverei geprägt, als dass sie tatsächlich mental-körperlich aus diesen Denkmustern wieder ausbrechen kann. Da Jason mit Beverly keine Beziehung führt, sondern er stattdessen regelmäßig mit Lustsklavinnen verkehrt, fühlt sich die unfreiwillig freigelassene Beverly in ihren – auch sexuellen – Bedürfnissen zurückgesetzt. Wiederholt bittet sie Jason, sie wieder zu versklaven – doch er weigert sich. Die Konflikte zwischen den beiden nehmen zu und Beverly beginnt sich in der gefährlichen Welt von Gor in leichtsinnige Situationen zu begeben. So öffnet sie etwa einem Fremden die Tür, der sich als Einbrecher herausstellt und sie vergewaltigt. Später besucht sie eine Taverne, in der auch die Mitglieder der Flusspiraten verkehren. Diese entführen Beverly und verschleppen sie als Sklavin in die Piratenfestung ihres Anführers Policrates.
Jason begibt sich als Bote getarnt zu den Piraten. Er erfährt, dass die Piraten des westlichen Laufs des Vosk-Flusses sich mit der Flotte des Ragnar Voskjard vom östlichen Oberlauf des Vosk vereinigen wollen. Als die Piraten ihm eine Lustsklavin für die Nacht anbieten, wählt er Beverly. Als diese zu ihm mit verbundenen Augen vorgeführt wird und erzählt, dass sie sich schon auf der Erde als Sklavin gefühlt habe und die Sklaverei liebe, da sie sie ihre wahre Weiblichkeit fühlen lasse, gibt Jason seine moralischen Grundsätze gegenüber Beverly auf. Ohne sich erkennen zu geben, vergewaltigt er sie mehrfach, wobei Beverly sich ihm bald hingibt. Am Morgen verlässt er sie und kehrt nach Victoria zurück. Dort erarbeitet er gemeinsam mit Verbündeten, unter ihnen der frühere Hauptmann Callimachus, einen Plan, um die Piraten zu stoppen. Sie stellen eine Flotte auf und spannen über den Vosk eine lange Sperrkette. Sie wollen die zahlenmäßig überlegenen Piraten in einer Seeschlacht besiegen, zu der es auch kommt.
Handlung in Der Leibwächter von Gor
Jason und seine Verbündeten stellen sich der überlegenen Piratenflotte. Sie halten der Übermacht stand, doch als die Sperrkette durchbrochen wird, wird ihre Situation zunehmend angespannter. Zu ihrem Entsetzen führen die Piraten weitere Schiffe heran, nachdem scheinbar Callisthenes, der Anführer der Männer von Port Cos, diese nicht aufgehalten, sondern vielmehr in Verrat durchgelassen hat. Jason schwimmt zum feindlichen Schiff Tamira unter dem Kommando von Reginald. In dessen Kajüte findet Jason Reginalds persönliche Sklavin Luta. Er nennt sie Shirley und vergewaltigt sie, ehe er sie entführt und gemeinsam mit ihr von der Tamira springt und zu den Schiffen seiner eigenen Flotte zurückschwimmt.
Die Schlacht dauert schon mehrere Tage. Zwar gelingt es den Piraten nicht durchzubrechen, doch sind Jason und seine Leute umzingelt. Jason will mit einer List die Blockade brechen, indem ein gestrandetes Feindschiff als Feuerschiff in die Reihen des Gegners gesteuert wird. In dem Schiffswrack findet Jason seine ehemalige Sklavin Lola vor, die von der eifersüchtigen Beverly verkauft wurde. Er benutzt sie als Lustsklavin. Das von Jason geplante Ablenkungsmanöver gelingt, es gelingt ihnen aus der Umklammerung auszubrechen und zu fliehen.
Durch eine weitere List gelingt es Jason und seinen Verbündeten die Piratenfestung bei Turmus zu übernehmen und den zurückkehrenden Piraten eine Falle zu stellen. Die Sieger ergötzen sich an den 89 Sklavinnen, die die Piraten in der Festung gefangen hielten. Kurz darauf stellen sie den Piraten eine Falle, doch erweist sich nun endgültig, dass Callisthenes ein Verräter ist und für die Piraten arbeitet. Ein großer Teil der Piraten entkommt der Falle. Diese drohen daraufhin die Stadt Victoria auszulöschen, wenn nicht die Piratenführer Kliomenes, Reginald und Callisthenes freigelassen und Jason und Callimachus als Gefangene ihnen übergeben werden. Um die Stadt zu schützen, stimmen Jason und seine Verbündeten den Forderungen zu, doch die Piraten wollen das wehrlose Victoria dennoch angreifen. Doch als sie mit ihren Schiffen landen erheben sich die Bewohner der Stadt und drängen sie zurück. Jason kann sich befreien und es gelingt ihm Ragnar Voskjard, den Oberanführer der Piraten, festzunehmen. Der Sieg ist vollkommen. Die Beute der Piraten wird aufgeteilt.
In Victoria trifft Jason in der Straße "der sich windenden Sklavin" auf Beverly Henderson. Die Sklavin erzählt, dass sie bei der Aufteilung der Kriegsbeute einem Mann zufiel, der sie nun als Münzmädchen anschaffen gehen lässt. Beverly fleht Jason an, sie für sein Vergnügen zu gebrauchen, damit sie später mit genug Geld zu ihrem Herrn zurückkehrt, dass er nicht unzufrieden ist und sie bestraft. Sie ist wieder vollständig von den Denkmustern einer goreanischen Sklavin geprägt und gesteht Jason, sich dies schon auf der Erde gewünscht zu haben. Jason gebraucht sie mehrfach als Sexsklavin. Beverly gesteht, dass sie sowohl in ihn als auch in den ihr unbekannten Boten von Ragnar Voskjard verliebt ist, der sie einst in der Festung von Policrates eine Nacht hindurch gewaltsam zwang, ihm als Sexsklavin zu dienen. Sie fleht Jason an, sie zu kaufen, doch er schickt sie zu ihrem Herrn zurück. Tatsächlich hat Jason die ganze Angelegenheit inszeniert – er ist Beverlys neuer Besitzer. Jason inszeniert eine weitere Szene, in der er sich Beverly wieder als maskierter Bote von Ragnar Voskjard zeigt, als der er damals auch Beverly in der Festung von Policrates vergewaltigte. Jason lässt Beverly erneut ihre Gefühle gestehen und vergewaltigt sie, ohne sich zu erkennen zu geben. Er ist entschlossen, ihre Sklavenidentität zu zementieren und bringt Peggy in sein Haus, das sie einst zusammen bewohnten. Hier offenbart er sich ihr als Jason. Beverly ist erschüttert. In ihr regt sich noch einmal der Glaube, dass sie doch noch aus der Sklaverei freigelassen werden könnte. Doch Jason verdeutlicht ihr, dass er längst ein goreanischer Mann geworden ist und dies nicht geschehen wird. Beverly muss sich endgültig mit ihrer Versklavung abfinden.
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Jason lädt seine sechs Freunde und Verbündeten zu einem Fest ein. Es kommen Glyco, das Mitglied aus dem Kaufmannsrat von Port Cos; Tasdron, der nun neuer Verwalter von Victoria ist; Aemilianus, der Anführer der Marine von Ar-Station, Calliodorus, der Kapitän der Tais, und Callimachus und Miles aus Vonda. Sie feiern nicht nur ihren Sieg, sondern auch das neue Militärbündnis der Vosk-Liga, einen aus neunzehn am Fluss Vosk liegenden Städten bestehenden Bund, der von Turmus im Westen bis White Water im Osten alle Vosk umfasst, mit Ausnahme von Ar-Station. Victoria wird zum Hauptsitz der Allianz. Die Piraten und ihre Anführer werden versklavt. Callimachus wird zum Anführer der Streitkräfte ernannt; er bestimmt Jason als seinen Stellvertreter. Die Männer verschenken untereinander Sklavinnen; Lola wird von Jason an Calliodorus übergeben, Shirley an Aemilianus, Tasdron verschenkt Peggy Baxter an Callimachus.
Nach Ende der Feier bleiben Jason und Beverly zurück. Jason verdeutlicht Beverly erneut, dass er sie wie eine goreanische Sklavin behandeln wird, die sie ist; dass Beverly für ihn an dem Platz ist, der ihr nach goreanischer Sichtweise biologisch zusteht. Und das Jason brutal und gewaltsam durchsetzen wird, dass sie dort bleibt. Beverly ihrerseits hat ihre alte Sklavenidentität wieder vollständig angenommen, dass sie die Sklaverei liebt und nur in ihre wahre Femininität erfahren könne. Sie gibt sich ihm hin. Beverly gesteht Jason, dass sie schon auf der Erde sich als Sklavin fühlte und dass sie sich wünschte nackt als Sklavin in seinen Armen zu liegen. Jason ihrerseits gesteht Beverly, dass er schon auf der Erde Phantasien gehabt hat, wie er Beverly als Sklavin besitzt und in seinen Armen hält.
Beverly erklärt, dass die "Schmerzen und die Scham von der Erde" nun vergangen seien. "Wie seltsam ich es einst auf der Erde empfunden hätte, wenn mir jemand gesagt hätte, ich würde meine erfüllung nur auf einer fremden Welt finden – angekettet am Hals, am Sklavenring eines Herrn." Beide gestehen sich ihre Liebe zueinander und zementieren ihre neue goreanische kulturelle Identität.
Veröffentlichung
Das englischsprachige Original Guardsman of Gor wurde 1981 veröffentlicht. 1985 veröffentlichte der Heyne-Verlag eine stark gekürzte deutsche Übersetzung.[1] In den 2000er-Jahren gingen die Rechte an den Gor-Büchern für deutsche Übersetzungen an den Basilisk-Verlag über, der das Buch nach Auslaufen der Indizierung in Deutschland im Jahr 2022 ungekürzt herausbrachte.[2]
Indizierung in Deutschland von 1987 bis 2012
Am 16. April 1987 wurde bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften der Antrag gestellt, den Roman Der Leibwächter von Gor (in seiner vom Heyne-Verlag herausgegebenen stark gekürzten deutschen Übersetzung) als jugendgefährdende Schrift zu indizieren.[3] Am 31. August 1987 entschied die Bundesprüfstelle zugunsten des Antragstellers und der Roman wurde nach § 15a GjS als jugendgefährdende Schrift indiziert und der Verkauf des Buchs im freien Handel verboten.[4] Die gesetzliche Indizierungsfrist von 25 Jahren lief 2012 aus und wurde nicht im Rahmen eines erneuten Prüfverfahren erneuert, sodass das Buch seither wieder frei in Deutschland verkauft werden darf.
Hintergrund
Das narrative Konzept der Kajira-Sklaverei findet sich in John Normans Gor-Romanen seit dem ersten Band, doch baute er es im Laufe der Reihe zunehmend aus. Mit dem 1977 erschienen siebten Band Sklavin auf Gor (Captive of Gor) rückte er die Kajira-Sklaverei wesentlich in den Fokus und brachte erstmals eine weibliche Hauptfigur als Ich-Erzählerin, die in die Sklaverei gezwungen wird – ihr Erleben der Welt von Gor als Kajira stellt die wesentliche Handlung dar.[5] Dieses Erzählkonzept setzte er noch in weiteren Bänden der Reihe fort, die daher als Kajira- oder Sklavinnen-Romane bezeichnet werden.[6] Auch in den anderen Romanen trat die Kajira-Thematik zunehmend in den Vordergrund und führte zu einer stark zunehmenden, teils heftigen Kritik an den Romanen.
1983 bewertete Peter Mauzy den ersten Kajira-Roman Sklavin auf Gor sowie den nachfolgenden Band Die Jäger von Gor als wichtigste Bände der Gor-Reihe, in der der zuvor untergeordnete Aspekt der weiblichen Sklaverei zum zentralen Thema der Gor-Reihe werde. Mauzy attestierte, dass die Handlung, Action, Storyline und Charakterentwicklung in den Hintergrund trete, während Norman fortan in langen expositorischen Passagen seine Philosophie der weiblichen Unterwerfung und männlichen Dominanz vermittle.[7] Zu demselben Schluss kam ebenfalls 1983 Robert Reginald.[8] David Langford beschrieb 1988 im SFX Magazine die Wandlung der späteren Romanreihe als „zu einer extrem sexistischen, sadomasochistischen Pornographie, in der Frauen rituell gedemütigt werden, und haben deshalb weithin Anstoß erregt“.[9]
In den späten 1980er-Jahren wurden das Erscheinen der Gor-Romane beim US-amerikanischen DAW Books Verlag eingestellt;[9] der Verlag argumentierte mit sinkenden Verkaufszahlen,[9] was David Langford als „dürftigen Vorwand“ beschrieb.[9]
Argumentation des Antragstellers
Der Antragsteller (in den offiziellen Dokumenten ist der Name geschwärzt) argumentierte in seiner Begründung für eine Indizierung, dass das Buch im besonderen Maße geeignet sei, Kinder und Jugendliche sittlich zu gefährden.[10] Es wirke frauendiskriminierend und reize zu Gewalttätigkeiten gegen Frauen an. Das Buch bestehe im Wesentlichen nur aus zwei Handlungssträngen, nämlich dem Kampf der Vosk-Liga gegen die Flusspiraten und der Beschreibung der Rolle der Frauen auf Gor, besonders durch die Figuren Jason Marshall und Beverly Henderson.[10] In seinen Beschreibungen versuche der Autor den Eindruck zu vermitteln, es sei das höchste Glück einer Frau und ihre natürliche Vorgabe, eine Sklavin zu sein. Damit werde die in "unseren Gesellschaften" vorherrschende Rolle der Frau als normales menschliches Wesen mit allen entsprechenden Rechten falsch und unnatürlich dargestellt und eine Vorherrschaft der Männer legitimiert.[10] Der Antragsteller nahm auf konkrete Textstellen Bezug (S. 57, 61, 70ff.)[10]
Gegenargumentation des Heyne-Verlags
Der Heyne-Verlag trat dem Antrag entgegen und beantragte schriftlich über seine Verlagsbevollmächtigten über den Indizierungsantrag nach § 9 Abs. 3 GjS zu entscheiden. Der Verlag hielt das Buch nicht für jugendgefährdend und die Gesamttendenz des Romans verstoße nicht gegen die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde.[10] Die im Buch dargelegte Welt von Gor weise keine Bezüge zur existenziellen Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland auf. Das Buch wirke auch nicht verrohend und enthalte sich jeglicher Detailbeschreibung sexueller und gewalttätiger Handlungen. Das Buch sei reine Fiktion, in der die gelebte und erlebte Welt des Lesers nichts miteinander zu tun habe. Die Argumentation des Antragstellers sei nicht korrekt und begründet wiedergegeben worden.[10]
Entscheidung und Begründung der Bundesprüfstelle
Die Bundesprüfstelle folgte in ihrer Entscheidung der Argumentation des Antragstellers und indizierte das Buch. Das Buch sei geeignet, Kinder und Jugendliche "sozialethisch zu desorientieren", wie das Tatbestandsmerkmal "sittlich zu gefährden" in § 1 Abs. 1 Satz 1 GjS auszulegen sei.[11]
Der Inhalt des Buches verstoße gegen die Menschenwürde und sei insbesondere frauendiskriminierend. Er verherrliche und verharmlose die Sklaverei, die auf dem Planeten Gor eine naturgegebene Herrschaftsform sei; eine Gleichbehandlung und Gleichwertigkeit aller Menschen sei auf Gor unbekannt. Wie in den übrigen Büchern des Gor-Zyklusses werde die Unterwerfung der Frau unter den Mann aus dem Naturrecht legitimiert. Die weibliche Sklaverei entspreche den Bedürfnissen von Frauen. Die Sklaven seinen Objekte mit denen nach Belieben verfahren werden könne.[11]
Die Bundesprüfstelle befand, dass durch die positive Schilderung der Sklaverei der höchste Verfassungswert der Bundesrepublik Deutschland, die Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes verletzt werde.[11]
Das Buch sei zudem frauendiskriminierend. Zwar werde auch männliche Sklaverei geschildert, die Versklavung der Frau stehe jedoch eindeutig im Vordergrund.[11] Mädchen und Frauen könnten nur in der Sklaverei glücklich sein, wobei auf konkrete Textstellen verwiesen wurde (S. 134, 138, 177 ff).[11] Die Bundesprüfstelle befand:
"Frauen sind in dem Taschenbuch nicht nur geborene Sklavinnen, sie werden auch zum sexuellen Konsumartikel und zur Wegwerfware für den Mann degradiert. Den Sklavinnen gefällt es, sich ihrem Herrn nackt und hingebungsvoll zu widmen. Sklavinnen sind nicht nur die hübschesten Frauen auf Gor, sie sind auch Sexbesessen. [...] Die Männer auf der Erde treten nicht als Sklavenherren auf, in dem sie der Gleichberechtigungsideologie anhängen, hungern sie auch ihre Frauen sexuell aus (S. 57). Nur der Geschlechtsverkehr mit einer Sklavin kann höchsten sexuellen Genuss verschaffen (S. 169 ff)."[12]
Besonders frustrierend müsse für den jugendlichen Rezipienten erscheinen, dass auf dem Planeten Gor sexuelle Wünsche durch die versklavten Frauen sofort und stets erfüllt würden, im Gegensatz zur Alltagsrealität, in der Frauen als Mitmenschen, Partner und Gleichberechtige eben nicht sexuell verfügbar seien.[12]
"Gerade der Dissens zwischen der im Buch propagierten Handlung und der von Jugendlichen erlebten Realität erweckt in durchschnittlichen Jugendlichen Frustrationen. Wunschvorstellungen nach einem Sklavenstaat bzw. nach einer Welt, in der alle Frauen nicht nur besonders hübsch sind, sondern auch sexuell dem Mann bedingungslos zur Verfügung stehen, werden beim Jugendlichen geweckt."[12]
Das Buch stimuliere Gewaltasuübungen gegenüber Frauen und Mädchen; es werde ein "Herrschergehabe von Männern" propagiert und damit eine sozialethische Desorientierung verstäkt.[12]
Die Bundesprüfstelle wies zudem die Argumentation des Heyne-Verlags zurück, dass die Fiktionalität des Romans keine Bezüge zur realen Gesellschaft habe, denn das propagierte Weltbild und die Unterwerfung der Frau könne durchaus Vorbildfunktion für Menschen auf der Erde haben.[12]
Das Buch sei daher geeignet, Kinder und Jugendliche sittlich zu gefährden und die Jugendgefährdung trete klar und unvoreingenommen dem Betrachter zweifelsfrei zutage.[12]
"Ein Taschenbuch, dass die Sklaverei verherrlicht, frauendiskriminierende Züge trägt und die Frau als billiges Sexualobjekt zeigt, ist offenbar jugendgefährdend im Sinne von § 15a GjS."[12]
Ausgaben
- John Norman: Der Leibwächter von Gor, Heyne Verlag, München 1985.
- John Norman: Die Chroniken von Gor – Der Wächter, Basilisk Verlag, Reichelsheim 2022, ISBN 978-3-947816-08-8
Einzelnachweise
- ↑ John Norman: Der Leibwächter von Gor, Heyne Verlag, München 1985.
- ↑ John Norman: Die Chroniken von Gor – Der Wächter, Basilisk Verlag, Reichelsheim 2022, ISBN 978-3-947816-08-8, 355 Seiten.
- ↑ Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, Pr. 227/87, Entscheidung Nr. 3064 (V) vom 16. Oktober 1987, bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr. 205 vom 31.10.1987, S. 1.
- ↑ Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, Pr. 227/87, Entscheidung Nr. 3064 (V) vom 16. Oktober 1987, bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr. 205 vom 31.10.1987, S. 4.
- ↑ Christophe Duret: Transfictionality, Thetic Space, and Doctrinal Transtexts: The Procedural Expansion of Gor in Second Life’s Gorean Role-playing Games, 2018, S. 10.
- ↑ Gorean Posts (Luther) - Barbarians of Gor.com - “slave” novels, abgerufen am 19. November 2024. Christophe Duret: Transfictionality, Thetic Space, and Doctrinal Transtexts: The Procedural Expansion of Gor in Second Life’s Gorean Role-playing Games, 2018, S. 10.
- ↑ Peter Mauzy: The Gor Novels, Survey of Modern Fantasy Literature, 2/1/1983, Bd./Jhrg. 2
- ↑ Robert Reginald: Xenograffiti: Essays on Fantastic Literature, Studies in the Philosophy and Cristicism of Literature, S. 73–75.
- ↑ a b c d David Langford: SFX Magazine, Ausgabe 39, Juni 1998.
- ↑ a b c d e f Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, Pr. 227/87, Entscheidung Nr. 3064 (V) vom 16. Oktober 1987, bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr. 205 vom 31.10.1987, S. 2.
- ↑ a b c d e Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, Pr. 227/87, Entscheidung Nr. 3064 (V) vom 16. Oktober 1987, bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr. 205 vom 31.10.1987, S. 3.
- ↑ a b c d e f g Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, Pr. 227/87, Entscheidung Nr. 3064 (V) vom 16. Oktober 1987, bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr. 205 vom 31.10.1987, S. 4.