Gothawagen T4-62
| Gothawagen T4-62 BVG TDE 58, TDE 61 | |
|---|---|
![]() Berliner Großraumzug auf der Uferbahn, 1962
| |
| Nummerierung: | 8002–8067 (Tw BVG) 3002–3123 (Bw BVG bis 1970) 218 001–066 (Tw BVG ab 1970) 268 001–122 (Bw BVG ab 1970) |
| Anzahl: | 66 Triebwagen 122 Beiwagen |
| Hersteller: | VEB Waggonbau Gotha |
| Baujahr(e): | 1958, 1961–1964 |
| Ausmusterung: | bis 1996 |
| Achsformel: | Bo'Bo' (Tw) 2'2' (Bw) |
| Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
| Länge über Kupplung: | 14.870 mm |
| Länge: | 14.103 mm (Wagenkasten) |
| Höhe: | 3.065 mm |
| Breite: | 2.200 mm |
| Drehzapfenabstand: | 5.500 mm |
| Drehgestellachsstand: | 1.950 mm |
| Kleinster bef. Halbmesser: | 16 m |
| Leermasse: | 18,0 t (Tw) 12,0 t (Bw) |
| Höchstgeschwindigkeit: | 60 km/h |
| Raddurchmesser: | 660 mm |
| Antrieb: | Gelenkwellen |
| Sitzplätze: | 25 (Tw) 28 (Bw) |
| Fußbodenhöhe: | 725–840 mm |
| Die technischen Daten beziehen sich auf die Serienfahrzeuge | |
Bei den Gothawagen des Triebwagentyps T4-62 (Triebwagen mit vier Radsätzen, Erstbaujahr 1962) und den dazugehörigen Beiwagen der Typen B4-61 und B4-62 handelte es sich um Großraumfahrzeuge, die Anfang der 1960er Jahre beim VEB Waggonbau Gotha für die Straßenbahnbetriebe in Berlin, Dresden und Magdeburg hergestellt wurden. Der erste Prototyp wurde 1958 nach Berlin ausgeliefert und später an die Serienfahrzeuge angepasst. Bis 1970 gelangten die Dresdner und Magdeburger Wagen ebenfalls nach Berlin, wo sie bis 1996 im regulären Einsatz waren. Von acht Fahrzeugen ist der Verbleib bekannt, je ein Trieb- und ein Beiwagen befinden sich in Magdeburg (2016 verschrottet) und Dresden (betriebsfähig für Sonderfahrten) sowie zwei Trieb- und ein Beiwagen in Berlin, darunter auch der Triebwagen-Prototyp von 1958. Ein Triebwagen steht im Eingangsbereich des Eisenbahn- und Technikmuseums in Prora auf Rügen.
Geschichte


In der Anfangszeit der DDR wurden fast ausschließlich zweiachsige Straßenbahnwagen gebaut. Insbesondere die Betreiber der größeren Netze Berlin, Halle (Saale), Leipzig, Dresden und Magdeburg verlangten jedoch Großraumwagen, von denen sie die Einsparung eines Schaffners bei einem Zweiwagenzug gegenüber einem Zweiachser-Dreiwagenzug erwarteten. Außerdem sprachen sie sich für eine Höchstgeschwindigkeit über 50 km/h aus, um nach entsprechenden Streckenausbauten Fahrzeiten verkürzen und dadurch Kurse einsparen zu können.[1] Zunächst wurde im LOWA-Werk Werdau ein Prototypzug gebaut und in Berlin erprobt (BVG-Typ TDE 52/BDE 52). Wegen seiner Breite von 2,5 Metern konnte er allerdings nur eingeschränkt eingesetzt werden. Außerdem wurde kurz darauf die Straßenbahnfahrzeugfertigung der DDR zum VEB Waggonbau Gotha verlagert.
1956 begann stattdessen der VEB Waggonbau Ammendorf mit der Entwicklung von Großraumwagen in der bei DDR-Betrieben verbreiteten Breite von 2,2 Metern. Diese waren zunächst meterspurig und primär für die Überlandstrecken der Straßenbahn Halle (Saale) geplant. In Ammendorf entstanden die vollständigen Zeichnungssätze, zwei Vorführmodelle der Front und teilweise auch die Wagenkästen eines Prototypzugs. Die Staatliche Plankommission sah mit dem Projekt jedoch die Erfüllung wichtiger Ammendorfer Exportaufträge im Eisenbahnbereich gefährdet und war nicht damit einverstanden, dass diese modernen Fahrzeuge zuerst nach Halle geliefert werden sollten. Stattdessen sollte vorrangig der Fahrzeugbestand der Hauptstadt Berlin modernisiert werden. Sie verfügte deshalb die Vollendung des Prototypzugs beim VEB Waggonbau Gotha und die Umkonstruktion auf Normalspur. Selbst in Fachkreisen gelten die Fahrzeuge dennoch als reine Gothaer Eigenentwicklung.[1]
Der Prototypzug aus einem Trieb- und einem Beiwagen (auch Musterzug genannt) wurde schließlich im Juli 1958 fertiggestellt. Die bis dahin entstandenen Kosten betrugen 1,5 Millionen DM. Die Erprobung erfolgte in Berlin, wo der Triebwagen die Nummer 8002 und der Beiwagen die Nummer 3002 erhielt. Vom 7. Dezember 1959 bis 31. Dezember 1961 wurde der Zug im Fahrgastbetrieb eingesetzt – wie bereits beim TDE 52 auf der Schmöckwitz–Grünauer Uferbahn (Linie 86). 1961 erfolgte die Erprobung wieder weitgehend außerhalb des Fahrgastbetriebs, nun mit einem Fokus auf Laufeigenschaften, Lärmpegel, Langzeiterprobung von Fahrmotoren und Getriebe sowie Verschleißverhalten der gummigefederten Radsätze. Nach dieser mit drei Jahren ungewöhnlich langen Testphase kaufte die BVG den Zug im Dezember 1961 für 306 000 DM.[1] Gemäß dem 1934 eingeführten Typenschlüssel der BVG wurden die Wagen als TDE 58 bzw. BDE 58 geführt. Ausgeschrieben bedeuteten diese Kürzel Einrichtungs-Drehgestell-Trieb- bzw. Beiwagen mit dem Baujahr 1958. Der Prototyp-Zug wurde später den Serienfahrzeugen äußerlich angepasst. Die Fensteraufteilung und die vordere schmalere Tür (beim Triebwagen) blieben dabei erhalten.

Als Erkenntnis aus dem Versuchsbetrieb der Prototypen sollte die Konstruktion insbesondere in Hinblick auf konsequentere Anwendung der Leichtbauweise, Anwendung der in Gotha vorhandenen Fertigungstechnologien und Angleichung von Komponenten an die anderen Gothawagentypen angepasst werden. Auch Änderungswünsche der Verkehrsbetriebe, die die Wagen potenziell einsetzen würden, wurden berücksichtigt. In Kombination mit der langen Erprobungszeit der Prototypen führte dies dazu, dass der VEB Waggonbau Gotha die Serienproduktion erst im Frühjahr 1961 aufnehmen konnte. Die Betriebe hatten hohe Stückzahlen als Bedarf angemeldet. Für Berlin waren dies 160 Züge bis 1970, für Leipzig mindestens 120, für Dresden zunächst 60 und für Magdeburg zunächst 30. Dabei war von Anfang an klar, dass die Fertigungskapazitäten nicht ausreichten, um solche Mengen zu liefern. Insbesondere sollte die Produktion der Zweiachser und Gelenkwagen nicht reduziert werden, um die für diese vorliegenden Exportaufträge aus der Sowjetunion und die Bedarfe mittlerer und kleinerer DDR-Betriebe zu erfüllen.[1]
Zu Anfang der Serienproduktion konnten noch keine Triebwagen gebaut werden, weil der VEB LEW Hennigsdorf unter anderem die Fahrmotoren und die Fahrschalter nicht rechtzeitig zulieferte. Deshalb entstand zunächst nur der Beiwagentyp B4-61 mit 18 Exemplaren für die Straßenbahn Berlin. Im April 1962 begann schließlich auch die Fertigung der Triebwagen, die demzufolge T4-62 genannt wurden. Die Beiwagen wurden noch einmal etwas weiterentwickelt, so dass der Beiwagentyp B4-62 entstand.[1] Bis 1964 wurden insgesamt 32 Trieb- sowie 88 Beiwagen in die Hauptstadt ausgeliefert. In Berlin wurden die Wagen gemäß dem Typenschema als TDE 61 bzw. BDE 61 geführt. Ferner erhielten die Bezirksstädte Magdeburg und Dresden 14 bzw. 19 Züge. Die Leipziger Verkehrsbetriebe hingegen erhielten stattdessen Fahrzeuge des Typs G4 in großer Anzahl.
1961 stellte der VEB Waggonbau Gotha einen B4-61 auf der Leipziger Messe, 1962 einen T4-62 und einen B4-62. Eine zuvor beabsichtigte Präsentation der Prototypen war dem Hersteller noch untersagt worden, weil stattdessen der Tatra T3 gezeigt werden sollte, obwohl dessen erste Exemplare erst 1960 entstanden.[2] Im März 1964 wurde auch ein Triebwagen aus der laufenden Serienfertigung als Referenzfahrzeug für den Export in die Sowjetunion im dort üblichen Farbschema lackiert und nach Moskau geliefert. Dort wurde er auf der Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft präsentiert. Die Bemühungen um Exportaufträge für Wagen in Russischer Breitspur blieben jedoch erfolglos. Das Fahrzeug kehrte anschließend in die DDR zurück und wurde umlackiert. Im Spätsommer 1964 stellte der VEB Waggonbau Gotha die Produktion der Großraumwagen schließlich komplett ein, obwohl sie sich bewährt hatten und weiterer Bedarf bestand. Die Fertigungskapazitäten waren stattdessen für auf den Großraumwagen basierende Gelenkwagentypen vorgesehen, deren Produktion jedoch nicht mehr zustande kam.[1]
| bis 1970 | ab 1970 | frühere Nummern |
|---|---|---|
| 8002–8034 3002–3090 |
218 001–033 268 001–089 |
|
| 8035–8053 3091–3109 |
218 034–052 268 090–108 |
1731–1749 2001–2019 ex Dresden |
| 8054–8067 3110–3123 |
218 053–066 268 109–122 |
431–444 561–574 ex Magdeburg |
Die Gothaer Großraumwagen bildeten in den drei Betrieben jeweils relativ kleine Gruppen im Fahrzeugbestand. Gegen Ende der 1960er wurde deshalb eine sogenannte Typenbereinigung durchgeführt: Berlin erhielt alle Gothaer Großraumwagen, Dresden und Magdeburg stattdessen neue Tatra T4D in größerer Anzahl.[2][3] Dresden, wo die Wagen hauptsächlich auf der Linie 7 (Wölfnitz – Weixdorf) eingesetzt worden waren,[3] übergab seine 19 Züge in den Jahren 1968/69 nach Berlin, Magdeburg seine 14 Züge in den Jahren 1969/70. Damit waren die Gothaer Großraumwagen ab 1970 ausschließlich in Berlin im Einsatz. Im gleichen Jahr führte die BVB (VEB Kombinat Berliner Verkehrsbetriebe) ein an der Deutschen Reichsbahn orientiertes EDV-Baureihenschema ein. Für die Straßenbahn wurde der 200er Zahlenbereich reserviert. Die Züge wurden entsprechend aufgeteilt.
Eingesetzt wurden die Züge aus T4-62 und B4-61 bzw. B4-62 zunächst auf Köpenicker Linien, während die überzähligen Beiwagen auch im innerstädtischen Netz hinter zweiachsigen Rekotriebwagen in Einrichtungsbauart eingesetzt wurden. Nach Übernahme der Wagen aus Dresden und Magdeburg waren diese Züge fast im gesamten Stadtgebiet anzutreffen. 1993 wurden die Fahrzeuge nach Oberschöneweide umstationiert und hatten ihr Einsatzgebiet ausschließlich in Köpenick. Bereits ab 1980 wurden die ersten Wagen ausgemustert, nachdem die BVB Mitte der 1970er Jahre die ersten Gelenktriebwagen vom Typ Tatra KT4D aus Prag bezogen hatte. Der vermehrte Einsatz der KT4D sowie ab 1988 der Einsatz der kürzeren, gelenklosen Tatra T6A2 beschleunigten diesen Prozess. Vorrangig wurden die überzähligen Beiwagen ausgemustert. Am 31. Dezember 1991 standen bei der BVG lediglich 15 Züge noch zur Verfügung. Bis 1995 wurden auch diese Züge aus dem Betrieb entfernt. Das offizielle Einsatzende war am 1. Juni 1996. Zum Ende der Einsatzzeit kam es aufgrund vorrangiger Ausmusterung der Triebwagen wegen Ersatzteilmangels nochmals zum Einsatz von B4-61 hinter Rekotriebwagen. Nach der Ausmusterung der Wagen gelangten je zwei Wagen nach Dresden (218 037 & 268 104) sowie nach Magdeburg (218 063 & 268 114, beide Wagen 2016 jedoch verschrottet). Die beiden Züge waren ursprünglich in diesen Städten beheimatet. In Berlin verblieben die Triebwagen 218 001 und 025 sowie der Beiwagen 268 058.
Technische Merkmale
Prototypen
Die Wagen waren als vierachsige Einrichtungs-Großraumwagen ausgelegt. Sie verfügten über drei elektrisch betätigte Türen, von denen die mittlere und hintere als doppelseitige, die vordere als einfache Falttür ausgeführt waren. Die Bauweise der Türen inklusive der Trittstufenbeleuchtung übernahm der Waggonbau Gotha auch für seine Gelenkwagen. Wie bereits beim TDE 52/BDE 52 wurde der Fußboden zur Verbesserung der Einstiegsverhältnisse an den Enden niedriger ausgeführt. Auch die Anordnung von Rampen statt Stufen zwischen den verschiedenen Bodenhöhen – ein Unterschied zu ähnlichen Entwicklungen in Westdeutschland[4] – wurde übernommen. Es standen im Triebwagen 26, im Beiwagen 28 Sitzplätze zur Verfügung. Diese waren mit Schaumgummi gepolstert und mit dunkelgrünem Kunstleder überzogen. Sie wurden alle in Fahrtrichtung ausgerichtet. Auf der linken Seite und hinter der Mitteltür auch auf der rechten Seite waren Einzelsitze angeordnet, vor der Mitteltür auf der rechten Seite Doppelsitze. Jeweils an der hinteren Tür gab es einen Schaffnerplatz mit Sprechanlage. Der Fahrgastraumbeleuchtung dienten wie beim Gothawagen T57 Leuchtstoffröhren mit Piacryl-Abdeckung. In dieses Leuchtband ebenfalls mit Piacryl-Abdeckung integriert waren die Lautsprecher, wie dies bei den Zweiachsern erst ab dem T59 angewendet wurde.[1]
Die Drehgestelle hatten einen geschweißten Rahmen aus Stahl. Diejenigen des Triebwagens wurden von je zwei längs liegenden, mit Metall-Gummi-Elementen abgefederten Halbspannungsmotoren angetrieben. Diese waren paarweise in Reihe geschaltet (Gruppe 1 auf ersten und dritten Radsatz wirkend, Gruppe 2 auf zweiten und vierten Radsatz). Die Steuerung erfolgte über einen in Wagenmitte unter dem Fußboden angeordneten Zentralfahrschalter mit Druckknopf-Betätigung. Dieses Prinzip kam bereits bei den Dresdner Hechtwagen zum Einsatz. Auch vom Grundriss her erinnerten die Gothawagen mit ihren verjüngten Wagenenden leicht an die Hechtwagen. Der Fahrschalter selbst war jedoch eine Neuentwicklung des VEB LEW Hennigsdorf mit 21 Fahr- und 19 Bremsstufen, die StNFB 3 z genannt wurde. Die 24-Volt-Kleinspannungsanlage entsprach im Wesentlichen den T57. Der Scherenstromabnehmer fast genau mittig über dem führenden Drehgestell des Triebwagens angeordnet. Im Triebwagen wurde, erstmals bei einem Straßenbahnwagen in der DDR, ein Bandtachometer eingebaut, der später unverändert auch bei den Serien-Großraumwagen und anderen Gothawagen Anwendung fand.[1]
Die aus Stahl geschweißten Wagenkästen ähnelten trotz ihrer Herkunft aus Ammendorf prinzipiell denjenigen des T57. Allerdings waren die Seitenfenster schmaler als bei diesen. Zwischen den Türen waren jeweils drei von diesen angeordnet, abwechselnd mit klappbaren und zweiteilig ausstellbaren Oberteilen. Die Fensteranordnung der linken Seite entsprach der Einstiegsseite, allerdings mit zusätzlichen Fenstern statt der Türen. Auch war die Dachhaube niedriger als bei den in Gotha entwickelten Zweiachsern. Ein optisch besonders auffälliges Merkmal war die sehr stark (30 Grad) geneigte Frontscheibe des Triebwagens. Die Neigung diente dazu, Blendungen der Fahrer zu vermeiden. Anders als bei den Serienwagen wurde die Verkleidung der Triebwagenfront so weit heruntergezogen wie an den Seiten und mit einer nur dem Aussehen dienenden Stoßstange versehen. Am Heck des Triebwagens und an der Front des Beiwagens wurde eine Sonderausführung der Scharfenbergkupplung angeordnet.[1]
Die Bremssysteme des Triebwagens umfassten eine per Fußhebel zu betätigende Widerstandsbremse, vier Magnetschienenbremsen und zwei Handbremsen. Die vordere Handbremse war dabei vom Führerstand aus durch einen Ratschenhebel zu bedienen, die zweite, nur beim Abstellen zu verwendende, durch ein hinten im Fahrgastraum befindliches Handrad. Eine Sandstreueinrichtung wirkte bei Vorwärtsfahrt auf den ersten und den dritten Radsatz, bei Rückwärtsfahrt auf den vierten. Der Beiwagen erhielt eine Solenoidbremse, vier Magnetschienenbremsen und eine der hinteren des Triebwagens entsprechende Handbremse.[1]
Serienfahrzeuge
Die Änderungswünsche gegenüber den Prototypen, die die Verkehrsbetriebe für die Serienfahrzeuge vorbrachten, umfassten unter anderem eine Veränderung der Sitzanordnung, die Verlegung des Schaffnerplatzes an die vordere Tür, Verbesserungen an Linien- und Zielanzeige, eine Verbreiterung der vorderen Tür auf das Maß der anderen beiden, die Verwendung standardmäßiger Scharfenbergkupplungen zwecks Kuppelbarkeit mit anderen Typen sowie fest eingebaute Hilfskupplungen an Triebwagenfront und Beiwagenheck. Die vordere Tür konnte zwar breiter und nun als doppelseitige Falttür ausgeführt werden, blieb mit 1240 mm aber etwas schmaler als die mittlere und die hintere Tür. Die gewünschte Veränderung der Sitzanordnung bestand darin, dass auf der rechten Seite nun die Einzelsitze vor und die Doppelsitze hinter der Mitteltür angeordnet wurden. Zur wirtschaftlicheren Produktion sah der Hersteller nun die gleichen Fenster wie bei den anderen Gothawagentypen vor. Aufgrund ihrer größeren Breite gab es nun nur noch je zwei statt drei Fenster zwischen den Türen und sie erhielten alle klappbare Oberteile. Die äußerliche Erscheinung wurde durch eine Veränderung der Triebwagenfront deutlich verändert. Neben der Integration der fest eingebauten Hilfskupplungen (für Berlin und Magdeburg Albertkupplungen, für Dresden Trompetenkupplungen) wurde die zuvor charakteristische starke Neigung der Frontscheibe auf das Maß der Heckscheibe verringert.[1]
Die Drehgestelle wurden prinzipiell beibehalten, die Abfederung der Radsätze jedoch verändert. Als Fahrschalter wurde weiterhin der Typ StNFB 3 z verwendet, allerdings in einer weiterentwickelten Variante mit 21 Fahr- und nur noch 18 Bremsstufen. Als weitere Neuerung erhielten die Triebwagen Fangnetze. Der Betätigung der (hinteren) Handbremse diente nun eine Kurbel statt eines Handrads. Die Rückleuchten wurden in der gleichen Weise wie beim T59 und B59 ausgeführt.[1]
Ab 1962 wurde eine Variante der Scharfenbergkupplung mit zusätzlichen Gummischeiben zur Abfederung gegen Stoß- und Zugbelastungen eingebaut. Außerdem kam eine mechanische Abreißbremse hinzu. Ab 1963 wurden die seitlichen Linien- und Zielanzeigen nicht mehr unten im Seitenfenster nach der ersten Tür eingebaut, sondern in der Dachhaube. Dies ging auf einen Wunsch der Dresdner Verkehrsbetriebe zurück, betraf aber auch die nach Berlin und Magdeburg gelieferten Wagen. Ebenfalls in diesem Jahr wurden die Rückleuchten auf die Bauform des Pkw Wartburg umgestellt.[1]
Bei der Ausführung 1964, kurz auch als Typ T4-62/64 und B2-62/64 bezeichnet, waren alle Fahrzeuge für den schaffnerlosen Betrieb ausgerüstet, nachdem dies im Baujahr 1963 bereits bei manchen Wagen der Fall war. Dies bedeutete einen Entfall der Schaffnerplätze, dafür jedoch die Ausrüstung mit orangen Warnleuchten an den Einstiegen und Notbremstastern im Fahrgastraum. Weiterhin erhielt die Ausführung 1964 anders ausgeführte Türen, Türschächte, Trittstufenbeleuchtungen und Türantriebe. Auch wurde die Fahrgastraumbeleuchtung auf Glühlampen umgestellt.[1]
Nicht umgesetzte Gelenkwagenentwürfe
Ab 1960 entwickelte der VEB Waggonbau Gotha auf Grundlage der Großraumwagen Gelenkfahrzeuge, die zuletzt die Projektnamen T4G, B4G und G6-64 trugen. Die Pläne zu ihrer Fertigung zerschlugen sich endgültig durch einen 1965 abgeschlossenen, vom Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe initiierten Spezialisierungsvertrag, der die Einstellung der Straßenbahnfahrzeugproduktion in der DDR vorsah. Dazu gehörte auch die 1965 erfolgte Übergabe dieser Gelenkwagenentwürfe an Vagonka Tatra Smíchov.[5]
Der G6-64 (Gelenktriebwagen mit sechs Radsätzen, geplantes Erstbaujahr 1964) war als dreiteiliges, etwa 25 Meter langes Fahrzeug mit aufgesattelten Endteilen und relativ kurzem Mittelteil geplant. Die Drehgestelle an den Enden sollten denjenigen des T4-62 entsprechen, das Drehgestell in der Mitte hingegen einen etwas größeren Achsstand von 2500 mm aufweisen. Das führende Drehgestell sollte dabei das mittlere mechanisch anlenken. Im letzten Entwurf waren vier doppelseitige Falttüren vorgesehen, in den Endteilen jeweils vor bzw. hinter dem Drehgestell sowie direkt vor bzw. hinter dem jeweiligen Gelenk. Zwischen den Türen waren jeweils drei Fenster vorgesehen. Die vordere Tür sollte wie bei den Großraumwagen etwas schmaler als die anderen sein. Eine Scharfenbergkupplung am Heck sollte die Zugbildung mit einem B4 ermöglichen. Interesse und teils auch bereits Bestellungen für den G6-64 hatte es aus Berlin, Leipzig und Dresden gegeben. Obwohl der Ostberliner Magistrat den Bedarf der BVG an solchen Fahrzeugen betonte, gab die Staatliche Plankommission den Bau jedoch nicht mehr frei.[5][2][6]
Der T4G war als Kurzgelenktriebwagen vorgesehen. Die beiden Wagenteile sollten den Endteilen des G6-64 entsprechen. Die mechanische Ansteuerung des Gelenks durch die Drehgestelle war in einer ähnlichen Ausführung wie bei den Bremer Kurzgelenkwagen geplant. Zur Motorisierung waren zwei Varianten vorgesehen - der bei den Zweiachsern und beim G4 verwendete Motorentyp für kleinere Betriebe, die beim T4-62 verwendeten Halbspannungsmotoren für größere Betriebe. Der B4G wäre die Beiwagenvariante gewesen. Der T4G-Entwurf diente schließlich ČKD Tatra als Anregung zur Entwicklung des KT4.[5]
Literatur
- Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin e.V. (Hrsg.): Historische Nahverkehrsfahrzeuge Berlin und Brandenburg. Verlag GVE, Berlin 2001, ISBN 3-89218-027-X, S. 54.
- Sigurd Hilkenbach, Wolfgang Kramer: Die Straßenbahn der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG-Ost/BVB) 1949–1991. transpress Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-613-71063-3.
- Ivo Köhler: Straßenbahn-Großraumwagen aus der DDR: Berlin, Dresden, Leipzig, Magdeburg. VBN Verlag Bernd Neddermeyer, Berlin 2015, ISBN 978-3-941712-46-1.
- Peter Kalbe, Hans Wiegard: Straßenbahnwagen aus Gotha. 1. Auflage. Verlag Dirk Endisch, Korntal-Münchingen 2006, ISBN 978-3-936893-33-5, S. 101–109.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n Peter Kalbe, Hans Wiegard: Straßenbahnwagen aus Gotha. 1. Auflage. Verlag Dirk Endisch, Korntal-Münchingen 2006, ISBN 978-3-936893-33-5, S. 101–109.
- ↑ a b c Peter Kalbe, Hans Wiegard: Straßenbahnwagen aus Gotha. 1. Auflage. Verlag Dirk Endisch, Korntal-Münchingen 2006, ISBN 978-3-936893-33-5, S. 21.
- ↑ a b Michael Kochems: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 18: Sachsen (1). EK-Verlag, Freiburg 2017, ISBN 978-3-8446-6854-4, S. 162.
- ↑ Klaus Meschede, Axel Reuther, Josef Schöber: Straßenbahn-Großraumwagen. EK-Verlag, Freiburg 2017, ISBN 978-3-8446-6850-6, S. 193.
- ↑ a b c Peter Kalbe, Hans Wiegard: Straßenbahnwagen aus Gotha. 1. Auflage. Verlag Dirk Endisch, Korntal-Münchingen 2006, ISBN 978-3-936893-33-5, S. 138–140.
- ↑ Peter Kalbe, Hans Wiegard: Straßenbahnwagen aus Gotha. 1. Auflage. Verlag Dirk Endisch, Korntal-Münchingen 2006, ISBN 978-3-936893-33-5, S. 163.
