Wellentinamu

Wellentinamu

Wellentinamu

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Unterklasse: Urkiefervögel (Palaeognathae)
Ordnung: Steißhühner (Tinamiformes)
Familie: Steißhühner (Tinamidae)
Gattung: Glatt-Taos (Crypturellus)
Art: Wellentinamu
Wissenschaftlicher Name
Crypturellus undulatus
(Temminck, 1815)
Verbreitungsgebiet des Wellentinamus

Der Wellentinamu (Crypturellus undulatus), Syn. Tinamus undulatus ist eine Vogelart aus der Familie der Steißhühner (Tinamidae).[1][2]

Der Vogel kommt im Amazonasbecken in Ecuador, Kolumbien, Brasilien und Peru in flussnahen Wäldern, Sekundärwald und Waldränder sowie zwischen August und März auf Flussinseln vor, auch in trockeneren tropischen und subtropischen Regionen im Süden und Südosten Südamerikas, jedoch nicht tiefer in Terra Firme.

Der Lebensraum umfasst tropische Wälder, trockene buschbestandene Flächen, Savanne, Serrado, Várzea, auch offene trockene Wälder.[3][4][5]

Merkmale

Die Art ist 25–32 cm groß und wiegt 462–569 (Männchen) beziehungsweise etwas 621 g (Weibchen), also ein mittelgroßer Tinamu mit ziemlich langem und an der Spitze gebogenem Schnabel. Die Kopfkappe ist ruß-schwarz, am hinteren Teil in Binden oder Flecken auf einem sand-braunen bis rötlichen Grund übergehend, das gefleckte Muster dehnt sich auf die Kopfseiten aus, um die Augen blasser, während die Ohrdecken oft grauer gefärbt sind. Nacken, Oberseite und Flügeloberseite sind etwas rötlich-brauner und dicht mit schwärzlich-braunen Binden gezeichnet, allerdings nur aus der Nähe erkennbar. Die Art ist das einfarbigst erscheinende Steißhuhn. Kinn und Kehle sind weiß, die Brust sieht blasser und einfarbiger aus als der Nacken, die übrige Unterseite ist gelbbraun mit breiten schwärzlichen Binden. Die Kehle ist weiß, die Brust grau, die übrige Unterseite ist weiß bis cremefarben, Flanken und Unterschwanzdecken sind schwarz gebändert. Die Iris ist dunkel rotbraun, kann dunkel erscheinen, oft auch blass. Der Schnabel ist schwärzlich und grau an der Basis, die Beine sind grau bis gelb-oliv.

Das Weibchen unterscheidet sich nicht, ist lediglich im Mittel etwas größer. Jungvögel tragen schwarze Flecken auf der Brust, den Seiten und den Flügeldecken.[3][4][5]

Geografische Variation

Es werden folgende Unterarten anerkannt[1][3][6]

  • C. u. undulatus (Temminck, 1815)[7], Nominatform, – Südostperu bis Nordargentinien
  • C. u. manapiare Phelps & Phelps, Jr., 1952[8], – Südvenezuela (oberer Rio Ventuari), staubgrauere Kopfkappe
  • C. u. simplex (Salvadori, 1895)[9], – Südwestguyana und angrenzend in Brasilien, insgesamt blasser und weniger Zeichnung, auch weniger kastanienbraun auf dem Rücken
  • C. u. adspersus (Temminck, 1815)[10], – Brasilien südlich des Amazonas, Oberseite netzförmig gezeichnet, nicht gebändert
  • C. u. yapura (Spix, 1825)[11], – Südostkolumbien bis Ostecuador, Ostperu und Nordwestbrasilien, durchgehend dunkler, stark abgesetzte weiße Kehle, rußig-schwarze Kopfkappe und Nacken, Oberseite braun mit dichter schwarzer Zeichnung, Brust mausgrau
  • C. u. vermiculatus (Temminck, 1825)[12][A 1], – Ostbrasilien (südliches Maranhão bis Mato Grosso), Rücken netzförmig gezeichnet, weniger rötlich-braun, ähnelt C. u. adspersus, aber Nacken und Brust schlichter und ungebändert

Stimme

Der Gesang wird als charakteristische Folge von 3–4 melodischen, eher tiefen Pfeiftönen, der letzte höher „whoooo….whoo-whoo?“ oder „com-pra pan?“ beschrieben. Typischer Ruf entlang des Amazonasflusses.[3][4]

Lebensweise

Die Art ist überwiegend ein Standvogel. Werden Flussinseln und Várzea überflutet, bewegt sie sich auf Terra Firme. Die Nahrung besteht aus kleinen Früchten, Pflanzensamen und Insekten. Die Brutzeit liegt zwischen Februar und Mai in Kolumbien. Das Gelege besteht aus 4–5 blass rosafarbenen oder aschgrauen Eiern, die über 17 Tage ausgebrütet werden.[3]

Etymologie und Forschungsgeschichte

Die Erstbeschreibung des Wellentinamu erfolgte 1815 durch Coenraad Jacob Temminck unter dem wissenschaftlichen Namen Tinamus undulatus. Als Verbreitungsgebiet gab er Brasilien und Paraguay an, basierend auf Ynambús del listado[13] von Félix de Azara.[7] 1914 führten Wyndham Wentworth Knatchbull-Hugessen, 3. Baron Brabourne und Charles Chubb die neue Gattung Crypturellus ein.[14][A 2] Dieser Begriff ist der Diminutiv von Crypturus Illiger, 1811 für Tinamu und leitet sich aus κρυπτος kryptos für versteckt und ουρα oura für Schwanz ab.[15][16] Der Artname undulatus hat seinen Ursprung in lateinisch undulatus, unda ‚mit wellenförmigen Markierungen versehen, Welle‘.[17] Manapiare bezieht sich auf den Río Manapiare[8], yapura auf den Rio Yapurá.[11] Simplex stammt von lateinisch simplex ‚simpel, einfach‘ ab[18], adspersus von lateinisch aspersus, adspersus, aspergere ‚bestreuen, besprenkeln‘[19] und vermiculatus von lateinisch vermiculatus, vermiculus, vermis ‚wurmartig, mit gewundenen, wurmartigen Markierungen, kleiner Wurm, Wurm‘.[20] Alfred Laubmann hatte für sein Werk Die Vögel von Paraguay vier Bälge, gesammelt von Eugen Josef Robert Schuhmacher (1906–1973) und Michael Mathias Kiefer (1902–1980) im Bergland des Río Apa bei San Luis de la Sierra im Departamento Concepción und Puerto Casado im Gran Chaco, zur Verfügung. In der Literatur fand er Nachweise für das Land in Sapucai durch Charles Chubb[21], in Mortero durch Claude Henry Baxter Grant[22], am Río Paraguay durch John Graham Kerr[23] und im Departamento Central durch Arnaldo de Winkelried Bertoni.[24] Laubmann folgte der Aufteilung der Unterarten nach Carl Eduard Hellmayr.[25] Allerdings listete dieser noch Crypturus undulatus confusus Brabourne & Chubb, 1914[26], heute ein Synonym für C. u. adspersus. Nothocercus scolopax Bonaparte, 1856[27] sah Laubmann als nicht mehr aufrecht zu erhaltende Unterart aus Bolivien an.[28]

Gefährdungssituation

Der Bestand gilt als „nicht gefährdet“ (Least Concern).

Literatur

  • Félix de Azara: Apuntamientos para la historia natural de los páxaros del Paragüay y Rio de la Plata. Band 3. Impr. de la viuda de Ibarra, Madrid 1805 (biodiversitylibrary.org).
  • Arnaldo de Winkelried Bertoni in Mosè Giacomo Bertoni: Fauna paraguaya. Catálogos sistemáticos de los vertebrados del Paraguay : peces, batracios, reptiles, aves, y mamíferos conocidos hasta 1913. In: Descripcion fisica y economica del Paraguay. Band 59, Nr. 1. Establecimiento Gráfico M. Brossa, Asunción 1914, S. 1–86 (google.de).
  • Charles Lucien Jules Laurent Bonaparte: Tableaux paralléliques de l'ordre des Gallinacés. Extrait des Comptes rendus des séance de l'Académie des Science, tome XLIIm séance du 12 mai 1856. Academie de Science, Paris 1856 (biodiversitylibrary.org).
  • Charles Chubb: On the Birds of Paraguay. In: The Ibis (= 9. Band 4). Nr. 13, 1910, S. 53–78 (biodiversitylibrary.org).
  • Edward Clive Dickinson: Systematic notes on Asian birds. 9. The “Nouveau recueil de planches coloriées” of Temminck & Laugier (1820-1839). In: Zoologische Verhandelingen. Nr. 335, 2001, S. 7–54 (aviansystematics.org [PDF]).
  • Claude Henry Baxter Grant: List of Birds collected in Argentinia, Paraguay, Bolivia, and South Brazil, with Field notes Part III. In: The Ibis (= 9. Band 5). Nr. 19, 1911, S. 459–478 (biodiversitylibrary.org).
  • John Graham Kerr: On the Avifauna of the Lower Pilcomayo. In: The Ibis (= 6. Band 4). Nr. 13, 1892, S. 120–152 (biodiversitylibrary.org).
  • Carl Eduard Hellmayr: A contribution to the ornithology of north-eastern Brazil. In: Field Museum Natural History Publications (Publication 255) (= Zoological Series). Band 12, Nr. 18, 1929, S. 235–501 (biodiversitylibrary.org).
  • Wyndham Wentworth Knatchbull-Hugessen, 3. Baron Brabourne, Charles Chubb: Key to the species of the genus Crypturus, with descriptions of some new forms. In: The Annals and magazine of natural history; zoology, botany, and geology being a continuation of the Annals combined with Loudon and Charlesworth's Magazine of Natural History (= 8. Band 14). Nr. 82, 1914, S. 319–322 (biodiversitylibrary.org).
  • Alfred Laubmann: Die Vögel von Paraguay. Band 1. Strecker und Schröder, Stuttgart 1939, S. 115–116 (google.de).
  • Tommaso Salvadori: Catalogue of the Chenomorphae (Palamedeae, Phoenicopteri, Anseres) Crypturi and Ratitae in the collection of the British Museum. Band 27. Order of the Trustees, London 1895 (biodiversitylibrary.org).
  • Johann Baptist von Spix: Avium species novae, quas in itinere per Brasiliam Annis MDCCCXVII – MDCCCXX Iussu et Auspiciis Maximiliani Josephi I. Bavariae Regis suscepto collegit et descripsit. Band 2. Typis Franc. Seraph. Hübschmännl, München 1825 (biodiversitylibrary.org).
  • Coenraad Jacob Temminck: Histoire naturelle générale des pigeons et des gallinacés. Band 3. J.C. Sepp & fils, G. Defus, Amsterdam. Paris 1815 (biodiversitylibrary.org).
  • Coenraad Jacob Temminck: Nouveau recueil de planches coloriées d'oiseaux: pour servir de suite et de complément aux planches enluminées de Buffon (Tafel 146 & Text). Band 5, Lieferung 62. Legras Imbert et Comp., Straßburg 1825 (biodiversitylibrary.org).
  • William Henry Phelps, William Henry Phelps, Jr.: Nine new subspecies of birds from Venezuela. In: Proceedings of the Biological Society of Washington. Band 64, 21. März 1952, S. 39–54 (englisch, biodiversitylibrary.org).
Commons: Wellentinamu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Wellentinamu, in Avibase – Die Weltvogel-Datenbank. Abgerufen am 27. Januar 2025.
  2. P. H. Barthel, C. Barthel, E. Bezzel, P. Eckhoff, R. van den Elzen, Ch. Hinkelmann & F. D. Steinheimer: Die Vögel der Erde - Arten, Unterarten, Verbreitung und deutsche Namen, 3. ergänzte Auflage, 2022, PDF
  3. a b c d e J. Cabot, D. A. Christie, F. Jutglar und C. J. Sharpe: Undulated Tinamou (Crypturellus undulatus), version 1.0. In: J. del Hoyo, A. Elliott, J. Sargatal, D. A. Christie nd E. de Juana (Herausgeber): Birds of the World, 2020, Cornell Lab of Ornithology, Ithaca, NY, USA, Crypturellus undulatus
  4. a b c T. S. Schulenberg, D. F. Stotz, D. F. Lane, J. P. O'Neill, and T. A. Parker III: Birds of Peru. Princeton Field Guides, Revised and Updated Edition, 2010, ISBN 978-0-691-13023-1.
  5. a b M. McMullan: Field Guide to the Birds of Colombia Rey Naranjo Editores, 2018, ISBN 978-958-8969-77-0
  6. IOC World Bird List v15.1 Ratites: Ostriches to tinamous
  7. a b Coenraad Jacob Temminck (1815), S. 582–584 & 752.
  8. a b William Henry Phelps (1952) u. a., S. 39.
  9. Tommaso Salvadori (1895), S. 531
  10. Coenraad Jacob Temminck (1815), S. 585–587 & 752.
  11. a b Johann Baptist von Spix (1825), S. 62, Tafel 78.
  12. Coenraad Jacob Temminck (1825), Tafel 369 & Text.
  13. Félix de Azara (1805), S. 53–56.
  14. Wyndham Wentworth Knatchbull-Hugessen, 3. Baron Brabourne u. a. (1914), S. 322
  15. Crypturellus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  16. Crypturus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  17. undulatus The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  18. simplex in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  19. adspersus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  20. vermiculatus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
  21. Charles Chubb (1910), S. 57
  22. Claude Henry Baxter Grant (1911), S. 477.
  23. John Graham Kerr (1911), S. 151.
  24. Arnaldo de Winkelried Bertoni (1914), S. 35
  25. Carl Eduard Hellmayr (1929), S. 477.
  26. Wyndham Wentworth Knatchbull-Hugessen, 3. Baron Brabourne u. a. (1914), S. 319 & 321
  27. Charles Lucien Jules Laurent Bonaparte (1856), S. 18.
  28. Alfred Laubmann (1939), S. 115–116.

Anmerkungen

  1. Zum Publikationsdatum siehe Edward Clive Dickinson (2001).
  2. Knatchbull-Hugessen und Chubb ordnete der Gattung u. a. den Tataupatinamu und en Kleinschnabeltinamu zu.