Yuri Slezkine

Yuri Slezkine, 2019

Yuri Slezkine (russisch Юрий Львович Слёзкин, deutsch Juri Lwowitsch Sljoskin; * 7. Februar 1956 in der Sowjetunion) ist ein US-amerikanischer Historiker, Autor, Übersetzer und Hochschullehrer. Er ist derzeit Jane K. Sather Professor an der University of California in Berkeley.

Leben

Slezkine, der aus einer jüdischen Familie stammt, wurde an der Moskauer Lomonossow-Universität zum Übersetzer ausgebildet. Seine erste Auslandstätigkeit war Ende der 1970er Jahre im Portugiesisch sprechenden Mosambik. Nach einem Aufenthalt in Moskau ging er 1982 nach Lissabon in Portugal. Im darauffolgenden Jahr wanderte er in die USA aus und promovierte dort an der University of Texas at Austin.

In seinen Veröffentlichungen befasst sich Slezkine mit verschiedenen Aspekten der russischen Geschichte, mit Minderheiten innerhalb Russlands und weltweit und besonders mit dem Judentum im 20. Jahrhundert.

2008 wurde Slezkine mit der Aufnahme in die American Academy of Arts and Sciences geehrt.

Werk

In seinem Buch „Das jüdische Jahrhundert“ beschreibt Slezkine den Einfluss der Juden, die um die Wende zum 20. Jahrhundert in Russland lebten und 60 % des Weltjudentums ausmachten, auf die Geschichte der Welt im Allgemeinen und des Judentum im Besonderen. Diese Juden, die größtenteils in Armut auf das Ansiedlungsrayon beschränkt waren, brachten demnach die Radikalen hervor, die eine Schlüsselrolle in der kommunistischen Revolution spielten, außerdem die Wegbereiter des Staates Israel sowie die Millionen, die in die USA auswanderten. Diese amerikanisch-jüdische Diaspora bezeichnet Slezkine als erfolgreiches Experiment.[1] Mit seiner Behauptung “Die Moderne ist das jüdische Zeitalter, und insbesondere das 20. Jahrhundert ist das jüdische Jahrhundert.” will Slezkines auf metaphorische Weise deutlich machen, dass Juden sich so gut an die moderne Welt (wie z. B. Urbanität, Mobilität, Bildung)[2] angepasst haben, dass sie zu Vorbildern des Modern-Seins geworden seien. Das Buch konzentriert sich nicht nur auf das Drama russischer Juden einschließlich der Emigranten und ihrer Nachkommen, sondern ist auch ein Bericht über die verschiedenen Gesichter der Moderne[3] - Nationalismus (Zionismus mit Ziel Palästina), Kommunismus (sowjetische Integration), Kapitalismus und Liberalismus (Auswandern nach Amerika) - und stellt damit einen Beitrag zur jüdischen, russischen, europäischen und amerikanischen Geschichte dar.[4]

Veröffentlichungen

  • Between Heaven and Hell: The Myth of Siberia in Russian Culture, 1993.
  • Arctic Mirrors: Russia and the Small Peoples of the North. Cornell University Press, Ithaka (New York), USA 1994, ISBN 0-8014-2976-5.
  • Als Herausgeber mit Sheila Fitzpatrick: In the Shadow of the Revolution: Life Stories of Russian Women from 1917 to the Second World War. Princeton University Press, Princeton, New Jersey 2000, ISBN 0-691-01948-7.
  • Swann’s Nose: The Jews and Other Moderns. Chapter 2 of The Jewish Century
    • deutsch von Michael Adrian und Bettina Engels: Paradoxe Moderne: Jüdische Alternativen zum Fin de Siècle. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-35091-0.
  • The Jewish Century. Princeton University Press, Princeton, New Jersey 2004, ISBN 0-691-11995-3.
    • deutsch von Michael Adrian, Bettina Engels und Nikolaus Gramm: Das jüdische Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 978-3-525-36290-7.
  • The House of Government: A Saga of the Russian Revolution. Princeton University Press, 2017
    • Das Haus der Regierung. Eine Saga der Russischen Revolution. Übersetzung aus dem Englischen Helmut Dierlamm, Norbert Juraschitz, Karin Schuler. München : Carl Hanser, 2018

Einzelnachweise

  1. Chemi Shalev: Israel’s Rupture With American Jewry Evokes Biblical Story of Cain and Abel. In: haaretz.com. Haaretz Daily Newspaper Ltd., 25. September 2018, abgerufen am 13. September 2025 (englisch).
  2. Yuri Slezkine: The Jewish Century. Princeton University Press, 2004, ISBN 978-0-691-12760-6, Introduction, S. 1–3, JSTOR:j.ctt7swcr.
  3. The Jewish Century, New Edition. In: Princeton University Press. 28. Mai 2019, abgerufen am 12. September 2025 (englisch).
  4. Tobias Brinkmann: Rezension zu: Y. Slezkine: The Jewish Century. In: hsozkult.de. 1. Juli 2005, archiviert vom Original am 7. Dezember 2024; abgerufen am 12. September 2025.