Wege zu Kraft und Schönheit

Film
Titel Wege zu Kraft und Schönheit – Ein Film über moderne Körperkultur
Produktionsland Deutschland
Erscheinungsjahre 1925 / 1926 (veränderte Fassung)
Länge 104 Minuten
Produktions­unternehmen UFA-Kulturfilmabteilung
Stab
Regie Wilhelm Prager
Drehbuch Nicholas Kaufmann
Produktion Alfred Stern
Musik Giuseppe Becce
Kamera Eugen Hrich, Friedrich Paulmann, Friedrich Weinmann, Max Brink, Jakob Schatzow (Zeitlupe), Erich Stöcker (Zeitlupe), Gerhard Riebicke, Helmy Hurt, Kurt Neubert
Besetzung
(in alphabetischer Folge)
Szene aus Wege zu Kraft und Schönheit, mit Leni Riefenstahl (rechts)

Wege zu Kraft und Schönheit ist ein deutscher Kulturfilm von Wilhelm Prager, der zuerst am 16. März 1925 und in einer überarbeiteten Fassung am 11. Juni 1926 im Ufa-Palast am Zoo in Berlin uraufgeführt wurde. Er gilt als einer der bedeutendsten Dokumentarfilme der Weimarer Republik.

Handlung

Der in der Kulturabteilung der UFA konzipierte abendfüllende Stummfilm zeigt Sport-, Gymnastik- und Tanzvorführungen, aber auch die römische Badekultur, um neben der intellektuellen Bildung auch die körperliche Ertüchtigung nach dem Vorbild der antiken Gymnasien und die Körperpflege zu demonstrieren. Die Körperertüchtigung in freier Natur sollte insbesondere zur Prävention der durch einseitig sitzende Berufstätigkeiten bedingten Haltungsschäden Erwachsener sowie der Gesundheitsförderung von Kindern dienen, war aber auch lebensreformerischer Gegenentwurf zu einem dekadenten Stadtleben mit Nervosität,[1] Bewegungsmangel und Tabakkonsum sowie nationale Bewegung nach dem Vorbild Turnvater Jahns. Wissenschaftlicher Berater war Nicholas Kaufmann, der auch das Drehbuch schrieb. In Abgrenzung zum überkommenen Wehrsport wendet sich der Film etwa mit der Gymnastik nach Bess Mensendieck ausdrücklich auch an Frauen und zeigt sportliches Training in einer zivilen Funktion, etwa zur Selbstverteidigung oder das Rettungsschwimmen.

Ästhetisch inszeniert der Film den menschlichen Körper im Stil der Antike, indem er zahlreiche antike Szenarien nachstellt und zeigt ihn für die damalige Zeit außerordentlich freizügig: „Der nackte Mensch steht, wie es nicht anders sein kann, im Mittelpunkt dieses Films. Der nackte, nicht der ausgekleidete. Der ungezwungen und rhythmisch sich bewegende, dem die Gelöstheit der Glieder eine Selbstverständlichkeit ist, nicht der seines Körpers ungewohnte, der von den ihm verliehenen körperlichen Gaben keinen Gebrauch zu machen weiß.“[2] Studien in Zeitlupe veranschaulichen die muskuläre Wirkung einzelner Übungen und Bewegungsabläufe.

Der Film gliedert sich in sechs Teile mit den Titeln:

  • Erster Teil: Die alten Griechen und die neue Zeit
  • Zweiter Teil: Körpertraining um der Gesundheit willen: Hygienische Gymnastik
  • Dritter Teil: Rhythmische Gymnastik
  • Vierter Teil: Der Tanz
  • Fünfter Teil: Sport
  • Sechster Teil: Frische Luft, Sonne und Wasser

Im fünften Teil werden zahlreiche Sportler ihrer Zeit gezeigt, z. B.

Im sechsten Teil „geben Staatsführer ein gutes Beispiel“ wie

Rezeptionsgeschichte

Zeitgenössische Rezeption

Als Ausdruck eines Körperbewusstseins, das seit 1900 unter anderem in Form der Freikörperkultur,[3] der Lebensreformbewegung[4] und des Naturismus allgemeine Popularität genoss, erreichte der Film in der Weimarer Republik ein Massenpublikum und wurde als „Werbefilm großen Stils“[2] rasch populär. Zeitgleich erschienen verschiedene pädagogische Ratgeber zum Thema Körperkultur.[5]

Der Film wurde in zeitgenössischen Rezensionen überwiegend positiv aufgenommen,[6] allenfalls als zu lang und in einigen Szenen kitschig bewertet. Insgesamt mache sich der Film um „die Bestrebungen einer zweckmäßigen Pflege und Ausbildung des Körpers“ in weiten Teilen der Bevölkerung, insbesondere der Frauen mit Bürotätigkeiten im expandierenden Dienstleistungssektor verdient.[7] Er sei von „lauterer Grundstimmung“ und „mit feinem Takt weit entfernt, irgendwelche anstößigen Empfindungen wachzurufen“[8] oder allzu lehrhaft zu wirken.

Wegen seiner „entsittlichenden Gesamtwirkung“ vor allem auf Jugendliche durch eine „Verherrlichung von Nacktkultur und Nacktübungen“ beantragte die Bayerische Regierung, der sich die Regierungen Badens und Hessens angeschlossen hatten, den Widerruf der Zulassung zur öffentlichen Vorführung im Deutschen Reich, zumindest aber in Bayern und vor Jugendlichen. Der Antrag wurde von der Film-Oberprüfstelle abgelehnt, es mussten im Hinblick auf den Jugendschutz nur zwei Filmszenen „mit bloßer Zurschaustellung nackter weiblicher Körperschönheit, die sich bis zur ‚Ausgezogenheit‘ steigert“ herausgeschnitten werden. Für den normal empfindenden erwachsenen Beschauer sei bei unbefangener Betrachtung des Bildstreifens insgesamt ein Anreiz in geschlechtlicher Hinsicht nicht gegeben.[9]

Moderne Rezeption

Der Film Wege zu Kraft und Schönheit gilt in der Gegenwart als einer bedeutendsten Kulturfilme der Weimarer Republik, der als fast einziger eine Aufnahme in den filmhistorischen Kanon geschafft habe.[10] Er propagiere eine Befreiung aus den Zwängen der Zivilisation mittels Bewegung und neuer Körperlichkeit. Der Fernsehsender arte pries ihn als „Ein UFA-Kulturfilm par excellence, der den vollkommenen Körper als Gegenstand kultischer Verehrung feiert.“[11]

Das Lexikon des internationalen Films sieht allerdings auch eine „Vergötzung“[12] des menschlichen Körpers als ideologischer Vorläufer des nationalsozialistischen Körperkultes, wie er nicht zuletzt in den späteren Propagandafilmen Leni Riefenstahls zelebriert wurde. Die Anfangssequenzen der beiden Teile von deren Film Olympia (1936/38) seien geradezu „eine Kopie von Wege zu Kraft und Schönheit.“[13]

Als historischer Dokumentarfilm über die Entstehung der rhythmischen Gymnastik als Massensport, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen so grundlegenden Wandel des Bewegungsverhaltens markierte, dass sie Auslöser einer neuen Körperkultur mit teilweise irrationaler Vergötzung des Leibes wurde, stilisiere der Film in seiner ideologischen Tendenz die Leibesübungen als Weg zur rückwärtsgewandten Erneuerung der Menschheit; insofern sei er auch ein Indiz für den bereits in den 20er Jahren verankerten Rassenmythos der Nationalsozialisten und stelle „ein filmhistorisch interessantes Dokument“ dar.[14]

Sammelbilder

Revers des Zigarettenbildes Serie 4 Nummer 42 aus dem UFA-Film Fridericus Rex aus dem Doppel-Sammelalbum mit dem Film Wege zu Kraft und Schönheit (Serie 2);
Constantin Cigaretten, Cigarettenfabrik Constantin, um 1926

Die Cigarettenfabrik Constantin mit Sitz in Hannover gab um 1926 ein überwiegend illustriertes Doppel-Album heraus mit Zigarettenbildern zu den beiden UFA-Filmen Fridericus Rex und Wege zu Kraft und Schönheit. Besitzende Bibliothek ist das Deutsche Filminstitut mit Sitz in Frankfurt am Main.[15]

Literatur

  • Kai Novak: Projektionen der Moral. Filmskandale der Weimarer Republik. Wallstein, Göttingen 2015. S. 149–163
  • Klaus Kreimeier, Antje Ehmann, Jeanpaul Goergen (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 2. Weimarer Republik 1918–1933. Reclam, Stuttgart 2005. S. 113–116, 660 (Index) PDF
  • Siegfried Kracauer: Wege zu Kraft und Schönheit. In: Frankfurter Zeitung vom 21. Mai 1925; auch in Inka Mülder-Bach (Hrsg.): Siegfried Kracauer. Werke. Band 6. Kleine Schriften zum Film. Suhrkamp, Frankfurt 2005 Text
  • Reclams Universum. Moderne illustrierte Wochenschrift 42, 2, 1926, S. 1120/1121 (Tafel), S. 1132, 1137 (Abbildungen)
Commons: Ways to Strength and Beauty – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rainer Hank: Burnout - Es sind die Nerven! FAZ, 26. April 2014
  2. a b Siegfried Kracauer: Wege zu Kraft und Schönheit. In: Filmportal.de. 21. Mai 1925, abgerufen am 7. April 2016.
  3. Claudia Becker: Nacktgymnastik ist die beste Triebsteuerung Die Welt, 6. August 2013
  4. Cornelia Klose-Lewerentz: Körper in der Lebensreformbewegung in: Natürliche Körper? Zwischen Befreiung und disziplinierender Norm. Diskurse der Lebensreformbewegung (in Deutschland, etwa 1890 bis 1930) und das Aufkommen des Wunsches nach Geschlechtsumwandlung (etwa 1910 bis 1925). Humboldt-Universität zu Berlin, 2007
  5. beispielsweise Dora Menzler: Die Schönheit Deines Körpers; Alice Bloch: Der Körper Deines Kindes; Anton Fendrich: Mehr Sonne; Hans Surén: Gymnastik, Dieck & Co.-Verlag, Stuttgart; vgl. Arnd Krüger: There Goes This Art of Manliness: Naturism and Racial Hygiene in Germany, in: Journal of Sport History 18 (Spring, 1991), 1, S. 135–158. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 12. September 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/library.la84.org aufg. 19. Februar 2017
  6. Kalenderblatt: 16.3.1925 - FKK im Kino Der Spiegel, 16. März 2008
  7. Filmkritik Wege zu Kraft und Schönheit Reichsfilmblatt, 21. März 1925. Webseite des Deutschen Filminstituts, abgerufen am 16. August 2016
  8. Der Film, Nr. 21/1925, S. 10
  9. Niederschrift der Verhandlung vor der Film-Oberprüfstelle Berlin, 26. September 1926. Webseite des Deutschen Filminstituts, abgerufen am 15. August 2016.
  10. Thomas Bräutigam, Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms, Marburg 2019, S. 12; mit Zitat aus Klaus Kreimeier (u. a.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 2. Weimarer Republik, 1918–1933, Stuttgart 2005, S. 113, der nur noch den Spielfilm Geheimnisse einer Seele dazurechnet, und ebenfalls Berlin. Die Sinfonie der Großstadt besonders würdigt; er sieht allerdings auch einige Aspekte von Wege zu Kraft und Schönheit kritischer
  11. Wege zu Kraft und Schönheit Fernsehserien, zu Sendung 2017
  12. so das Lexikon des internationalen Films in seiner Besprechung von Wege zu Kraft und Schönheit
  13. Michael Töteberg (Hg.): Film-Klassiker. 120 Filme, Stuttgart: Metzler 2006, S. 104.
  14. Lexikon des internationalen Films über Wege zu Kraft und Schönheit
  15. Vergleiche die Angaben im Karlsruher Virtuellen Katalog