Züge der französischen Besatzungsmacht nach Berlin
Züge der französischen Besatzungsmacht nach Berlin verkehrten bis 1994.
Die Militärzüge TMFB (Train Militaire Francais de Berlin) boten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine regelmäßige Eisenbahnverbindung der Französischen Streitkräfte in Deutschland (FFA) zwischen der französischen Besatzungszone, später Frankreich, und dem französischen Sektor Berlins. Die Verbindung führte durch die sowjetische Besatzungszone, die spätere Deutsche Demokratische Republik. Nutzungsberechtigt waren Angehörige der französischen Streitkräfte und deren Familien, nach Berlin eingeladene französische Staatsbürger sowie Teilnehmer an französisch-deutschen Kultur- und Austauschprogrammen[1].
Geschichte


Die erste derartige Verbindung erreichte Berlin (West) als Französisch-Amerikanisches Gemeinschaftsunternehmen am 19. November 1945. Waggons der französischen Besatzungsmacht („Troupes franҫaises d’occupation d‘ Allemagne“) in Baden-Baden wurden in Frankfurt/Main an den amerikanischen Militärzug angehängt. Endstation war der damalige Militärbahnhof Berlin-Wannsee im amerikanischen Sektor Berlins. Von dort wurden die französischen Passagiere mit Bussen zum Hauptquartier Quartier Napoléon im französischen Sektor befördert. 1946 drängten die Amerikaner die Franzosen, in ihrem Sektor einen eigenen Zielbahnhof einzurichten. Die Wahl fiel auf den ehemaligen Güterbahnhof in Berlin-Tegel, der näher am Quartier Napoléon gelegen war als der größere Bahnhof Berlin-Gesundbrunnen.[2] Am Gütergleis des Bahnhofs Berlin Tegel wurde dafür in sechsmonatiger Planungs- und Bauzeit ein eigenes Ankunfts- und Abbfahrtsgebäude errichtet, das am 6. Dezember 1947 in Anwesenheit des Französischen Stadtkommandanten Jean Ganeval eröffnet wurde[3]. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz[4].
Nachdem die Züge erst in Mainz einsetzten, war ab spätestens 1953 der westliche Ausgangspunkt der Verbindung Straßburg.[5]:87. Zur Querung der sowjetischen Besatzungszone wurde die mit rund 175 km kürzeste Transitverbindung zwischen Berlin und Helmstedt gewählt. In Berlin nutzten die Züge den Bahnhof Berlin-Tegel.
Zugnummern waren anfangs Db 80641 / 80642, 1953: Dm 80641 / 80642, 1988: M 38600 / 38601, in der Endphase dann Dm 38600 / 38601 für die beiden Züge unter der Woche, Dm 38602 / 38603 für das Zugpaar am Wochenende, das dann auch zwischen Berlin und der Hannöverschen Südbahn – bedingt durch die Arbeiten an den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit – über einen abweichenden Laufweg fuhr.[5]:87, 89 Die Züge verließen drei Mal in der Woche am späten Nachmittag / Abend den jeweiligen Abgangsbahnhof und erreichten das Ziel am Vormittag. Anfangs bestand der Zug aus Wagen der französischen Staatsbahn SNCF und Schlafwagen der Compagnie Internationale des Wagons-Lits (CIWL).[5]:87 Ab 1961 wurden Liegewagen der FFA eingesetzt,[6] Schlafwagen stellte weiter die CIWL.[5]:87
Während der Durchquerung der Sowjetischen Besatzungszone bestand ein Funkkontakt über Ultrakurzwelle mit dem Militärbahnhof in Berlin-Tegel sowie der Außenstelle der Französischen Direktion für den militärischen Transport per Eisenbahn DTMVF in Helmstedt. Für den Funker gab es ein dafür besonders ausgestattetes Abteil im Militärzug[7]. Verspätete Ankünfte wurden nach Berlin berichtet und über den französischen Soldatensender FFB vermeldet, der dafür die Übertragung des Programmes von France Inter unterbrach[8].
Neben den Franzosen betrieben auch die US-amerikanische und die britische Schutzmacht Militärzüge, die ebenfalls auf der Strecke über Helmstedt verkehrten.
Sowohl Briten als auch US-Streitkräfte gaben die Militärzüge kurz nach dem Ende des Besatzungsstatuts auf. Der Zug der FFA fuhr dagegen noch bis 1994. Als letzter Militärzug der alliierten Streitkräfte im Berlin-Verkehr fuhr so am 30. September 1994 ein Zug von Straßburg nach Berlin-Tegel.[5]:89
Strecke
Die Züge befuhren die Strecken:[5]:87f
- Straßburg–Appenweier
- Appenweier–Mannheim (Kopfmachen in Mannheim Hauptbahnhof auf der Fahrt nach Berlin, bei der Rückfahrt wurde Mannheim Hauptbahnhof umfahren, ab 1965 auch auf dem Weg nach Berlin)
- Mannheim–Friedrichsfeld–Frankfurt am Main (Kopfmachen in Frankfurt (Main) Hauptbahnhof)
- Frankfurt (Main)–Kassel (Kopfmachen in Kassel Hauptbahnhof)
- Kassel–Kreiensen
- Kreiensen–Braunschweig (Kopfmachen in Braunschweig Hauptbahnhof, der spätestens ab 1958/59 allerdings umfahren wurde)
- Braunschweig–Magdeburg
- Magdeburg–Griebnitzsee
- Bahnstrecke Berlin–Blankenheim bis Bahnhof Berlin-Grunewald
- Berliner Ringbahn bis Bahnhof Berlin Gesundbrunnen
- Berliner Nordbahn bis Bahnhof Berlin-Schönholz
- Bahnstrecke Berlin-Schönholz–Kremmen
Ab 1980 verkehrte der Zug nach Berlin über Bebra, während der Gegenzug weiter über die herkömmliche Strecke geleitet wurde.[5]:89
Betrieb
1949 gingen mit der Gründung der Bundesrepublik die Betriebsrechte der Alliierten für den Bahnverkehr in den Westzonen auf die Deutsche Bundesbahn (DB) über. In der sowjetischen Besatzungszone einschließlich Berlins verblieben sie bei der Deutschen Reichsbahn (DR). Deswegen musste der Zug zwischen Berlin und Helmstedt weiter mit einer Lokomotive der DR gefördert werden. Der Lokomotivwechsel fand in Helmstedt statt.
An den Staatsfeiertagen der DDR, dem 1. Mai und dem Tag der Republik am 7. Oktober, waren alle Triebfahrzeuge der DR mit den Flaggen der DDR und roten Fahnen geschmückt. Bei Weigerung des Zugkommandanten mit einer entsprechend dekorierten Lokomotive zu fahren, wurde der Zug abgestellt und die Fahrt erst ab 00:00 Uhr am Folgetag – dann ohne Beflaggung – fortgesetzt.[9]
Ausstellung

Ein Wagen des Zuges ist im AlliiertenMuseum in Berlin ausgestellt.
Literatur
- Michael Bayer: TMFB - Der ehemalige französische Militärzug in Berlin-Reinickendorf. Selbstverlag Michael Bayer. Berlin 2015
- Michael Bayer, Pierre Gernez: Le Train Militaire Franҫais de Berlin TMFB 1945-1994. Autoédition Michael Bayer. Berlin 2024.
- Jean-Michel Feffer: Le Train Militaire Français de Berlin et ses secrets (1945-1994). Edition Salde. Strasbourg 2022
- Detlev Behrendt: Westalliierte Reisezüge im Berlinverkehr und in der Bundesrepublik. In: Züge der Alliierten = Eisenbahn-Kurier Special 126. EK-Verlag, Freiburg 2017, ISBN 978-3-8446-7019-6, S. 76–89.
Einzelnachweise
- ↑ Michael Bayer, Pierre Gernez. Le Train Militaire Franҫais de Berlin TMFB 1945-1994. Autoédition Michael Bayer. Berlin 2024 S. 37
- ↑ Michael Bayer, Pierre Gernez (2024) S. 35 f.
- ↑ Jean-Michel Feffer (2023) S. 109
- ↑ https://www.berlin.de/landesdenkmalamt/denkmale/highlight-denkmale-der-alliierten/frankreich/reinickendorf/franzoesischer-militaerbahnhof-647687.php Abrufdatum: 21. August 2025
- ↑ a b c d e f g Behrendt: Westalliierte Reisezüge
- ↑ Vgl. dazu: Detlev Behrendt: Westalliierte Reisezugwagen von USATC, RCT und FFA. In: Züge der Alliierten = Eisenbahn-Kurier Special 126. EK-Verlag, Freiburg 2017, ISBN 978-3-8446-7019-6, S. 60–71 (70f).
- ↑ Jean-Michel Feffer: Le Train Militaire Franҫais de Berlin et ses secrets. Edition Saldes 2e édition Strasbourg 2023 S. 40
- ↑ Jean-Michel Feffer (2023) S. 86
- ↑ Klaus Bossig: DDR-Reglement für den westalliierten Bahnverkehr. In: Züge der Alliierten = Eisenbahn-Kurier Special 126. EK-Verlag, Freiburg 2017, ISBN 978-3-8446-7019-6, S. 48–51 (51)