Yehuda Teichtal

Yehuda Teichtal

Yehuda Teichtal (* 1972 in Brooklyn, New York City, Vereinigte Staaten) ist ein US-amerikanischer orthodoxer Rabbiner der Bewegung Chabad-Lubawitsch. Er gründete 2007 die Jüdischen Gemeinde Chabad-Berlin und ist Vorsitzender des Chabad-Bildungszentrums.[1]

Leben

Yehuda Teichtal wuchs als zweites Kind der chassidischen Rabbinerfamilie Teichtal in New York City auf.[2] Sein Urgroßvater, Rabbi Issachar Shlomo Teichtal (1885–1945)[3], entstammte einer alten jüdischen Familie aus Europa.[4][5][6] Nachdem 63 Familienmitglieder im Holocaust ermordet worden waren[1], emigrierte die Familie in die USA.

Yehuda Teichtal besuchte die Jeschiwa in Brooklyn, schloss 1989 die High School ab und studierte anschließend am Rabbinical College in Morristown, New Jersey. Nach seinem Abschluss im Jahr 1992 ging er nach Australien, wo er in Melbourne an einer Jungenschule hospitierte.

1995 wurde Yehuda Teichtal im Alter von 23 Jahren an der Central-Lubawitsch-Jeschiwa in New York von Oberrichter Rabbiner Salman Goldberg zum Rabbiner ordiniert. Rabbiner Menachem Mendel Schneerson schlug ihm vor, nach Deutschland zu gehen, um als Emissär beim (Wieder-)Aufbau des jüdischen Lebens zu unterstützen.[7][8]

»Unsere Antwort auf Dunkelheit ist Licht,« so das Credo von Yehuda Teichtal.[9] Hier im Jahr 2014 bei einer Rede in der US-Botschaft in Berlin, im Beisein von Thomas de Maizière.

1996 heiratete Yehuda Teichtal Leah Gurary, die Tochter des Oberrabbiners Yochanan Gurary von Holon in Israel.[2][10] Gemeinsam zogen sie noch im selben Jahr nach Berlin.[11][12] Dort eröffnete er 2007 das Jüdische Bildungszentrum in Wilmersdorf mit Synagoge, koscherem Restaurant und Bildungsangeboten.[13][14] 2023 eröffnete er den Pears Jewish Campus.[15][16][17] Namensgebend war das umstrittene Unternehmen William Pears Group.[18]

Leah und Yehuda Teichtal haben zwei Söhne und vier Töchter und leiten gemeinsam alle Aktivitäten der Chabad-Gemeinde Berlin und ihrer Einrichtungen.[19]

Kritik

Im März 2013 ließ Yehuda Teichtal seinen Sohn in einer religiösen Zeremonie beschneiden.[20] Die Beschneidung wurde von dem israelischen Mohel Menachem Fleischman durchgeführt und beinhaltete die umstrittene Praxis der Metzitzah B’peh, bei der das Blut mit dem Mund abgesaugt wird.[21] Der Mathematiker Christian Bahls, Vorsitzender des Vereins MOGiS (MissbrauchsOpfer gegen InternetSperren), erstattete daraufhin Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen Fleischman, Teichtal und dessen Schwiegervater Yochanan Gurary.[22]

Teichtal wies die Anschuldigungen zurück. Er habe einen erfahrenen, international anerkannten Mohel aus Israel hinzugezogen und ihn angewiesen, die Beschneidung nach medizinischen Standards und deutschem Recht durchzuführen. Dies sei ihm bestätigt worden. Außerdem seien Ärzte anwesend gewesen.[23]

Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, dieses aber vorläufig eingestellt, da Teichtal und Gurary kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden konnte.[24][25] Gegen Fleischman besteht weiterhin ein Tatverdacht, das Verfahren wird jedoch nicht weiter verfolgt, solange er sich nicht in Deutschland aufhält.[25] Der Zentralrat der Juden in Deutschland distanzierte sich von der Praxis der Metzitzah B’peh und betonte, dass sie nicht unter die von ihm verteidigte Religionsfreiheit falle.[26]

Antisemitischer Angriff

Ende Juli 2019 soll Rabbiner Teichtal Opfer eines antisemitischen Angriffs geworden sein – auf dem Heimweg nach dem Gottesdienst sei er in der Nähe einer Synagoge im Bezirk Wilmersdorf von zwei Männern auf Arabisch beschimpft und bespuckt worden.[27]

Verschiedene Politiker solidarisierten sich mit Teichtal.[28] Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte Rabbiner Teichtal zu Hause, um ihm seine Solidarität und seine Unterstützung auszusprechen.[29] An einem von Chabad organisierten Solidaritätsgebet nahmen Berliner Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Politiker teil.[30][31][32]

Das Ermittlungsverfahren zu diesem Angriff wurde eingestellt, da den Tatverdächtigen trotz Handyauswertungen und Zeugenvernehmungen die Tat nicht nachgewiesen werden konnte.[33][34]

Werke

  • mit Claus Bernet, Wolfgang Schmidt, Kadir Sanci: Perlen des Neuen Jerusalem. Books on Demand GmbH, Norderstedt 2019, ISBN 978-3-7481-1728-5.
  • mit Kadir Sanci: Bilder des Neuen Jerusalem. BoD – Books on Demand, Norderstedt 2021, ISBN 978-3-7534-0625-1.
Commons: Yehudah Teichtal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Marcel Reich: Zur Person: Yehuda Teichtal. In: welt.de. 2. November 2019, abgerufen am 13. März 2025.
  2. a b Interview mit Rabbiner Yehuda Teichtal. In: haGalil. Abgerufen am 13. März 2025.
  3. Yakov M. Rabkin: Im Namen der Thora – Die jüdische Opposition gegen den Zionismus. Melzer Verlag, 2004, ISBN 978-3-7583-0243-5, S. 304 (der-semit.de [PDF]).
  4. Andreas Wrede: Wie Rabbiner Yehuda Teichtal jüdisches Leben in Deutschland sichtbar machen will. In: Stern. 18. September 2023, abgerufen am 13. März 2025.
  5. Sebastian Leber: Yehuda Teichtal trotzt dem Antisemitismus: Dieser Berliner Rabbi lässt sich auch durch Attacken nicht einschüchtern. In: Der Tagesspiegel Online. 14. Dezember 2019, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 14. März 2025]).
  6. Rabbi Teichtal: A hero for our time. In: jpost.com. 1. Oktober 2014, abgerufen am 13. März 2025 (englisch).
  7. Segen oder Sekte? In: deutschlandfunkkultur.de. 14. Dezember 2012, abgerufen am 13. März 2025.
  8. Paul Vitello: After Lubavitcher Tragedy, Spiritual Rebirth. In: The New York Times. 14. November 2009, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 13. März 2025]).
  9. Wilmersdorf bekommt Jüdischen Campus. 24. Juni 2023, abgerufen am 15. März 2025.
  10. Detlef David Kauschke: Getrübte Freude. In: juedische-allgemeine.de. 28. Februar 2007, abgerufen am 13. März 2025.
  11. NY-Berlin Rabbi. In: Jewish Voice From Germany. Abgerufen am 13. März 2025 (amerikanisches Englisch).
  12. "Ich bin ein PR-Manager des Jüdischen Glaubens". In: WELT. Abgerufen am 13. März 2025.
  13. Jüdisches Bildungs- und Familienzentrum mit Synagoge und Tora Kolleg. Stadt Berlin, 4. Februar 2025, abgerufen am 14. März 2025.
  14. Detlef David Kauschke: „Wir investieren in Wissen“. In: juedische-allgemeine.de. 27. September 2006, abgerufen am 14. März 2025.
  15. Jüdischer Campus in Wilmersdorf eröffnet. In: rbb24.de. 26. Juni 2023, abgerufen am 14. März 2025.
  16. Michael Maier: Pears Jüdischer Campus: Ein Meilenstein für Berlin. In: berliner-zeitung.de. 21. Juni 2023, abgerufen am 14. März 2025.
  17. Umstrittene Chabad-Gemeinde eröffnet jüdischen Campus in Berlin. In: faz.net. 25. Juni 2023, abgerufen am 14. März 2025.
  18. Umstrittene Chabad-Gemeinde eröffnet jüdischen Campus in Berlin. 25. Juni 2023, abgerufen am 13. Mai 2025.
  19. Unsere Rabbiner. In: Jüdische Gemeinde Chabad Berlin. Abgerufen am 14. März 2025.
  20. Claudia Keller: Zu Gast bei einer Beschneidung: „Mazel Tov!“ In: Der Tagesspiegel Online. 4. März 2013, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 13. März 2025]).
  21. Anzeige wegen Körperverletzung. Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R, 12. April 2013, abgerufen am 13. März 2025.
  22. Warum ich den orthodoxen Rabbiner Yehuda Teichtal für die Beschneidung seines Sohnes anzeige. In: MOGiS e.V. Abgerufen am 13. März 2025.
  23. Brigitte Schmiemann: Nach Beschneidung – Berliner Rabbiner weist Vorwürfe zurück. In: morgenpost.de. 19. April 2013, abgerufen am 14. März 2025.
  24. Strafanzeige nach Beschneidung: Berliner Staatsanwälte prüfen neuen Fall. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 13. März 2025]).
  25. a b Jost Müller-Neuhof: Politik: Knabenbeschneidung als Grenzfall. In: Der Tagesspiegel Online. 27. November 2013, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 13. März 2025]).
  26. »Wir befürworten dies nicht«. In: juedische-allgemeine.de. 15. April 2013, abgerufen am 13. März 2025.
  27. Attacke auf Rabbiner in Berlin: Arabisch beschimpft und bespuckt. In: faz.net. 31. Juli 2019, abgerufen am 14. März 2025.
  28. Kriminalität: Solidaritätsgebet für attackierten Rabbiner in Berlin. In: Die Zeit. 9. August 2019, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 13. März 2025]).
  29. Treffen mit Rabbiner Yehuda Teichtal. Der Bundespräsident, 4. August 2019, abgerufen am 13. März 2025.
  30. Hunderte nehmen an Solidaritätsgebet für attackierten Rabbiner teil. In: spiegel.de, 9. August 2019
  31. Grußwort von Außenminister Heiko Maas beim Solidaritätsgebet anlässlich des antisemitischen Vorfalls gegen Rabbiner Teichtal. In: Auswärtiges Amt. Abgerufen am 13. März 2025.
  32. Sebastian Engelbrecht: Juden in Berlin: Leben zwischen Klischees und Antisemitismus. In: Deutschlandfunk, 15. August 2019
  33. Kein hinreichender Tatverdacht: Ermittlungsverfahren nach Attacke auf Berliner Rabbiner eingestellt. In: Der Tagesspiegel Online. 27. Oktober 2019, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 13. März 2025]).
  34. Berlin: 70-jähriger bei antisemitischem Angriff verletzt. In: WELT. 29. Oktober 2019, abgerufen am 14. März 2025.