Wackersdorf-Denkmal (Salzburg)

Wackersdorf-Denkmal auf dem Salzburger Mozartplatz

Das Wackersdorf-Denkmal in der Stadt Salzburg ist ein Denkmal auf dem dortigen Mozartplatz und erinnert an den grenzüberschreitenden Widerstand der Salzburger und österreichischen Bevölkerung gegen die atomare Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (WAA) in Bayern. Elf Jahre nach dem WAA-Baustopp 1989 wurde das Denkmal im Jahr 2000 von der Salzburger Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE) errichtet.

Gestaltet ist Skulptur in Form eines Zaunelements aus Stahl und trägt als solche den Titel „Der Zaun des Anstoßes“.

Widmungen

Das Wackersdorf-Denkmal ist den mündigen Bürgern und aktiven Politikern, den Persönlichkeiten von Robert Jungk (Zukunftsforscher) bis Karl Berg (Erzbischof von Salzburg) und dem „Unbekannten Chaoten“ gewidmet. Auch friedliche Demonstranten wurden oftmals von staatlicher Seite als „Chaoten“ bezeichnet und viele einheimische Oberpfälzer Demonstranten bezeichneten sich voller Stolz als „Chaoten“.[1][2]

Geschichte

Vorgeschichte

WAA-Protestzaun von Richard Hörl auf dem Alten Markt 1986

Schon früh regte sich von Politik und Gesellschaft in Österreich (besonders in Salzburg) Widerstand gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf und befeuerte den WAA-Konflikt zwischen Bayern und Österreich. Von den 880.000 Einwendungen zum Erörterungstermin gegen den Bau der Wiederaufarbeitungsanlage 1988 kamen über die Hälfte aus Österreich.[3] Der vehemente Salzburger Protest gegen die WAA Wackersdorf,[4] wurde maßgeblich von der Bürgerinitiative Salzburger Plattform gegen die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf organisiert.[5][6][7]

Schon 1986 errichtete der WAA-Gegner Richard Hörl auf dem Alten Markt in Salzburg einen nachgebauten WAA-Protest-Zaun. Zehn Jahre nach dem WAA-Aus griff der Anti-Atomkraft-Aktivist Thomas Neff diese Protestform wieder auf.[8]

Baugeschichte / Künstler / Einweihung

Josef Reschen und Hans Schuierer bei der Enthüllungsfeier im Juli 2000

Der Schleedorfer WAA-Gegner und PLAGE-Aktivist Thomas Neff hatte 1999 die Idee zum Wackersdorf-Denkmal als er einen Briefbeschwerer aus Originalbauzaunteilen aus der Oberpfalz erhielt.[9] Schnell konnte er auch seinen PLAGE-Mitstreiter Heinz Stockinger dafür begeistern. Bei seinem Denkmal-Entwurf vergrößerte Neff den Briefbeschwerer um das 13-fache und entwarf auch den Betonsockel des Denkmals. Der Bauzaun-Sockel war in Wackersdorf sehr steil angelegt, um den protestierenden Menschen keine Chance zu geben, direkt an den WAA-Bauzaun zu gelangen. Neffs Sockel bekam den gleichen Steigungswinkel.[10] - Der WAA-Bauzaun in Wackersdorf wurde für viele Demonstranten damals zum staatlichen Hassobjekt und Mythos gegen den die WAA-Gegner z. B. mit Steinen hämmerten oder Löcher hineinsägten.[11]

Während Thomas Neff sich hauptsächlich um die Herstellung des Denkmals kümmerte, übernahm Heinz Stockinger die Genehmigungs- und Überzeugungsarbeiten und stellte die Anträge bei der Stadt Salzburg. Für Stockinger sollte das WAAhnmal ein „konstanter Druck für Wachsamkeit im Bereich Atomenergie“ für die Politiker sein. Alle maßgeblichen Leute in der Stadt waren für das Denkmal, aber am Standort gab es anfänglich Unstimmigkeiten.[12] Die Salzburger Altstadtkommission[13] befürwortete letztendlich einhellig den Standort in der Altstadt vor dem Zeugwartstöckl am Mozartplatz.[14] Auch der Bauausschuss stimmte mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Bürgerliste Salzburg zu, das Denkmal zwischen Mozartplatz und Mozartsteg aufzustellen.[15]

Originalteile aus dem WAA-Bauzaun

Michael Wanner und die beiden Metallbauer Franz Geissler und Herman Kühleitner setzten den Entwurf von Neff und Stockinger in der Salzburger Bauhof-Schlosserei um und fertigten das Denkmal in ihrer Freizeit aus nichtrostenden Stahlrohren.[16] Das grüne Strahlenwarnzeichen oben auf dem Betonsockel wurde von Anton Winkler sen. (Schmiedemeister in Schleedorf) aus einem Originalteil des Wackersdorf-Zauns hergestellt. Um an Original-WAA-Bauzaunteile zu gelangen, trafen sich Thomas Neff und seine Frau Stefanie mit Hans Schuierer in Schwandorf und holten von der Abrissfirma des WAA-Bauzauns in Wölsendorf einige grüne Zaunteile.[17]

Am 20. Juli 2000 zur Festspieleröffnung wurde das 3,5 m hohe Wackersdorf-Denkmal enthüllt und von Vinzenz Baldemair (Propst vom Stift Mattsee) geweiht.[18] Anwesend waren u. a. Hans Schuierer (ehem. Landrat von Schwandorf), Josef Reschen (ehem. Bürgermeister von Salzburg) und Bürgermeister Heinz Schaden.[19][20] Auch der Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber war eingeladen.[21]

2024 musste das Wackersdorf-Denkmal für einige Monate entfernt werden, da genau am Standort des WAA-Denkmals ein großer Transformator im Boden versenkt wurde.[22] Das Denkmal wurde demontiert und zwischengelagert und danach wieder errichtet.

Versammlungsort für Atomkraft-Gegner

PLAGE-Aktivisten demonstrieren gegen den Euratom-Vertrag (2022)

Seit der Denkmal-Einweihung im Jahr 2000 dient das Wackersdorf-Denkmal der Plattform gegen Atomgefahren u. a. als Treffpunkt für Veranstaltungen, Mahnwachen, Demonstrationen wie zum Beispiel

Denkmal-Inschriften

Das Wackersdorf-Denkmal hat am Betonsockel zweisprachige Inschriften auf drei Metalltafeln und am linken Bauzaunfuß steht: “English version opposite / Contact: www.plage.cc”.

„Der Zaun des Anstoßes“

„Der Zaun des Anstoßes“
Der Zaun des Anstoßes
Erfolgreicher Widerstand gegen den „Atomstaat“ 1985–1989
grenzüberschreitend – parteiübergreifend – bürgerinitiativ
Stopp der Atommüllaufbereitungsanlage Wackersdorf (WAA) in Bayern (D)
Den mündigen Bürgerinnen und Bürgern, aktiven Politikern,
Persönlichkeiten von Robert Jungk bis Erzbischof Karl Berg und
dem „Unbekannten Chaoten“ gewidmet
Salzburger Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE)

„The Fence of Capital Offence“

„The Fence of Capital Offence“
The Fence of Capital Offence*
To Commemorate: The successful resistance to the „nuclear state“ 1985–1989
A civil protest movement, which crossed national frontiers and party lines
The prevention of nuclear reprocessing at Wackersdorf in Bavaria, Germany
The actions of free citizens, active politicians,
committed public figures, including Robert Jungk and Archbishop Karl Berg,
and the „Unknown Resister“
Erected by: The Salzburg Platform Against Nuclear Perils (PLAGE)
* The fence, which made a fortress of the Wackersdorf construction site, became a symbol of the arrogance of power and of police state methods in the „nuclear state“.

„Widerstands-DenkMal – WAA-Bauzaun“

„Widerstands-DenkMal – WAA-Bauzaun“ / „Nuclear Resisters Monument“
Widerstands-DenkMal – WAA-Bauzaun
Nie zuvor gab es massiveren grenzüberschreitenden Widerstand gegen ein technokratisches Großprojekt: Über 420.000 deutsche, 420.000 österreichische Einwendungen (u. a. von Stadt und Land Salzburg) brachten das Projekt zu Fall. Die Geburtsstunde der österreichischen Antiatom-Außenpolitik.
Ein Beitrag gegen die Plutoniumwirtschaft mit
* ihrer ununterbrochenen radioaktiven Verseuchung der Umwelt (z. B. massive Abgabe von radioaktivem Krypton-85)
* ihren ständigen Atomtransporten
* ihrem Risiko des Plutonium-Mißbrauchs: Sabotage, atombombenfähiges Material in staatlicher oder terroristischer Hand
* ihren polizeistaatlichen, antidemokratischen Durchsetzungs- und Überwachungsmethoden.

„Nuclear Resisters Monument“

Nuclear Resisters Monument
Never before had there been such a massive transnational resistance movement to a technocratic superproject. More than 420.000 German and 420.000 Austrian written objections wrought the downfall of the project. Austria´s antinuclear foreign policy was born here.
This was a critical blow against the plutonium industry and its attendant problems: ´
* continuous radioactive contamination of the environment
* frequent transport of nuclear waste
* the risk of sabotage and the misuse of plutonium by nation states and by terrorist groups; and
* the erosion of civil liberties through the use of anti-democratic enforcement and surveillance methods.

Dokumentationen

Siehe auch

Commons: Wackersdorf-Denkmal – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. "Mir san die Chaoten" - Der Widerstand in Wackersdorf - Eine Chronologie des Widerstandes gegen die Wiederaufarbeitungsanlage in der Oberpfalz bis zu dem gestern von der DWK verkündeten Baustopp in: taz vom 31. Mai 1989
  2. „Gewidmet ist das Denkmal dem Unbekannten Chaoten, stellvertretend für die vielen friedlichen Wackersdorfdemonstranten, die damals von staatlicher Seite oft als Chaoten bezeichnet wurden.“ (Wackersdorfdenkmal auf www.plage.at, aufgerufen am 2. September 2025)
  3. Bartholomäus Grill: „Bayern ist keine feindliche Großmacht“. In: Die Zeit. 29. April 1988, archiviert vom Original am 7. Juni 2013; abgerufen am 7. Dezember 2023.
  4. Einige Eckdaten des österreichischen Widerstands gegen die WAA. In: Radi Aktiv, Ausgabe 13, April 1987, S. 64 f. (im Laka-Archiv; PDF).
  5. Was wäre gewesen, wenn – Wackersdorf gebaut worden wäre? in: Salzburger Nachrichten vom 6. Oktober 2023.
    Der Zaun des Anstoßes. in: Salzburger Nachrichten vom 25. Mai 2016 (Pressreader.com).
  6. Goldene Regeln. In: Der Spiegel. Nr. 29, 1988 (online).
  7. EinWAAnd gegen Wackersdorf auf www.plage.at
  8. Ein „DenkMal“ gegen Atomkraft feiert auf dem Mozartplatz in Salzburg Jubiläum - Dank des Schleedorfers Thomas Neff gibt es seit 25 Jahren das Wackersdorf-Denkmal in Salzburg in: Salzburger Nachrichten vom 16. Juli 2025
  9. Das Ende einer Zaun-Karriere - Abschied vom Bauzaun in Wackersdorf - er ruhe in Frieden! in: taz vom 28. März 1990
    Firmenchef Anton Schönberger aus Schwarzenfeld/Schwarzach baute den WAA-Bauzaun, baute ihn 1990 wieder ab und verkaufte danach begehrte Bauzaun-Souvenirs.
  10. Das WAAhnMal (Memento vom 2. November 2013 im Internet Archive) (PDF; 5,1 MB) – (PLAGE-News, 12. Juli 2000)
    Wackersdorfdenkmal - (PLAGE)
    Das Wackersdorf-WAAhnmal zieht um. Abgerufen am 25. August 2025.
  11. Wackersdorf - ein Mythos auf Medienwerkstatt Franken, ab Min. 14/24
  12. Atom-Stopp-Symbol in Salzburg - PLAGE plant zehn Jahre nach Wackersdorf Anti-WAA-Denkmal. in: Flachgauer Nachrichten vom 9. Dezember 1999
  13. Sachverständigenkommission für die Altstadterhaltung in Salzburg auf Salzburgwiki
  14. Katja Schumann: Mozart, Musik und Mahnmal - Wackersdorf liegt in Österreich? - Enthüllung zum Start der Festspielsaison am Donnerstag, 20. Juli / Symbol des Widerstands. in: Mittelbayerische Zeitung vom Juli 2000.
  15. Idee des Atomgegners (Neff) - Wackersdorf-Denkmal. in: Flachgauer Nachrichten vom 20. Juli 2000
  16. Denkmalversetzung. Abgerufen am 31. Januar 2025.
    Metallbauer Franz Geissler und Herman Kühleitner in der Bauhof-Schlosserei: Foto 1, Foto 2
  17. Idee des Atomgegners (Neff) - Wackersdorf-Denkmal. in: Flachgauer Nachrichten vom 20. Juli 2000
  18. Idee des Atomgegners (Neff) - Wackersdorf-Denkmal. in: Flachgauer Nachrichten vom 20. Juli 2000
  19. 20 Jahre PLAGE: Stationen eines langen Weges 1986 - 2006 - (PLAGE Plattform News, 3/2006, S. 2)
  20. Der „Titan von Wackersdorf“ wird 90 Jahre alt. - (Salzburger Nachrichten vom 6. Februar 2021)
    Handschlag-Foto - (Kultur gegen die WAA, S. 10)
  21. Katja Schumann: Mozart, Musik und Mahnmal - Wackersdorf liegt in Österreich? - Enthüllung zum Start der Festspielsaison am Donnerstag, 20. Juli / Symbol des Widerstands in: Mittelbayerische Zeitung vom Juli 2000
  22. Nachtbaustelle Mozartplatz, Salzburg AG vom 27. Juni 2024 auf YouTube
  23. Atomgegner feiern 20 Jahre „Aus“ für den „WAAhnsinn“ - Wackersdorf: größter Erfolg österreichischer Antiatom-Außenpolitik, 8. Juli 2009 auf www.plage.at
  24. Mahnwache: Hoffen auf Atomausstieg, Salzburg ORF.at vom 15. März 2011
  25. Jahrestage Tschernobyl/Fukushima - Mahnwache am 25. April 2016, Wackersdorfdenkmal Salzburg auf www.plage.at
  26. Atomenergie ist teuer, gefährlich und keine Zukunftslösung – Fest der Plattform gegen Atomgefahren beim vor 25 Jahren errichteten Anti-WAA-Denkmal Hans Holzinger auf Plattform für Zivilgesellschaft Salzburg - Gesellschafts-, sozial- und umweltpolitisch engagierte Gruppen im Bundesland Salzburg, 19. Juli 2025
  27. 25 Jahre Wackersdorf-Denkmal – Wiederaufbereitete Atomkraft? SMR sind auch keine Klimaretter auf www.plage.at
    Grußwort (PDF; 0,2 MB) von Hans Schuierer und Wolfgang Nowak auf www.plage.at
  28. Ein „DenkMal“ gegen Atomkraft feiert auf dem Mozartplatz in Salzburg Jubiläum - Dank des Schleedorfers Thomas Neff gibt es seit 25 Jahren das Wackersdorf-Denkmal in Salzburg (als PDF) in: Salzburger Nachrichten vom 16. Juli 2025
  29. 80. Jahrestag Hiroshima & Nagasaki - PLAGE-Aktivisten gedachten zusammen mit Passanten am Jahrestag des Atombombenabwurfes auf Nagasaki (9. August) den Opfern der beiden Atombombenabwürfe und falteten Papierkraniche als Friedenssymbol auf www.plage.at
  30. Salzburger Nachrichten: Kirche unterstützt Mahnwache auf YouTube, 2. September 2011, abgerufen am 28. November 2023., 5 Min
  31. Neugestaltung Mozartplatz und Waagplatz, Regional TV Salzburg vom 24. Februar 2023 auf YouTube, 3 Min
  32. WAA-Denkmal 2024 Mozartplatz Abbau und Abtransport - Thomas Neff auf YouTube, 3 Min

Koordinaten: 47° 47′ 56,9″ N, 13° 2′ 54,5″ O