Zipfel (Couleur)

Zipfelbund mit Bierzipfel und zwei Weinzipfeln (Corps Hannovera)

Der Zipfel (spätmhd. „spitzes Ende“; regional auch Zipf [österr.] oder Couleurzipfel) ist ein von Mitgliedern studentischer Korporationen als Teil der Couleur getragenes Schmuckstück. Ursprünglich am Bierkrug, später an der Taschenuhr befestigt, wird er heute überwiegend an einem Clip oder einem speziellen Halter am rechten Hosenbund getragen. Er fungiert als äußeres Zeichen studentischer Freundschaft und Kameradschaft und wird bei entsprechender Gelegenheit verschenkt oder getauscht.

Geschichte

Die früheste nachweisbare Erwähnung eines sogenannten Bierzipfels datiert auf das Jahr 1802 in Landshut.[1] Dieser bezeichnete ursprünglich in buchstäblichem Sinne einen „Bier“-Zipfel, der mittels einer schlichten, schmucklosen Öse am Henkel des Bierkruges befestigt wurde. Diese Vorrichtung diente dazu, das Gefäß bei wiederholtem Füllen eindeutig zu kennzeichnen und so eine Verwechslung mit anderen Krügen zu verhindern. Seine Einführung lässt sich in das frühe 19. Jahrhundert datieren. Angesichts der weiten Verbreitung der Syphilis lässt sich der Bierzipfel dabei möglicherweise auch als hygienische Vorsichtsmaßnahme verstehen, um Infektionen durch Läsionen im Mundraum zu vermeiden. Bereits früh wurde der Bierzipfel am Uhrenband mitgeführt, sodass er stets griffbereit zur Hand war.[2]

Alternative Deutungen zur Entstehung dieses Brauches sind indes dem Bereich der Legenden und Mythen zuzurechnen. Hierzu zählt etwa die Erzählung, der Bierzipfel sei aus dem Zerschneiden der Couleurbänder während der Unterdrückung der Burschenschaft im Vormärz hervorgegangen. Demzufolge habe das kleine Bandstück als geheimes Erkennungszeichen der verfolgten Studenten gegenüber ihren Bundesgenossen fungiert, insbesondere bei Reisen an fremde Universitäten. Als Vorbild für diese Legende dürften wohl die preußischen Offiziere von 1806 gedient haben, die nach der Kapitulation der Festung Küstrin ihre Fahne zerrissen und die Fragmente später bei Wiedererlangung der Unabhängigkeit Preußens wieder zusammenfügten. Jene, die kein Stück aufweisen konnten, galten fortan als Verräter.[2]

Gestaltung

Vorder- und Rückseite eines Weinzipfels mit mehreren Schiebern.

Der Zipfel besteht typischerweise aus dem doppelt gelegten Band der Verbindung, das durch metallene, in der Regel silber- oder goldfarbene Schieber zusammengehalten wird. Diese Schieber tragen häufig Gravuren, etwa den Zirkel der Verbindung, Semesterzahlen, Widmungen oder Namen. Im Verlauf der studentischen Symbolgeschichte haben sich verschiedene Verulkungen[2] des Bierzipfels herausgebildet. Neben dem ursprünglichen Bierzipfel gibt es heute auch Wein-, Sekt- und Schnapszipfel, die sich insbesondere durch die Bandbreite voneinander unterscheiden.

Der Bierzipfel, gefertigt aus dem breiten Bierband (ca. 25 bis 30 mm breit), wird traditionell vom Leibbursch an den Leibfuchs überreicht und ausschließlich in Verbindung mit dem entsprechenden Band getragen.[1] Mitte des 19. Jh. etablierte sich bei den Corps zeitweilig auch der Brauch, verdienten Außenstehenden – Analog zur Corpsschleife – den Bierzipfel zu verleihen.[2] Die Farbgestaltung des Bierzipfels entspricht in der Regel derjenigen des Couleurbandes.[2] Bei manchen Verbindungen ist es üblich, den Bierzipfel ganz oder teilweise in Fuchsenfarben zu halten. Bei Schwarzen Verbindungen tritt an die Stelle des farbigen Bandes in der Regel ein schwarzes.[1]

Der etwa halb so breite Weinzipfel dient der Verleihung oder dem Tausch bei festlichen Anlässen und wird gemeinsam mit dem Bierzipfel am sogenannten Zipfelbund geführt. Chargenzipfel, die sich durch eine Mehrzahl an Schiebern auszeichnen, werden bei manchen Verbindungen innerhalb des Chargenkabinetts getauscht. Mensurzipfel entsprechen in ihrer äußeren Gestalt dem Weinzipfel und werden zwischen Paukanten getauscht. Bei manchen Verbindungen ist es üblich, dass bei Weinzipfeln, die mit Angehörigen unterschiedlicher Korporationen getauscht werden, das Zipfelband ganz oder teilweise in den Farben der jeweils anderen Korporation gestaltet ist.

Daneben existieren Sektzipfel (ca. 8 mm breit), die bei manchen Verbindungen auf Beschluss oder mit Zustimmung des Convents insbesondere an (Couleur-)Damen verliehen und dort als Schmuckstück, z. B. an Armband oder Halskette, getragen werden. Unter anderem in Österreich finden sich mancherorts Schnapszipfel (ca. 4 mm breit). Diese sind in Deutschland auch im Wingolfsbund bekannt.[1]

Literatur

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Einzelnachweise

  1. a b c d Friedhelm Golücke: Zipfel. In: ders. (Hrsg.): Studentenwörterbuch. 5. Auflage, Bd. S−Z, Essen 2018, S. 570f.
  2. a b c d e Robert Paschke: Bierzipfel. In: ders.: Studentenhistorisches Lexikon. SH-Verlag, Köln 1999, S. 50.