Cédric Durand

Cédric Durand (* 1975) ist ein französischer Wirtschaftswissenschaftler. Er studierte Ökonomie und wurde anschließend Lehrender an der Université Paris 13 (heute Universität Sorbonne Paris-Nord). 2020 wurde er Professor am Department „Histoire, Économie et Société“ der Universität Genf. Dort lehrt er Politische Ökonomie und ist zugleich Mitglied des Centre d’économie Paris Nord[1].

Forschungsschwerpunkte

Durands Forschungsthemen liegen in der traditionellen politischen Ökonomie: Er untersucht Globalisierung, Finanzialisierung und strukturelle Veränderungen des zeitgenössischen Kapitalismus[2]. Seine Arbeit folgt einem marxistisch-regulationistischen Ansatz. Besonders wichtig ist Durand die Untersuchung der Digital- und Plattformökonomie. Er prägte das Konzept des Technoféodalisme (Technofeudalismus): Dabei geht er davon aus, dass einige wenige Tech-Konzerne mit ihren Datenmonopolen die Gesellschaft beherrschen und neue Formen von ökonomischer Rente abschöpfen. Diese Sicht betont die Abhängigkeit etwa von Google, Amazon & Co. Durand verbindet seine Kritik mit Alternativmodellen: Er spricht sich für einen sogenannten Cyber-Ökosozialismus aus, in dem technologische Innovationen unter sozial-ökologischen Prinzipien stehen[1].

Rezeption seiner Arbeiten

Durands Thesen fanden breite Beachtung – vor allem in linksintellektuellen und ökonomiekritischen Kreisen. Beispielsweise lobte die Zeitschrift Contretemps sein Buch Technoféodalisme als eine gewagte und fundierte Theorie zur digitalen Wirtschaft[3]. Auch das Online-Portal La Vie des idées und andere Fachzeitschriften diskutierten sein technofeudalistisches Modell ausführlich. Gleichzeitig gab es Kritik: Der Technik-Kritiker Evgeny Morozov lehnte den „Techno-Feudalismus“-Begriff ab und argumentierte in der New Left Review, der digitale Kapitalismus sei im Kern immer noch klassisch kapitalistisch. Durand reagierte darauf mit einem eigenen Beitrag in dieser Zeitschrift und verteidigte die Notwendigkeit, die spezifischen Dynamiken der Digitalwirtschaft getrennt zu analysieren[4].

In den Medien wurde Durand ebenfalls wahrgenommen. So berichtete Le Monde im März 2025, der griechische Ökonom Yanis Varoufakis habe Durands Technoféodalisme gelesen und sich davon inspirieren lassen[5]. In seinem Artikel wurde hervorgehoben, dass Durand eine ähnliche Analyse liefert: Eine Logik des Raubes habe das Kapitalismusmodell aus dem Ruder laufen lassen, was zu stagnierendem Wachstum geführt hat[5]. Auch linke Magazine wie Politis führten Interviews mit Durand zu Themen der Plattformökonomie und sozialen Transformation[6]. Insgesamt wird er als parteiübergreifend (wenn auch linksorientiert) anerkannter Experte für Digitalisierung und Finanzkapitalismus beschrieben.

Rolle in aktuellen Debatten

Durand engagiert sich aktiv in wirtschaftspolitischen Debatten, insbesondere auf der linken Seite des Spektrums. 2023 übernahm er eine Professur am Institut La Boétie, dem Thinktank der Partei La France insoumise. Dort entwickelt er Politikvorschläge, die Technologie, Sozialismus und Ökologie verknüpfen. Sein Konzept eines Cyber-Ökosozialismus etwa will digitale Innovationen im Sinne einer ökologisch ausgerichteten Planung nutzen[1]. Mit Razmig Keucheyan veröffentlichte Durand 2024 das Buch Comment bifurquer, in dem die ökologischen Umbauprinzipien erörtert werden, und 2025 das Buch Faut-il se passer du numérique…, das Digitalisierung und Klimaschutz zusammendenkt. Durch seine Beiträge bei La Boétie und in den Économistes atterrés prägt Durand damit die Diskussionen um eine sozial-ökologische Wende und die Regulierung der Big-Tech-Unternehmen[1].

Werke (Auswahl)

  • En finir avec l’Europe (Hrsg.), La Fabrique 2013
  • Le capital fictif. Comment la finance s’approprie notre avenir, Les Prairies ordinaires 2014 (Analyse der Finanzialisierung)
  • Penser la monnaie et la finance avec Marx (Hrsg. mit Bellofiore, Cohen, Orléan), Presses Univ. Rennes 2018 (Band über Geld- und Finanzsysteme aus marxistischer Perspektive)
  • Technoféodalisme. Critique de l’économie numérique, La Découverte 2020 (Kritik der Digital- und Plattformökonomie)
  • Comment bifurquer. Les principes de la planification écologique (mit Razmig Keucheyan), La Découverte 2024 (Über ökologisches Wirtschaften und Planung)
  • Faut-il se passer du numérique pour sauver la planète ?, Amsterdam 2025 (Diskussion Digitalisierung versus Klimapolitik)

Einzelnachweise

  1. a b c d Cédric Durand. Institut la Boétie [1]
  2. Cédric Durand. THE NEW INSTITUTE [2]
  3. Coordonner pour dominer. À propos de Technoféodalisme, de Cédric Durand. CONTRETEMPS [3]
  4. Cédric Durand, Scouting Capital’s Frontiers. NLR 136, July-August 2022 [4]
  5. a b Le « techno-féodalisme » une expression venue de la science-fiction pour désigner la mutation du capitalisme. Le Monde [5]
  6. Cédric Durand : « Nous sommes dépendants des plateformes comme autrefois des seigneurs ». POLITIS [6]