Wilhelm Mittelmann KG
| Wilhelm Mittelmann KG | |
|---|---|
| Rechtsform | Kommanditgesellschaft |
| Gründung | 1911 |
| Auflösung | 1993 |
| Sitz | Tönisheide |
| Leitung | Hans Mittelmann |
| Mitarbeiterzahl | 1000 (1950), 400 (1980) |
| Branche | Gießerei-Industrie |
| Stand: 1980 | |
Die Wilhelm Mittelmann KG war ein deutsches Gießereiunternehmen mit Sitz in Velbert-Tönisheide und später Wülfrath. Das 1911 gegründete Familienunternehmen entwickelte sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem der größten Zulieferer der Schloss- und Beschlagindustrie sowie der Automobilindustrie im Niederbergischen Land. In den 1950er Jahren beschäftigte das Unternehmen bis zu 1000 Mitarbeiter. Ab den 1970er Jahren geriet es wegen massiver Umweltprobleme in die Schlagzeilen. 1993 wurde die Firma endgültig geschlossen.[1][2]
Geschichte
Gründung und frühe Jahre
Wilhelm Mittelmann (* 29. April 1876 in Velbert; † 7. März 1945) gründete im April 1911 die Metallgießerei Wilhelm Mittelmann. Schon bald waren im Pachtbetrieb an der Mittelstraße in Velbert 15 Arbeiter beschäftigt. 1913 erfolgte der Umzug in eine neu errichtete Fabrik- und Wohnanlage nach Tönisheide.
Die Firma belieferte die Velberter Schloss- und Beschlagindustrie mit Metallguss und exportierte auch Schiffsbeschläge. Vor Beginn des Ersten Weltkriegs arbeiteten 25 Männer in der Fabrik. 1915 musste der Betrieb aufgrund von Rohstoffmangel und der Einberufung des Inhabers stillgelegt werden.[3]
Zwischenkriegszeit
Nach der Wiederaufnahme der Produktion 1917 erfolgte ein stetiger Ausbau. 1926 wurde die Fabrikfläche von 400 auf 850 m² erweitert. Die drei Söhne Werner, Herbert und Hans traten in den Betrieb ein: Werner übernahm den kaufmännischen Bereich, Herbert den gießereitechnischen und Hans die mechanische Bearbeitung.
In den 1930er Jahren stieg die Zahl der Beschäftigten auf 200. 1937 wurde die Wilhelm Mittelmann KG gegründet, mit dem Vater als Komplementär und den drei Söhnen als Kommanditisten. 1938 erwarb das Unternehmen zusätzliche Fabrikräume in Wülfrath.
Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit
Während des Zweiten Weltkriegs lief die Produktion weiter. Wilhelm Mittelmann starb am 7. März 1945. Die Leitung übernahm seine Frau Berta zusammen mit den Söhnen.
In den 1950er Jahren expandierte das Unternehmen stark: neue Werke in Wülfrath und Heiligenhaus wurden eröffnet, moderne Sandaufbereitungsanlagen eingerichtet und neue Maschinen angeschafft. Die Beschäftigtenzahl stieg auf bis zu 1000 Personen.[1]
1960er bis 1980er Jahre
Am 7. November 1960 starb Herbert Mittelmann. Sein Bruder Hans führte das Unternehmen nun allein. Ab Mitte der 1950er Jahre verlagerte sich die Produktion zunehmend auf die Fahrzeugindustrie.
In den 1970er Jahren traten massive Umweltprobleme auf. Veraltete Kupolöfen und unzureichende Filteranlagen führten zu erheblichen Staub- und Schmutzbelastungen. 1976 bis 1980 erließen die Behörden zahlreiche Ordnungsverfügungen und Bußgeldbescheide. 1980 sollte erstmals nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ein Geschäftsführer seines Amtes enthoben werden.[4]
Um 1980 hatte das Unternehmen noch etwa 400 Mitarbeiter.
Ende des Unternehmens
Im Juni 1987 fusionierte die Wilhelm Mittelmann KG mit der Firma Tiefenthal (Velbert). Am 20. März 1989 übernahm die Mittelmann-Gruppe die Gießerei August Engels aus der Insolvenz. Am 9. November 1990 wurde an der Mettmanner Straße in Velbert die letzte Schicht gefahren; der Betrieb wurde zum Jahresende geschlossen. Am 30. Januar 1992 musste die Mittelmann Guß Vergleich anmelden. Am 2. April 1993 schließlich wurde um 7:12 Uhr der letzte Kasten gegossen – das endgültige Ende der Wilhelm Mittelmann KG.[2]
Standorte
- Velbert-Tönisheide: Temperguss- und Graugussgießerei
- Wülfrath: Armaturen- und Apparatebau, Kleineisenfertigung (heute AVK Armaturen GmbH)[5]
- Heiligenhaus: „Niederheinisches Eisenwerk GmbH“ (Grauguss- und Tempergussgießerei)
- Mettmann: Vertriebsgesellschaft „Henssgen Karabinerhaken GmbH“[1]
Umweltkontroversen
Ab den 1970er Jahren geriet die Firma in die Schlagzeilen: Eisenstaub aus den Schornsteinen führte zu erheblichen Belastungen für Anwohner, Pflanzen und Sportanlagen. Zwischen 1976 und 1980 wurden neun Ordnungsverfügungen und 13 Bußgeldbescheide gegen das Unternehmen verhängt.
1980 forderte der nordrhein-westfälische Sozialminister Friedhelm Farthmann die Absetzung des Geschäftsführers Hans Ernenputsch, ein Novum in der deutschen Industriegeschichte.[4]
Einzelnachweise
- ↑ a b c Wilhelm Mittelmann KG: 50 Jahre Wilhelm Mittelmann 1911 - 1961. Hrsg.: Wilhelm Mittelmann KG. Hans Putty, Druck und Verlag, Wuppertal 1961.
- ↑ a b Monika Hülsiepen, Dr. Woldemar Rösner, Wolfgang Schneidewind, Ralf Seipenbusch: Tönisheide im Wandel der Zeit. Hrsg.: Bürgerverein Tönisheide 1907 e.V. Funke-Druck GmbH, Velbert August 1997.
- ↑ Bergischer Geschichtsverein - Abteilung Velbert-Hardenberg e.V. Abgerufen am 8. September 2025.
- ↑ a b Aus der Portokasse. In: Der Spiegel. 21. September 1980, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 8. September 2025]).
- ↑ AVK Armaturen - Hydranten, Armaturen, Ventile | Home - AVK Armaturen. Abgerufen am 9. September 2025.