Wolfgang Scharenberg

Wolfgang Carl Otto Theodor Scharenberg (* 15. April 1883 in Neubrandenburg; † 3. Januar 1969 in Bad Kleinen) war ein deutscher Jurist, Verwaltungsbeamter sowie Rechtsanwalt und Notar.
Leben
Wolfgang Scharenberg wurde 1883 als Sohn des Neubrandenburger Amtsgerichtsrats Fritz Scharenberg (1846–1916) und dessen Ehefrau Elisabeth geb. Lütcke (* 1853) geboren. Nach seinem Abitur 1902 in Neubrandenburg studierte Scharenberg Rechtswissenschaft an der Universität Halle, der Ludwig-Maximilians-Universität München[1], der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und der Universität Rostock. Später war Scharenberg von 1912 bis 1914 als Rechtsanwalt und Notar in Ribnitz tätig, ehe er bis 1918 als Soldat im Ersten Weltkrieg diente.
Scharenberg schloss sich 1918 der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) an. In seiner Position als Amtshauptmann, in die er im Oktober 1920 mit Unterstützung der SPD gewählt wurde, erfuhr er unmittelbar, mit welcher Ungerechtigkeit die mecklenburgische Ritterschaft gegen die Landarbeiter und Kleinbauern vorging. Ab Mitte der 1920er Jahre erlebte das Hofegänger-System seine Wiederauferstehung. Demnach war die Frau eines Tagelöhners durch Zusatzverträge zum Tarifvertrag verpflichtet, an fünf Tagen die Woche zu arbeiten, oder einen Ersatz zu stellen.
Im Jahr 1925 wurde mehreren Landarbeiterfamilien auf dem Gut Melkhof unrechtmäßig gekündigt, weil ihre Frauen nicht zur Arbeit erschienen waren, obwohl hier keine tarifliche Verpflichtung bestand. Als die Familien ihre Arbeit niederlegten, verlangte Ministerpräsident Joachim Freiherr von Brandenstein von Scharenberg den Einsatz der Technischen Nothilfe. Scharenberg lehnte jedoch ab, woraufhin Brandenstein selber den Einsatz befehligte.
Im selben Jahr zog sich Scharenberg den Zorn der von Gutsbesitzern und Unternehmern beherrschten Parteien Deutschnationale Volkspartei (DNVP) und Deutsche Volkspartei (DVP) wegen des Baus eines Kinderheims zu, den er veranlasst hatte. Im Jahr 1926 betrieben diese Parteien mit Hilfe von Massenflugblättern seine Abwahl. Nachdem diese erfolgt war, verfasste Wolfgang Scharenberg eine Denkschrift mit dem Titel „Die Sünden der Mecklenburgischen Ritterschaft“, die am 19. Mai 1926 erschien. Aufgrund der Brisanz der Schrift war Scharenberg gezwungen, sein Werk im Selbstverlag herauszubringen und auch selbst zu vertreiben. Im Mai 1926 wurde er in Bad Kleinen als Rechtsanwalt und Notar tätig und wohnte bis zu seinem Tode in der „Villa Waldesruh“. Als Reaktion auf die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise veröffentlichte Scharenberg 1931 die Schrift „Zurück zur Scholle. Vom Schrebergarten zur Gartenstadt / Ein Weg zur Massensiedlung“. Seine Idee war es, den Menschen an das Land und den Garten zu binden.
Mit der Befreiung durch die Alliierten übernahm Scharenberg am 30. Mai 1945 in Bad Kleinen zunächst das Amt des Bürgermeisters. Dieses Amt bekleidete er bis Ende August 1945 auch unter der sowjetischen Besatzung. Zudem trat Scharenberg der KPD bei und beteiligte sich an der Durchführung der Bodenreform. Am 23. Dezember 1945 erhielt Scharenberg zusammen mit anderen Aktivisten die Ehrenurkunde für ihre Beteiligung an der Reform. Nachdem Scharenberg von seiner Funktion als Bürgermeister entbunden wurde, bekam er die Auflage, außerhalb des Ortes zu wohnen, der er jedoch nicht nachkam. Scharenberg war anschließend als Rechtsanwalt in Schwerin tätig und 1946 als Dozent an der Volksrichterschule Schwerin. Vom 1. April 1946 an war er erster Vorsitzender des Landesarbeitsgericht (LAG) für Mecklenburg-Vorpommern. Im Juni 1950 kam es zum Bruch mit der SED, da sich Scharenberg deren Forderung widersetzte, wonach ein Arbeitsgericht niemals über Entscheidungen der öffentlichen Verwaltungen zu richten hätte. Daraufhin wurde Wolfgang Scharenberg von der Mitgliederliste gestrichen und verlor sein Amt.
Nach dieser Zeit war Scharenberg wieder als Rechtsanwalt und Notar in Bad Kleinen tätig, wo er 1969 starb.
Nach seiner ersten Ehe 1914 mit Agnes (genannt Nonny) Warnecke heiratete Scharenberg 1925 Hedwig Rohwedder geb. Waak (1894–1986), eine Tochter von Hermann Preysing (1866–1926).
Schriften
- Die Sünden der mecklenburgischen Ritterschaft. Selbstverlag, Hagenow 1926. (Neudruck: BS-Verlag Rostock, Rostock 2009, ISBN 978-3-86785-079-7)
- Zurück zur Scholle. Vom Schrebergarten zum Gartenstaat. Verlag „Der Ruf“ (J. Walinski), Berlin 1931. (OCLC 72087270)
- Es reicht, wenn Knaben schreiben können. In: Mecklenburg-Magazin (Regionalbeilage der Schweriner Volkszeitung und der Norddeutschen Neuesten Nachrichten), Jahrgang 1990, Nr. 18, S. 7.
- Familienweihnacht im Hause des Amtsgerichtsrates Friedrich Scharenberg in Neubrandenburg und bei den Verwandten in Neustrelitz um 1890/1900. In: Schimmelreiter, Knapperdachs und Weihnachtsmann. Weihnachtsbräuche in Mecklenburg und Vorpommern. Hinstorff, Rostock 1998, ISBN 3-356-00782-3, S. 155–157.
- Scharenberg. Ein Bekenntnis. In: Die Tat, 16. Jahrgang 1925, Nr. 1–6, S. 205–210.
Literatur
- Ingeborg Blank: 40 Jahre demokratische Bodenreform. Ehrenurkunde auch für einen ehemaligen Amtshauptmann. In: Schweriner Blätter, Beiträge zur Heimatgeschichte des Bezirkes Schwerin, Nr. 5 (1985), S. 66–72.
- Grete Grewolls: Wer war wer in Mecklenburg-Vorpommern? Edition Temmen, Bremen 1995, ISBN 3-86108-282-9, S. 373.
- Kurt Redmer: „Alle Pläne sind fast restlos gescheitert.“ Wolfgang Scharenberg (1883–1969), Streiter für Gerechtigkeit. In: Mecklenburg-Magazin (Regionalbeilage der Schweriner Volkszeitung und der Norddeutschen Neuesten Nachrichten), Jahrgang 1998, Nr. 50, S. 21.
- Jochen Brinker: Chronik des Ortes Bad Kleinen. cw Obotritendruck, Schwerin 2008. (OCLC 554026864)
- Stefan Breuer, Ina Schmidt: Die Kommenden. Eine Zeitschrift der Bündischen Jugend (1926–1933). (= Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung, Band 15.) Wochenschau Verlag, Schwalbach (Taunus) 2009, ISBN 978-3-89974-529-0, S. 402 f.
- Julian Lubini: Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern der SBZ/DDR 1945–1952. Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 2015, ISBN 978-3-16-153526-0, S. 225 f. (eingeschränkte Vorschau auf Google Bücher)
Weblinks
- Literatur von und über Wolfgang Scharenberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur über Wolfgang Scharenberg in der Landesbibliographie MV
- Werke von Wolfgang Scharenberg in der Landesbibliographie MV
- Wolfgang Scharenberg im Rostocker Matrikelportal
Einzelnachweise
- ↑ Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayrischen Ludwig-Maximilians-Universität. Winter-Semester 1904/05. Kgl. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei Wolf & Sohn, München 1904, S. 106 (Digitalisat [PDF; 8,9 MB]).