Zenú
Die Zenú sind ein indigenes Volk in Kolumbien. Sie leben in San Andrés de Sotavento und Tuchín im Departamento Córdoba sowie in der Subregion Urabá Antioqueño im Departamento de Antioquia. Kleinere Ansiedlungen finden sich in Chocó, Sucre und im Süden von Bolívar. Die Bevölkerung umfasste im Jahr 2018 laut einer Volkszählung 307.091 Personen.[1]
Ihre eigene Sprache ist durch die starke Akkulturation in der Kolonialzeit ausgestorben. Stattdessen verwenden die Zenú die in Lateinamerika weitverbreitete spanische Sprache.
Die Zenú werden nach der Verfassung von 1991 vom indigenen Gouverneur Israel Aguilar vertreten (Stand September 2011).[2]
Zu ihren traditionellen Handwerken gehören Goldschmiedekunst, Töpferei und Keramik.[3]
Präkolumbianische Zeit
Das Reich der Zenú war in präkolumbianischer Zeit in drei Gebiete unterteilt:[4]
- Finzenú, welches das Tal des Flusses Sinú und die Gebiete Tolú, San Benito Abad und Ayapel umfasste und das religiöse Zentrum des Reiches war.
- Panzenú, zwischen dem Tal des Flusses San Jorge und dem Unterlauf des Flusses Cauca, wo Nahrungsmittel und Rohstoffe produziert wurden.
- Zenúfana, der Hauptsitz der Regierung, der bis ins Zentrum des heutigen Departements Antioquia reichte und aus dem der größte Teil des Goldreichtums stammte.
Entwässerungskanäle
Die Zenú legten ab ca. 800 v. Chr. bis ca. 1200 n. Chr. ein weitläufiges System künstlicher Kanäle an, das sich über eine Fläche von mehr als 500.000 Hektar erstreckte und zwischen den Flüssen San Jorge, Sinú, Cauca und Magdalena verlief. Dieses Kanalsystem diente der Regulierung von Überschwemmungen in den Ebenen der kolumbianischen Karibik.[5]
Über einen Zeitraum von rund dreizehn Jahrhunderten bewohnte das Volk die Momposina-Senke, ein tiefliegendes Becken etwa 20 bis 25 Meter unter dem Meeresspiegel, das neben den genannten Flüssen von zahlreichen Bächen und kleineren Zuflüssen durchzogen wird.
Kanaltypen
Die Zenú verfügten über verschiedene Kanaltypen, je nach ihrer Funktion. Das System diente dazu, überschüssiges Wasser einfach und schnell ableiten oder in andere Gebiete leiten und es für Trockenzeiten zu speichern. So konnten sie die Bevölkerung das ganze Jahr über versorgen.
Zum Beispiel dienten die senkrecht zum Fluss verlaufenden Kanäle dazu, möglichst viel Wasser aus dem Fluss abzuleiten; auch wenn es zu Überschwemmungen kam, lag der höher gelegene Bereich oberhalb des Wassers, was Landwirtschaft und eine natürliche Vegetation in diesem Teil ermöglichte.
Andere, schachbrettartig angeordneten Kanäle dienten dazu, das Wasser während der dreimonatigen Dürre zu speichern.[6]
Das System wurde noch bis vor etwa 800 Jahren genutzt. Seine Aufgabe wird einer großen Dürre zugeschrieben, welche die Menschen wahrscheinlich dazu zwang, ihr Land zu verlassen.[7]
Gewalt durch paramilitärische Gruppen
Die Zenú werden seit Jahrzehnten immer wieder von paramilitärischen Gruppen wie Águilas Negras oder Los Paisas bedroht, die mit Guerillas und Drogenkartellen Geschäfte machen. Zahlreiche Privatpersonen oder Behördenmitglieder wurden bisher entführt oder ermordet.[8][2][9][10]
Kontakt mit Polynesiern
Eine genetische Studie aus dem Jahr 2022 fand Hinweise auf Kontakte zwischen Polynesiern und einer indigenen Gruppe, die am nächsten mit den heutigen Zenú verwandt ist. Der Kontakt wurde auf etwa 1200 n. Chr. datiert, also vor der Besiedlung der Osterinsel. Die Autoren schlagen zwei Erklärungen für diesen Kontakt vor: entweder die Besiedlung einer Insel im östlichen Pazifik durch amerikanische Ureinwohner, gefolgt vom Kontakt mit Polynesiern, oder die Ankunft der Polynesier im heutigen Kolumbien, gefolgt von einer Rückkehr zu einer Insel im östlichen Pazifik. In beiden Fällen erklärt ein Kontakt zwischen amerikanischen Ureinwohnern und Polynesiern die durch Menschen verursachte Verbreitung der Süßkartoffel (die in Amerika beheimatet ist) in ganz Polynesien.[11]
Siehe auch
Weblinks
- Literatur über die Zenú im Katalog des Ibero-Amerikanischen Instituts in Berlin
- Funktionsweise des Kanalsystems zur Regulierung von Überschwemmungen und Dürre
- Luftaufnahmen der Überreste der Kanalsysteme bei San Marcos, Sucre
Einzelnachweise
- ↑ Indigenous World 2020: Colombia - IWGIA - International Work Group for Indigenous Affairs. Abgerufen am 19. August 2025.
- ↑ a b Neue Zürcher Zeitung AG, Switzerland: Im Griff der neuen bewaffneten Banden in Kolumbien (Politik, International, NZZ Online). In: NZZ Online. (nzz.ch [abgerufen am 19. August 2025]).
- ↑ Zenú in Colombia. In: Minority Rights Group. Abgerufen am 8. September 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Carlos Crismatt Mouthon: Gobernación de Córdoba - Montería - Colombia - Sur América. Archiviert vom am 21. November 2011; abgerufen am 19. August 2025.
- ↑ Sistema agroecológico tradicional. Sistema hidráulico de agricultura anfibia zenú. Organización de las Naciones Unidas para la Alimentación y Agricultura Colombia 2021, 2021, abgerufen am 7. September 2025 (spanisch).
- ↑ ZENÚES Los diestros del agua. 21. März 2012, abgerufen am 7. September 2025 (europäisches Spanisch).
- ↑ PAISAJEO.ORG: EL SISTEMA DE CANALES ZENÚ - Patrimonio desconocido | Colombia. 7. März 2018, abgerufen am 9. September 2025 (spanisch).
- ↑ Colombia: Promueven acciones para prevenir desplazamiento masivo de indígenas Zenú - Colombia | ReliefWeb. 27. Mai 2009, abgerufen am 7. September 2025 (englisch).
- ↑ Immigration and Refugee Board of Canada: Whether the Black Eagles (Águilas Negras) have links to former paramilitary groups, such as the United Self-Defence Forces of Colombia (Autodefensas Unidas de Colombia, AUC); criminal activities of the Black Eagles, including extortion and drug trafficking; state response to the Black Eagles (2008 - February 2011) [COL103710.E ]. 4. April 2011, abgerufen am 7. September 2025 (englisch).
- ↑ Leonardo González Perafán: ¿Y las águilas negras? más que un grupo armado, una red difusa – Indepaz. 28. November 2022, abgerufen am 7. September 2025 (spanisch).
- ↑ Alexander G. Ioannidis, Javier Blanco-Portillo, Karla Sandoval et al: Native American gene flow into Polynesia predating Easter Island settlement. In: Nature. Band 583, Nr. 7817, Juli 2020, ISSN 1476-4687, S. 572–577, doi:10.1038/s41586-020-2487-2 (nature.com [abgerufen am 19. August 2025]).
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Zenú ( vom 1. Juli 2010 im Internet Archive) aus der freien Enzyklopädie Indianer-Wiki ( vom 18. März 2010 im Internet Archive) und steht unter Creative Commons by-sa 3.0. Im Indianer-Wiki war eine Liste der Autoren ( vom 1. Juli 2007 im Internet Archive) verfügbar.