Walter Lohmann (Radsportler)
Walter Lohmann auf „seiner“ Bochumer Radrennbahn im Jahr 1941
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Walter Lohmann (* 21. Juli 1911 in Bochum, Deutschland; † 18. April 1993 in Sion, Schweiz) war ein deutscher Radrennfahrer. Er gewann mehr als 600 Rennen in seiner Laufbahn, darunter die Steher-Weltmeisterschaft 1937.[1]
Radsport-Karriere
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Walter Lohmann, seit 1928 Mitglied des Bochumer „RV Sturmvogel 04“,[1] war der populärste deutsche Steher von den 1930er bis in die 1950er Jahre hinein. In seiner Heimatstadt wurde er, von seinen Fans „Luft“ genannt,[2] wiederholt zum größten Sportler Bochums erklärt.[3]
Als Jugendlicher hatte er sich zunächst für Fußball und Leichtathletik interessiert; er besuchte die Handelsschule und absolvierte eine kaufmännische Lehre. 1927 begann er als Straßenfahrer. Als Amateur gewann er 1932 die Rennen Berlin–Cottbus–Berlin, Bochum-Münster-Bochum, Rund um Dortmund.
Er war so erfolgreich, dass der Bund Deutscher Radfahrer im selben zum UCI-Straßen-Weltmeisterschaft der Amateure nach Rom schickte. Aufgrund der neuen technischen Entwicklung der in Italien gerade erfundenen Renn-Kettenschaltung (Vittoria-Margherita) hatte er keine Chance gegen seine italienischen Konkurrenten. Er belegte aber einen achtungsvollen sechsten Platz hinter fünf Italienern.[1]
Danach löste er eine Profilizenz und wechselte auf die Bahn[1] und gewann 1934 das Sechstagerennen in Berlin (mit Viktor Rausch). Im selben Jahr verbot der NS-Staat die Sechstagerennen als „amerikanisch-jüdisches Spektakel“. Die USA wären ein Ausweg gewesen, brachten ihm aber kein Glück; beim Sechstagerennen im Dezember 1934 in New York stürzte er und brach sich das Schlüsselbein. Im Gegensatz zu seinen Kollegen Gustav Killian und Heinz Vopel, welche in der USA blieben, kehrte er nach Deutschland zurück.[1]
Schon seit 1934 fuhr er aber hauptsächlich Steherrennen. Seine ersten Steherrennen bestritt er hinter dem Schrittmacher Willy Heßlich in einem Nachwuchswettbewerb für neue Steher 1934 in Forst.[4] In den Jahren 1935 und 1936 gewann er den Großen Weihnachtspreis der Steher in Dortmund. 1938 gewann er den Großen Preis der Stadt Leipzig im Steherrennen. Er errang bei den UCI-Bahn-Weltmeisterschaften 1937 in Ordrup bei Kopenhagen Gold und 1938 in Amsterdam Silber. Von 1938 bis 1953 wurde er zehn Mal Deutscher Stehermeister der Profis, 1935 und 1947 wurde er Vize-Meister und 1939 Dritter der Meisterschaft.
Auch wenn Walter Lohmann seinen größten Erfolg in der NS-Zeit feierte, schaffte er es, sich nicht vereinnahmen zu lassen. Er erklärte es mit einer unpolitischen Lebenshaltung und begründete auch so seine Weigerung, der NSDAP beizutreten. Auch hielt er in verborgenen Kontakt zu jüdischen Freunden und Geschäftsleuten, mit denen er Umgang pflegte.[1] Nach dem Zweiten Weltkrieg war er eine der treibenden Kräfte beim Wiederaufbau „seiner“ Heimatbahn, der Radrennbahn Bochum.[2] Er ermunterte seinen Freund, den Shoa-Überlebenden Alfred Salomon, dessen Onkel Moritz Lindau die Bahn mitfinanziert hatte,[5] dort wieder Rennen zu veranstalten. Bei diesen Rennen auch Lohman häufig.[1] Salomon, der ein altes Renn- und Trainingsrad des Profis hatte, schenkte dies dem Stadtarchiv Bochum im Jahr 2005.[2]
Im Jahr 1952 holte Walter Lohmann bei der Weltmeisterschaft in Paris nochmals Silber. Das Goldene Rad von Erfurt gewann er 1942 und 1953. Allein sechsmal konnte er das Goldene Rad von Berlin gewinnen. Insgesamt gewann er in seiner Laufbahn mehr als 600 Rennen.
Im Februar 1954 wurde Lohmann bis zum Juni vorläufig gesperrt, weil er den Sportlichen Leiter des Sechstagerennens Otto Weckerling, von dem er sich seit längerem benachteiligt fühlte, niedergeboxt hatte. Zudem warfen er und Gustav Kilian Weckerling vor, Rennen manipuliert zu haben. Nach einer Verhandlung wurde Lohmann, bei welcher sich die Vorwürfe von ihm und Kilian nicht beweisen lassen konnten, die Lizenz für zwei Jahre entzogen, was jedoch später auf rund ein Jahr verkürzt wurde.
Am 24. Oktober 1955 stellte Walter Lohmann auf der Radrennbahn im Stadion am Zoo in Wuppertal mit 44 Jahren zwei Weltrekorde hinter Schrittmacher auf: Für 100 Kilometer benötigte er 1:03,40 Stunden, und er stellte einen neuen Stundenweltrekord über 96,016 Kilometer auf. Wegen Regens hatten sich die Rekordversuche bis in die Nacht verzögert, so dass die Polizei erschien, da sich Anwohner wegen des Lärms beschwert hatten. Am 16. September 1957 fuhr Lohmann sein Abschiedsrennen auf der Stadionbahn in Frankfurt.[6]
Berufliches
Anfang der 1950er Jahre hatte Walter Lohmann in der Bochumer Innenstadt ein großes Grundstück erworben. Er eröffnete ein Restaurant an der Kortumstraße 7,[7] zudem besaß er eine Tankstelle am Südring / Ecke Neustraße.[8] Für wenige Monate war er als Bundestrainer der Steher tätig, gab diese Tätigkeit jedoch wegen Streitigkeiten mit dem Bund Deutscher Radfahrer vorzeitig auf. Im Frühjahr 1962 gründete er eine Steherschule in Frankfurt, in der er junge Rennfahrer wie Horst Staudacher für Steherrennen ausbildete.[9] 1979 stürzte er beim Skifahren und zog sich so schwere Verletzungen zu, dass er einen Rollstuhl benötigte.[1] In der Folge wurde er zum Pflegefall, betreut von seiner Frau Irmgard, die 2006 starb.
Ehrungen

1951 wurde Walter Lohmann von seiner Heimatstadt Bochum als verdienter Sportler geehrt, zusammen mit Hans Meiser, dem Westfalenmeister über 4000 Meter Verfolgungsfahrten.[3]
1996 wurde die Steherschule in Forst nach ihm benannt. Seit 2005 erinnerte die Walter-Lohmann-Gedächtnistrophäe im Rahmen des Sparkassen Giros Bochum an den Radprofi.[2] 2009 wurde in Bochum eine Trainingsstrecke für Radsportler „Walter-Lohmann-Ring“ getauft.[10]
Literatur
- Ernst-Albrecht Plieg: Lohmann, Hasselberg & Co. Bochums Radsport zwischen 1889 und 1963, Bochum 2008, S. 155ff.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h Ingrid Wölk: Trainings-Fahrrad von Walter Lohmann. In: Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte, Ingrid Wölk und der Kortum-Gesellschaft Bochum (Hrsg.): Sieben und neunzig Sachen, Bochum 1910–2007. 1. Auflage. Klartext, Essen 2007, ISBN 978-3-89861-236-4, S. 170.
- ↑ a b c d Trophäe erinnert an den Radfahrer "Luft". In: Ruhr-Nachrichten Bochum. 20. Juli 2005.
- ↑ a b Ernst-Albrecht Plieg: Lohmann, Hasselberg & Co.: Bochums Radsport zwischen 1889 und 1963. Klartext Verlag, Essen 2008, ISBN 978-3-8375-0053-0, S. 155 ff.
- ↑ Rolf Seyfarth: Radrennfieber. Claus Verlag, Chemnitz 2009, ISBN 978-3-935842-12-9, S. 150.
- ↑ Plieg, Lohmann, Hasselberg & Co., S. 174.
- ↑ Velo Gotha, Brüssel 1984, S. 287
- ↑ Adressbuch der Stadt Bochum, 1956. Vierte Teil – Verzeichnis der Handels- und Gewerbebetriebe und der freien Berufe. S. 30 (uni-muenster.de).
- ↑ Stadt Bochum: 1861 - Südring, Tankstelle Lohmann, Straßen, Innenstadt - 02 Sept 1958 - (Bild 01928-30). 11. November 2021, abgerufen am 28. August 2025.
- ↑ Bund Deutscher Radfahrer (Hrsg.): Radsport. Nr. 19. Deutscher Sportverlag Kurt Stoof, Köln 1962, S. 5.
- ↑ Radsportler fahren auf dem Walter Lohmann-Ring. WAZ, 3. September 2009, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 20. März 2016.
Weblinks
- Ergebnisse der deutschen Steher-Meisterschaften 1892–2005 auf stayer.de (PDF-Datei; 92 kB)
- Walter Lohmann auf der Website des Vereins Sturmvogel Bochum
- Walter Lohmann in der Datenbank von Radsportseiten.com
- Foto von Walter Lohmann auf der Radrennbahn in Bochum (online)
- Foto von der Tankstelle und Restaurant Lohmann am Südring in Bochum (online)