Zvi Thau

Zvi Thau (2008)

Zvi Yisrael Thau (hebräisch צבי ישראל טאו; * 1. Januar 1938 in Wien) ist ein israelischer orthodoxer Rabbiner und eine zentrale Persönlichkeit der religiös-zionistischen Bewegung. Er gilt als einer der wichtigsten Schüler von Rabbi Zwi Jehuda Kook und ist Mitbegründer sowie ideologischer Leiter der Jeschiwa Har Hamor in Jerusalem und der religiös-konservativen israelischen Partei Noam, sowie Teil der Chardal-Bewegung.

Leben

Thau wurde am 1. Januar 1938 als Hans Thau in Wien geboren. Sein Eltern, Abraham, war ein Stoffhändler und Zionist; seine Mutter, Drogistin, waren Juden aus Ostgalizien.[1][2] Er ist das jüngste von drei Kinder, seine älteste Schwester ist die spätere Literaturwissenschaftlerin Gerda Elata-Alster[1], seine jüngere Schwester die Judaistin und Rabbinerin Eveline Goodman-Thau.[3]

Die Familie flüchtete im selben Jahr, nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland, nach Hilversum und überlebte den Holocaust, wobei seine Mutter ihn und seine Geschwister als Masernkranke tarnte, um sie zu schützen.[1][4][3][5][6][7] Nach der Befreiung stellte sich heraus, dass ihre Nachbarn von dieser Tarnung wussten, den Deutschen aber nichts davon verrieten.[5]

Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte Thau nach Israel und begann seine religiöse Ausbildung an der Jeschiwa HaDarom unter Rabbi Jehuda Amital.[8] Später studierte er an der Mercaz HaRav Jeschiwa in Jerusalem, wo er ein enger Schüler von Rabbi Zwi Jehuda Kook wurde.[6] Dort wurde er mit den Lehren von Rabbi Abraham Isaak Kook vertraut gemacht, die seine religiös-zionistische Weltanschauung prägen.[8][9]

Thau ist einer der geistigen Führer der streng religiösen Chardal-Bewegung, die orthodoxen Nationalismus mit einer kompromisslosen Halacha-Treue verbindet, und Gründer der Yeshivat Har Hamor, dem ideologischen Zentrum dieser Strömung. Er ist zudem spiritueller Kopf der religiös-konservativen Noam-Partei, die sich gegen LGBTQ-Rechte ausspricht und eine orthodoxe, gesellschaftlich konservative Ordnung in Israel anstrebt.[10][11][12]

2019 gründete mit Avi Maoz die israelische Partei Noam. Unter Benjamin Netanjahu war Maoz von Dezember 2023 bis März 2025 stellvertretender Minister für jüdische nationale Identität un einziges Mitglied seiner Partei in der Knesset.[12][13]

Tätigkeit an der Mercaz HaRav und Gründung der Har Hamor Jeschiwa

In den 1960er Jahren nahm Thau eine führende Rolle an der Mercaz HaRav Jeschiwa ein. 1997 kam es zu einem Bruch, als Thau und weitere Rabbiner und Studenten die Yeschiwa verließen, weil sie die Einführung eines akademischen Lehrplans ablehnten. Sie gründeten die Har Hamor Jeschiwa, deren ideologischer Leiter Thau seitdem ist. Der Name „Har Hamor“ („Berg des Myrrhe“) ist zugleich ein Akronym für „Hemshech Mercaz HaRav“ (Nachfolger von Mercaz HaRav).[8][9]

Persönliches

Thau war mit Chana Thau verheiratet, die als Pionierin des Tora-Studiums für Frauen in der orthodoxen Gesellschaft gilt. Nach ihrem Tod heiratete er Batya Cohen, die als klinische Leiterin einer Klinik für Essstörungen bei orthodoxen und charedischen Patienten tätig ist. Thau hat vier Kinder, darunter zwei Söhne, die ebenfalls Rabbiner sind.[14]

Kontroversen

Thau geriet insbesondere wegen seiner Verteidigung des charedischen Psychologen und Autors Chaim Walder in die Kritik, als dieser wegen sexuellen Fehlverhaltens verurteilt wurde. Zudem wurde gegen Thau selbst eine polizeiliche Untersuchung wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe eingeleitet.[15][16][17]

Einzelnachweise

  1. a b c Neta'el Bandel: דברים שלא ידעתם על הרב טאו( Dinge die Sie nicht über Rabbi Thau wussten). In: Kipa.co.il. 20. November 2013, abgerufen am 17. September 2025 (he-IL).
  2. Gespräch mit Rabbinerin Eveline Goodman-Thau. In: Hagalil.com. Abgerufen am 17. September 2025.
  3. a b Goodman-Thau Eveline – biografiA. In: biografia.sabiado.at/. Abgerufen am 13. Juli 2025.
  4. Yair Sheleg: Rabbi Thau versus Rabbi Tau. In: Haʾaretz. 1. Oktober 2004, abgerufen am 6. Mai 2025 (englisch).
  5. a b Page - 274 - in Biografien bedeutender österreichischer Wissenschafterinnen - »Die Neugier treibt mich, Fragen zu stellen«. In: Austria-Forum.org. Abgerufen am 17. September 2025.
  6. a b Nathan Odenheimer: The (not so) secret culture war | The Jerusalem Post. In: Jerusalem Post. 25. Mai 2017, abgerufen am 17. September 2025 (englisch).
  7. Gerda Elata-Alster: Wanderungen. In: Wolfdietrich Schmied-Kowarzik (Hrsg.): mit dem zerstörten jüdischen Erbe : Franz-Rosenzweig-Gastvorlesungen (1999-2005). Band 22. Universität Kassel, Kassel 2008, ISBN 3-89958-044-3, S. 60 ff.
  8. a b c Yehudah Mirsky: Messianic Temptations. In: Jewish Ideas Daily. 7. April 2011, abgerufen am 6. Mai 2025 (englisch).
  9. a b Yoshke Achituv: Philistines and the future of Zionism: The redemptive scenario of Rabbi Zvi Tau. In: Havruta. Shalom Hartman Institute., 10. Juli 2008, abgerufen am 6. Mai 2025 (amerikanisches Englisch).
  10. Haredi-nationalism at a crossroads: Meet the Har Hamor yeshiva –. In: israelhayom.com. 22. November 2022, abgerufen am 6. Mai 2025 (amerikanisches Englisch).
  11. Rabbi Thau calls on followers to 'wage war’ on Israel's LGBT community. In: Jerusalem Post. 7. August 2023, abgerufen am 6. Mai 2025 (englisch).
  12. a b Daniel Goldman: Small Vote, Great Power: Rabbi Tau, Avi Maoz, the Noam Party and the Threat to Equal Rights in Israel. In: Fathom Journal. Januar 2023, abgerufen am 6. Mai 2025 (englisch).
  13. Sam Sokol: Deputy Minister Avi Maoz quits government, railing against pressure of ‘deep state’. In: Times of Israel. Abgerufen am 6. Mai 2025 (amerikanisches Englisch).
  14. Hungry for a new life. In: Jerusalem Post. 24. Januar 2015, abgerufen am 6. Mai 2025 (englisch).
  15. How a leading ultraorthodox author became an accused child sex abuser. In: Haʾaretz. Abgerufen am 6. Mai 2025 (englisch).
  16. Police launch investigation of Rabbi Zvi Tau after second woman accuses him of rape. In: Times of Israel. 9. Dezember 2022, abgerufen am 6. Mai 2025 (amerikanisches Englisch).
  17. Josh Breiner: Top Haredi-nationalist Rabbi Questioned Four Months Into Sexual Assault Investigation. In: Haʾaretz. 5. März 2023, archiviert vom Original am 20. März 2023; abgerufen am 6. Mai 2025 (englisch).