Wenzl (Adelsgeschlecht)

Die Wenzl (auch Wentzl, Wenzel) waren ein (süd)tiroler Patriziergeschlecht, das im 16. und 17. Jahrhundert durch Handel, Bergbau und Verwaltung zu Ansehen gelangte. Im Jahr 1664 wurde Johann Baptist von Wenzl in den rittermäßigen Reichsadelsstand erhoben. Ein späterer Zweig der Familie wurde 1684 unter dem Namen Sternbach zum Stock und Luttach in den Freiherrnstand erhoben. Beide Linien bestehen bis heute fort und lassen sich genealogisch auf Pankratius Wenzl im 16. Jahrhundert zurückführen.

Wappen der Herren von Wenzl, bekrönt mit der Rangkrone des Heiligen Römischen Reiches des rittermäßigen Adels (fünf sichtbare Zinken mit Perlen).

Allgemein

Die Herren von Wenzl (auch Wentzl, Wenzel) sind ein aus Tirol stammendes Adelsgeschlecht im Reichsritterstand, das im 16. und 17. Jahrhundert durch Handel, Bergbau und Verwaltung zu Ansehen gelangte. Die Familie ist genealogisch verwandt mit den Sternbach zum Stock und Luttach, führt jedoch eine eigenständige Linie unter dem Namen von Wenzl.

Geschichte

Die Familie Wenzl geht auf Pankratius Wenzl zurück, der als salzburgischer Pfleger auf Schloss Lengberg im heutigen Osttirol amtierte.[1] Sein Sohn Stephan Wenzl, zog als Kaufmann nach Bruneck und bewohnte das ihm gehörende Haus Nr. 107; 1586 wurde er Bürgermeister der Stadt.[2] Dessen Sohn Andreas, geb. 1586, war Besitzer der vier Stadthäuser Nr. 107, Nr. 106, Nr. 105 und Nr. 104.[3][4]

Am 12. Jänner 1664 erhielt die Familie von Kaiser Leopold I. in Regensburg ein Adelsdiplom, das den rittermäßigen Reichsadelsstand im Heiligen Römischen Reich und in den österreichischen Erblanden bestätigte.[5]

Um 1670 erwarb Stephan von Wenzl den Edelsitz Ragen von der Familie Kirchmaier zu Ragen, deren Linie in Bruneck ausgestorben war. Er baute das Ragenhaus im Renaissancestil um und ließ einen Innenhof anlegen. 1679 erwarb er zusätzlich den Ansitz Getreuenstein in Dietenheim. Seither führte die Familie das Prädikat "zu Kirchegg, Ragen und Getreuenstein".[6]

Ein späterer Zweig der Familie wurde 1684 in den Freiherrnstand erhoben und nannte sich fortan Sternbach zum Stock und Luttach.[7]

Wappen

Stammwappen von 1571

Schwarzes Schild mit einem schräg verlaufenden silbernen Balken, begleitet von je einem goldenen sechsstrahligen Stern oben links und unten rechts.[1]

Wappen laut Adelsdiplom von 1664

Ein Schild mit einem natürlichen Wasserstrom von links oben nach rechts unten; im oberen und unteren Feld je ein achtzackiger goldener Stern. Auf dem Schild ruht ein Turnierhelm mit königlicher Krone und gelb-schwarz-blau verschlungenen Helmdecken. Der Helm trägt einen schwarzen Adlerflug, in dem ein blauer Wasserstrom verläuft und ein achtzackiger goldener Stern darüber und darunter platziert ist.[8]

Sichtbares Erbe

Turm der Rainkirche mit dem Wappen der Familie Wenzl (oben mittig)

1724 wurden nach der Renovierung die Wappen von Tirol, Bruneck, Spaur (Bischof von Brixen) und Stephan Wenzl (Stifter) am Turm angebracht.[9]

In Uttenheim (Gemeinde Gais) erinnert die Andrä-von-Wenzl-Straße an ein Mitglied der Familie.[10]

Das ehemalige Kupferbergwerk in Prettau, heute Schaubergwerk und Teil des Südtiroler Landesmuseums Bergbau, zeigt in den Gängen noch das Wappen der Familie von Wenzl.[11]

Familienangehörige (Auswahl)

  • Pankratius Wenzl – salzburgischer Pfleger auf Schloss Lengberg[12]
  • Stephan Wenzl – ab 1577 Bürger und Handelsmann in Bruneck, Bürgermeister 1586[3]
  • Andreas Wenzl – Besitzer mehrerer Brunecker Stadthäuser, geb. 1586[3]
  • Johann Baptist von Wentzl – Dr. iur., Kanonikus in Salzburg und Brixen, Adelserhebung 1664[8]
  • Bartlmä von Wenzl (1648–1680) – Unternehmer und Miteigentümer des Kupferbergwerks in Prettau, Mitbegründer des “Ahrner Handels” mit seiner Schwiegerfamilie Tannenberg[11]
  • Stephan von Wenzl (1613–1681) – Mitfinanzierer der Renovierung der Rainkirche in Bruneck[9]
  • Matthias von Wenzl (* 1994) – Südtiroler Lokalpolitiker (SVP), Ehemaliger Vorsitzender der Südtiroler HochschülerInnenschaft (SH) und Landtagskandidat[13][14][15][16]

Quellen und Literatur

  • Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser, Gotha 1864, S. 817, Gotha 1868, S. 904 ff., Gotha 1889, S. 974–977 (Wenzl von Sternbach)
  • Siebmacher’s Wappenbuch, Band: Österreich
  • Österreichisches Staatsarchiv
  • J. N. Tinkhauser: ‘‘Brunecker Chronik’’. Verlagsanstalt Athesia, Bozen 1981, ISBN 88-7014-203-5, S. 210
  • “Das Ragenhaus in Bruneck”, in: Puschtra Kultur Nr. 21, 4. November 2015, S. 22–23
  • Ernst Heinrich Kneschke: ‘‘Die Wappen der deutschen freiherrlichen und adeligen Familien’’, Band II, Leipzig 1855, S. 421–423
  • Karl von Grabmayr: ‘‘Stammtafeln alter Tiroler Familien’’. Universitäts- und Landesbibliothek Tirol, Innsbruck 1940, Digitalisat: https://diglib.uibk.ac.at/download/pdf/5664009.pdf (mehrere Einträge zu Familienmitgliedern Wenzl auf S. 5, 7, 52, 59, 65, 111)
  • Archiv Bruneck: ‘‘Stadtgasse Nr. 15 – 17 Häusergeschichte’’ (Stemberger/Bertel)

Einzelnachweise

  1. a b AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 1070.34 Wenzl, Pankraz, von Püchl, gräflicher und freiherrlicher von Thurn'scher Diener und Lehensmann, Wappen, verliehen vom Comes palatinus Franz Graf und Freiherr von Thurn und Kreutz, Abschrift 1826, 1571.04.09 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File)), auf archivinformationssystem.at
  2. Stadtgasse Nr. 15, 15a, Groß-Gerau-Promenade Nr. 9: Brunnbäck, auf Stadtgasse Nr. 15, 15a, Groß-Gerau-Promenade Nr. 9: Brunnbäck
  3. a b c Stadtgasse Nr. 17, 17a, Groß-Gerau-Promenade Nr. 8, auf archiv-bruneck.it
  4. J. N. Tinkhauser: ‘‘Brunecker Chronik’’. Verlagsanstalt Athesia, Bozen 1981, ISBN 88-7014-203-5, S. 210.
  5. Johann Siebmacher: Siebmachers Wappenbuch: Der Adel des Herzogtums Österreich’’, Nürnberg, verschiedene Ausgaben.
  6. Puschtra Zeitung: "Das Ragenhaus", Nr. 21, 4. November 2015, S. 22–23 aufgerufen auf https://issuu.com/bezirksmedien/docs/puschtra_21_2015
  7. Paul-von-Sternbach-Straße Nr. 1, Oberragen Nr. 20, 20A‑C: Ansitz Sternbach, auf archiv-bruneck.it
  8. a b AT-OeStA/AVA Adel HAA AR 1070.33 Wenzel, Johann Baptist, Dr. iur., Kanonikus in Brixen, salzburgischer Konsistorialrat, Adelsstand, Wappenbesserung, 1664.01.12 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File)), auf archivinformationssystem.at
  9. a b Bruneck: Die Kirchen der Stadt, auf puschtra.it
  10. https://www.google.com/maps/place/Andr%C3%A4-von-Wenzl-Stra%C3%9Fe,+39030+Gais,+Autonome+Provinz+Bozen+-+S%C3%BCdtirol/
  11. a b Bartlmä von Wenzl, 1648-1680, auf bergbaumuseum.it
  12. Hans Griessmair “Il Museo etnografico di Dietenheim” Casa Editrice Athesia Bolzano, 1988 88-7014-428-3
  13. Strukturgeschichte der Südtiroler HochschülerInnenschaft, abgerufen auf asus.sh
  14. https://www.ff-bz.com/politik-wirtschaft/politik/2024-12/lasst-uns-jetzt-mal-machen.html
  15. https://salto.bz/de/article/30042025/das-schreckt-viele-gute-leute-ab
  16. https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/articoli/2023/10/junge-landtagskandidaten-schlagen-alarm-massive-abwanderung-in-sudtirol--97bdc16b-5e5e-436b-ba4b-6a41dd04587f.html