Winfried Baumann (Offizier)
Winfried Baumann (* 17. Mai 1930 in Scharley als Winfried Zakrzowski; † 18. Juli 1980 in Leipzig) war ein deutscher Fregattenkapitän der Volksmarine und Agent des Bundesnachrichtendienstes (BND).
Leben
Baumann war in seiner letzten militärischen Verwendung Abteilungsleiter der operativen Abteilung 8 der Militärischen Aufklärung der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Im Jahr 1970 wurde er wegen Alkoholismus entlassen.[1][2][3]
Baumann arbeitete ab etwa 1977 für den westdeutschen BND. Die geheimen Nachrichten übermittelte er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Ärztin Christa-Karin Schumann, die über ihre Bruder in Heidelberg den Kontakt zum BND vermittelt hatte, mittels Briefen an Deckadressen des BND. Dieser führte den Vorgang unter dem Titel „Der rote Admiral“.[2] Offensichtlich wusste der BND bei der Anwerbung nicht, dass Baumann ein Alkoholproblem hatte und seit sieben Jahren nicht mehr Angehöriger der Militärischen Aufklärung war. Dennoch konnte er mehrere noch aktive, von der NVA geführte Agenten verraten.
Nachdem Baumann an den BND die Namen von drei durch die militärische Aufklärung der NVA geführten Agenten übermittelt hatte, schlug ein erster zu Ostern 1979 durch den BND vorbereiteter Versuch der Ausschleusung Baumanns, seiner Freundin und deren zwei Kinder fehl.[2] Baumann hatte sich, bedingt durch seine Alkoholabhängigkeit, die zur Reise nach Ungarn notwendigen Reiseunterlagen nicht rechtzeitig beschafft. Nach anderen Angaben wurde ihm ein Reisepass vom BND zur Verfügung gestellt, auf dem der Ausreisestempel fehlte, sodass er für die Ausschleusung unbrauchbar war. Nachdem Baumann gegenüber dem BND vier weitere Agenten nannte, wurde ein zweiter Versuch der Ausschleusung für den Sommer 1979 über Warschau vorbereitet.[3]
Alle Briefe an den BND wurden stets in denselben Briefkasten eingeworfen. Daraufhin wurde seine Lebensgefährtin durch die intensive Überwachung des Postverkehrs seitens des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) als „Absenderin“ identifiziert und im Juni 1979 in ihrer Wohnung verhaftet und kurz danach auch Baumann selbst, der gerade von einer Kneipentour heimkehrte. Dem MfS gelang es, die Verhaftungen gegenüber dem BND geheim zu halten, so dass bei dem Versuch der zweiten Schleusung der BND-Kurier, der als Doppelagent auch für das MfS tätig war, in Warschau festgenommen wurde. Am 9. Juli 1980 wurde Baumann nach einem dreitägigen Geimprozess zum Tode verurteilt und am 18. Juli 1980 wurde er in die Strafvollzugsanstalt Leipzig (Alfred-Kästner-Straße) überführt. In deren zur „Zentralen Hinrichtungsstätte“ umgebauten Hausmeisterwohnung wurde das Urteil von Henker Hermann Lorenz unmittelbar nach Baumanns Eintreffen durch unerwarteten Nahschuss vollstreckt. Die Leiche wurde anschließend in das Krematorium auf dem Leipziger Südfriedhof gebracht und dort eingeäschert, die Asche wurde anonym auf dem Friedhofsareal begraben. Baumann war der vorletzte Mensch, der auf deutschem Boden hingerichtet wurde.
Baumanns Lebensgefährtin, die sich aktiv an der Übermittlung der Nachrichten und den Fluchtvorbereitungen beteiligt hatte, erhielt 15 Jahre Freiheitsstrafe und wurde am 12. August 1987 im Vorfeld des Besuchs Honeckers in der Bundesrepublik gegen Manfred Rotsch, der bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm für den KGB spioniert hatte, ausgetauscht.[3]
Der BND-Kurier Horst Hering, der in Posen verhaftet und in die DDR überstellt worden war, erhielt eine lebenslange Freiheitsstrafe, wurde aber bereits im Mai 1982 gegen einen Major des KGB ausgetauscht, der in Südafrika verhaftet worden war.[3]
Siehe auch
Literatur
- Peter F. Müller, Michael Müller: Gegen Freund und Feind: der BND: geheime Politik und schmutzige Geschäfte. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2002, ISBN 978-3-498-04481-7, S. 438–441.
Einzelnachweise
- ↑ Klassischer Fall, Der Spiegel 15/1987, 6. April 1987 (abgerufen am 9. September 2010)
- ↑ a b c Beim Sterben fehlt jedes Ziel 1, Der Spiegel 46/1992, 9. November 1992 (abgerufen am 12. Februar 2012)
- ↑ a b c d Beim Sterben fehlt jedes Ziel 2, Der Spiegel 47/1992, 16. November 1992 (abgerufen am 12. Februar 2012)